Protokoll der Sitzung vom 17.07.2008

Zentrale Aufgabe der Bundesebene bleiben darüber hinaus die Novellierung des Schutzauftrags bei Kindeswohlgefährdung im Kinder- und Jugendhilfegesetz und die Schaffung einer Befugnisnorm für Berufsgeheimnisträger bei der Abwägung von Schweigepflicht und Kinderschutz, ein Problem, das immer wieder zu Verhaltensunsicherheiten führt und dringend beseitigt werden muss.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Palette der Themen der Gesundheitsministerkonferenz sprengt den Rahmen einer Landtagsdebatte. Es lohnt, diese und weitere Themen im Gesundheitsausschuss anzusprechen. Ganz generell kann man sagen, dass das Jahr 2008 ein gesundheitspolitisch bedeutsames Jahr ist. Die Weichen für eine sichere und qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung für die Bevölkerung auch in Zeiten des demografischen Wandels müssen gestellt werden.

Die Gesundheitsministerkonferenz in Plön hat wichtige Beschlüsse zur Sicherung einer qualitativ hochwertigen Gesundheitsversorgung gefasst. Ich freue mich darüber und bedanke mich für die Möglichkeit, hier diesen Bericht zu geben.

(Beifall bei SPD und CDU)

Ich danke der Frau Ministerin für ihren Bericht und erteile der FDP das Wort, da sie mit der Drucksache 16/2166 den ersten Antrag zu diesem Thema

(Ministerin Dr. Gitta Trauernicht)

gestellt hat. Das Wort erhält Herr Abgeordneter Dr. Heiner Garg.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Liebe Kolleginnen und Kollegen der Koalitionsfraktionen, ich bin Ihnen ausgesprochen dankbar für Ihr Abstimmungsverhalten, dokumentieren Sie damit doch, dass es Sie wenig bis gar nicht interessiert, wie wir die stationäre Versorgung in Schleswig-Holstein sicherstellen können, sondern dass Sie vielmehr einen allgemeinen Rundumschlag, in welch netter Atmosphäre man in Plön getagt habe, erwarten. Ich empfehle Ihnen: Lassen Sie sich doch das nächste Mal einfach über die Speisenkarte und die Tischdekoration informieren!

(Zurufe von der SPD)

Das birgt dann noch weniger Konfliktstoff. Die Sicherstellung der stationären Versorgung wird es allerdings mit Sicherheit nicht dokumentieren.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, warum wir unseren Antrag so präzise gestellt haben, will ich Ihnen an vier Punkten deutlich machen. Ich will Ihnen die Bedeutung der Krankenhäuser für die Versorgung in Schleswig-Holstein aufzeigen sowie die aktuelle Situation darstellen, die Beschlüsse der GMK - vielleicht lernen Sie, Herr Dr. Stegner, auch noch etwas - und die Lösungsansätze aufzeigen, die notwendig gewesen wären.

In den schleswig-holsteinischen Krankenhäusern sind rund 32.655 Menschen beschäftigt. Das sind 4,2 % aller Beschäftigten in Schleswig-Holstein. Im Jahre 2006 gab es in Schleswig-Holstein 1.181 Auszubildende und Schülerinnen und Schüler an allen Krankenhäusern. Rund 600.000 Patientinnen und Patienten in Schleswig-Holstein werden pro Jahr behandelt. Der Anteil der schleswig-holsteinischen Krankenhäuser am Bruttoinlandsprodukt des Jahres beträgt rund 2,5 %, und unter den zehn größten Arbeitgebern Schleswig-Holsteins liegen das UK S-H auf Platz zwei und die Damp Holding auf Platz sechs.

(Zuruf des Abgeordneten Günter Neugebauer [SPD]: Das kann man alles nachlesen!)

- Herr Neugebauer, dass Sie das alles nachlesen können, glaube ich Ihnen, ohne dass ich daran zweifele, dass Sie lesen können. Es wäre vielleicht schön gewesen, Sie hätten ein bisschen mehr Interesse daran gezeigt, dass die Krankenhäuser in der Tat mit dem Rücken an der Wand stehen. Sie stimmen einem Berichtsantrag zu - ich hätte fast einen

unparlamentarischen Ausdruck gebraucht -, der nichts anderes ist als ein fröhliches gemeinsames Zusammensein auf Schloss Plön. Ich kann das nicht verstehen.

