Protokoll der Sitzung vom 11.09.2008

(Anke Spoorendonk)

steller zurückgezogen worden. Ich lasse damit nun über den interfraktionellen Änderungsantrag Drucksache 16/2226 abstimmen. Wer diesem Antrag zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Danke. So beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 21 auf:

Tätigkeit des Petitionsausschusses in der Zeit vom 1. April 2008 bis 30. Juni 2008

Bericht des Petitionsausschusses Drucksache 16/2199

Ich erteile dem Vorsitzenden des Petitionsausschusses, dem Herrn Abgeordneten Detlef Buder, das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich, Ihnen heute noch druckfrisch - anders als in der Vergangenheit - den aktuellen Tätigkeitsbericht des Petitionsausschusses für das 2. Quartal 2008 vorstellen zu können.

Der Ausschuss hat in der Zeit vom 1. April bis zum 30. Juni 95 Petitionen abschließend beraten und einen Ortstermin durchgeführt. Rund 34 % der Petitionen konnten ganz oder teilweise im Sinn der Petenten entschieden werden. Das bedeutet, auch in diesem Quartal hat sich für rund ein Drittel der Petentinnen und Petenten die Hinwendung zum Petitionsausschuss gelohnt. Ich finde, mit diesem Ergebnis können wir durchaus zufrieden sein.

Wie schon häufiger möchte ich Ihnen zwei Beispiele aus dem aktuellen Bericht nennen.

Stellen Sie sich einmal vor, Sie sind Vater oder Mutter eines Kindes, das seit seiner Geburt mit schweren gesundheitlichen Problemen zu kämpfen hat. Sie haben Ihr Kind nach allen Kräften unterstützt, Tage und Nächte im Krankenhaus verbracht und wünschen sich nichts mehr, als dass Ihr Kind eines Tages in der Lage sein wird, ein möglichst normales und unbeschwertes Leben zu führen.

Ein wichtiger Schritt auf diesem Weg zur Integration ist die Einschulung - so sollte es jedenfalls sein. So haben wir es uns hier auch zum Beispiel mit dem neuen Schulgesetz vorgenommen: Kombiklassen in den Grundschulen, sonderpädagogische Förderangebote in Kooperation mit spezialisierten Förderzentren, Nachteilsausgleich und andere gezielte Maßnahmen sollen dafür sorgen, dass behin

derte Kinder die gleichen Chancen an der Schule erhalten wie ihre nicht behinderten Mitschüler.

Auf dieses bewährte Konzept der Integration haben auch zwei Familien aus den Kreisen RendsburgEckernförde und Nordfriesland ihre Hoffnung gesetzt und sind bitter enttäuscht worden und haben zum letzten Mittel, dem Hinwenden zum Petitionsausschuss, gegriffen.

Von Chancengleichheit in den Grundschulen konnte für die schwerbehinderten Kinder der Petenten keine Rede sein. Die betreffenden Grundschulen haben den Kindern trotz nachgewiesener beziehungsweise durch mehrere ärztliche Gutachten dokumentierter schwerer Behinderungen keinerlei Nachteilsausgleich gewährt. Das heißt, körperliche Einschränkungen wie Schwerhörigkeit, motorische Entwicklungsverzögerung oder eine eingeschränkte Belastbarkeit sind nicht berücksichtigt worden, was sich auch auf die Benotung ausgewirkt hat. In einem Fall hätte zudem ein sonderpädagogischer Förderplan erstellt werden müssen. Auch dies ist nicht geschehen.

Erst nachdem die Eltern den Petitionsausschuss eingeschaltet hatten, ist mit einer umfangreichen Aufarbeitung der Versäumnisse begonnen worden. Zu diesem Zeitpunkt - das möchte ich betonen - waren die Schüler bereits in der 4. Klasse, hatten ihre Grundschulzeit also fast beendet.

Trotzdem konnte der Petitionsausschuss den Schülern helfen. In einem Fall hat das Petitionsverfahren zu einer Revidierung der Schulübergangsempfehlung geführt. Die Empfehlung ist von „Hauptschule“ auf „Realschule“ korrigiert, und die Grundschulen dürften für die Zukunft viel über den Umgang mit behinderten Kindern gelernt haben. Die negativen Erfahrungen allerdings, die die Kinder während ihrer Grundschulzeit gemacht haben - erlauben Sie mir diese persönliche Bemerkung -, werden sich vermutlich nicht so leicht korrigieren lassen. Vielleicht konnten wir als Petitionsausschuss erreichen, dass anderen Kindern ähnliche Erfahrungen an den betroffenen Schulen erspart bleiben.

