Thomas Stritzl
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Herr Kollege Nabel, ich gehöre zu denjenigen, die auch im Zweifel sind, ob die Schülerinnen und Schüler in Schleswig-Holstein dadurch einen Verlust erlitten haben, dass Sie im Schleswig-Holsteinischen Landtag sind.
Herr Kollege Stegner, wir haben uns bei ver.di schon einmal über den Mindestlohn gestritten. Wenn ich Sie damals richtig verstanden habe, waren Sie für 7,50 €. Ich stelle Ihnen heute hier im Schleswig-Holsteinischen Landtag die Frage: Bleiben Sie bei 7,50 €? Ist das der Mindestlohn, der gezahlt werden muss, um dem zu begegnen, was Sie hier als Menetekel an die Wand gemalt haben?
Soll dieser Mindestlohn den Menschen die von Ihnen hier zu Recht als solche beschriebene Beschwernis abnehmen, zum Beispiel den Aufstockern?
Begründen Sie mir doch bitte einmal, warum ich als Familienvater ab 7,50 € kein Zusatzeinkommen mehr brauche. Ab wie vielen Kindern gilt das? Auf welchen Betrag kommt man denn bei 7,50 € mal
35 Stunden die Woche, Herr Kollege Stegner? Damit ist man bei rund 1.100 €. Welche Familie in Deutschland soll man denn damit ernähren können?
Wir streiten uns doch nicht darüber, ob wir denjenigen, die heute 4 € oder 5 € pro Stunde verdienen, 7,50 € gönnen. Die sollen sie herzlich gern verdienen; da bin ich völlig frei von Neid.
- Herr Kollege Matthiessen, ich bin auch frei von Neid, wenn ein Banker, der sein Geschäft versteht und Milliarden positiv bewegt, Millionen verdient. Ich bin aber auch dafür, dass er, wenn er Milliarden versenkt, persönlich dafür einstehen muss.
Deswegen bin ich auf beiden Seiten frei von Neid. Aber kann das von Ihnen vorgeschlagene Projekt den Beschwernissen der Menschen, von denen wir wissen, dass sie tatsächlich existieren, wirklich begegnen, oder ist es nur eine Illusion? - Eine Illusion darf es nicht sein, weil die Enttäuschung nachher umso größer wäre.
Außerdem möchte ich von Ihnen gern wissen, wie sich Ihrer Meinung in Zukunft nach Preise bilden sollen. Kollege Wadephul hat mit einer sehr eindrucksvollen Rede dargelegt, dass bei uns die Tarifpartner dafür verantwortlich sind, weil sie die größere Marktnähe haben. Wie soll das aus Ihrer Sicht aber in Zukunft funktionieren? Sind Sie der Meinung, dass man einen Mindestlohn, der sich am Markt nicht bildet, per Gesetz festlegen sollte?
Ich sage das insbesondere vor dem Hintergrund der Diskussion über den Milchmarkt, die auch der Herr Ministerpräsident mit Sorge verfolgt. Ich weiß, dass diese Diskussion die Bauern bedrückt. Aber ich weiß auch, dass die Entscheidung, die Milch dort zu kaufen, wo sie am preiswertesten ist, sowohl von unserer als auch von Ihrer Wählerklientel jeden Tag aufs Neue getroffen wird.
Auch das ist ein Teil der Wahrheit.
Deswegen müssen wir auch über diese Frage offen miteinander reden.
Eine Illusion sollten wir den Menschen, die unsere Hilfe brauchen, nicht vorgaukeln, auch nicht in Wahlkampfzeiten.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich bedanke mich. Es ist in der Tat ein gutes Gefühl, wieder hier zu stehen. Vielen Dank auch für die Genesungswünsche, die ich von allen erhalten habe.
Zur Dringlichkeit des Antrags von FDP und CDU: Auch wir stimmen der Dringlichkeit Ihres Antrags zu, Herr Kollege Fischer beziehungsweise Kollege Astrup. Wir werden die Dringlichkeit bejahen und werden auch versuchen - um das sehr klar zu sagen -, einen gemeinsamen Antrag hinzubekommen. Ich finde, trotz der Situation, die ich auch kenne Wahlkämpfe sind für uns alle nichts Neues -, sollten wir versuchen, einen gemeinsamen Antrag zu erarbeiten. Das dient der Sache. Wir wissen, wie schwierig es ist, auf Konzerne dieser Größenordnung überhaupt Einfluss zu nehmen. Dazu brauchen wir ein geschlossenes Signal des Landtags, um die Landesregierung unter der Führung des Herrn Ministerpräsidenten Peter Harry Carstensen hier auch zu stützen und nach Möglichkeit die Bundesregierung auch mit ins Boot zu bekommen. Ich glaube, beides ist notwendig.