Ich will Ihnen auch sagen, warum ich das nicht verstehen kann, denn die Kostenbelastung, die die Krankenhäuser schultern müssen, beträgt in den Jahren 2008 und 2009 rund 120 Millionen €. Als Vorsitzender des Finanzausschusses sollte Sie wenigstens das interessieren. Das Hauptinteresse der Krankenhäuser liegt mittlerweile darin, eine Lösung für das Problem zu finden, wie sie angesichts der bisherigen Rahmenbedingungen allein die Tarifsteigerung 2008 von 3,2 % sowie die für 2009 von 4,7 % finanziert bekommen. Ich will Ihnen konkrete Beispiele nennen:

Das Klinikum Nordfriesland hat 2007 erstmalig einen Verlust in sechsstelliger Höhe eingefahren. Das Klinikum Itzehoe schreibt durch höhere Arbeitsverdichtung gerade noch einen schwarze Null. Das Friedrich-Ebert-Krankenhaus in Neumünster schreibt dieses Jahr eine schwarze Null und prognostiziert 2009 rote Zahlen. Das Westküstenklinikum schreibt dieses Jahr gerade noch eine schwarze Null. Die Krankenhäuser 2007 mussten Personalkostensteigerungen von durchschnittlich 3 % verkraften, und durch den Tarifabschluss 2008/2009 erwarten die Kliniken Personalkostensteigerungen in Höhe von 8 %. Für Schleswig-Holsteins Krankenhäuser resultieren daraus Mehrkosten in Höhe von rund 90 Millionen €.

Liebe Kollegin Schümann, ich will Ihnen um Gottes willen nicht schaden, aber Lob von Ihnen für Ergebnisse der GMK klang auch schon mal anders, als das, was Sie nun gesagt haben: Na ja, ein bisschen was ist passiert, aber eigentlich zu langsam und zu spät. - Sachkosten-, Mehrwertsteuererhöhung, Energiekostensteigerung. Eine Preissteigerungsrate von jährlich 2,5 % bedeutet für die Krankenhäuser in Schleswig-Holstein eine zusätzliche Kostenbelastung in Höhe von 30 Millionen €.

Sie leisten mit der Zustimmung der Landesregierung zum GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz im Bundesrat seit 2007 einen sogenannten Sanierungsbeitrag in Höhe von 0,5 %. Sanierungsbeitrag heißt also: Mit dem Rücken an der Wand stehende Kliniken, vor dem finanziellen Kollaps stehende Kliniken sollen das marode Gesundheitssystem sanieren. Herzlichen Glückwunsch, sage ich an der Stelle noch einmal. Das sind Belastungen in Höhe von rund 7,5 Millionen € im Jahr.

(Vizepräsidentin Frauke Tengler)

Ihnen wird die Anschubfinanzierung für die integrierte Versorgung von 1 % bis zum 31. Dezember 2008 auferlegt. Für die Kliniken in SchleswigHolstein bedeutet das zusätzliche Belastungen in Höhe von 15 Millionen €. Auf der Einnahmeseite haben die Krankenhäuser im Jahre 2007 die Einnahmesteigerung, das heißt die sogenannten Veränderungsraten, von 0,28 % erhalten. Einnahmesteigerungen in Höhe von 0,28 %! Ziehen Sie einmal den Sanierungsbeitrag ab - er beträgt 0,5 % -, dann waren die Einnahmesteigerungen der Krankenhäuser, sofern man da noch von Steigerungen sprechen kann, mit 0,22 % im Minus, also negativ. Im Jahre 2008 lag die Veränderungsrate bei 0,64 %. Nach Abzug des Sanierungsbeitrags - Sie erinnern sich, Herr Neugebauer: 0,5 % - lagen die Einnahmesteigerungen bei 0,14 %. Krankenhäuser in Schleswig-Holstein haben -

(Zuruf des Abgeordneten Günter Neugebauer [SPD])

- Haben Sie doch etwas Geduld! Sie bekommen jede Menge Vorschläge, was hätte passieren müssen. Also seien Sie doch ein bisschen geduldig!

(Günter Neugebauer [SPD]: Ich habe noch keinen Vorschlag gehört!)

Krankenhäuser in Schleswig-Holstein haben mit 2.685 € den bundesweit niedrigsten Basisfallwert zu verkraften. Das ist die Situation. Jetzt kommt das, was die GMK daraus gemacht hat. Das wäre eigentlich der Job der Gesundheitsministerin gewesen. Angesichts der Tarifsteigerungen ab 2007 und der steigenden Kosten fordert die GMK eine unverzügliche gesetzliche Regelung, um die Kosten der Kliniken angemessen und auskömmlich zu finanzieren.

