Protokoll der Sitzung vom 08.10.2008

Eine Menge Umsetzungsmöglichkeiten ergeben sich aus den 40 Empfehlungen. Hervorheben möchte ich an dieser Stelle jedoch auch, dass die Landesregierung mit unserem Ministerpräsidenten Peter Harry Carstensen an der Spitze seit 2005 eine unheimliche Dynamik in die grenzüberschreitende Zusammenarbeit gebracht hat.

(Beifall bei der CDU und der Abgeordneten Rolf Fischer [SPD] und Lars Harms [SSW])

Dadurch sind viele der aufgeführten Nutzungspotenziale bereits von der Landesregierung aufgenommen und gemeinsame Vereinbarungen mit unseren dänischen Nachbarn eingeleitet beziehungsweise umgesetzt worden. Unser gemeinsames Ziel muss es auch weiterhin sein, die Grenze aus den Köpfen der Menschen mehr und mehr verschwinden zu lassen - und dies nicht nur in Hinblick auf einen gemeinsamen Arbeitsmarkt, sondern auch auf das gesamtgesellschaftliche Miteinander.

(Beifall bei der CDU)

Flensburg als Zentrum der Region profitiert schon heute von den breit gestreuten dänischen kulturellen Einrichtungen vor Ort, die sowohl von der Minderheits- als auch von der Mehrheitsbevölkerung wie selbstverständlich genutzt werden. Aber nichts ist so gut, als dass man es nicht noch besser machen könnte.

(Beifall bei der FDP)

Darauf zielt die Analyse ja auch ab. Die Kollegin Spoorendonk fordert daher hier zu Recht ein aktives Mithandeln der Exekutive. Ausgehend von der zentralen Aussage der Kompetenzanalyse, dass die Minderheiten nachweislich auf beiden Seiten der Grenze ein Standortfaktor sind, soll diese Kompetenzentwicklung hin zu einem grenzüberschreitenden Regionsprofil genutzt werden. Dafür sind die ideelle Unterstützung des Landtags und die aktive Mitwirkung der Landesregierung zu gewähren.

Nun gibt es zwei Projekte, die die Europäische Akademie Bozen vorgeschlagen hat, die uns bereits bekannt sind. Zum einen geht es um die Zusammenführung der Menschen aus Konfliktregionen in den grenznahen Akademien und Bildungsstätten des Nordens. Zum anderen geht es um verstärkte universitäre Zusammenarbeit in der grenzüberschreitenden Wissensregion. Diese beiden

Leuchtturmprojekte zur Antragsreife als INTERREG-Projekte entwickeln zu können, soll entsprechend der EURAC-Studie ein Clustermanager gewonnen werden.

Nach Auffassung der CDU sollten wir hier stattdessen die vorhandenen Ressourcen nutzen, um die Projekte zu entwickeln und zu begleiten.

(Beifall bei der CDU)

Hier gäbe es unseres Erachtens hervorragende Möglichkeiten, mit dem deutsch-dänischen Regionalmanagement zu kooperieren, das von der IHK Flensburg und der WiREG Anfang 2007 ins Leben gerufen wurde.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Auch das Regionskontor in Bov verfügt über entsprechende Kompetenzen und Erfahrungen, wenn es um die Förderungsreife für INTERREG-Projekte geht.

Meine Damen und Herren, die CDU wird sich auch weiterhin engagiert an dem Ausbau der guten Beziehungen der Minderheits- und Mehrheitsbevölkerung in unserer Region beteiligen.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Ich danke der Frau Abgeordneten Susanne Herold und erteile für die SPD-Fraktion Herrn Abgeordneten Rolf Fischer das Wort.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die vorliegende Kompetenzanalyse ist ein richtiger Schritt, den Minderheiten und der Minderheitenpolitik neue und notwendige Impulse zu geben. Sie selbst kann ein Standortvorteil sein, wenn wir sie dazu machen.

(Beifall des Abgeordneten Holger Astrup [SPD])

Ich möchte mich, da schon sehr vieles gesagt wurde, auf einige wenige Aspekte beschränken und beginne mit dem Begriff Mehrwert, den wir heute schon mehrfach gehört haben.

(Zurufe)

Ich werde jetzt etwas zum Mehrwert sagen,

(Zuruf von der CDU: Na, na!)

