Uns als Parlament geht es auch um eine politische Botschaft, die wir in die Bundesrepublik hinausschicken wollen. Es geht um einen Auftrag an die Landesregierung, der ganz konkret formuliert sein muss.
Wir haben in kurzen und knappen Worten beschrieben, welches die politische Haltung von uns ist. Ich habe den Eindruck, dass auch Sie in der SPD und in der CDU vom Grundsatz her diese Haltung teilen. Deshalb macht es - wie ich meine -, Sinn, unserem Antrag zuzustimmen und der Landesregierung damit wirklich einen Auftrag zu erteilen und nicht immer nur zu begrüßen, was möglicherweise irgendwelche Leute irgendwann einmal gesagt haben.
Für die Landesregierung erteile ich der Sozialministerin, Frau Dr. Gitta Trauernicht-Jordan, das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zur Gesundheitsstrukturreform gehören nicht nur Praxisgebühr, medizinische Versorgungszentren, Haus- und Bonusmodelle und integrierte Versorgung, sondern auch die Einführung von so genannten DRGs, von einheitlichen Fallpauschalen in Krankenhäusern. Letztere sind ein Reformbaustein, der - das ist hier deutlich geworden - für SchleswigHolstein von Anfang an ein schwieriger Punkt war. Warum ist das so? - Schleswig-Holstein hat im Bundesrat für die Einführung der Fallpauschalen gestimmt, denn dafür - auch das ist hier deutlich geworden - gibt es gute Gründe. Qualitäts- und Effizienzsteigerungen tun Not. Das Problem liegt in der Art der Einführung des Systems der pauschalierten Entgelte.
Das geltende Fallpauschalengesetz schreibt vor, dass sich die Festsetzung der Eurobeträge für bestimmte Leistungen nach Basisfallwerten auf Landesebene richtet. Das bedeutet für Leistungen in SchleswigHolstein weniger Geld als in anderen Bundesländern, denn - das muss uns klar sein - der derzeitige Basisfallwert basiert auf den realen Kosten der vergangenen Jahre und ist in Schleswig-Holstein niedriger als im Durchschnitt aller Länder. Im Wissen um diese
Situation - darauf ist hingewiesen worden - hat meine Vorgängerin, Frau Moser, in hartnäckigen politischen Verhandlungen letztlich erreicht, dass in der Begründung zu dem geltenden DRG-Gesetz überhaupt erst das Ziel formuliert ist, auf mittlere Frist bundeseinheitliche Basisfallwerte zu vereinbaren. Schon das war nicht einfach, denn dies tangiert die Interessen der Mehrheit der anderen Länder. Es geht hier um die Interessen der schleswig-holsteinischen Bevölkerung. Die Widerstände der meisten anderen Länder liegen auf der Hand. Die anderen Länder sehen ihre originären Interessen berührt. Sie sind an sozialen Taten uns gegenüber nicht interessiert. Ein Schnellschuss bringt also gar nichts. Wir müssen vielmehr durch unsere Strategien und unsere Vorbereitungen darauf hinwirken, dass wir eine Chance haben, die Mehrheit der anderen Bundesländer zu überzeugen und für unsere Initiative zu gewinnen.
Es muss uns klar sein, welch dickes Brett hier zu durchbohren ist. Jeder von uns kann in seiner Partei auf Bundesebene und in den anderen Bundesländern dafür werben, dass die Einsicht wächst, dass es im Interesse des Großen und Ganzen ist, wenn sich die Basisfallwerte anders als nach dem geltenden Gesetz, nämlich schneller auf einen bundesweiten Basisfallwert hin entwickeln.
Nein, ich würde meine Rede gern fortführen. - Fakt ist - das ist hier gesagt worden und auch ich möchte dies hier ausdrücklich sagen -, dass die schleswigholsteinischen Krankenhäuser seit Jahren eine Vorreiterrolle einnehmen, wenn es um wirtschaftliche Betriebsführung und Produktivitätssteigerung geht.
Diese Krankenhäuser fürchten nun, dass sie für ihre Vorleistungen bestraft werden, da die niedrigere betriebswirtschaftliche Manövriermasse in Zeiten knapper Finanzen ein Problem ist.
Wie sieht nun die derzeitige Situation der schleswigholsteinischen Krankenhäuser aus? - Die Ergebnisse des Jahres 2004 weisen aus, dass die meisten Krankenhäuser bereits so effizient arbeiten, dass sie einen niedrigeren als den derzeitigen landesweiten Basisfallwert haben. Das heißt, diese Krankenhäuser werden mit Blick auf die nächsten Jahre nicht unter fi
nanziellen Druck geraten. Wir müssen uns insofern im Klaren darüber sein, dass wir auch in SchleswigHolstein eine heterogene Lage haben. Das bedeutet, dass sich andere Krankenhäuser - dies sind vor allem die Universitätskliniken, aber nicht allein diese; auch das muss deutlich gemacht werden - mit einem erheblichen Kostendruck konfrontiert sehen werden.
Unser politisches Anliegen ist es, die Situation der schleswig-holsteinischen Krankenhäuser grundsätzlich zu verbessern. Deswegen starten wir einen neuen Anlauf. Gemeinsam mit den Partnern in SchleswigHolstein - der Krankenhausgesellschaft SchleswigHolstein, dem Verband der Krankenhausdirektoren Deutschlands, Landesgruppe Schleswig-Holstein, und anderen - werden mit Blick auf die Bundesebene Aktivitäten vorbereitet. Das Ziel ist klar: für gleiche Leistungen gleiche Preise, und zwar bundesweit.
