Protokoll der Sitzung vom 11.09.2008

Ich schlage vor, die Beratung in den Ausschuss zu verlegen, Frau Dr. Trauernicht.

Im Übrigen sorgt die von der FDP vorgelegte Regelung nicht nur für unnötige Schwierigkeiten bei der Kontrolle - die Kommunen würden sich für den entsprechend höheren Vollzugsaufwand sicherlich bedanken -, sondern die Regelung wird auch für reichlich neuen Streit darüber sorgen, wie die Flächen denn in korrekter Weise zu messen sind. Hierfür würden sich wiederum die Verwaltungsgerichte bedanken; da bin ich sicher. Wir brauchen hier also eine eindeutige Regelung.

Auch zum Zutrittsverbot für unter 18-Jährige möchte ich etwas sagen. Wenn unter 18-Jährige eine Raucherkneipe nicht betreten dürfen, dann fragt sich, warum das für Raucherräume in Mehrraumgaststätten nicht ebenfalls gelten soll. Dies wäre eine neue Ungleichbehandlung, für die es keinen Grund gibt. Dagegen - und das ist hier schon zum Ausdruck gekommen - wäre eine für alle Raucherbereiche einheitliche Zugangsregelung rechtlich unangreifbar. Dies wäre zugleich eine wünschenswerte Stärkung des Gesundheitsschutzes für Kinder und Jugendliche.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und)

Deswegen wollen wir diese Chance für einen verbesserten Jugendschutz auch nutzen.

Im Übrigen möchte ich noch auf einen Aspekt hinweisen, der in den anderen Bundesländern noch gar nicht auf der Tagesordnung stand - deswegen waren die Kollegen letzte Woche auch für diesen Hinweis außerordentlich dankbar, und es wird in den Landesgesetzen aufgegriffen werden -: Der Antrag der Grünen zielt auf ein ausnahmsloses Rauchverbot; das ist schon gesagt worden. Dennoch darf in Zelten weiterhin geraucht werden. Sie führen das Beispiel Bayern an. Ich kann wirklich nicht verstehen,

wie Sie angesichts der Existenz von über 2.000 Raucherclubs in Bayern von einem konsequenten Rauchverbot sprechen können.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Die kommen aus der Pfadfinderbewegung! Die wollen zelten!)

Was daran konsequent sein soll, kann ich nicht nachvollziehen.

Die Große Koalition in Schleswig-Holstein hat sich für einen anderen Wege entschieden. Wir haben hier vor gerade einmal zehn Monaten das Rauchen in Gaststätten untersagt, aber wir haben die Möglichkeit abgetrennter Raucherräume zugelassen. Daher können die Menschen ein Mindestmaß an Kontinuität von der Politik erwarten. Das Bundesverfassungsgerichtsurteil wird also so umgesetzt werden, dass Rauchen in Räumen bis maximal 75 m2 möglich ist, wenn kein Essen gereicht wird, der Zugang für unter 18-Jährige verboten ist und diese Schankwirtschaften als Raucherkneipen gekennzeichnet sind.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Na also!)

Diese Regelungen werden sich auf das Gaststättengesetz beziehen. Damit wird die Konzession zum klaren Kriterium für die Größe und auch für die Frage der Speisen. Mein Ziel - und das ist offensichtlich auch das Ziel der Mehrheitsfraktionen ist es, den Gesundheitsschutz für Jugendliche konsequenterweise auszudehnen.

Ich denke, wir sollten uns vergegenwärtigen, worum es eigentlich geht. Es geht um etwa 5 bis 7 % der insgesamt 9.000 bis 10.000 Gaststätten hier in Schleswig-Holstein. Nicht einmal diese 5 bis 7 % werden von der Möglichkeit Gebrauch machen, zukünftig eine Rauchergaststätte zu sein. Denn das würde bedeuten, auf das Verabreichen von Speisen gänzlich verzichten zu müssen. Insofern wird der Anteil, über den wir hier reden, noch kleiner werden.

Also auch mein Appell: Lassen Sie die Kirche im Dorf. Wir sind enorm weitergekommen mit dem Gesundheitsschutz, mit dem Schutz der Menschen hier in Schleswig-Holstein vor den Gefahren des Passivrauchens. Wir haben eine breite Akzeptanz bei allen gefunden, und nun werden wir das Urteil des Bundesverfassungsgerichts umsetzen und darüber hinaus dafür Sorge tragen, dass unsere grundsätzliche Linie auch tatsächlich Praxis ist.

