Wir werden als SPD-Landtagsfraktion gemeinsam mit unserem Koalitionspartner über eine klare und eindeutige Regelung im Gemeinde- und Kreiswahlgesetz beraten und diese dann vielleicht mit allen Fraktionen gemeinsam hier im Landtag verabschieden. Die nächsten Kommunalwahlen finden voraussichtlich zwar erst im Jahre 2013 statt, aber wir sollten trotzdem nicht bis dahin warten. Wir sollten das erkannte Problem vielmehr umgehend anpacken und noch in dieser Legislaturperiode, also bis 2010, vorsorgend Nägel mit Köpfen machen.
In Bezug auf die Landtagswahl 2010 und auf das Landeswahlgesetz drängt die Zeit etwas mehr; der Kollege Hentschel hat darauf hingewiesen.
Wir freuen uns deshalb und begrüßen es ausdrücklich, dass die grüne Fraktion heute mit einem Gesetzentwurf in Vorlage getreten ist, der die anlässlich der Kommunalwahl zutage getretene Problemlage für Landtagswahlen durch eindeutige Formulierungen im Wahlgesetz für den Landtag ausschließen soll. Insoweit folgen wir den Grünen. Ob wir uns inhaltlich, Herr Kollege Hentschel, dem konkreten Vorschlag zur Fortsetzung des Verhältnisausgleichs bis zum vollständigen Ausgleich aller Überhangmandate ohne Obergrenze für die Gesamtzahl der Sitze anschließen wollen, werden wir gemeinsam mit unserem Koalitionspartner sorgfältig prüfen. Eher unwahrscheinlich erscheint mir die parlamentarische Zustimmungsfähigkeit des gleichzeitig zum wiederholten Mal eingebrachten Vorschlags der Grünen zur Abkehr vom bewährten Auszählverfahren nach d’Hondt hin zum Verfahren nach Sainte-Laguë.
Lassen Sie uns zwischen der ersten und zweiten Lesung im üblichen Ausschussverfahren die Einzelheiten besprechen!
Ich danke dem Herrn Abgeordneten Klaus-Peter Puls und erteile für die FDP-Fraktion dem Herrn Abgeordneten Wolfgang Kubicki das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit ihrem Gesetzentwurf zielt die Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf zweierlei ab: Erstens soll die Sitzverteilung nach einer Landtagswahl künftig nicht mehr nach dem Zählverfahren d’Hondt, sondern nach dem Zählsystem SainteLaguë vorgenommen werden, und zweitens soll künftig die Anzahl der Überhangmandate so lange durch die Verteilung weiterer Sitze ausgeglichen werden, bis sich das tatsächliche Wahlergebnis im Parlament widerspiegelt.
Wir unterstützen sowohl beide Forderungen als auch die Begründung im Gesetzentwurf, denn durch eine Veränderung des Sitzzuteilungsverfahrens von d'Hondt nach Sainte-Laguë wird eine bessere Repräsentanz der Wählerstimmen erreicht. Und darum muss es im Wahlrecht gehen - ich empfehle, wirklich noch einmal die letzten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zur Frage der Stimmengewichtung, die sich in Parlamentssitzen widerzuspiegeln hat, zu lesen -: Nicht um mehr oder weniger Mandate für die eine oder andere Fraktion, sondern darum, dass die abgegebenen Wählerstimmen auf die verschiedenen Parteien so genau wie möglich durch die Anzahl der Sitze im Parlament wiedergegeben wird.
Das erreicht das Zählverfahren nach Sainte-Laguë bisher besser als alle anderen entwickelten Verfahren. Deshalb ist der Vorschlag im Gesetzentwurf richtig.
Ebenso richtig ist es, die Kappungsgrenze bei den Ausgleichsmandaten abzuschaffen. Abgesehen von dem Streit darüber, wie die jetzige Regelung im Landeswahlrecht auszulegen ist, die ja der Regelung im Kommunalwahlrecht entspricht, muss man sich fragen, warum wir im Wahlrecht überhaupt so eine Grenze haben. Auch nach der Entstehung von Überhangmandaten muss es doch primär darum gehen, dass sich das Wahlergebnis so genau wie möglich im Parlament widerspiegelt. Da
kann es nicht sein, dass eine Fraktion über Gebühr Sitze im Parlament erhält, weil auf einmal bei der Verteilung von Ausgleichsmandaten eine Sperre eingezogen wird. Insofern ist es richtig, diese Sperre im Gesetz zu streichen.