Angesichts mancher Töne möchte ich davor warnen, die Debatte so zu führen, dass bei der Bevölkerung der Eindruck erweckt werden könnte, dass es in Schleswig-Holstein angesichts der niedrigen Basisfallwerte eine schlechtere Behandlungsqualität gäbe. Das würde genau das Gegenteil von dem bewirken, was wir brauchen, nämlich das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger, dass sie in den Krankenhäusern in Schleswig-Holstein auf hohem Niveau versorgt werden.
Schon jetzt haben wir es in bestimmten Regionen, zum Beispiel im Hamburger Umland, mit einer verstärkten Abwanderung von Patienten nach Hamburg zu tun. Wir verzeichnen intensive Werbestrategien von Hamburger Krankenhausträgern, die sich auf Schleswig-Holstein richten. Ich bin deshalb nachdrücklich der Ansicht, dass wir unser Engagement für eine bessere und gerechtere Finanzausstattung in eine Gesamtstrategie einbetten müssen. Das ist der Vorteil des Antrages der beiden großen Regierungsfraktionen. Sie stellen die Leistungsfähigkeit unserer Krankenhäuser in den Mittelpunkt. Dafür gibt es nach meiner Einschätzung gute Gründe. In Erwartung des neuen Entgeltsystems hat nämlich gerade auch hier in Schleswig-Holstein ein Prozess der Weiterentwicklung der Leistungsstrukturen der Krankenhäuser insgesamt stattgefunden. Die Landesregierung hat diesen Prozess mit investiven Mitteln und mit Beratung begleitet und wird dies auch weiter intensiv tun.
Was wurde erreicht? - Die Spezialisierung ist vorangeschritten. Medizinische Kompetenzzentren, die sich auf die umfassende Behandlung bestimmter Krankheiten konzentrieren, sind entstanden. Es hat eine bessere Abstimmung der Leistungsstrukturen benachbarter Krankenhäuser zur gegenseitigen Verbesserung der Auslastung und zur Förderung der
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Qualität stattgefunden. Auch die Möglichkeiten zur integrierten Versorgung durch Zusammenarbeit des Krankenhauses mit vor- und nachgelagerten medizinischen Versorgungszentren werden offensiv genutzt. Dieser seit Jahren stattfindende Entwicklungs-, Fusions- und Konzentrationsprozess hat die Grundversorgung nicht gefährdet.
Die Gesundheitsversorgung und die Gesundheitswirtschaft gehören zu den Stärken des Landes SchleswigHolstein. Sie sollen auch durch die zweite Phase der Gesundheitsinitiative vorangetrieben werden.
Ich danke der Frau Ministerin und erteile nunmehr zu einem Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 unserer Geschäftsordnung dem Kollegen Dr. Heiner Garg das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn die Kollegin, Frau Ministerin Trauernicht, meine Zwischenfrage zugelassen hätte, würde ich hier nicht mehr stehen. Ich möchte, dass das, was ich fragen wollte, ins Protokoll kommt. Die beiden Kolleginnen von den die Regierung tragenden Fraktionen haben davon gesprochen, es sei eine Bundesratsinitiative in Vorbereitung beziehungsweise auf dem Weg. Frau Ministerin, ich möchte wissen - ich würde mich freuen, wenn Sie dazu noch kurz Stellung nehmen würden; ansonsten kläre ich das im Wege einer Kleinen Anfrage -, ob Sie eine Bundesratsinitiative vorbereiten, die eine Annäherung an einen bundeseinheitlichen Basisfallwert im Rahmen der derzeitigen Konvergenzphase vorsieht, oder ob Sie eine Bundesratsinitiative zur speziellen Behandlung des Universitätsklinikums vorbereiten, indem Sie zum Beispiel Änderungen an den Relativgewichten vornehmen. Ich glaube, gerade angesichts der Antragslage und der voraussichtlichen Abstimmungslage ist die Klärung, was tatsächlich auf den Weg gebracht werden soll, dringend notwendig.
Ich weise darauf hin, dass dann, wenn die Landesregierung antwortet, die Beratung wieder eröffnet ist,
Herr Kollege Garg, wenn Sie mir genau zugehört hätten, hätten Sie gehört, dass ich gesagt habe, dass es sich um eine Initiative handelt, die die wirtschaftliche Situation aller Krankenhäuser verbessern soll. Insofern ist es keine Lex UK. Das ist eine ganz eindeutige Aussage gewesen.
Was die Details dieser Bundesratsinitiative angeht, so verweise ich darauf, dass wir diese Initiative mit den Partnern im Land und in der Gesundheitsministerkonferenz vorbereiten, um mit Blick auf die Art der Umsetzung möglichst große Chancen zu haben, unser Ziel auch tatsächlich zu erreichen. Hier ist jetzt nicht der Ort, in die Details einzusteigen. So viel zum Verfahren.
Ich danke der Frau Ministerin. - Da die Antragsteller für ihre jeweiligen Anträge geworben haben, sehe ich zwei Alternativen: entweder Ausschussüberweisung, was vielleicht dem Beratungsbedarf gerecht wird, oder Abstimmung in der Sache. Letztes scheint gewünscht zu werden. Es gibt dann wiederum zwei Alternativen: Abstimmung entweder nacheinander oder alternativ.
- Es ist alternative Abstimmung beantragt. Wer dem Antrag der Fraktionen von CDU und SPD, Drucksache 16/231, seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer dem Antrag der Fraktionen von FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten des SSW, Drucksache 16/220, seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich stelle fest, dass der Antrag Drucksache 16/231 mit den Stimmen der Fraktionen von CDU und SPD angenommen worden ist.
Damit sind wir am Ende unserer Beratungen angekommen. Ich darf noch darauf hinweisen, dass die nächste Tagung, die 6., des Landtages am Mittwoch, dem 28. September 2005, um 10 Uhr beginnen wird.