Protokoll der Sitzung vom 19.06.2008

Zunächst einmal geht es aber doch um etwas Grundsätzliches. Ich glaube, es ist richtig, dass wir uns 60 Jahre nach der Währungsreform und in einer Zeit, in der nach dem heutigen Aufmacher der „Kieler Nachrichten“ immer mehr Teile der Bevölkerung an der Marktwirtschaft und am demokratischen System verzweifeln, auch hier im Landesparlament darüber Gedanken zu machen, welche Wege wir beschreiten können und müssen, um eine soziale Marktwirtschaft, ein Währungssystem und die Teilhabe miteinander zu versöhnen. Wir müssen dafür sorgen, dass die Menschen mehr Anteil an ihrem Betrieb nehmen und an ihrem Betrieb Anteil haben.

Zu der Frage, in welchem Umfang Menschen an ihrem Betrieb Anteil nehmen, gibt es erschütternde Umfragen. Es ging um die Frage, wie viel Prozent der Mitarbeiter in einem Betrieb eine ganz feste Verbindung zu dem haben, was dort geschieht. Ich glaube, es ist richtig, sich Gedanken über die Mitarbeiterbeteiligung zu machen. Das bedeutet mehr als die Beteiligung der Mitarbeiter am Kapital eines Unternehmens und am Ergebnis.

Wie ist die Gemengelage hier in Deutschland? Herr Abgeordneter Kubicki, Sie wissen ganz genau, dass es auf der einen Seite des Hauses die Vorstellung gibt, das Ganze über eine direkte Kapitalspartnerschaft, über Investivlohn, zu realisieren. Auf der anderen Seite des Hauses spricht man sich eher für die Beteiligung an einen anonymen Fonds, einem Deutschlandfonds oder von einem Regionalfonds wie in Rheinland-Pfalz, aus. Durch die Koalitionen und in Berlin und hier ist das sicherlich durch.

Jetzt geht um die Frage, ob man in einer Koalition wie dieser eine Möglichkeit findet, die beiden unterschiedlichen Pole, die auch an anderer Stelle quer durch das Haus gehen, wenn ich Gelbe und Grüne sehe, miteinander zu verbinden und zu einer Lösung zu kommen, die in breiten Teilen der Bevölkerung Anerkennung findet. Insofern verstehe ich den Antrag der Koalitionsfraktionen als eine Ermunterung, eine eigene Position zu erarbeiten, mit dieser eigenen Position in den Bundesrat zu gehen und im Bundesrat für dieses nach unserer Meinung bessere und kooperativere Modell zu werben. Genauso verstehe ich den Antrag.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Als Wirtschaftsministerium haben wir seit einem Dreivierteljahr einen fertigen Entwurf. Wie es sich gehört, haben wir Kontakt zum Kollegen Döring aufgenommen. Wir befinden uns zu dieser Frage in einem festen Gespräch. Wir hatten vor, im Frühjahr eine Konferenz, einen Workshop mit Vertretern der Unternehmensverbände durchzuführen. Diese sind an der Stelle zögerlich. Deshalb mussten wir den Termin auf den Herbst dieses Jahres verschieben. Bitte glauben Sie mir, dass ich dieses Thema als sehr wichtig ansehe und sehr ernst nehme. Ich habe die große Linie vorgegeben. Wir wollen das Thema wirklich beherzt durchführen.

Unser Ziel ist es, dafür zu sorgen, dass eine Verknüpfung zwischen den zwei unterschiedlichen Modellen gefunden wird, um eine breite Basis für eine Vermögensbeteiligung der Mitarbeiter in ihrem Betrieb zu realisieren. Als Nächstes findet im

(Wolfgang Kubicki)

September ein Workshop statt, zu dem wir einladen werden. Ich gehe davon aus, der Workshop wird gemeinsam mit dem Arbeitsministerium und mit den Unternehmensverbänden sowie den Gewerkschaften abgehalten, um sicherzustellen, dass es eine breite Palette und ein breites Angebot gibt.