Wenn wir aber schon das Landeswahlrecht aufgreifen, dann sollten wir auch noch andere Fragen im Ausschuss debattieren. So haben wir als FDPFraktion bereits vor Jahren im Innen- und Rechtsausschuss bemängelt, dass wir ein Missverhältnis zwischen Direkt- und Listenwahlmandaten haben. Durch eine entsprechende Angleichung der Anzahl der Direkt- und Listenmandate kann die Gefahr, dass Überhangmandate überhaupt entstehen, wesentlich eingeschränkt werden. Das hat auch der damalige Landeswahlleiter Dr. Lutz im Innen- und Rechtsausschuss vorgetragen. Damit hätte man das Problem einer möglichen Aufblähung der Parlamente, das ja als Vorwand für die Sperre bei der Vergabe von Ausgleichsmandaten immer wieder benutzt wird, von vornherein eingeschränkt.
Auch andere Punkte sollte man im Zusammenhang mit dem Gesetzentwurf besprechen. Zum einen müssen wir im Zusammenhang mit der Sitzverteilung des Landtages auch über die Besetzung der Ausschüsse nach unserer Geschäftsordnung nachdenken. Diese erfolgt bisher nach d'Hondt und würde selbst nach einer etwaigen Zustimmung zum Gesetzentwurf der Grünen wohl weiter nach d'Hondt erfolgen. Das wäre selbstverständlich systemfremd. Hier müsste möglicherweise eine Klarstellung in der Geschäftsordnung geschaffen werden, auch wenn die Ausschussbesetzung nach d'Hondt bisher nicht durch den genauen Wortlaut der Geschäftsordnung gedeckt ist, sondern eher auf Gewohnheitsrecht beruht.
Zudem haben wir als FDP immer das sogenannte „Prinzip der offenen Listen“ gefordert. Dieses räumt den Wählerinnen und Wählern größeren Einfluss auf die Reihenfolge der aus Listenvorschlägen der Parteien gewählten Kandidatinnen und Kandidaten ein. Wir sollten darüber diskutieren, jedenfalls im Hinblick auf das Kommunalwahlrecht, ob und wie wir den Wählerinnen und Wählern die Möglichkeit einräumen können, einzelne Listenbewerberinnen und -bewerbern durch Stimmenhäufung auf dem jeweiligen Listenwahlvorschlag weiter nach vorne rücken zu lassen. In Baden-Württemberg und Bayern, Kollege Astrup, hat man damit sehr gute Erfahrungen gemacht, auch wenn das manche Parteistrategen zum Grübeln gebracht hat, dass die von ihnen favorisierten Kandidaten von der Bevölkerung anschließend nach hinten gehäufelt
wurden. Jedenfalls schafft das mehr Demokratie und Mitbestimmung für die Wählerinnen und Wähler und ist ein gutes Mittel, der immer weiter fortschreitenden Wahlmüdigkeit der Bürgerinnen und Bürger entgegenzuwirken.
Sie sehen also, liebe Kolleginnen und Kollegen, es gibt noch viel im Ausschuss zu besprechen. Darauf freue ich mich. Ich sage nicht, packen wir es an, sondern reden wir miteinander.
Ich danke Herrn Abgeordneten Kubicki und erteile für den SSW im Landtag der Frau Abgeordneten Anke Spoorendonk das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Schon bei der letzten Änderung der Gemeindeordnung im Jahre 2004 hatte der SSW eigene Änderungsvorschläge eingebracht, die unter anderem darauf abzielten, dass die Ausschusssitze nicht mehr nach dem d’Hondt-Verfahren verteilt werden, sondern nach dem Hare/Niemeyer-Verfahren. Hintergrund für diesen Vorschlag war, dass Hare/Niemeyer und auch das von den Grünen jetzt vorgeschlagene Verfahren nach Sainte-Lagu# gerechter ist, wenn es um die Verteilung von Mandaten oder Ausschusssitzungen geht.