In einem anderen Fall hat sich der Petitionsausschuss für den Schutz der Privatsphäre von Strafgefangenen eingesetzt. Ich möchte hierzu anmerken, dass der Petitionsausschuss nach wie vor ein wichtiger Ansprechpartner für die Strafgefangenen in den schleswig-holsteinischen Vollzugsanstalten ist, und wir haben als Petitionsausschuss auch schon Strafanstalten besucht.

In dem betreffenden Petitionsverfahren hatte die JVA Lübeck Schreiben eines Strafgefangenen an

(Vizepräsidentin Ingrid Franzen)

seine Verlobte angehalten, weil diese beleidigende Äußerungen gegen Vollzugsbeamte enthielten. In seinem Beschluss hat der Petitionsausschuss unmissverständlich klargestellt, dass dieses Vorgehen nicht der geltenden Rechtsprechung entspricht. Da davon auszugehen ist, dass Briefe, die an enge Vertrauenspersonen gerichtet sind, von der Öffentlichkeit gänzlich abgeschirmt sind und nur den rein privaten Bereich betreffen, wiegt der Schutz der Privatsphäre stärker als der Aspekte der Ehrverletzung.

Der Petitionsausschuss hat der Justizvollzugsanstalt Lübeck daher empfohlen, dem Schutz der Privatsphäre der Strafgefangenen in Zukunft entsprechend Rechnung zu tragen.

Das war ein kurzer Auszug aus dem mehrseitigen Bericht, der jederzeit als Lektüre empfohlen werden kann. Ich bitte Sie zum Schluss, die Erledigung der Petitionen für das 2. Quartal 2008 zu bestätigen.

(Beifall)

Ich danke dem Ausschussvorsitzenden. - Gibt es Wortmeldungen zum Bericht? - Das ist nicht der Fall. Eine Aussprache ist nicht vorgesehen.

Der Ausschuss empfiehlt, den Bericht Drucksache 16/2199 zur Kenntnis zu nehmen und die Erledigung der Petitionen zu bestätigen. Wer so beschließen will, den bitte ich um sein Handzeichen. Dann ist das so geschehen.

Bevor ich Tagesordnungspunkt 33 aufrufe, habe ich die fröhliche Mitteilung zu machen, dass Tagesordnungspunkt 34, Unterrichtssituation im Schuljahr 2007/08, auf Oktober vertagt worden ist.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 33 auf:

Bericht über die Situation am Ausbildungsstellenmarkt in Schleswig-Holstein

Bericht der Landesregierung Drucksache 16/2189

Dazu erteile ich dem Herrn Minister für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr, Herrn Dr. Werner Marnette, das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Noch etwas Erfreuliches: Die Situation am Ausbildungsmarkt in Schleswig-Holstein ist alles

in allem erfreulich. Die von der Bundesagentur für Arbeit veröffentlichten Zahlen lassen vermuten, dass sich in diesem Jahr der positive Trend aus 2007 auf dem Ausbildungsmarkt fortsetzen wird. Der Ihnen vorliegende Bericht stellt allerdings nur eine Momentaufnahme dar, da das neue Ausbildungsjahr erst am 1. Oktober beginnen wird.

2008 gehen etwa 32.160 Jugendliche aus allgemeinbildenden Schulen ab. Das ist erstmals ein Rückgang gegenüber dem Vorjahr. Daneben ist mit einer hohen Zahl von Bewerberinnen und Bewerbern aus berufsvorbereitenden Maßnahmen der Agentur für Arbeit und aus den Bildungsgängen der Beruflichen Schulen zu rechnen. Insgesamt ist die Nachfrage nach Ausbildungsplätzen auch in diesem Jahr hoch, auch wenn die Bewerberzahlen im August um 12,1 % im Vergleich zum Vorjahr zurückgegangen sind. Bei den gemeldeten Stellen ist ein erfreulicher Zuwachs von 759 oder 5,3 % zu verzeichnen.

Aus der Zahl der gemeldeten Berufsausbildungsstellen kann man nicht direkt auf die Ausbildungsbereitschaft schließen der Betriebe schließen, denn die Betriebe sind nicht zur Meldung der zu besetzenden Ausbildungsplätze an die Arbeitsagenturen verpflichtet. Ein besserer Gradmesser für die Ausbildungsbereitschaft ist die Zahl der tatsächlich neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge. Hier konnten die großen Kammern im Vergleich von August 2008 zu August 2007 einen Zuwachs von 1,3 % erzielen.

Auch die berufsbildenden Schulen in SchleswigHolstein tragen mit ihren Bildungsgängen zur Entlastung des Ausbildungsmarktes bei. Das lässt sich zurzeit noch nicht genau beziffern, dürfte allerdings Ende September feststehen.