(Susanne Herold)

den ich in diesem Zusammenhang als ein bisschen missverständlich ansehe. Es könnte gerade bei den Angehörigen der Mehrheit, die unbedingt einbezogen werden soll und muss, der Eindruck entstehen, Minderheiten müssten so etwas wie Mehrwert, wahrscheinlich auch im marxschen Sinne, für unsere Gesellschaft nachweisen, um ihre Existenz zu legitimieren. Diesem Eindruck widersprechen wir als Fraktion energisch.

(Beifall bei SPD und SSW)

Minderheiten und Volksgruppen legitimieren sich durch sich selbst. Wir akzeptieren und wollen eine vielfältige kulturelle und ethnische Gesellschaft. Diese Vielfalt an sich ist Reichtum auch und gerade für die jeweilige Mehrheitsbevölkerung. Deswegen ist es richtig, die 40 Empfehlungen, die aufgeführt wurden, zu fördern, sie umzusetzen und gerade dort, wo es um Demokratievermittlung und Toleranzstärkung geht, zu realisieren.

Die Studie enthält eine ganze Reihe von Vorschlägen, wie die Fähigkeiten der Minderheiten in unterschiedlichen Arbeitsfeldern integriert werden können. Ein zentraler Punkt ist der Clustermanager. Ich will nicht verhehlen, dass ich mich an dieser Stelle gefragt habe, was Clustermanager eigentlich auf Dänisch, Friesisch oder Plattdeutsch heißt.

(Zuruf: Das war plattdeutsch!)

Eine Umschreibung wäre vielleicht der Sache angemessener und verständlicher. Der Clustermanager soll sich um den Aufbau und die Förderung von Projekten kümmern, die dann die besonderen Kompetenzen der Minderheiten für die Mehrheit deutlich machen.

Die beiden genannten EU-Projekte kann ich hier nur bejahen. Wir glauben, dass das Projekte sind, die dem Geist dieser Analyse am ehesten entsprechen und die deshalb auch am ehesten gefördert werden sollen. Ich weise darauf hin - ich sage das durchaus kritisch -, dass wir an einem Punkt sind, an dem die Analyse auch umgesetzt werden muss. Wir brauchen jetzt Schritt für Schritt nicht nur klare Entscheidungen, welchen Weg wir gehen wollen, sondern wir brauchen auch entsprechende Finanzmittel dafür.

(Beifall bei SPD und SSW)

Wir sind gut beraten, wenn wir in absehbarer Zeit im Ausschuss über diese Konsequenzen sprechen und uns einigen. Denn eines ist klar: Ein solches Gutachten verliert natürlich seine Bedeutung und seine Zugkraft, je länger es liegt. Wir müssen es umsetzen, wir müssen es realisieren. Die Voraus

setzungen dafür sind gut. Die Vorschläge liegen auf dem Tisch. Hier muss bald eine Entscheidung gefällt werden, und diese müssen wir im Europaausschuss diskutieren.

(Beifall bei SPD und SSW)

Ich habe es so verstanden, dass uns die wohlwollende Begleitung der Landesregierung hoffen lässt. Ich unterstütze dabei ausdrücklich die Auffassung von Caroline Schwarz, der Minderheitenbeauftragten, dass sich die deutsche und dänische Seite - so hat sie es jedenfalls dem Europaausschuss zugeleitet möglichst zu gleichen Teilen an der Finanzierung beteiligen sollten. Die Kompetenzanalyse belegt, wie groß die Möglichkeiten sind, über die Minderheiten verfügen und die in eine gemeinsame Politik eingebracht werden könnten.

Dies gilt auch für den Bereich Tourismus. Diesen Aspekt will ich einmal herausheben und besonders betonen. Er hat einen hohen Stellenwert in der Analyse. Es ist richtig, dass Regionen in diesem Land auch mit dem kulturellen Leben von Minderheiten touristisch werben können, und wir erleben eine Renaissance der Regionen, ein Europa der starken selbstbewussten Regionen, die ihre Besonderheiten nach vorn stellen. Es ist auch richtig, diese Besonderheiten ökonomisch und touristisch zu nutzen. Dies ist auch bei uns möglich. Ich warne aber davor, die kulturellen Leistungen der Minderheiten zu sehr als Folklore darzustellen. Der Grat ist sehr schmal.