Es wird schwierig sein, hier zu einem Konzept zu kommen, das alle miteinander tragen. Wir müssen die Mitarbeiter stärker einbeziehen. Die Rationalisierung der Arbeitsprozesse erfordert, dass der Einzelne eine größere Bedeutung erhält. Er muss im Team arbeiten. Innovationen in den Betrieben müssen die Fähigkeiten und Potenziale der Mitarbeiter nutzen. Mitarbeiter sollen am Vermögen beteiligt werden. Sie sollen neben dem normalen Lohn ein eigenes Potenzial aufbauen. Neben sonstigen Versicherungsleistungen sollen sie die Möglichkeit haben, ein eigenes Vermögen aufzubauen und am Erfolg des Unternehmens beteiligt zu werden. Dadurch wird das Interesse am Unternehmen gesteigert.

Es gibt ein weiteres Problem, über das in diesem Zusammenhang diskutiert werden muss. Das ist die Frage, wie wir mit Risiken umgehen. Was passiert im Fall einer Insolvenz? - Bei dem Lösungsansatz der CDU ist das Risiko dann, wenn man keine eigene Insolvenzabsicherung leistet, relativ hoch. Bei dem Fondsmodell ist es relativ klein. Auch hier wird man eine Lösung finden müssen.

Das, was in Berlin bisher als Kompromiss vorgeschlagen worden ist, ist noch kein Gesetzentwurf. Ich glaube, daher haben wir noch ein bisschen Zeit. Wir müssen uns aber im Laufe des Jahres darüber einig werden, was wir tun wollen. Ich möchte nicht verschweigen, dass die Vorschläge aus Berlin unterschiedlich bewertet werden. Kritiker erwarten, dass von der höheren Förderung überwiegend Kapitalgesellschaften profitieren. Der Herr Abgeordnete Garg hat seine Sorgen diesbezüglich ebenfalls zum Ausdruck gebracht. Die Kapitalgesellschaften haben in den meisten Fällen heute schon Mitarbeiterbeteiligungen. Andere sagen, das Ganze sei zu kompliziert. Wirtschaftsverbände wollen - wie die Union - lieber eine direkte Gewinnbeteiligung. Der Wissenschaftliche Beirat des Bundeswirtschaftsministeriums hat ordnungspolitische Bedenken. Alle Vorschläge stellen einen politischen Kompromiss dar.

Ich hoffe, dass wir zu einem Kompromiss kommen, bei dem zwischen der Fondslösung und zwischen der direkten Beteiligung ein Mittelweg geschaffen werden kann. Das wird schwierig sein. Wir als Landesregierung werden jedenfalls im Gesetzgebungs

verfahren darauf drängen, dass es für kleine und mittlere Unternehmen eine passende Lösung gibt. Wir werden darauf achten, kein Modell zu machen, dass sich nach den Großen richtet. Es soll für kleine und mittlere Unternehmen passend sein. Wir prüfen, inwieweit wir mit regionalen Maßnahmen ergänzen können.

(Beifall bei CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich fasse zusammen: Gerade im 60. Jahr der sozialen Marktwirtschaft ist es nötig und wichtig, im marktwirtschaftlichen System mehr Strahlkraft zu entwickeln. Dazu kann die Beteiligung der Arbeitnehmer - zum Beispiel durch Investivlohn - einen Beitrag leisten. Das ist wirtschaftspolitisch richtig, weil in den Unternehmen die Produktivität, das Eigenkapital und die Mitarbeiterbindung gestärkt werden. Die Mitarbeiterbeteiligung ist politisch und gesellschaftlich nötig, weil sie Vermögensbildung und Altersvorsorge erleichtert und ergänzt. Ordnungspolitisch ist es richtig, dass der Staat Förderangebote macht, die auf freiwilliger Basis erfolgen und zu denen niemand gezwungen wird.

(Beifall bei der CDU und des Abgeordneten Bernd Schröder [SPD])

Ich danke Herrn Minister Austermann. Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Es ist beantragt worden, über den Antrag in der Sache abzustimmen. Wer dem zustimmen will, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? Enthaltungen? - Damit ist der Antrag Drucksache 16/2117 mit den Stimmen der Fraktionen von CDU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der FDP und bei Enthaltung des Abgeordneten Jens Magnussen angenommen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 27 auf:

Maritimer Aktionsplan Schleswig-Holstein

Bericht der Landesregierung Drucksache 16/2113

Ich erteile dem Minister für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr, Herrn Dietrich Austermann, das Wort. - Zu Tagesordnungspunkt 27, Herr Minister! - Ich bitte Herrn Hauck, den Minister nicht von seiner Arbeit abzuhalten.

