Protokoll der Sitzung vom 13.11.2008

Wir würden schon gern erfahren, wo welche konkreten Stadtteilumbauten durch dieses Programm durchgeführt wurden und welcher Erfolg sich eingestellt hat, beispielsweise um einer Ghettobildung in Wohnquartieren entgegenzuwirken. Welche Auswirkungen haben die Umbaumaßnahmen

auf die Sozialstruktur des Quartiers tatsächlich gehabt?

Ebenso fehlt eine konkrete Aussage zu Erfolgen im Bereich der Sprachförderung. Welche inwieweit haben sich Migrantinnen und Migranten durch die Sprachförderprogramme bisher schulisch verbessert? Wir alle wissen, dass insbesondere die Kenntnis der Sprache eine Schlüsselqualifikation für die Integration darstellt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Bericht ist umfangreich, und er ist in einer Fünfminutendebatte nicht ansatzweise zu erörtern, zumal ich mir sicher bin, dass die mit der Integration beschäftigen ehrenamtlichen Vereine und Verbände eine andere Bewertung zum Erfolg der Umsetzung des Integrationsplans als die Landesregierung abgeben werden. Herr Kollege Wengler, insoweit freue ich mich nicht auf die Diskussion in verschiedenen Ausschüssen, aber ich sehe ihr mit großem Interesse entgegen und werde mich, jedenfalls in den Ausschüssen, die ich besetze, daran beteiligen.

(Beifall bei der FDP)

Für die Abgeordneten des SSW hat der Herr Kollege Lars Harms das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein Bericht der Landesregierung hat es meist an sich, dass bestehende Maßnahmen hervorgehoben werden und dass auch einiges hinzugezählt wird, was von der Intention her nie zur Integration gedacht war, und das weitergehende Handlungserfordernisse eher unterbelichtet werden. Viel Beschreibung, aber wenig Schlussfolgerung, könnte man auch sagen. Von daher ist es ein Glücksfall, dass der Flüchtlingsbeauftragte des Landes erst am 29. Oktober ein großes öffentliches Hearing veranstaltet hat, bei dem viele Beteiligte zu Wort kamen und ein Spatenstich tiefer gegraben werden konnte.

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir können weit kommen, wenn wir diese beiden Dinge - Bericht und Hearing - miteinander kombinieren. Das gilt auch für die spätere Ausschussberatung.

(Beifall der Abgeordneten Angelika Birk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Hier und heute möchte ich gern einen Aspekt hervorheben, der mir besonders ins Auge gesprungen ist. Er betrifft den Bildungsbereich, der angesichts seiner enormen Bedeutung für die Chancengleichheit und damit für eine gelungene Integration auch im vorliegenden Bericht eine zentrale Rolle spielt. Denn die Statistiken sprechen weiterhin eine klare Sprache: Überproportional häufig werden ausländische Kinder an Sonderschulen beziehungsweise Förderschulen verwiesen. Besonders in den Übergangsempfehlungen der Grundschulen werden Kinder mit Migrationshintergrund schlechter bewertet, was sich auf deren Bildungsbiographien negativ auswirkt. Die Lesekompetenz von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund ist in Schleswig-Holstein als dem Land mit dem niedrigsten Migrationsanteil im Vergleich zu den anderen westdeutschen Flächenländern besonders schwach ausgeprägt. Der Schlüssel ist hier nach wie vor der Erwerb der deutschen Sprache.

Aus dem Bericht geht hervor, dass auf dem Gebiet ,,Deutsch als Zweitsprache“ in den letzten Jahren viel geschehen ist. Trotzdem gibt es noch viel zu tun. Auf dem Hearing des Flüchtlingsbeauftragten wurde eines angemahnt, was im Bericht der Landesregierung gar nicht vorkommt: die Verzahnung der Sprachförderangebote mit dem Regel- beziehungsweise Fachunterricht. Wenn die Jungen und Mädchen wirklich gleiche Chancen haben sollen, dann reicht es nicht aus, sie in einem gesonderten Deutsch-als-Zweitsprache-Unterricht sprachlich zu fördern. Die Sprachförderung muss Bestandteil aller Fächer sein. Damit meine ich nicht, dass der Mathematiklehrer jetzt die Sprache zum Gegenstand seines Unterrichts machen soll. Er kann aber dafür sensibilisiert werden, die Matheaufgaben entsprechend zu formulieren, damit sie auch ein Migrantenkind verstehen kann.

Diese Anregung, die aus dem Mercator-Projekt der LAG der freien Wohlfahrtsverbände stammt, kann ich nur unterstützen.

