Das bedeutet, dass unser Land heute weniger als ein Drittel weniger neue Schulden aufnehmen muss als beim Regierungsantritt. Das sind über 1 Milliarde € weniger an neuen Schulden. Haushaltstechnisch heißt das, die Kreditfinanzierungsquote wird von 20,7 % bei Regierungsantritt auf 5,8 % im Jahr 2010 reduziert. Das aber ist Haushaltstechnik. Lebenswirklich bedeutet das, dass durch 1 Milliarde € weniger neue Schulden in den Folgejahren jeweils 50 Millionen € weniger neue Zinsen anfallen. Das ist die eigentliche Botschaft, das ist der eigentliche Auftrag.
Für Verwaltung, Personal, Investitionen und Zuwendungen geben wir 230 Millionen € weniger aus, als wir aus Steuern und Verwaltungseinnahmen erzielen. Das operative Ergebnis ist positiv. Im Jahr 2005 gab es hier noch ein Minus von über 800 Millionen €. Meine Damen und Herren, Sie müssen in den Haushaltsbüchern weit zurückblättern, um ein Jahr zu finden, in dem das operative Ergebnis eine schwarze Zahl auswiesen hat.
Wir verkonsumieren weniger, als wir zusätzlich einnehmen. Die konsumtiven Ausgaben ohne Zinsen steigen in den fünf Regierungsjahren insgesamt um 6,4 % und bleiben damit mit einer jährlichen Steigerungsrate von weniger als 1,3 % nicht nur deutlich unter dem Anstieg der Verbraucherpreise, sondern auch deutlich unter dem Anstieg dieser Kosten in den fünf Jahren zuvor, in denen die konsumtiven Ausgaben insgesamt um über 15 % gestiegen sind. Im Jahresdurchschnitt lag dieser Wert
Zugleich investieren wir in die Zukunft unseres Landes. Die Investitionen steigen im Vergleich zu 2005 um 22 %. Das bedeutet für die beiden Planjahre jährlich zusätzlich 150 Millionen € für Wachstum und Beschäftigung in Schleswig-Holstein, also für mehr Zukunftsfähigkeit. Wir investieren in die Forschung, zum Beispiel in das IFMGEOMAR, wir schaffen mehr Studienplätze. Weiter nenne ich XFEL. Wir investieren in die Verkehrsinfrastruktur. Die Themen sind insbesondere in den letzten Wochen hinreichend beleuchtet worden. Wir investieren in das Gesundheitswesen, in die Verbesserung unserer Bildungsstandorte und in die Weiterführung unseres Ganztagsschulprogramms. Wir investieren in Tourismusprojekte an der Nordsee und an der Ostsee. Wir stellen uns auch neuen Herausforderungen, um eine bessere Betreuung und Bildung unserer Kinder zu erreichen und um ihnen im Wettbewerb, auf einem international aufgestellten Markt um die besten Jobs bessere Voraussetzungen mitgeben zu können.
Dann sind wir allerdings auch schon bei den schlechten Nachrichten, denn eigentlich dürften wir in dieser Zeit der steigenden Steuereinnahmen überhaupt keine neuen Schulden machen. Wir müssten im Gegenteil Rücklagen für die Jahre bilden, die mit Sicherheit vor uns liegen und auf uns zukommen, in denen die Einnahmen möglicherweise nicht regelmäßig steigen. Vor allen Dingen müssten wir die Schulden der Vergangenheit zurückzahlen.
Aber eben diese Vergangenheit holt uns unerbittlich ein. Wir nehmen weiterhin neue Schulden auf, um damit die Zinsen für die Vergangenheit zu bezahlen, denn die Zinsen für die aufgelaufene Schuldenlast, meine Damen und Herren, steigen gegenüber 2005 um rund 240 Millionen € auf über 1,1 Milliarden €. Bis 2012 rechnen wir mit mehr als 1,2 Milliarden €. Das ist in fünf Jahren eine Steigerung um 27 %. Bis zum Ende der Planungsperiode beträgt die Steigerung voraussichtlich über 40 %. Gegen solche Lasten der Vergangenheit kann man kaum ansparen, und wir können nur hoffen, dass sich die Zinsentwicklung stabilisiert.
Seit 2006 nehmen wir neue Schulden allein dafür auf, um damit die Zinsen für die Altschulden zu bezahlen. Das ist eine finanzpolitisch tödliche Spirale. Deshalb muss unser nächstes Haushaltsziel der ausgeglichene Haushalt sein, in dem wir die laufenden Ausgaben durch laufende Einnahmen decken. Dann muss die konsequente Tilgung der Altschulden folgen, damit wir unseren nachfolgen
Dieser Weg ist nach meiner Überzeugung für Schleswig-Holstein allerdings nicht aus eigener Kraft zu schaffen. Unser Vorschlag eines von Bund und Ländern gemeinsam zu bedienenden Altschuldenfonds wäre meines Erachtens nach wie vor die beste aller bisher vorgelegten Lösungen.