(Minister Dietrich Austermann)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Als erstes deutsches Bundesland und - soweit ich weiß als erstes Land in Europa legt Schleswig-Holstein einen maritimen Aktionsplan vor. Er ist von der Landesinitiative Zukunft Meer unter der Leitung von Professor Herzig erarbeitet worden. Deshalb ist es mir eine Freude, Herrn Professor Herzig auf der Tribüne zu begrüßen.

(Beifall)

Es ist mir eine Freude, ihm für seine Arbeit als maritimer Koordinator unseres Landes zu danken.

Die Landesinitiative Zukunft Meer geht von drei Prinzipien aus, die auch den Aktionsplan bestimmen: Erstens. Wir wollen das Meer stärker nutzen. Dazu müssen wir es auch nachhaltig schützen. So lassen sich auf Dauer maritime Arbeitsplätze erhalten und schaffen.

Zweitens. Wir wollen das Bewusstsein für die Meere als Wirtschaftsraum und für das Ökosystem steigern. Wir wollen die maritimen Kompetenzen unseres Landes nach außen tragen. Hier müssen wir Dialoge in Gang bringen und Netzwerke bilden.

Drittens. Die Aufgaben, die das Meer uns stellt, und die Chancen, die das Meer uns bietet, sind sehr groß. Wissenschaft und Wirtschaft in SchleswigHolstein müssen zusammenarbeiten, um neue Medikamente aus maritimen Wirkstoffen zu schaffen. Auch wenn es um alternative Energien oder um die Entwicklung von neuen Forschungstauchbooten geht, die zum Beispiel auf dem Meeresgrund Rohstoffe erkunden können, verfolgen wir dies.

In diesem Sinne definiert der Maritime Aktionsplan zehn Leitlinien für die integrierte Meerespolitik in Schleswig-Holstein. Sie reichen von A - Aufmerksamkeit für die Meeres steigern - bis Z - überregionale Zusammenarbeit stärken. Sie finden das in dem sehr umfangreichen Bericht. Ich danke den Verfassern in meinem Haus und den Zuarbeitern aus den anderen Häusern ebenso wie den Forschungseinrichtungen für diese wertvolle Arbeit.

(Beifall bei CDU und SPD)

Ich möchte anhand einiger Beispiele beleuchten, worum es jenseits der abstrakten Strategien ganz praktisch geht. Ich nenne das Handlungsfeld der Beförderung maritimer Zukunftstechnologien. Worum geht es hier? - Hierzu nenne ich zwei Beispiele: Mithilfe der Nanotechnologie ist es Wissen

schaftlern - vor allem von der GKSS - und Unternehmen in Schleswig-Holstein gelungen, eine neuartige Beschichtung von Schiffsrümpfen zu entwickeln, die ermöglicht, dass es mit weniger Chemie zu weniger Bewuchs kommt. Man erreicht so glattere Außenhäute und mehr Energieeffizienz. Man weiß, dass die Fährschiffe, die heute Kiel anlaufen, langsamer fahren. Für die Kunden ist dies gut, weil sie für den gleichen Preis zwei Stunden länger auf See sind. Die Schiffe fahren langsamer, um Energie zu sparen. Die technologische Entwicklung ist gut für das Meer und gut für die Umwelt. Sie ist auch gut für die Geschäfte.

Ich nenne weiter die Gashydrattechnologie. Das IFM-GEOMAR erforscht die Möglichkeiten, Kohlendioxid auf dem Meeresboden zu deponieren und gleichzeitig Methan als Energieträger zu gewinnen. Die Technologie der CO2-Deponierung wäre energiepolitisch ein Durchbruch und verheißt einen großen Markt.

Ich nenne ein weiteres Handlungsfeld, nämlich die verantwortungsvolle Nutzung der Meere. Worum geht es hier? - Es geht darum, beispielsweise im neuen Kieler Wirkstoffzentrum am IFM-GEOMAR Wirkstoffe aus dem Meer zu gewinnen, um neue Medikamente - zum Beispiel gegen Krebs, Diabetes oder Infektionen - zu entwickeln. Es geht beispielsweise auch darum, auf der Forschungsplattform Fino 3, die in den nächsten Wochen aufgebaut wird, ein interessantes Projekt weiterzuentwickeln. Das ist eine Forschungsplattform, die vor allem in Zusammenarbeit mit der Fachhochschule Kiel entwickelt worden ist. Diese Plattform wird in den nächsten Wochen in der Nordsee aufgestellt. Sie bietet auch für viele Mittelständler die Möglichkeit, dort Forschungsarbeiten zu betreiben und die Offshore-Windenergie zu entwickeln und zu erproben. Wir beteiligen uns an dem Projekt, weil Offshore-Wind energiepolitisch und wirtschaftspolitisch eine wichtige Option für Schleswig-Holstein ist.