(Beifall der Abgeordneten Angelika Birk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Angesichts der Tatsache, dass künftig jedes dritte Schulkind in unserem Land einen Migrationshintergrund hat, muss die Landesregierung erwägen, wie dieses Element stärker in die allgemeine Lehrerbildung mit einfließen kann. Die Idee, dass alle Lehrkräfte Sprachlehrer sind, wird übrigens schon in der Praxis in den Schulen des Dänischen Schulvereins umgesetzt.

(Wolfgang Kubicki)

Weitere wichtige Bausteine in diesem Zusammenhang sind Sprachkurse für die Eltern und der Unterricht in der Muttersprache. Denn letztlich ist die gute Beherrschung der ersten Sprache, der eigenen Sprache der Schlüssel zum Erwerb neuer Sprachen, also auch der deutschen Sprache. Vielfach wird verkannt, dass die Sprachkenntnisse der Migrantenkinder - je nach Bildungsstand der Eltern - allzu häufig auch in der Muttersprache nicht über das umgangssprachliche Niveau hinausreichen. Insofern ist es auch begrüßenswert, dass die Türkei nun einen entsprechenden Unterricht für die Kinder aus von dort zugewanderten Familien anbietet, auch wenn mir eine Trägerschaft des Landes ebenso lieb, vielleicht sogar noch lieber gewesen wäre.

Eines sticht beim Lesen des Berichts sowohl bezüglich der Sprachförderung als auch in anderen Bereichen besonders ins Auge: Viele gute Ansätze sind Einzelprojekte vieler verschiedener, engagierter Träger.

(Beifall der Abgeordneten Angelika Birk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Das bedeutet zum einen, dass ein großes Bedürfnis besteht, Maßnahmen aufeinander abzustimmen und zu vernetzen, damit die Kinder, Familien und Einzelpersonen Unterstützung aus einem Guss erfahren und die begrenzten Mittel optimale Wirkung entfalten. Zum anderen bedeutet dies aber auch die allseits bekannte Gefahr, dass selbst erfolgreiche und unentbehrliche Angebote nicht kontinuierlich gesichert sind.

Deshalb noch einmal der Appell: Die Einwanderer und ihre Familien sind zumeist nach Deutschland gekommen, um hier zu bleiben. Deshalb schulden wir den Neubürgern auch, dass wir die notwendigen Integrationshilfen so weit wie möglich finanziell auf ein unbefristetes Fundament stellen.

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sonst werden wir auf Dauer nicht den Menschen gerecht, die Schleswig-Holstein als ihre neue Heimat gewählt haben.

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung. Es ist beantragt worden, den Bericht der Landesregierung, Drucksache 16/2188, federführend dem Innen- und Rechtsausschuss, mitberatend dem Bildungs-, dem Sozial- und dem

Wirtschaftsausschuss zu überweisen. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunk 30 auf:

Zuerkennung des Status „Deutsches Meeresforschungs-Zentrum“ für das Leibniz-Institut für Meereswissenschaften IFM-GEOMAR in Kiel

Beschlussempfehlung des Wirtschaftsausschusses Drucksache 16/2299

Ich erteile dem Berichterstatter des Wirtschaftausschusses, Herrn Vorsitzenden und Abgeordneten Hans-Jörn Arp, das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Am 3. September dieses Jahres beriet der Wirtschaftsausschuss den Maritimen Aktionsplan Schleswig-Holstein, der ihm durch Plenarbeschluss zur abschließenden Beratung überwiesen worden war. In dieser Sitzung vereinbarten CDU, SPD, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW, eine gemeinsam getragende Initiative zur Aufwertung des Leibniz-Instituts für Meereswissenschaften zum Nationalen Meeresforschungsinstitut zu ergreifen. Als Ergebnis dieser Initiative liegt dem Hohen Haus nunmehr die Beschlussempfehlung des Wirtschaftsauschusses, Drucksache 16/2299, vor. Ich will den nachfolgenden Rednern nicht den Inhalt wegnehmen, sondern ich möchte mich an dieser Stelle bei allen Fraktionen recht herzlich bedanken, dass es uns gelungen ist, diese Initiative im Interesse der Kieler Wirtschaft, insbesondere aber auch im Interesse des Leibniz-Instituts gemeinsam zu tragen.

(Beifall)

Ich danke dem Herrn Berichterstatter. - Wortmeldungen zum Bericht liegen nicht vor. Dann eröffne ich die Aussprache. Für die CDU-Fraktion hat Herr Abgeordneter Thomas Stritzl das Wort.

Bevor Herr Stritzl hier ist, nutze ich die Gelegenheit, auf der Tribüne ganz herzlich den Vorsitzenden der schleswig-holsteinischen Sinti und Roma, Herrn Weiß, zu begrüßen. - Herzlich willkommen!