- Vielen Dank, Frau Kollegin Heinold. - Er würde sicherstellen, dass definitiv mit der Tilgung der Altschulden begonnen wird. In diesem Fonds würde jedes Land den Anteil der dort eingebrachten eigenen Schulden mit Zins und Tilgung selbst bedienen, begrenzt allerdings auf den Anteil der finanziellen Leistungsfähigkeit. So würde Bayern nur die bayerischen Schulden bedienen, die etwa 6,5 % aller Schulden der Länder in Deutschland ausmachen. Dies ist bei einen Steuerkraftanteil Bayerns, der bei etwa 14,8 % liegt, auch durchaus leistbar. Schleswig-Holstein würde für 4,3 % aller Schulden aufkommen und den entsprechenden Betrag in diesen Fonds einzahlen, aber nur 3 % der Leistung erbringen. Dadurch würde es uns ermöglicht, in den nächsten Jahren einen ausgeglichenen Haushalt herzustellen.
Der zum Schließen der Finanzierungslücke benötigte Fondszuschuss für Länder wie Schleswig-Holstein, wie das Saarland, Bremen und Berlin - möglicherweise kommt auch noch das eine oder andere Land aus dem Osten hinzu - sollte über die rückläufigen Mittel aus dem Solidarpakt Aufbau Ost finanziert werden - ein Solidarzuschlag, wenn Sie so wollen, ein Teil des Solidaritätszuschlags, der derzeit ja in Höhe von 5,5 % erhoben wird. Die Größenordnung betrüge etwa 2 %. Das wäre ein Solidaritätszuschlag zur Tilgung der Schulden, die in Deutschland in den letzten 40 Jahren aufgelaufen sind.
Dieser Zwang zur Tilgung, meine Damen und Herren, wird nicht kommen. Der Bund und die Mehrheit der Länder wollen nicht zur Tilgung gezwungen werden. Ich bin aber zuversichtlich, dass es trotzdem in den kommenden Wochen eine Verständigung auf einen gemeinsamen Weg geben wird auf einen gemeinsamen Weg mit einer Schuldengrenze, die in der Verfassung festgeschrieben wird, die die seit 40 Jahren gültige, aber offensichtlich völlig wirkungslose Investitionsregel ablöst. Mit einer entsprechenden Hilfe für strukturschwache Länder, die derzeit aus eigener Kraft mit eigenen Ein
nahmen die laufenden Ausgaben nicht decken können und mit einem Haushaltscontrolling durch einen Stabilitätsrat, ähnlich wie bei den Maastricht-Regeln, um die strukturschwachen Länder auf ihrem Weg zu begleiten und zu verhindern, dass weitere Länder in die Hilfebedürftigkeit abrutschen, sind wir auf dem richtigen Weg.
Ich kann im Übrigen nicht verhehlen, dass es mir auch ein persönliches Bedürfnis war, in diesem Parlament nach vielen Jahren wieder einen Haushalt vorzulegen, der einer Verfassungsregel entspricht, die es nach meiner Überzeugung alsbald gar nicht mehr geben wird.
Meine Damen und Herren, wir müssen zugleich neben der Hilfe und Unterstützung, die wir auch von anderen erwarten, unsere strukturellen Nachteile offensiv angehen. Im Vergleich zu den anderen westdeutschen Flächenländern liegt die Wirtschaftskraft Schleswig-Holsteins um 17 % unter dem Durchschnitt. Während im Schnitt rund 30.000 € pro Kopf erwirtschaftet werden, sind es in Schleswig-Holstein 25.500 €. Diese Schere geht immer weiter auseinander. In den letzten 20 Jahren hat beispielsweise das Bruttoinlandsprodukt in Bayern noch um rund 12.000 € zugenommen, in Schleswig-Holstein waren dies nur 6.000 €. Bayern hat den Abstand zu Schleswig-Holstein in diesen Jahren fast verdreifacht. Bei einer wirtschaftlichen Entwicklung, wie sie in Bayern der Fall war, wäre das schleswig-holsteinische BIP um 4.000 € höher. Wir lägen damit vor Nordrhein-Westfalen.
Meine Damen und Herren, der wirtschaftlichen Entwicklung - das wissen wir - folgt die Finanzkraft. Während Bayern wie Schleswig-Holstein vor 20 Jahren noch Nehmerland war, gehört es heute zu den vier bedeutendsten Geberländern. SchleswigHolstein ist immer noch Nehmerland. Wir wollen hiervon weg.
