Protokoll der Sitzung vom 10.09.2008

(Anke Spoorendonk)

unter dem Eindruck wichtiger Ereignisse der letzten und der kommenden Tage, die für unser Land von eminent wichtiger Bedeutung sind.

Stichwort: Global Economic Symposium. Wir haben mit dem Institut für Weltwirtschaft zusammen eine neue Qualitätsmarke gesetzt. Die Plöner Tagung steht dafür, nicht abstrakt gedanklich umherzuschweifen, sondern konkret nach Lösungen für weltökonomische Fragen zu suchen, und Schleswig-Holstein ist der richtige Standort dafür gewesen,

(Beifall bei der CDU)

weil wir nämlich selbstbewusst sind, weil wir wissenschaftliche Exzellenz im Land haben und weil wir geografisch und politisch die Brücke zwischen Skandinavien, dem Ostseeraum und Mitteleuropa sind.

Stichwort: HUSUM WindEnergy. Die größte Messe dieser Art, die Leitmesse der Branche führt Unternehmen aus aller Herren Länder zu uns ins Land. Das sind Unternehmen aus einer innovativen Branche, die im Aufwind ist und in unserem Land eine herausragende Rolle spielt.

Stichwort: Fehmarnbelt-Querung. Heute vor einer Woche haben die Regierungen Dänemarks und Deutschlands in Kopenhagen ihre Unterschriften unter ein Dokument gesetzt, das zum Fundament einer neuen Querung wird. Seit Jahrzehnten ist über die Querung gesprochen worden. Nun soll sie Wirklichkeit werden. Davon wird Schleswig-Holstein, davon wird ganz Schleswig-Holstein, davon werden die Menschen im Land guthaben. Ich bedanke mich bei allen, insbesondere auch auf der dänischen Seite, die dazu beigetragen haben, dass wir diesen Punkt jetzt erreicht haben.

(Beifall bei CDU, FDP und vereinzelt bei der SPD)

Das sind drei Beispiele für wirtschaftlichen Aufbruch, drei Beispiele für Zukunftschancen und drei Beispiele für Erfolge, die den Menschen bei uns nutzen. Hier werden entscheidende Impulse gesetzt. Impulse kann man nur setzen, wenn man eine solide Haushaltspolitik macht.

Wir setzen mit dem Haushalt für 2009/2010 unseren Kurs fort. Dieser Kurs heißt: Konsolidieren, Reformieren und Investieren. Wir konzentrieren uns dabei auf die Kernthemen. Wir stärken die Stärken, und wir helfen, wo Hilfe nötig ist. Und: Unsere Bilanz kann sich sehen lassen. Der künftige Haushalt stellt die Weichen dafür, dass wir auch weiterhin gute Rahmenbedingungen für Wirtschaft und Wis

senschaft, für Arbeit, Bildung und Ausbildung haben werden.

Beispiel Wissenschaft: Wir bauen Infrastrukturnachteile ab. Infrastrukturnachteile gibt es auch deswegen, weil man sich um eine Verbesserung der Infrastruktur in vielen Jahren nicht gekümmert hat, lieber Herr Hentschel. Ich denke einmal an die A 20.

(Beifall bei CDU und FDP)

Es siedeln sich wieder mehr Unternehmen bei uns an. Von 2005 bis 2007 knapp 500 Betriebe mit rund 8.200 Arbeitsplätzen, und jeder einzelne davon ist uns herzlich willkommen. Wir helfen, wo es geht.

Das Zukunftsprogramm Wirtschaft greift. Wir haben seit Sommer 2007 88 Millionen € bewilligt und damit ein Projektvolumen von rund 180 Millionen € ausgelöst. Das sind 180 Millionen € für mehr Wirtschaft, für mehr Arbeit und für mehr Wohlstand in Schleswig-Holstein.

Bis 2013 stehen im Zukunftsprogramm Wirtschaft rund 720 Millionen € für Innovationen und für Investitionen zur Verfügung.

