Protokoll der Sitzung vom 19.06.2008

Das war schon damals keine Neuigkeit, da dies bereits im Bundesverkehrswegeplan abgesichert ist. Für einen Teil der Strecke sollen Zwei-System-SBahnen benutzt werden. Auch das ist nicht revolutionär. Die AKN setzt diese auf ihrer derzeitigen Strecke zumindest im Abend- und Nachtbetrieb bereits ein. Es wäre ein Leichtes, dies auch tagsüber zu gewährleisten. Sie, Herr Minister, müssten es nur genehmigen. Die Kosten des Drei-AchsenKonzepts betragen rund 500 Millionen €. Die Finanzierung ist allerdings ungeklärt. Auch im heute vorliegenden Bericht der Landesregierung sind leider keinerlei neue Entwicklungen zu erkennen, kein Konzept, keine Finanzierung.

Ich komme zum zweiten Projekt, der Schienenanbindung an den Flughafen Fuhlsbüttel. Seit Jahrzehnten wird diskutiert, wird vorgeplant und wieder verworfen. Die AKN sagt seit Jahren, dass eine Anbindung des Netzes an den Flughafen absolut sinnvoll wäre. Am 26. April 2006 präsentierte der Wirtschaftsminister dem Wirtschaftsausschuss zwei Gutachten, eines von der LVS und ein weiteres von der Intraplan Consult GmbH. Beide Gutachten kommen durchaus zu dem Ergebnis, dass das Vorhaben nicht aussichtslos und mindestens prüfenswert sei. Doch passiert ist seit 2006 nichts. Auch die Ausführungen im heute vorliegenden Bericht werden nicht konkreter. Es heißt darin nur - ich zitiere -:

„Die unterschiedlichen Varianten und die damit verbundenen Kosten werden derzeit untersucht.“

Herr Minister, wann können wir endlich mit einem Ergebnis rechnen? Ich wünsche mir sehr, dass endlich einmal etwas zielgerichteter geprüft und ein Ergebnis erzielt wird.

(Beifall bei FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Denn die zügige Realisierung der Anbindung der K.E.R.N.-Region an Hamburg und insbesondere an

(Dr. Heiner Garg)

den Flughafen Fuhlsbüttel ist dringend erforderlich. Zumindest diesbezüglich sollte Einigkeit herrschen. Diese Anbindung ist in einem viel höheren Maße erforderlich als so manches kommunalpolitische Prestigeobjekt.

Damit komme ich zum dritten Punkt, der StadtRegionalBahn in Kiel. Aus meiner Sicht ist das ein in erster Linie ideologisch motiviertes kommunalpolitisches Prestigeobjekt. Es handelt sich dabei um eine um die Kieler Hörn herumfahrende Bimmelbahn, die den Steuerzahler allein mit Baukosten von mindestens 500 Millionen € belasten würde, von den hohen Betriebskosten von jährlich rund 400 Millionen € einmal ganz zu schweigen. Wenn Sie ehrlich sind, Herr Minister, geben Sie zu, dass Sie das in Ihrem Bericht genauso sehen. Es soll ein 25 km langes Stadtbahnnetz geschaffen werden, welches sich U-förmig um die Förde herum entwickelt. Vielleicht mangelt es mir einfach nur an Vorstellungskraft, aber wie etwas U-förmiges die Bezeichnung „Netz“ verdient, ist mir wirklich schleierhaft.

Weiter heißt es in dem Bericht, dass das derzeit noch bestehende Linienbusnetz nach der Realisierung der StadtRegionalBahn nur noch als ergänzendes System dienen soll. Im Klartext heißt das: Das Busnetz wird ausgetrocknet, einzelne Linien stillgelegt. Ein gutes Angebot sieht anders aus.

(Beifall bei der FDP)

Jetzt komme ich zu den Kosten. Es heißt im Bericht, dass die Aufgabenträger für die StadtRegionalBahn mehr finanzielle Mittel bereitstellen müssen als für das herkömmliche Angebot. Das überrascht mich nicht. Die Investitionsbank hat errechnet, dass sich allein die Baukosten - zumindest bezogen auf das Preisniveau des Jahres 2006 - auf 396 Millionen € belaufen würden.