Wir müssten uns darum, wie wir unseren Haushalt ausgleichen können, heute keine Gedanken mehr machen, wenn auch in Schleswig-Holstein die Wachstumspotenziale gestärkt worden wären. Denn unsere Strukturschwäche, meine Damen und Herren, ist vor allem auf eine unterentwickelte Infrastruktur zurückzuführen. Sie ist entstanden durch das Unterlassen von notwendigen Investitionen in eben diese Infrastruktur.
Deshalb stehen Schleswig-Holstein bei völlig gleichen Aufgaben - die für alle Länder verbindlich gleich sind - 120 € weniger an Einnahmen pro Kopf aus Steuern zur Verfügung als dem Durchschnitt der westdeutschen Flächenländer. Gegenüber Bayern sind es 170 €. Gleichzeitig zahlen wir 84 € mehr für höhere Zinsen für alte Schulden. Wenn man das zusammenrechnet, fehlen uns strukturell 600 Millionen € insgesamt. Diesen Betrag haben wir weniger zur Verfügung, um dieselben Aufgaben zu erledigen, wie jedes andere Land sie auch zu erledigen hat.
Natürlich können wir nicht alles gleichzeitig tun, und deshalb müssen wir Schwerpunkte setzen. Wir wünschen uns alle mehr Geld für mehr Lehrer, für eine bessere Hochschulausstattung, für die Städtebauförderung, für die Arbeitsmarktpolitik, für die Wirtschaftsförderung, den sozialen Bereich und viele andere Aufgaben mehr.
Damit Schleswig-Holstein nicht weiter hinter die anderen Bundesländer zurückfällt, werden wir für die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf, für mehr bessere Bildung, für eine bessere Aufgabenerfüllung bei Wissenschaft und Forschung in Schleswig-Holstein sorgen und die strukturellen Nachteile unseres Landes beherzt angehen.
Wir schaffen bessere Betreuung und Bildung für unsere Kleinsten: Kinderwunsch und Berufsausübung werden leichter vereinbar. Wir reagieren auf den demografischen Wandel und damit auf die Bedürfnisse der Familien und des Arbeitsmarkts. Wir wollen bis 2013 für jedes dritte Kind unter drei Jahren einen Betreuungsplatz ermöglichen. Für Bau und Betrieb neuer Kinderbetreuungseinrichtungen sind für beide Jahre insgesamt 22 Millionen € veranschlagt. Bis zum Jahr 2013 wollen wir so 17.000 neue Betreuungsplätze im Land schaffen. Bund, Land und Kommunen werden dafür gemeinsam mit den Trägern und den Eltern bis 2013 insgesamt etwa 560 Millionen € aufbringen. Meine Damen und Herren, das ist eine ganz gewaltige Leistung für unser Land!
Zugleich wollen wir dazu beitragen, die Eltern von Kosten zu entlasten, damit Kinder keine Belastung sind. 50 Millionen € haben wir vorgesehen, um ab den Jahren 2009/2010 ein für die Eltern beitragsfreies Kindergartenjahr einzuführen.
Wir verbessern die Bildungsqualität an unseren Schulen, wir sorgen für mehr Unterricht. Darum sieht der Stellenplan für die Jahre 2009 und 2010 mehr Lehrerstellen vor. An den Gymnasien, Gemeinschafts- und Regionalschulen, an den gebun
denen Ganztagsschulen und an den sozialen Brennpunkten wird dies gleichermaßen der Fall sein. Ebenso wird die Verkürzung der Schulzeit bis zum Abitur durch zusätzliche Lehrerstellen abgefedert werden. Zudem wird die verlässliche Grundschule eingeführt. Hierzu sind 559 zusätzliche Lehrerstellen zu finanzieren. Darüber hinaus werden wir auch die 650 Lehrerstellen bereitstellen, die notwendig sind, um den Lehrern die sogenannte Vorgriffsstunde zu erstatten, die sie in den vergangenen Jahren bereits erbracht haben.
Meine Damen und Herren, wir stärken den Hochschulstandort Schleswig-Holstein. Mit insgesamt 36 Millionen € - das ist für unser Land ein bedeutender Beitrag - unterstützen wir diese Offensive für die Zukunftsfähigkeit. 4.000 zusätzliche Studienanfänger wollen wir aufnehmen können. Die Hochschulen sollen mehr Flexibilität bei der Ausrichtung ihrer Budgets und ihres Stellenhaushalts erhalten. Im Rahmen des Zukunftspaktes werden rund 15,7 Millionen € 2009 und knapp 17 Millionen € 2010 bereitgestellt.