Energie muss sauber, sicher und bezahlbar sein. Dafür setze ich mich ein. Ich bin über die beabsichtigten Investitionen an unseren Energiestandorten froh. Es ist nicht selbstverständlich, dass sie zu uns kommen und die Diskussion mit uns führen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Wir fördern gezielt auch touristische Infrastrukturen. 2007 konnte eine ganze Reihe von Großprojekten bewilligt werden: in Timmendorfer Strand, in Niendorf, in Dahme und auch auf Sylt. Lieber Herr Kollege Kubicki, im Falle Sylt geht es nicht um die Therme. Natürlich geht manchmal auch etwas schief, aber nicht deshalb, weil die Landesregierung dort etwas gefördert hat, sondern andere Gründe sind dafür ausschlaggebend. Wir haben nicht die Therme, sondern die Tourist-Information und das Freibad gefördert. Ich bitte, das durchaus zu unterscheiden.

Wir haben die Tourismusstrategie neu entwickelt und unsere Förderpolitik daran ausgerichtet. Mit diesem Weg werden wir auch künftig erfolgreich sein.

Ich bin froh, dass wir nicht nur mit Hamburg intensiv kooperieren, sondern auch in der deutsch-dänischen Grenzregion eine neue wirtschaftliche Dynamik und eine neue Qualität der Zusammenarbeit haben. Ich halte es für ein ausgesprochen gutes Zeichen, wenn wir - was ich gerade in den letzten Ta

(Ministerpräsident Peter Harry Carstensen)

gen wieder erlebt habe - von dänischer Seite, liebe Anke Spoorendonk, gesagt bekommen: Unsere Zusammenarbeit ist jetzt so gut wie nie. Dafür bin ich dankbar.

(Beifall bei CDU und SSW)

In diesem Zusammenhang noch eine kurze Anmerkung: Liebe Frau Kollegin Spoorendonk, ich habe ja gemerkt, dass die Tendenz und die Nuancen zu Fehmarnbelt in Ihrer Rede ein bisschen anders waren als bei manchem anderen und dass bei Ihnen zumindest gesagt wurde: Die Metropolregionen kommen zusammen, und das wird auch ein Vorteil sein. - Ich darf und will nicht vergessen, dass jeden Morgen 160.000 oder 170.000 Menschen aus Schleswig-Holstein nach Hamburg hineinfahren, um dort zu arbeiten. Eine Verbesserung der Situation in Hamburg ist auch in unserem Interesse. Auf die anderen Vorteile will ich hier gar nicht im Einzelnen eingehen. Wir haben jedenfalls Vorteile in anderen Bereichen zu registrieren. Eine solche Entwicklung kommt nicht von allein.

Gerade die Minderheiten - die deutsche Minderheit in Dänemark und die dänische Minderheit hier bei uns - waren und sind wichtige Brückenbauer, die auf diesem Weg der Kooperation vorangegangen sind. Sie haben geholfen, Hypotheken der Vergangenheit in Zukunftskapital zu verwandeln. Dafür bin ich dankbar. Deutsche in Dänemark, Dänen in Schleswig-Holstein, die Friesen, die Sinti und Roma - sie alle bereichern unseren Alltag und machen die kulturelle Besonderheit unserer Region aus. Ich habe gar nichts dagegen, dass wir ein bisschen miteinander verwandt sind, wie wir feststellen, wenn wir uns die genetische Karte vornehmen. Ich glaube, bei den Dithmarschern bekommen wir noch ein bisschen Schwierigkeiten, weil sie zu den nordelbischen Sachsen gehören. Diese Eigenständigkeit führt aber auch zu kultureller Vielfalt bei uns im Land.

Nun zum Stichwort Erfolgsbeispiel Wissenschaft: Die Wissenschafts- und Forschungslandschaft steht aufgrund unserer Weichenstellung der letzten zwei oder drei Jahre vor einem qualitativen Sprung: Ausbau des Fraunhofer-Instituts in Itzehoe, ein zweites Fraunhofer-Institut in Lübeck, das radioonkologische Zentrum in Kiel, zwei Exzellenzcluster und zwei Graduiertenschulen. Wir haben die Sanierung des Universitätsklinikums in Schleswig-Holstein angepackt. Die Hochschulen schaffen im Rahmen des Zukunftspaktes Platz für rund 4.000 zusätzliche Studienanfänger. Bund und Land stellen dafür mehr als 60 Millionen € bereit. Wir haben zusätzliche Mittel etwa zur Unterstützung der Spitzenforschung

vorgesehen. Bis 2012 sind allein für den Hochschulbau insgesamt 270 Millionen € eingeplant. Zusammen mit dem Bund wollen wir für das IFMGEOMAR drüben auf dem Kieler Seefischmarktgelände einen Neubau für rund 90 Millionen € realisieren.