(Beifall bei SPD und CDU)

(Ministerin Dr. Gitta Trauernicht)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung. Es ist beantragt worden, die Gesetzentwürfe Drucksachen 16/2205 und 16/2215 dem Sozialausschuss zu überweisen.

(Zuruf: Mitberatung im Wirtschaftsaus- schuss!)

- Bei Mitberatung durch den Wirtschaftsausschuss! - Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Es ist einstimmig so beschlossen.

Ich rufe nunmehr die Tagesordnungspunkte 11 und 20 auf:

Gemeinsame Beratung

a) Lehrerausbildung an der Universität Flensburg

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 16/2200

b) Die zukünftige Finanzierung der Universität Flensburg und die Perspektiven für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit mit der Syddansk Universitet

Antrag der Abgeordneten des SSW Drucksache 16/2020

Bericht und Beschlussempfehlung des Bildungsausschusses Drucksache 16/2182

Zu diesen Tagesordnungspunkten begrüßen wir auf der Tribüne den Präsidenten der Christian-Albrechts-Universität, Herrn Professor Dr. Fouquet. Herzlich willkommen!

(Beifall)

Wird das Wort zur Begründung der Anträge gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann darf ich das Wort der Berichterstatterin des Bildungsausschusses, der Frau Abgeordneten Sylvia Eisenberg, erteilen.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im April dieses Jahres hat der SSW die Landesregierung aufgefordert, über die zukünftige Finanzie

rung der Universität Flensburg und die Perspektiven für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Syddansk Universitet zu berichten. Diesen Bericht hat Minister Austermann am 24. April dem Landtag gegeben, und die Fraktionen haben darüber bereits debattiert.

In der Sitzung des Bildungsausschusses am 10. Juli hat Staatssekretär de Jager vorgetragen, dass die Zuweisungen an die Hochschulen im neuen Doppelhaushalt um insgesamt 3,3 % steigen sollten und dass für die Universität Flensburg eine überproportionale Erhöhung vorgesehen ist. Denn nur durch eine Verbesserung der Personalausstattung könne die Universität die Auflagen für die Akkreditierung erfüllen. Weiter teilte der Staatssekretär mit, dass es bei der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit mit der Syddansk Universitet Schwierigkeiten bei der Fortführung des Kooperationsprojekts „Collegium Mare Balticum“ gebe. Mit Zustimmung der Antragstellerin empfahl der Ausschuss dem Landtag einstimmig, den Berichtsantrag des SSW für erledigt zu erklären.

Ich danke der Frau Berichterstatterin. - Gibt es Wortmeldungen zum Bericht? - Das ist nicht der Fall. Dann eröffne ich die Aussprache. Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Frau Abgeordnete Angelika Birk.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das „Handelsblatt“ vom 10. September titelt:

„Erneut schlechte Noten von der OECD Die Bundesrepublik droht endgültig den Anschluss zu verlieren. Andere Nationen investieren massiv in die Bildung, Deutschland aber spart. 1995 gab Deutschland noch 5,4 % des Bruttoinlandsprodukts für Bildung aus, zehn Jahre später waren es nur 5,1 %. Das politische Ziel von Bund und Ländern, die Akademikerquote auf 40 % zu steigern, liegt in weiter Ferne.“

Dies sind Ausschnitte aus dem „Handelsblatt“.

Ausgerechnet vor einem solchen Hintergrund gerät diejenige Hochschule in Schleswig-Holstein, die maßgeblich für die Lehrerausbildung an den allgemeinbildenden Schulen Verantwortung trägt, in eine existenzielle Notlage. In den Sommerferien wurde öffentlich, dass die Zentrale Evaluations

und Akkreditierungsagentur Hannover das Akkreditierungsverfahren für den Bachelor-Studiengang „Vermittlungswissenschaften“ - dies ist ein wichtiger Baustein für die Lehrerbildung - ausgesetzt hat. Davon sind die jetzt im Wintersemester erstmals angebotenen Master-Studiengänge für die Lehrämter an Grund- und Hauptschulen, Realschulen und Sonderschulen betroffen. Die Agentur begründet dies mit der unzureichenden Personalausstattung der Universität.

Dies ist nicht überraschend. Denn zum einen war im Bildungsausschuss seitens des Bildungsministeriums wiederholt berichtet worden, dass die Kultusministerkonferenz für den Master bei den Grundund Hauptschullehrern eine höhere Leistungsanforderung, das heißt ein umfangreicheres Studium erwartet, als es das Bildungsministerium in Flensburg genehmigt hat beziehungsweise zu genehmigen vorsah.