Wir stärken den Wissenschaftsstandort SchleswigHolstein. Wir unterstützen die Spitzenforschung durch die Förderung von Excellenzclustern.
Meine Damen und Herren, gestatten Sie mir einen natürlich rein mathematischen Hinweis an den Universitätsrat, der uns in den vergangenen Wochen den einen oder anderen Hinweis gegeben hat: Die Tatsache, dass Schleswig-Holstein in der Verschuldung zu den Spitzenreitern und in der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu den Schlusslichtern gehört, darf nicht zu der Annahme verleiten, wir befänden uns im vorderen Mittelfeld der westdeutschen Länder bei der Fähigkeit, öffentliche Aufgaben zu finanzieren.
Wir müssen auch künftig nicht nur auf der Ausgabeseite das Notwendige tun, sondern auch unsere Einnahmen stabilisieren. Dies ist Vorraussetzung für die Realisierung aller unserer Schwerpunkte.
Wir brauchen stabile Steuereinnahmen durch eine funktionierende Konjunktur ebenso wie durch eine solide Steuerpolitik. Wahrscheinlich liegt die Betonung eher auf dem zweiten Teil. Die Steuereinnahmen sprudeln nicht kräftig, sie sinken auch nicht, wie einzelne Journalisten meinen, die Öffentlichkeit falsch informieren zu müssen. Sie entwickeln sich seit 2007 leicht oberhalb des langfristigen 20-jährigen Durchschnitts. Das müssen wir stabilisieren. Wir müssen uns auf steuerliche Risiken einstellen. Geplante Einnahmen können sinken. Wir
haben anstehende Urteile bei der Pendlerpauschale und der steuerlichen Freistellung des Existenzminimums. Hierauf müssen wir vorbereitet sein. Deshalb haben wir Vorsorge getroffen durch eine globale Mindereinnahme, die wir in den Haushalt eingestellt haben.
Wir bekämpfen wirkungsvoll den Steuerbetrug. Wir stärken unsere Steuerfahndung. Wir haben gerade eine gemeinsame, über die fünf norddeutschen Länder wirkende Zusammenarbeit unserer Steuerfahndungsstellen initiiert.
Meine Damen und Herren, wir haben keinen Spielraum für massive Steuersenkungen. Dieser Haushalt ist seriös aufgestellt, aber er ist nicht auf Rosen gebettet. Massive Steuersenkungen über die derzeit diskutierten Maßnahmen hinaus - für welchen Zweck auch immer - können wir uns nicht erlauben, wenn wir unsere Haushaltsziele erreichen und ausgeglichene Haushalte haben wollen.
(Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] - Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo bleibt der Applaus? - Holger Astrup [SPD]: Die wussten das schon! - Heiterkeit)
Massive Steuersenkungen und - Kollegin Heinold, das geht an Ihre Adresse - unbezahlbare neue Ausgabeprogramme können nicht Gegenstand politischer Planung sein, solange wir neue Schulden aufnehmen, um die Schulden der Vergangenheit - da haben Sie vielleicht noch ein Erinnerungsvermögen - zu bezahlen.
Meine Damen und Herren, wir brauchen mehr Transparenz der öffentlichen Finanzen, um mehr Verständnis für die Maßnahmen von Regierung und Parlament zu erreichen.
Regierung, Parlament und Öffentlichkeit werden seit einem Jahr in Quartalsberichten regelmäßig über den Haushaltsverlauf informiert. Was für große Publikumsgesellschaften gesetzlich vorgeschrieben ist, muss für die öffentliche Hand insbesondere gelten.
Mehr Transparenz ist darüber hinaus auch Voraussetzung für das Verständnis von Zusammenhängen. Ich will deshalb aus dem Haushalt ausgelagerte Schulden künftig wieder im Haushalt darstellen.
Solange wir kein Rechnungswesen haben, in dem Lasten vollständig und periodengerecht ausgewiesen werden, gehören Vermögen, Schulden und die Folgen daraus in den Landeshaushalt. Ich will die ausgelagerten 1,5 Milliarden € Schulden wieder in den Haushalt integrieren. Die Prüfungsvoraussetzungen dafür sind auf dem Weg.
Meine Damen und Herren, insgesamt können wir feststellen: Der Haushalt ist verfassungsgemäß. Die Neuverschuldung sinkt. Die Investitionen steigen. Die konsumtiven Ausgaben steigen langsamer als die Einnahmen. Das operative Ergebnis ist positiv. Die strukturellen Herausforderungen werden zielstrebig angegangen.