Wegfall des Sanierungsbeitrags in Höhe von 0,5 % ab 1. Januar 2009.

Angemessene Erstattung der über der Grundlohnsteigerung liegenden Tariferhöhung. - Frau Ministerin Trauernicht, was ist eigentlich in Ihren Augen eine angemessene Erstattung?

Zusätzliche Pauschale zur Stärkung der Pflege ohne bürokratischen Aufwand. - Was heißt das eigentlich konkret?

Einrichtung einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe mit dem Ziel, bis 2015 einen einheitlichen Bundesbasisfallwert zu erreichen. Herzlichen Glückwunsch! Wir gründen einen neuen Arbeitskreis.

Die Länder nehmen ihre Verantwortung für die Investitionsförderung wahr. - Die haben sie bisher

nicht wahrgenommen. Warum sollten sie die in Zukunft wahrnehmen, Frau Ministerin?

(Beifall bei der FDP)

Sanierungsbeitrag. - Die Rückgängigmachung ist ein Nullsummenspiel für die Krankenhäuser. Der Substanzverlust der letzten Jahre wird dadurch überhaupt nicht aufgefangen.

Erstattung der Tariferhöhung. - In welcher Höhe, Frau Ministerin, soll eigentlich eine angemessene Erstattung konkret vorliegen? Nach Berechnungen der KGSH besteht selbst bei einer vollständigen Übernahme der Tarifkosten - - Wenn Sie sich unterhalten, können Sie sich vielleicht ein bisschen leiser unterhalten, Frau Ministerin.

(Heiterkeit und Zurufe)

- Ich denke, der Redner darf ein bisschen lauter sein als diejenigen, die sich auf der Regierungsbank unterhalten.

(Beifall bei der FDP)

Stärkung der Pflege. - Wie konkret eine „zusätzliche Pauschale zur Stärkung der Pflege ohne bürokratischen Aufwand“ aussehen soll, ist nicht einmal Ihrer Kollegin Ulla Schmidt klar. Die von ihr im Notprogramm genannten 21.000 Pflegekräfte bedeuten bei rund 2.100 Krankenhäusern in Schleswig-Holstein durchschnittlich zehn Pflegekräfte pro Klinik mehr.

Bundeseinheitlicher Basisfallwert. - Das haben Sie hier als großen Erfolg gefeiert, nachdem Sie die Opposition hier im Landtag dazu getragen hat, endlich eine Initiative zu ergreifen.

(Beifall bei der FDP)

Wenn dieser bundeseinheitliche Basisfallwert kommt, wird es viele Krankenhäuser in SchleswigHolstein schlicht und ergreifend nicht mehr geben.

Investitionskostenförderung. - Welche Folge hat denn dieser Beschluss für Schleswig-Holstein? Es geht nicht nur um die Höhe der Investitionsförderung, sondern auch darum, wie die Alternative zu der seit 2002 in Schleswig-Holstein praktizierten Darlehensfinanzierung auszusehen hat. Auch dazu haben Sie hier kein Wort gesagt.

Und nun, lieber Kollege Neugebauer, kommen die Lösungsansätze.

(Günter Neugebauer [SPD]: Ihre Redezeit ist abgelaufen!)

- Darauf warten Sie doch die ganze Zeit.

(Dr. Heiner Garg)

Erstens. Die Krankenhäuser brauchen einen realen Ausgleich der Tarifsteigerung. Die Krankenhausdirektoren müssen Gewissheit haben, ob und wie sie heute und morgen ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bezahlen können.

(Beifall bei der FDP)

Eine konkrete Antwort hierzu gibt die GMK nicht.

Zweitens. Ein Lösungsansatz wäre eine Soforthilfe im Rahmen einer gesetzlichen Ausgleichsregelung für die Unterdeckung in den Jahren 2007 und 2008.

Drittens. Neuregelung des Krankenhaus-Entgeltgesetzes mit dem Ziel, Tarifsteigerungen abzudecken und gegenzufinanzieren. Ein entsprechender Vorschlag der Krankenhausdirektoren ist im Übrigen in die Bundesratsinitiative von Bayern, BadenWürttemberg, Nordrhein-Westfalen vom 20. Juni 2008 eingeflossen.