Nimmt man zur Kenntnis - da wird sich der Kollege Matthiessen besonders freuen; mit ihm haben wir am Dienstag noch über steigende Rohstoffpreise debattiert, Frau Kollegin Langner -, dass allein im Jahr 2007 die Stahlpreise um 70 % gestiegen sind, dann sollte man realistischerweise eher von 500 Millionen € ausgehen.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: So ist es!)

Geld, das natürlich weder das Land noch die Stadt Kiel zur Verfügung hat.

Aber zu den Baukosten kommen dann obendrauf noch die Betriebsund Unterhaltungskosten: Streckenunterhaltung 10,8 Millionen €, Trassenund Stationspreise von 10 Millionen € und die Kos

ten des Betriebes, welche nach der Prognose der Investitionsbank durch die Fahrgelderträge gerade ausgeglichen werden. Mit anderen Worten: ein dickes Minusgeschäft!

Also soll ein privater Investor gefunden werden, der die Sache im Rahmen eines ÖPP-Projektes regelt. An der Stelle wird es sehr interessant, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen. Ein privates ÖPP-Projekt soll also Ihr Lieblingsprojekt in Kiel regeln. Ein Konstrukt, welches die größten Befürworter der Stadt-Regional-Bahn, nämlich die Grünen, hier im Land massiv ablehnen, sowohl bei der L 192 in Nordfriesland, als auch bei der festen Fehmarnbelt-Querung. Die finanzpolitische Sprecherin der Grünen, Monika Heinold, hat im Finanzausschuss sogar grundlegende Bedenken gegen solche Finanzierungsvarianten geltend gemacht. Diesen Widerspruch, liebe Kolleginnen und Kollegen, müssen Sie erst einmal aufklären.

(Beifall des Abgeordneten Dr. Ekkehard Klug [FDP])

Dieser private Investor soll nach Berechnungen der Investitionsbank rund 60 % der Baukosten, also nach heutigem Stand rund 300 Millionen €, übernehmen. Ist Ihnen eigentlich irgendein Investor bekannt, der sich ernsthaft bereit erklärt hat, in ein solches Projekt einzusteigen?

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Das ist alles vir- tuell!)

Aber ich glaube, soweit wird es ohnehin nicht kommen, da SPD und Grüne in Kiel den ÖPNV rekommunalisieren wollen und private Anbieter dann schlichtweg ausgeschlossen sind, somit sie Ihr ÖPP-Projekt sowieso vergessen können.

(Beifall bei der FDP)

Ein attraktiver Wirtschaftsstandort K.E.R.N. braucht eine leistungsfähige Verkehrsinfrastruktur, die die zeitliche Entfernung zur Metropolregion Hamburg verkürzt. Und die K.E.R.N.-Region braucht eine verbesserte Anbindung über die feste Fehmarnbelt-Querung in den blühenden skandinavischen Wirtschaftsraum. Die StadtRegionalBahn ist viel zu wenig verkehrlicher Nutzen für einen viel zu großen Haufen Geld.

(Beifall bei der FDP)

Viel wichtiger sind eine direkte, schnelle und leistungsfähige Schienen- und Straßenverbindung zur festen Fehmarnbelt-Querung und eine Schienenverbindung zum Flughafen Hamburg-Fuhlsbüttel.

(Dr. Heiner Garg)

Der Bericht erfüllt bei Weitem nicht unsere Erwartungen. Die FDP-Fraktion ist der Ansicht, dass der Planung von Verkehrsinfrastruktur immer ein Gesamtverkehrskonzept zugrunde liegen muss. Dies erfordert einen Abwägungsprozess im Rahmen der Verhältnismäßigkeit zu den verkehrspolitischen Erfordernissen und den finanziellen Möglichkeiten.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Sehr gut!)

Bislang jedenfalls liegt uns ein solches Gesamtkonzept nicht vor. Mich würde interessieren, ob Sie, Herr Minister Austermann, eine Vorstellung von einem solchen Gesamtkonzept haben.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Nein, hat er nicht!)