(Beifall der Abgeordneten Dr. Ralf Stegner [SPD], Dr. Ekkehard Klug [FDP] und Anke Spoorendonk [SSW])

Schnell können traditionelle Sitten und Gebräuche zu hohlen Tourismusevents verkommen. Fünfmal im Jahr Biikebrennen ist zwar für die Touristen schön, aber für das, was es eigentlich an Tradition aussagt, eher schädlich.

Abschließend gilt: Man soll das Eisen schmieden, solange es heiß ist. Das Gutachten muss jetzt in seine Umsetzungsphase kommen, dafür sollen wir streiten.

Meine Damen und Herren, ich bin der Meinung, dass die Sinti und Roma in unsere Landesverfassung gehören.

(Beifall bei SPD und SSW)

(Rolf Fischer)

Ich danke Herrn Abgeordneten Rolf Fischer und erteile für die FDP-Fraktion Herr Abgeordneten Dr. Ekkehard Klug das Wort.

Verehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Kompetenzanalyse „Minderheiten als Standortfaktor in der deutsch-dänischen Grenzregion“, über die wir heute sprechen, ist ein Meilenstein für die Minderheitenpolitik in unserem Land. Zugespitzt formuliert lässt sich feststellen: Die Studie entzieht alten Sichtweisen endgültig die Grundlage und eröffnet den Blick auf einen neuen regionalpolitischen Zugang sowohl für die jeweilige Minderheit als auch für die jeweilige Mehrheit.

Minderheiten werden danach nicht mehr, wie es in der Vergangenheit oft der Fall gewesen ist, als ein Problem verstanden, als ein Belastungsfaktor oder als eine Kostenfrage gesehen - wobei die alte Sichtweise in der ferneren Vergangenheit stärker ausgeprägt war als in der jüngsten Zeit. Nein, anknüpfend an die positive Entwicklung, die wir in den letzten beiden Jahrzehnten in der Grenzregion zu verzeichnen haben, entwirft die Kompetenzanalyse ein neues Bild. Ihre zentrale Aussage lautet: Die Minderheiten nutzen der gesamten Grenzregion, sie sind also ein Pluspunkt auch für die Situation der jeweiligen Mehrheit.

An den Beispielen der Zweisprachigkeit und im Hinblick auf den Beitrag, den die Minderheiten zur kulturellen Vielfalt und Attraktivität der Grenzregion leisten, ist dies sicher auch bereits früher, auch in den minderheitenpolitischen Debatten des Schleswig-Holsteinischen Landtags, angesprochen worden. Gleichwohl ist es das Verdienst der Kompetenzanalyse, diese Sichtweise so eingehend zu begründen, wie das vorher nicht der Fall gewesen ist.

Außerdem zeigt die Studie zahlreiche Wege auf, wie man die Minderheiten als einen Standortfaktor für die deutsch-dänische Grenzregion nutzen kann. Sie gibt insgesamt vierzig Empfehlungen, wie dies der Fall sein könnte. Adressat sind dabei die Minderheiten ebenso wie die jeweilige Mehrheitsbevölkerung. Es ist wichtig, dass bei der Umsetzung der Empfehlungen nicht nur auf organisatorische Strukturen der jeweiligen Minderheit zurückgegriffen wird, sondern dass man die Umsetzung, die in der Studie empfohlen wird, auf eine breitere Basis stellt.

Es kommt nämlich entscheidend darauf an, dass gerade in der jeweiligen Mehrheitsbevölkerung die Einsicht wächst, wie vorteilhaft das Miteinander von Mehrheiten und Minderheiten für die regionale Entwicklung ist. Deshalb ist es auch wichtig, bei der Umsetzung der Empfehlungen auf bewährte Strukturen der regionalen Zusammenarbeit zurückzugreifen, wie beispielsweise auf das Regionskontor oder die Strukturen der Industrie- und Handelskammern, die in der Vernetzung der Grenzregion schon vieles geleistet haben.

Die FDP-Fraktion hält es für ein zweckmäßiges Vorgehen, die Empfehlungen der Studie zu konkretisieren und ihre Umsetzung zunächst an ausgewählten Beispielen voranzutreiben. Dabei geht es in der Praxis nicht zuletzt darum - jetzt kommen wir zu einem ganz profanen Thema -, aussichtsreiche und entscheidungsfähige Anträge für die Einwerbung von Mitteln aus dem INTERREG-IV-A-Programm der Europäischen Union zu entwickeln.

(Beifall bei FDP und SSW)