Ende August standen 16.448 Bewerbern 14.987 gemeldete Stellen gegenüber. Das entspricht einer Relation der gemeldeten Ausbildungsstellen zu den gemeldeten Bewerbern von 0,91. Im Ländervergleich lag Schleswig-Holstein in dieser Relation hinter Hamburg, Bremen, Baden-Württemberg und Bayern an fünfter Stelle. Unter den Bewerbern sind 891 unversorgte Altbewerber, eine inzwischen vergleichsweise geringe Zahl gegenüber den Vorjahren.

Hinter dem fast ausgeglichenen Gesamtbild verbergen sich jedoch erhebliche Unterschiede in einzelnen Berufen. Viele Firmen klagen, dass sie keine geeigneten Bewerber finden. Viele Bewerber insbesondere aus Hauptschulen schreiben eine erfolglose Bewerbung nach der anderen. Sie konzentrieren

(Detlef Buder)

sich oft zu sehr auf einige wenige Berufe. Dies gilt insbesondere für junge Frauen. Bei Mädchen und jungen Frauen sind es Erzieherin oder Medizinische Fachangestellte, bei Jungs sind es vor allen Dingen Kraftfahrzeuginstandsetzer oder - neudeutsch Kraftfahrzeugmechatroniker. Das sind die Modeberufe.

Abhilfe kann nur durch eine Verbesserung der Berufsorientierung an Schulen schaffen. Die Partner im Bündnis für Ausbildung bemühen sich kontinuierlich, die Ausbildungssituation zu verbessern und die Bedeutung der Berufsausbildung zur Vorbeugung gegen den Fachkräftemangel herauszustellen. Hierbei helfen die zahlreichen Maßnahmen der Landesregierung wie die Teilzeitausbildung für junge Mütter, die Förderung der Ausbildung für und von Migranten, die Förderung von Ausbildungsplatzakquisiteuren und so weiter.

Der vielfach bemängelten Ausbildungsreife der Schulabgänger wollen wir durch zwei Maßnahmen begegnen:

Erstens. Durch die intensivere und systematischere Zusammenarbeit von Betrieben und Schulen sollen die Kenntnisse über das Berufsleben und die Vielfalt der Berufe verbessert werden. Ich nenne hier als Stichwort den sogenannten Praxislerntag. Die von unserem Ministerium geförderten regionalen Fachberaterinnen bringen kooperationswillige Betriebe und Schulen zusammen. Das ist ganz wichtig. Mit ihrer Hilfe wurden bereits über 250 Kooperationsverträge geschlossen. Ich kann hier erfreulicherweise sagen: Tendenz steigend!

(Beifall bei der CDU)

- Ich finde es gut, dass Sie da klatschen. Das ist nämlich eine tolle Leistung.

Zweitens. Das Arbeits- und das Bildungsministerium arbeiten mit ihrem Handlungskonzept „Schule und Arbeitswelt“ daran, mittels Essesments und Coachings - das sind die modernen Ausdrücke - die Zahl der Schulabgänger ohne Hauptschulabschluss zu reduzieren. Dieser präventive Ansatz ist ein richtiger und wichtiger Schritt, um den Übergang in das Erwerbsleben zu erleichtern. Wir fangen in den 8. Klassen an, die Situation zu klären, den Entwicklungsstatus der jungen Menschen zu überprüfen und schon frühzeitig Gegenmaßnahmen einzuleiten. Auch dies ist ein ganz wichtiger Schritt.

Abgesehen von diesen Aspekten bin ich zuversichtlich, dass der zum 1. August wirksam gewordene Ausbildungsbonus der Bundesregierung zu zusätzlichen Ausbildungsplätzen führen und insbesondere

die Chancen der Altbewerber mit Hauptschulabschluss verbessern wird. Zurzeit liegen uns hierüber allerdings noch keine Daten vor.

Es bedarf noch erheblicher Anstrengungen, um das Ziel des Bündnisses für Ausbildung im Jahr 2008 zu erreichen. Ich bin aber auch optimistisch, dass die Bündnispartner es wieder gemeinsam schaffen, allen ausbildungsfähigen und -willigen Jugendlichen ein Angebot auf einen Ausbildungsplatz oder eine Qualifizierung zu machen.

Einen wichtigen Beitrag dazu leisten die Nachvermittlungsaktionen der Kammern und der Agenturen, die Bestandteil des Bündnisses für Ausbildung Schleswig-Holstein und des Nationalen Paktes für Ausbildung sind.

Ich möchte an dieser Stelle allen Organisationen, die dazu beigetragen haben, ganz herzlich danken. Vor allem aber gilt mein ganz besonderer Dank jedem Unternehmen, das ausbildet und vielleicht mehr ausbildet als früher.

(Beifall bei CDU und SPD)