Protokoll der Sitzung vom 18.06.2008

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

und dass man schwimmen können sollte und dafür in Schleswig-Holstein auch Schwimmunterricht erteilt werden muss, habe ich schon in der letzten Tagung gesagt. Sicherlich ist auch die Überwachung der Badestellen noch einmal an anderer Stelle zu diskutieren. Aber diese Art der Risiken meint der Antrag nicht, auch wenn in der Überschrift von Badequalität die Rede ist. Wir reden über Badegewässerqualität, und die ist insbesondere vor allem an den Küsten gut bis exzellent, und das ist deswegen erfreulich, weil gerade die Küsten von unseren Gästen so gern besucht werden. Ich wünsche mir, dass deswegen auch von der heutigen Debatte diese gute Botschaft an die Tourismuswirtschaft geht.

(Beifall bei SPD und SSW)

Die gute Qualität an den Küsten wollen wir für alle schleswig-holsteinischen Gewässer, und da denke ich jetzt an die Binnengewässer. Da kann ich mich als ostholsteinische Abgeordnete zurücklehnen: Der Kellersee vor meiner Haustür mit dem Hamburger Strand in Sielbeck hat laut EU-Bericht eine exzellente Qualität. Aber wenn man weiter ins Land schaut, befällt einen doch Sorge. Wir müssen gemeinsam überlegen, was zu tun ist.

Mit der Wasserrahmenrichtlinie haben wir eine internationale Verpflichtung, die Qualität unserer Gewässer in einen guten oder - besser noch - sehr guten Zustand zu bringen. Wir wissen in aller Regel, woher die Verschmutzungen stammen, und können daraus Maßnahmen ableiten. Das Stichwort ist genannt worden: das Badegewässerprofil. Dort, wo eben noch nicht sorglos gebadet werden kann, sollten wir uns gründlich mit den Ursachen hierfür befassen und uns beispielsweise fragen, wie wir Nährstoffeinträge aus der Landwirtschaft so reduzieren können, dass die Gewässer und schließlich auch die Badenden keinen Schaden davontragen

und dass auf Dauer nicht in dem einen Jahr - wie 2007 - gewarnt werden muss und in dem anderen Jahr - 2008 - alles wieder in Ordnung ist. Wir wollen also auf Dauer eine gute Qualität.

Während bei den direkten Einleitungen durch Neubau oder Modernisierung von Kläranlagen große Erfolge erzielt wurden, haben wir bei den diffusen Einträgen immer noch große Probleme. Hier wird es eine ressortübergreifende Angelegenheit. Da müsste auch der Umweltminister verstärkt tätig werden, zum Beispiel durch die Renaturierung von Mooren oder auch durch ein anderes Düngemanagement der Landwirte.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Davon würden vor allem unsere Seen kurz- und mittelfristig profitieren. Im Küstenbereich ist es schwieriger, die Badewasserqualität auf Anhieb und kurzfristig zu verbessern, denn die großen Nährstofffrachten geraten vor allem über die großen Flüsse in die Nord- und Ostsee, und hier ist sicherlich auch nationale und internationale Überzeugungsarbeit gefragt. Wir müssen aber auch mit gutem Beispiel vorangehen.

Natürlich spielen auch Einleitungen chemischer Stoffe eine Rolle, und unser einstimmig angenommener Antrag der letzten Plenarsitzung „Keine Einleitung von Spülwasser mit Glutaraldehyd in die Ostsee“ gehört in diesen Kontext. Ein Erfolg in diesem Bereich war außerdem das europaweite Verbot des hochgiftigen Stoffes TBT - Tributylzinn - bei Antifoulingprodukten für Schiffe. Daran müssen wir anknüpfen und ein europaweites Verbot von organischen Bioziden diskutieren. In Schweden, Großbritannien und Dänemark ist es bereits verboten.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Ganze hat natürlich seinen Preis, aber wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass eine Verschlechterung der Wasserqualität noch mehr kostet. Allein ein Rückgang im Tourismus - diesem wichtigen Wirtschaftszweig Schleswig-Holsteins - würde uns vermutlich ein Vielfaches dessen kosten, was Maßnahmen gegen eine weitere Eutrophierung kosten. Umgekehrt gilt: Wer eine sehr gute Badewasserqualität vorzeigen kann, kann damit Werbung betreiben. Ich denke da vor allem an Familien mit kleinen Kindern. Nicht von ungefähr läuten heute angesichts negativer Schlagzeilen in den Zeitungen bei den Touristikern unseres Landes alle Alarmglocken.