Zum anderen haben die Antworten auf meine zahlreichen Kleinen Anfragen zur Finanzsituation der Universität Flensburg ergeben, dass diese deutlich schlechter ausgestattet ist als andere Hochschulen mit einem vergleichbaren Profil. Es sind sehr differenzierte Kennziffern genannt worden; ich bin dem Ministerium für die Offenlegung dieser Zahlen sehr dankbar.

In den vergangenen beiden Legislaturperioden hat die rot-grüne Landesregierung mit erheblichen Landes-, Bundes- und EU-Mitteln einen modernen Campus in Flensburg errichtet. Allerdings wurde in den letzten Jahren versäumt, endlich die Personalausstattung der drastisch vergrößerten Anzahl Studierender und dem erweiterten Aufgabenfeld anzupassen.

Wiederholt hat meine Fraktion in den Landtagsdebatten darauf hingewiesen, dass beispielsweise bei dem Wechsel der Lehramtsstudierenden für Realschulen und für Förderpädagogik von Kiel nach Flensburg nicht genug Planstellen von der Christian-Albrechts-Universität an die Universität Flensburg mitverlagert wurden. Der Präsident der CAU hört es sicherlich nicht gern, aber in diesem Fall mussten wir von einer Ungleichbehandlung ausgehen. Wir wünschen uns natürlich für beide Hochschulen eine ausreichende Finanzausstattung. Es kann aber nicht sein, dass die schwächere Hochschule - in diesem Fall die Uni Flensburg - um jede einzelne Stelle kämpfen muss. Hier ist ausgleichende Gerechtigkeit durch das Wissenschaftsministeriums gefordert, damit es nicht zu einer Ungleichbehandlung kommt.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Hinzu kommt ein noch viel gravierender Fehler: Die Universität Flensburg bildet Lehrkräfte für Schularten aus, die es in Zukunft zumindest in Schleswig-Holstein, aber auch in der Mehrheit anderer Bundesländer nicht mehr geben wird. Hauptund Realschulen sind inzwischen in den meisten Bundesländern in neuen gemeinsamen Schularten zusammengefasst. In Hamburg und Schleswig-Holstein als Gemeinschafts- oder Stadtteilschulen führen sie sogar zum Abitur.

Vor diesem Hintergrund ist es ein Skandal, dass die Koalition in Kiel nicht den Mut aufbringt, endlich eine Stufenlehrerausbildung zu schaffen, die sich am Alter der Kinder anstatt an formalen Schulabschlüssen orientiert.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Unser entsprechender Gesetzentwurf zur Lehrerausbildung wurde ohne Alternativen abgelehnt.

Gemeinsames Lernen und individuelle Förderung verkündet die Bildungsministerin als neues Schulparadigma. In Flensburg an der Universität hingegen gibt es nur Ausbildungsabschlüsse nach der alten ständischen Schulhierarchie. Gerade diejenigen Lehrenden und Forschenden, die sich in Flensburg für Schulreformen stark machen und die Zusammenarbeit mit Dänemark und anderen internationalen Hochschulen suchen, haben es besonders schwer. Nicht umsonst hatte der SSW den Berichtsantrag gestellt. Denn immer wieder wird die Zusammenarbeit mit Dänemark als etwas Luxuriöses dargestellt. Es gibt Fragezeichen, und daher sind wir sehr froh, dass der Minister klargestellt hat, dass wenigstens diese Zusammenarbeit nicht auf der Kippe steht.

In der Vergangenheit wurden gerade die internationale Ausrichtung und das moderne Studium der Vermittlungswissenschaften von der Bildungs- und Wissenschaftsbürokratie nicht ernst genommen. So unterblieb auch die dringend notwendige Einrichtung von Lehrstühlen für Schul- und Unterrichtsforschung, die angesichts der begonnenen Schulreform unverzichtbar ist und von der insbesondere die Zusammenarbeit mit Dänemark profitieren könnte. Es ist notwendig, dass dieser Arbeitsbereich in der Hochschule endlich eine entsprechende Verankerung findet, dass also Forschung, Unterrichtssituation und Schulentwicklung evaluiert werden, wie wir es beispielsweise von der Gesamtuniversität Lüneburg kennen, wo es eine hervorragende Arbeit zu diesem Thema gibt.

(Angelika Birk)

Es ist einerseits erfreulich, dass sich die wirtschaftlichen Akteure im Norden eindeutig hinter die Universität Flensburg stellen - Sie haben das auf einer Pressekonferenz der IHK erleben können -, dass der Wissenschaftsminister allen Versuchen, die Universität zu einer Pädagogischen Hochschule herabzustufen, entgegentritt und immerhin auch sofortige Finanzspritzen zugesagt hat.