Es ist allgemein anerkannt, dass das immer noch in Schleswig-Holstein verwendete d’Hondt-Verfahren kleinere Parteien und Wählergruppen bei der Mandatsvergabe benachteiligt, weil diese im Durchschnitt mehr Stimmen pro Mandat benötigen als die größeren Parteien. Ein Gutachten der Bundestagsverwaltung hat dies bereits 1999 bestätigt, und das Bundeswahlgesetz wurde ja schon vor vielen Jahren dahingehend geändert, dass jetzt auf Bundesebene bei der Mandatsvergabe das Hare/ Niemeyer-Verfahren angewendet wird.
Es ist nicht einzusehen, dass die beiden großen Parteien in Schleswig-Holstein allein durch das Wahlrecht weiterhin einen Vorteil haben. So hätte zum Beispiel der SSW, lieber Kollege Astrup, sein drittes Landtagsmandat nach der Wahl 2005 behalten, wenn in Schleswig-Holstein das Hare/NiemeyerVerfahren angewendet würde.
Jede Stimme sollte also gleich viel zählen, und da ist das von den Grünen vorgeschlagene Verfahren sogar noch etwas gerechter als Hare/Niemeyer.
Auch der zweite Punkt im Antrag der Grünen sollte zumindest ernsthaft geprüft werden. Denn in der Tat hat es nach der Kommunalwahl unterschiedliche Interpretationen des Gemeinde- und Kreiswahlrechts wegen der Überhangmandate gegeben. Im Landeswahlgesetz haben wir dieselbe Formulierung zu dieser Frage.
Es laufen jetzt zu diesem Thema verschiedene Gerichtsverfahren, und man wird sehen, wie die letzte Instanz darüber entscheiden wird. Nach Auffassung des SSW muss aber bereits jetzt im Landeswahlgesetz eine Klarstellung erfolgen, sodass wir nicht nach der Landtagswahl bei etwaigen Überhangmandaten dieselben Probleme bekommen wie jetzt in Kiel und in anderen Kommunen.
Im Grunde sollte man dann aber auch gleichzeitig das Gemeinde- und Kreiswahlgesetz entsprechend ändern, um für die Kommunalwahlen im Jahre 2013 diesen Problemen - das ist ja auch schon gesagt worden - zu entgehen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das bringt mich dann auch noch zu einer anderen Problematik, die auch etwas mit der Verteilung der Sitzung in den Ausschüssen der Kommunen zu tun hat. Sie wird vielleicht etwas schwieriger zu lösen sein. Ich möchte das konkret darstellen. So hat der SSW Husum, obwohl er bei der Kommunalwahl am 25. Mai 10,5 % der Stimmen erhielt und drei Mandate in der Stadtvertretung erreichte, bei der Ausschussverteilung nur zwei von 63 Ausschusssitzen bekommen. Nach dem normalen Auswahlverfahren hätte er auf jeden Fall sieben Ausschusssitze bekommen müssen.
Zwar sind Zählgemeinschaften nach der Gemeindeordnung nicht mehr erlaubt, aber in Husum haben die Vertreter der anderen Parteien höchstwahrscheinlich - man kann es ja nicht konkret beweisen - Absprachen untereinander getroffen. Denn es wurde geheime Abstimmung nach dem Verhältniswahlrecht beantragt, und entgegen dem Wahlergebnis der Kommunalwahl bekam der SSW Husum die wenigsten Ausschusssitze in der Stadtverordnetenversammlung.
Obwohl die Grünen und die FDP weniger Stimmen zur Kommunalwahl als der SSW erhalten haben, bekamen sie mehr Ausschusssitze, weil sie eben Absprachen - behaupte ich - mit den anderen Parteien eingegangen sind. Dies ist formal keine Zählgemeinschaft, das Ergebnis in Form von Ausschusssitzen ist genau das gleiche.