So heißt es in dem Bericht lediglich, dass in jedem Einzelfall eine Finanzierungsprüfung vorgenommen wird. Das heißt im Umkehrschluss eben auch, dass es bedauerlicherweise immer noch kein Gesamtkonzept gibt.

(Beifall bei der FDP)

Was auch fehlt, ist jegliche Aussage zu einer Priorisierung. An dieser Stelle wird es fast noch interessanter. Ich habe ja Verständnis für die finanziellen Nöte. Nur dafür, dass sich Herr Austermann um jede Aussage zu einer Priorisierung der Maßnahmen drückt, habe ich keines. Er kann doch mal sagen, welche Maßnahme er als erste abarbeiten möchte, welche als zweite und welche als dritte. Wir haben ihn ausdrücklich darum gebeten, in seinem Bericht eine Prioritätenliste der Maßnahmen aufzuzeigen. Der geneigte Leser kennt nach Studium des Berichts möglicherweise den Unterschied zwischen „Großprojekten“ und „weiteren zentralen SPNV-Projekten“. Nach welchen Kriterien die Realisierung der einzelnen Projekte vorangetrieben werden, weiß auch der geneigte Leser bedauerlicherweise nicht. Ein Zeitplan fehlt in diesem Bericht im Übrigen völlig.

Spätestens zu den Haushaltsberatungen, Herr Minister, muss die Koalition Farbe darüber bekennen, was sie eigentlich wann bauen will. Denn spätestens dort werden Sie feststellen, dass man jeden Euro nur einmal ausgeben kann.

Ich will abschließend Folgendes ganz deutlich sagen.

Die Zeit, Herr Kollege.

Frau Präsidentin, im komme zum Schluss. - Der Ausbau der SPNV-Infrastruktur ist dringend erforderlich und findet unsere Unterstützung, aber bitte auf der Basis eines ordentlichen, solide durchgerechneten Gesamtkonzeptes.

(Beifall bei der FDP)

Ich danke dem Herrn Abgeordneten Dr. Heiner Garg. - Das Wort für die CDU-Fraktion hat nun der Herr Abgeordnete Hans-Jörn Arp.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Jetzt sei lieb!)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Kollege Dr. Garg, wenn Sie den Bericht gelesen hätten

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Habe ich doch!)

und nicht hätten lesen lassen, hätten Sie gesehen, dass alle Zahlen, die Sie anfordern, hier darin sind. Es gibt doch nichts Langweiligeres, als nur die Zahlen zu wiederholen, die in dem Bericht sehr ausführlich und sehr direkt enthalten sind.

Sie werfen dem Minister vor, dass er keine Prioritäten gesetzt hat. Sie hätten im Februar die Zeitung lesen sollen. Da gab es Protest in Kiel, dass das Drei-Achsen-Konzept eine klare Priorität vor der noch nicht endgültig beschlossenen SRB hatte. Also: Zeitung lesen hilft, Bericht lesen hilft auch! Dann hätte die Aufregung hier heute nicht nötig getan.

Lassen Sie mich auf den Auslöser eingehen: Das Ziel des StadtRegionalBahn-Konzeptes in Kiel ist, eine qualitative Verbesserung des ÖPNV zu erreichen. Dies soll durch Verringerung der Umsteigezeiten und einer besseren verkehrliche Anbindung der Region an die Stadt erfolgen. Es wird ein übergreifendes ÖPNV/SPNV-Gesamtkonzept für die Gesamtregion um Kiel entwickelt.

Für die Umsetzung bedarf es verschiedener Maßnahmen: Das etwa 25 km lange Stadtbahnnetz mit Anbindung an das regionale Netz muss ertüchtigt und die notwendigen Umbauten müssen vorgenommen werden. Die Fahrpläne müssen auf die SRB abgestimmt werden. Das Linienbusnetz soll künftig als flächendeckende Ergänzung zum Verkehrs

(Dr. Heiner Garg)

träger Schiene dienen. Äußerst positiv ist, dass Parallelverkehre abgeschafft werden sollen.

(Beifall des Abgeordneten Karl-Martin Hent- schel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

- Das ist selten, Herr Kollege. Das schadet meinem Ruf in der Fraktion.