(Beifall)

(Lars Harms)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich freue mich, dass wir heute einen gemeinsamen Antrag aller im Landtag vertretenen Fraktionen, einschließlich der Abgeordneten des SSW, beraten können, welcher das Ziel verfolgt, dem IFM-GEOMAR mit Sitz in Kiel den Status des Deutschen Meeresforschungs-Zentrums zuzuerkennen. Das ist ein wichtiges Signal für unseren Wissenschaftsstandort. Ich bedanke mich ausdrücklich bei meinen Kolleginnen und Kollegen im Ausschuss, dass sie meinem Vorschlag für diese Initiative so bereitwillig gefolgt sind.

(Beifall bei der CDU)

Das Leibniz-Institut für Meereswissenschaften, das IFM-GEOMAR, ist mit seinem Forschungsprofil, welches vom Meeresboden der Tiefsee bis in die Atmosphäre über den Meeren reicht, einzigartig in Deutschland. Die wissenschaftliche Exzellenz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des IFM-GEOMAR, unter Leitung von Professor Herzig, wird auch durch das Kieler Exzellenscluster „The Future Ocean“ sowie zwei weitere komplementäre meereswissenschaftliche Sonderforschungsprojekte an diesem Standort unterstrichen.

Auch die jüngsten Meldungen über die erfolgreiche Implementierung eines Tsunami-Frühwarnsystems sind Ausweis der Leistungskraft und des Leitungsniveaus dieses Instituts. So wundert es auch nicht, dass wir in Schleswig-Holstein mit Stolz feststellen können: Im internationalen Vergleich spielt dieses Institut in der Champions League.

(Beifall bei der CDU und der Abgeordneten Angelika Birk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN] Dieses Institut ist auch bereit, über die eigenen Grenzen hinauszugreifen, wie die gemeinsame In- itiative mit dem Institut für Weltwirtschaft zum so- genannten Kiel Earth Institute zeigt - ein virtuel- les Institut, welches die aktuellsten Erkenntnisse aus Naturwissenschaft und Wirtschaftswissenschaf- ten zusammenführen soll, um zum Beispiel Lösun- gen für den Klimawandel und die Energieversor- gung der Zukunft gemeinsam zu erarbeiten. In Europa gibt es letztlich nur zwei vergleichbare Einrichtungen, die sich mit dem IFM-GEOMAR messen können, eines in England und eines in Frankreich. Diese beiden Einrichtungen haben je- doch im Gegensatz zu unserem IFM-GEOMAR be- reits den Status nationaler Forschungszentren. Der vorliegende Antrag will deshalb unter Beibe- haltung des föderalen Systems der Forschungsför- derung die Profilbildung der deutschen Meeresfor- schung insbesondere auf internationaler Ebene durch Aufwertung des IFM-GEOMAR zu einem Nationalen Zentrum für Meeresforschung stärken und aufwerten. Ich bitte um Zustimmung in der Sache. (Beifall im ganzen Haus)

Für die Fraktion der SPD erteile ich der Frau Abgeordneten Anette Langner das Wort.

Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In der Tat ist alles gesagt, nur noch nicht von mir. Es fällt mir natürlich schwer, dem Kollegen Stritzl allein das Feld zu überlassen.

(Zuruf)

Deswegen denke ich, dass es doch noch ein, zwei Punkte gibt, auf die man in diesem Zusammenhang hinweisen sollte.

Natürlich ist uns allen bewusst, dass das IFM-GEOMAR für die Region um Kiel eine ganz besonders große Rolle spielt. Die Initiative ist im Zusammenhang mit der Diskussion um den Maritimen Aktionsplan der Landesregierung entstanden. Der Direktor des IFM-GEOMAR, Professor Herzig, hat im Ausschuss nachvollziehbar deutlich gemacht, wie wichtig diese Anerkennung für ihn, für das Institut und für den Forschungsstandort SchleswigHolstein ist. Deswegen freue ich mich ganz besonders, dass es uns im Wirtschaftsausschuss gelungen ist, gemeinsam diese Initiative voranzubringen. Ich denke, dass wir heute alle gemeinsam diese Initiative unterstützen werden und damit auch ein deutliches Signal senden.

Es gibt dem nicht mehr allzu viel hinzuzufügen. Insofern bitte ich Sie, dieser Initiative des Wirtschaftsausschusses zuzustimmen und dieses Signal für das IFM-GEOMAR und für die Region zu senden.

(Beifall bei SPD, CDU und SSW)

Für die Fraktion der FDP erteile ich Herrn Abgeordneten Dr. Ekkehard Klug das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach dem furiosen Auftakt durch den Kollegen Arp haben die Kollegen Thomas Stritzl und Anette Langner den Antrag in allen zentralen Aspekten eingehend und überzeugend erläutert. Wir stimmen dem, was hier ausgeführt worden ist, ausdrücklich zu und damit auch dem Antrag.

(Beifall bei FDP, CDU, SPD und SSW)