(Regina Poersch)

Was für unsere Gäste gut ist, kann für uns Einheimische nicht schlecht sein. Wir haben den Bericht der Ministerin gehört. Mir ist nicht bange, und ich denke, am Beginn des Sommers kann ich uns allen eine fröhliche und vor allem unbeschwerte Badesaison wünschen.

(Beifall bei SPD und CDU)

Ich danke Frau Abgeordneter Poersch und erteile für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN dem Herrn Abgeordneten Detlef Matthiessen das Wort.

Frau Präsidentin! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Nun haben wir ja viel zu dem Thema Badewasserqualität gehört. Ich möchte nicht so weit gehen, obwohl es von zeitlicher Evidenz ist, dass, seit die Große Koalition hier am Ruder ist, in unserem Lande die Badewasserqualitäten abgenommen haben und sogar schon die Colikeime beziehungsweise ihre intestinalen Enterokokken, Frau Sassen, zu protestieren beginnen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber es ist natürlich gerade für uns als Tourismushochburg ein besonders sensibles Thema. Ich habe bereits im vergangenen Jahr für meine Fraktion eine Kleine Anfrage zur Badewasserqualität in Schleswig-Holstein gestellt. Das Ergebnis hat mich sehr überrascht. Die Badewasserqualität in Schleswig-Holstein hat sich dramatisch verschlechtert. Die Antwort auf meine Kleine Anfrage ergab, dass in Schleswig-Holstein im Jahr 2007 fast 50-mal ein Badeverbot ausgesprochen werden musste. Das ist eine Verdoppelung gegenüber den Vorjahreszahlen und eine Versiebenfachung innerhalb des abgefragten Zeitraums der letzten fünf Jahre - und da leuchtet wieder Rot-Grün im Hintergrund auf, Herr Dr. Garg.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Erschrecken Sie mich doch nicht!)

Sowohl auf das letzte Jahr bezogen als auch innerhalb der letzten fünf Jahre belegt der Kreis Rendsburg-Eckernförde mit einem Drittel der Badeverbote einen traurigen Spitzenplatz. Im Jahr 2007 wurden 48 Badeverbote im Lande verhängt, 25 davon im Kreis Schleswig-Flensburg, 17 im Kreis Rendsburg-Eckernförde, acht im Kreis Plön. Für die Tourismuswirtschaft ist dies eine beunruhigende Entwicklung. Die Badewasserqualität ist von essentiel

ler Bedeutung. Das Urlaubsland Schleswig-Holstein lebt von dem Image klare Luft, schöne Landschaft und sauberes Wasser.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Die Ursachen der Belastungen in den Badegewässern sind nicht immer sauber zu ermitteln. Das ist natürlich auch ein politisches Problem: Wo fangen wir an? Wo hören wir auf? Es sind vor allem die Binnengewässer, unsere Seen betroffen. Es muss aus meiner Sicht vor allem auf die tierhaltende Landwirtschaft geschaut werden.

(Günther Hildebrand [FDP]: Und auf die Kormorane!)

In diesem Zusammenhang ist mir völlig unverständlich, dass sich die Landesregierung bei der Umsetzung der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie auf die Bremse gestellt hat.

Statt die aus der Verkehrspolitik bekannte Betonmentalität auf Sohlgleiten und Fischtreppen zu übertragen, brauchen wir eine wirkliche Renaturierung unserer Fließgewässer.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Eine gute chemische Beschaffenheit und ein hoher ökologischer Wert unserer Gewässer lassen sich nur durch einen konsequenten, flächenhaften Gewässerschutz erreichen. Dazu muss das Landeswassergesetz wieder geändert werden.

Herr Minister, mit Ihrer vorgelegten Novelle haben Sie Uferrandstreifenprogramme, flächenhaften Gewässerschutz um Binnengewässer, schlicht gestrichen. Das müssen wir wieder ändern.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Minister Dr. von Boetticher: Ich hätte es auch vermisst!)

Viele Gewässer sind noch immer hoch belastet durch den Eintrag von Nährstoffen aus der Landwirtschaft.

(Claus Ehlers [CDU]: Stimmt doch nicht!)

Wird denn die Umsetzung der Gülleverordnung überhaupt kontrolliert, Herr Minister? Mit einer Landesdüngeverordnung wollen wir ein zeitgemäßes und ökologisches Gülleausbringungsverfahren zur guten fachlichen Praxis in der Landwirtschaft werden lassen. Hoftorbilanzen müssen dabei um Flächenbilanzen erweitert werden. Felder werden häufig nicht so gedüngt, wie es die Pflanzen brauchen. Die Felder werden als Mülldeponie für die Massentierhaltung missbraucht!