Ich nenne ferner das Handlungsfeld der Wahrung der Sicherheit von Menschen und Küstenzonen. Auch hier geht es um konkrete Dinge. Mit anderen Bundesländern und mit EU-Partnern arbeiten wir an einer Verbesserung des Küstenschutzes mit Blick auf die Folgen des Klimawandels. Hier muss man unterstreichen, dass wir eine große Zahl an Einrichtungen haben, die Klimaschutz betreiben. Zu nennen sind hier das IFM-GEOMAR, die CAU mit dem Forschungszentrum Büsum, die GKSS und das Alfred-Wegener-Institut. Das ist ein Kleeblatt

an wissenschaftlichen Einrichtungen, die wertvolle Arbeit leisten.

Mit Wissenschaftlern und zahlreichen Unternehmen haben wir das Ozean Monitoring System an der Nordseeküste aufgebaut, das über 100 Parameter liefert, die zum Beispiel früher als bisher Vorhersagen für Extremwetter und Sturmfluten ermöglichen. Die Daten liefern Entscheidungshilfen für das Umweltmanagement, für die Küstenüberwachung und für den Katastrophenschutz. In dem Aktionsplan sind mehr als 50 Beispiele für maritime Aktionen und Projekte zusammengetragen, die den innovativen und integrativen Einsatz unserer Meerespolitik verdeutlichen.

Vieles ist bereits im Gang. Einige Felder sind noch im Aufbau. Die Landesregierung hat sich darauf verständigt, nach drei Jahren eine Bestandsaufnahme zu machen und bei Bedarf nachzubessern. Schleswig-Holstein ist eine maritime Modellregion geworden. Diese Position bauen wir mit dem Aktionsplan und mit seiner Realisierung immer weiter aus. Ich bin sicher, hierbei haben wir die Unterstützung des Landtags.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Ich danke dem Herrn Minister für seinen Bericht und eröffne die Aussprache. Für die CDU-Fraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Manfred Ritzek das Wort.

(Zuruf des Abgeordneten Konrad Nabel [SPD])

- Herr Kollege Nabel, wir sind bei der Auswahl unserer Themen flexibel.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Minister, man konnte richtig sehen, dass Sie von dieser Thematik begeistert sind. Sie haben eine Kraft ausgestrahlt, die beweist, wie bedeutend dieses Thema ist.

Spannende Exkursionen in die Meerestiefe stehen mutigen Abgeordneten unseres Hauses bevor. Sie können bald mit dem bemannten Meeresforschungsboot „Orca“ bis zu einer Wassertiefe von 1.000 m tauchen. Die Experten vom IFM-GEOMAR und von der Fachhochschule Kiel haben gemeinsam mit hochspezialisierten Unternehmen die

ses kleine, flexible und mit modernsten Technologien ausgestattete Forschungstauchboot entwickelt.

Unser Ministerpräsident hat schon in dem vom IFM-GEOMAR betriebenen Forschungstauchboot „Jago“ gesessen, das 400 m tief tauchen kann und das für zwei Personen konzipiert ist. Allerdings geschah diese mutige Entscheidung zum Einstieg an Land, als „Jago“ bei einer maritimen Veranstaltung in unserer Landesvertretung in Berlin ausgestellt war. Aber immerhin, unser Ministerpräsident hat in „Jago“ gesessen. Unser Staatssekretär Jost de Jager hat bereits eine gewisse Zeit in der Tiefe von 250 m in den Gewässern vor Norwegen in „Jago“ verbracht.

Hier soll auch der vor wenigen Tagen vom IFMGEOMAR vorgestellte Suchtauchroboter „ROV Kiel 6000“ erwähnt werden, der bis zu einer Tiefe von 6.000 m Kameraaufnahmen machen und Proben nehmen kann.

(Zuruf des Abgeordneten Konrad Nabel [SPD])

Die Einleitung beweist bereits die hohe Aktivität und Kompetenz unseres Landes in der maritimen Wirtschaft. Der vorgelegte Aktionsplan dokumentiert, dass die maritime Wirtschaft in SchleswigHolstein beste Zukunftschancen hat.