Der Bereich Bildung ist ein Schwerpunkt für uns. Wir haben mit der Modernisierung des Schulgesetzes ideologische Verhärtungen aufgelöst und dafür gesorgt, dass Land und Kommunen die richtigen Antworten auf die demografische Entwicklung geben können. Wir sind von der Debatte über äußere Schulen weggekommen. Mich interessiert auch gar nicht so sehr, welches Namensschild eine Schule hat.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Sehr gut!)

Mich interessiert, wie bestmöglicher Unterricht gemacht werden kann - mit mehr Fortbildung für die Lehrkräfte und mit mehr Lehrkräften. Der Haushalt spricht hier eine deutliche Sprache.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

In den Haushalten für 2009 und 2010 werden insgesamt fast 1.000 zusätzliche Lehrerstellen geschaffen. Das ist ein gewaltiger Kraftakt für mehr und für bessere Bildung. Herr Kubicki hat eben gerade den Zwischenruf „Sehr gut!“ gemacht. Anscheinend ist bei der Vorbereitung seiner Rede einiges an ihm vorbeigegangen. Herr Kubicki, es gibt ein paar Dinge, die man vielleicht einmal nachlesen sollte.

Zur Situation der Grundschulen will ich hier sagen, dass es im Jahr 2002/2003 23 Unterrichtsstunden je Klasse gab, während es 2007/2008 29,1 Unterrichtsstunden je Klasse sind. Die Zahl der erteilten Unterrichtsstunden je Schülerin und Schüler belief sich im Jahre 2002/2003 auf 1,08 und im Jahr 2007/2008 auf 1,34. Frau Erdsiek-Rave verfügt über ein schönes, dickes Heft, das manchmal ein bisschen schwer zu lesen ist, weil es mit vielen kleinen Zahlen gefüllt ist. Es ist vom Statistischen Bundesamt am 10. September herausgegeben worden und trägt den Titel „Internationale Bildungsindikatoren im Ländervergleich“. Frau Erdsiek-Rave, ich gehe davon aus, dass wir dem Kollegen Kubicki noch etwas Nachhilfeunterricht geben können und ihm die Zahlen zur Erläuterung dienen. Auch bei Kubicki gilt: Jede Stunde zählt.

(Heiterkeit und Beifall bei CDU und SPD)

(Ministerpräsident Peter Harry Carstensen)

Bei ihm gilt aber noch viel mehr: Jede Stunde Nachhilfe hilft. Ich hoffe jedenfalls, dass es so ist, wenn er das will.

Nun zum Stichwort Arbeitsmarkt. Die Trendwende auf dem Arbeitsmarkt ist geschafft. Die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze ist deutlich gestiegen, und die Zahl der Arbeitslosen ist im Mai 2008 um rund 35 % niedriger als im Mai 2005. Anke Spoorendonk hat es sehr richtig gesagt: Die sozialste Politik nicht nur für die Menschen allgemein, sondern auch für die Sozialhaushalte, über die wir hier reden, ist, aus Leistungsempfängern Beitragszahler zu machen. Knapp 50.000 Leistungsempfänger weniger in SchleswigHolstein und knapp 50.000 Beitragszahler mehr in Schleswig-Holstein sind eine gewaltige Leistung,

(Beifall bei der CDU)

die nicht wir allein erbracht haben. Wir haben aber die entsprechenden Weichenstellungen vorgenommen. All diejenigen, die sagen: „Das habt nicht ihr in Schleswig-Holstein geschafft, sondern das ist auf die Bundespolitik zurückzuführen“, möchte ich ganz herzlich bitten, dies im nächsten Jahr im Bundestagswahlkampf noch einmal zu sagen.

Die Arbeitsplätze werden in der Wirtschaft geschaffen. Wir flankieren den Erfolgskurs der Wirtschaft mit dem Zukunftsprogramm Arbeit. Allein durch Kofinanzierung der ESF-Mittel haben wir bis 2012 62 Millionen € eingespart. Lieber Herr Döring, ich bin sehr dankbar, dass gerade Ihr Haus so exzellent mit dem Wirtschaftsministerium und auch mit Dietrich Austermann zusammengearbeitet hat, weil die Arbeitsplätze eben in der Wirtschaft entstehen, weil wir dabei Flankenschutz geben können und weil wir den Rahmen mit setzen können. Dies geht nur, wenn dabei gut zusammengearbeitet wird.