(Regina Poersch)

(Zurufe)

Meine Damen und Herren, Gülle gehört nicht auf dem Umweg über die Äcker in die Flüsse, Seen und Meere! Gülle gehört in die Biogasanlage! Das geschieht zurzeit leider nur mit einem Anteil von unter 15 %. Gülle gehört in die Biogasanlage. Leider setzt die jetzt im Verfahren stehende Neufassung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes, EEG, die falschen ökologischen Signale.

Es gibt viel zu tun im Gewässerschutz. Wir brauchen einen konsequenten, flächenhaften Schutz unserer Gewässer. Das muss im Dialog mit den Einzugsregionen geschehen, es muss aber tatsächlich mit Rat und Tat angepackt werden.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Präsidentin, meine Fraktion schlägt vor, den Bericht auch an den Umwelt- und Agrarausschuss zu überweisen und das eventuell in gemeinsamer Sitzung unter Hinzunahme der beiden Häuser zu beraten. Das ist ja im Moment so eigenartig verteilt: Sie berichten, und da sitzt die Wasserabteilung, die die wichtigen fachlichen Grundlagen zu erarbeiten hat. Daher wollen wir beide Ausschüsse mit diesem Bericht beglücken.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Kollege Matthiessen, Vizepräsidentin Franzen hat vorhin das Verfahren erläutert, und daran werden wir festhalten. - Das Wort für den SSW im Landtag erhält Herr Abgeordneter Lars Harms.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Für das Ferienland Schleswig-Holstein ist eine gute bis sehr gute Badewasserqualität sehr wichtig. Das Land zwischen den Meeren punktet mit seiner Wasserqualität, schließlich fährt kein Tourist in den Norden, um bergzusteigen oder Höhlen zu erkunden. Ist das Wasser algenverseucht, schmutzig oder schwimmen Krankheitserreger darin herum, werden die Besucherzahlen drastisch einbrechen. Das haben wir schon einmal in den 90erJahren erlebt.

Gerade darum ist es wichtig, dass wir die durchgängig gute Wasserqualität, die wir haben, an die große Glocke hängen. Touristen sind scheue Wesen. Bereits Gerüchte können die Ferienplanung über den Haufen werfen. Darum begrüße ich es ausdrücklich, dass die Badewasserqualität für alle Badestel

len im Land im Internet abgefragt werden kann. Gibt man den entsprechenden Ortsnamen ein, erhält man die aktuellen Messdaten, obendrein meistens ein Foto und eine kurze Beschreibung der Badestelle. Das ist ein Service, der an Aktualität und Information nichts zu wünschen übrig lässt. Dafür danken wir ausdrücklich dem Ministerium.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Übrigens sind auf dieser Seite die Messergebnisse aus 2008 einzusehen, während sich die EU in ihrer Studie auf Messwerte des letzten Jahres beruft.

Man kann beruhigt in Ostsee und Nordsee baden, schwimmen oder plantschen. Die Qualität ist gut und sollte nicht schlechtgeredet werden.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Andererseits zeigt die Badestellenliste der Gesundheitsministerin auch die Problemkinder unter den Badestellen, und das sind in Schleswig-Holstein nun einmal die Binnenseen. Immerhin haben wir über 300 Seen, die angesichts der beeindruckenden Meeresküsten nicht immer die Beachtung finden, die ihnen eigentlich zusteht. Dabei wird die Hälfte der von Fließgewässern abgeleiteten Niederschlagswassermengen in den Seen vorübergehend zurückgehalten. Die Verweildauer kann dabei zwischen drei Monaten und über zehn Jahren liegen. Man kann sich ausmalen, was Schadstoffe in den Seen anrichten können, wenn sie so lange dort bleiben. Darum befinden sich in einigen Seen teilweise bedenkliche Konzentrationen von Bakterien. Steigen die Temperaturen, müssen beliebte Seen, die vor allem für Schleswig-Holsteiner eine Naherholungsmöglichkeit bieten, gesperrt werden.

Dabei wissen wir seit vielen Jahren, dass eine nachhaltige Landwirtschaftspolitik der beste Gewässerschutz ist. Dabei möchte ich noch einmal betonen: Die Badewasserqualität im Land ist ausgezeichnet. Die Problemfälle sollten keinesfalls überbewertet werden.