Das liegt jetzt alles bei der Kommunalaufsicht des Landes. Ich bin gespannt, wie die Entscheidung lauten wird. Ich meine, wir müssen uns auch noch einmal vor dem Hintergrund der Diskussion im Innen- und Rechtsausschuss über Zählgemeinschaften mit diesem Problem befassen.
Ich sehe, dass dieser Gesetzentwurf zu längeren Beratungen führen wird, weil alle anscheinend noch eine etwas längere Wunschliste haben. Wenn wir dabei sind, sollten wir diese Listen auch abarbeiten, lieber Herr Kollege Kalinka.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe damit die Beratung. Es ist beantragt worden, den Gesetzentwurf Drucksache 16/2152 dem Innen- und Rechtsausschuss zu überweisen. Wer dem so zustimmen möchte, bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen! - Enthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen.
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort für die antragstellende Fraktion dem Fraktionsvorsitzenden von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Herrn Abgeordneter Karl-Martin Hentschel.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich bin etwas beunruhigt, weil der zuständige Minister nicht hier ist.
- Der Sportminister ist rausgegangen, aber ich hoffe, er wird trotzdem in der Lage sein zu reagieren. Ich nehme das jetzt nicht übel, sondern fange einfach mit meiner Rede an.
Meine Damen und Herren, das Wegschließen von Gefangenen in Gefängnissen dient der Sicherheit, aber es dient nicht der Sicherheit, wenn sie anschließend rückfällig werden. Deswegen ist die Fra
ge der Resozialisierung entscheidend. Gelingt es im Gefängnis, sie so zu bewegen, dass sie hinterher nicht wieder kriminell werden?
Ein wesentliches Mittel zur Resozialisierung ist seit jeher der Sport. Die Wirkung von Sport in Haftanstalten ist unbestritten. Mit Sport können die negativen Auswirkungen für die Gefangenen wie Bewegungsarmut, wenige soziale Kontakte und hohes Stresspotenzial zwar nicht aufgehoben, aber zumindest eingeschränkt werden. Da der Alltag hinter Gittern geprägt ist von Langeweile, Antriebslosigkeit und Frust und 9,5 m2 nicht gerade viel sind, verspüren die Gefangenen einen hohen, kräftigen Bewegungsdrang.
Deshalb trägt der Sport zur sozialen Sicherheit im Gefängnis bei und er kompensiert nachweislich Gewalt und Aggression.
Das alleine reicht nicht. Wenn immer wieder gefordert wird, dass Strafen härter und länger sowie Anstaltsmauern höher werden sollen, isoliert das den Vollzug gesellschaftlich immer mehr. Das ist nur die eine Seite. Denn wenn Gefangene anschließend rückfällig werden, dann nützen auch die hohen Mauern nichts. Wer resozialisieren will, muss also die Frage nach den Zielsetzungen des Vollzugs und deren Wirkungen auf Gefangene stellen. Unter diesem Aspekt spielt der Sport nicht nur insofern eine Rolle, als sich die Gefangenen austoben sollen, sondern er spielt bei der Vollzugsgestaltung auch als Lern- und Bildungsangebot eine wichtige Rolle. Denn der Sport hat wie kein anderes Medium Zugangschancen. Das heißt zu deutsch: Für Gefangene, die sich sonst in anderen Zusammenhängen schlecht ausdrücken können - davon haben wir sehr viele -, die häufig zu Gewalt greifen, weil sie verbal nicht kommunizieren können, ist Sport ein wichtiges Ausdrucksmittel und Trainingsmittel. Deswegen ist Sport ein wichtiges Element in zielgruppenorientierten Konzepten des sozialen Trainings und in therapeutischen Maßnahmen insbesondere bei der Gewaltprävention und Integration.
Nun komme ich zu dem Antrag. Leider hapert es oft an qualifiziertem Personal, aber auch an den Grundeinstellungen von Verantwortlichen, die Sport nach wie vor lediglich als positive Freizeitaktivität einschätzen. Deswegen greifen wir mit unserem Antrag ein Modell aus Hessen auf, das sich dort bewährt hat. Die dort ins Leben gerufene Landesarbeitsgemeinschaft „Sport und Justizvollzug“ setzt sich das Ziel, den Gefangenensport zu entwickeln