Die Eintrittskarte für den Arbeitsmarkt wird während der Ausbildung gelöst. Die Zahl der Ausbildungsplätze ist so hoch wie schon lange nicht mehr. 2007 haben wir in Schleswig-Holstein mit knapp 22.000 Ausbildungsverträgern das beste Ergebnis seit 1992 erreicht. Wie es aussieht, werden wir dies im Jahre 2008 noch toppen. Mit unserem Programm verbessern wir die Perspektive der jungen Leute. Um den Übergang von der Schule in die Ausbildung zu verbessern, haben wir in SchleswigHolstein das Handlungskonzept „Schule und Arbeitswelt“ entwickelt. Frau Erdsiek-Rave, Sie sehen, die Zusammenarbeit mit allen anderen ist exzellent. An diesem Programm nehmen über 100 Schulen teil; es wird von der EU unterstützt und durch Landesmittel gefördert. Insgesamt wer

den dafür zusätzliche Investitionen in Höhe von rund 68 Millionen € bis 2013 mobilisiert.

Die Schwerpunkte Wirtschaft und Wissenschaft, Arbeit und Bildung sind in diesem Doppelhaushalt ganz klar abzulesen. Wir wollen, dass junge Familien Beruf und Kinder besser miteinander vereinbaren können. Für Bau und Betrieb neuer Kinderbetreuungseinrichtungen für unter Dreijährige sind für beide Jahre insgesamt 22 Millionen € veranschlagt. Wir wollen bis zum Jahre 2013 insgesamt 17.000 neue Betreuungsplätze schaffen. Wir wollen ein beitragsfreies Kindergartenjahr einführen. Dies schlägt für beide Jahre mit insgesamt 50 Millionen € zu Buche. Auch das ist eine gute Investition in eine gute Sache. Lieber Herr Dr. Stegner, gute Investitionen in gute Sachen dürfen aber nicht dazu führen, dass der Haushalt aus den Augen verloren wird.

Mit dem Füllhorn herumzulaufen ist im Moment nicht möglich. Wir zahlen 1 Milliarde € an Zinsen. Ich wäre dankbar, wenn ich nur die Hälfte an Zinsen zu zahlen hätte. Dann hätten wir 500 Millionen €: 200 Millionen € für die Universitäten, 100 Millionen € für die Kinderbetreuung und 200 Millionen € für die Bildung. Das wäre eine schöne Sache.

Meine Damen und Herren, diese Erfolge, diese Weichenstellungen sind nur möglich, weil wir auch an anderer Stelle sparen, auch weil wir alte Strukturen modernisieren. Die solide Haushaltspolitik, die wir zu Hause machen, nicht die Ideen, die wir draußen haben, ist die Voraussetzung dafür, bei den Verhandlungen über die Neuordnung der Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern erfolgreich zu sein. Wir haben schon sehr frühzeitig und beharrlich auf den Zusammenhang zwischen einer strenger Schuldengrenze und der Bewältigung der Altschuldenlast in Schleswig-Holstein hingewiesen. Nach allem, was ich sehe, wächst nun die Bereitschaft beim Bund und den anderen Ländern, unseren Kurs der Haushaltskonsolidierung auch mit solidarischer Hilfe zu unterstützen. Ich bin guten Mutes, dass wir in der Kommission zu einem Kompromiss kommen. Für Schleswig-Holstein wäre dies gut. Wir würden beim Abbau der Neuverschuldung unterstützt und könnten unsere Haushaltsmittel verstärkt in investive Bereiche lenken.

Selbstverständlich ist es notwendig, überall dort, wo es geht, zu sparen. Die Koalition hat deshalb verabredet, auch die Verwaltung zu modernisieren. Diesen Prozess haben wir in Gang gesetzt. Er dauert bislang schon drei Jahre. Ich will auf den Prozess, den wir gehabt haben, gar nicht eingehen.

(Ministerpräsident Peter Harry Carstensen)

(Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist auch besser so!)

(Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist auch besser so!)