Es geht uns in der Sache darum - darüber werden wir nachher reden; aber deshalb ist das auch dringlich, wie der Kollege Fischer das auch gesagt hat -, dass wir das Design von HDW als Universalwerft erhalten. Wir alle haben diese Diskussion, dass Hin und Her im Handelsschiffbau, das Auf und Ab wiederholt erlebt. Wenn wir jetzt nicht zu Entscheidun
Schleswig-Holsteinischer Landtag (16. WP) - 122. Sitzung - Mittwoch, 16. September 2009 8951
gen kommen, die auch in Zukunft Handelsschiffbau möglich machen, werden wir erleben, dass nur noch der Bau von U-Booten stattfinden wird. Das wird Auswirkungen auf die Arbeitsplätze, auf den Arbeitsmarkt haben. Wir als CDU und auch die FDP wollen, dass Werftarbeiter, die im Handelsschiffbau tätig sind, auch auf HDW eine Zukunft haben. Wir wollen das für den Standort und für das Land. Deswegen stimmen wir für die Dringlichkeit.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wie heute Morgen schon möchte ich meine Freude über das Gelingen eines gemeinsamen Antrags in den Vordergrund stellen, weil ich das Signal wichtig finde. Ich hätte mich aber gefreut, wenn wir diese Kurve, die wir heute tagsüber noch haben drehen müssen und für die sich Rolf Fischer bedankt hat, nicht erst hätten drehen müssen. Dies wäre der Fall gewesen, wenn die SPD - wie sie es ursprünglich vorgehabt hat - einem gemeinsamen Antragswerk zugestimmt hätte. Insofern ist es immer so wie im Himmel: Lieber die Freude über einen reuigen Sünder als über 99 Gerechte, lieber Rolf.
Das gehört zur Wahrheit dazu.
Ein zweiter Punkt ist: Wenn wir dieses Signal senden, dann möchte ich mich auch bei der Regierung, bei Herrn Ministerpräsident Peter Harry Carstensen und bei Herrn Wirtschaftsminister Biel, bedanken, die bereits erste Gespräche mit der Konzernführung geführt haben, um deutlich zu machen, dass die Umstrukturierung nach der jetzigen Planung mit dem alleinigen Konzentrieren auf die Frage des UBoot-Baus -
- Herr Stegner, ich habe das schon verstanden. Ich bin auch dann bei HDW, wenn kein Wahlkampf ist. Die Diskussion um die Fragestellung, ob U-BootBau allein tragfähig ist, hatten wir bereits Ende der 80er-Jahre, als der Ministerpräsident von einer anderen Partei gestellt wurde; das war damals zu Engholms Zeiten unter dem Stichwort: U-Boot-Geschäft Taiwan. Da gab es im Land eine riesige Diskussion. Hier hängen wir von Entscheidungen des Bundessicherheitsrats ab. Das macht es für die Werft enorm schwierig. In diesen Zyklen ist das durchaus profitabel, wenn Aufträge kommen. Wenn aus politischen Gründen andere Wege gegangen werden, dann haben wir bei HDW das Problem mit dem alleinigen U-Boot-Bau.
Wir sind uns völlig einig, deshalb brauchen wir den Handelsschiffbau, den Überwasserschiffbau im zivilen Bereich, um kompensieren zu können und um nicht alleinige Abhängigkeiten zu schaffen. Auch das muss man ehrlicherweise sagen. Daher sind wir uns in der Sache völlig einig. Ich hoffe, es gelingt. Ich hoffe auch, dass wir in dieser Frage die Bundesregierung stärker ins Boot bekommen. Ich habe heute in der Presse gelesen, dass das Bundesverteidigungsministerium sich schon darüber Sorgen macht, ob notwendige Industriekapazitäten, die man in der Tat für die Wehrtechnik braucht, in Deutschland nicht mehr vorgehalten werden. Herr Kollege Stegner, das war Herr Kossendey. Das ist eine generelle Frage der Wehrtechnik. Das ist eine Sorge der Bundesregierung.
Es gibt aber vielleicht die Chance, dass die Bundesregierung wie damals unter Gerhard Schröder beim Verkauf an ThyssenKrupp auch dieses Mal ein Stück ihres Gewichts mit in die Waagschale wirft, wenn es um die Strukturfrage in diesem Bereich geht. Ich glaube, dass wir hier die Chancen entsprechend nutzen müssen. Deshalb ist ein einstimmiges Signal richtig.
Wenn ich sage, dass wir in diesem Bereich gemeinsam handeln sollen, dann will ich auch klar sagen, dass ich nicht der Meinung bin, dass die Politik wieder an Bord gehen soll. Wir haben als Land einmal einen Anteil gehabt. Kollege Stegner, Sie wissen, dass die damalige Finanzministerin Simonis den Anteil in den 90er-Jahren verkauft hat. Wir haben damals heftig über die Frage gestritten, ob es vernünftig war, 9.500 Werkswohnungen in der Bilanz von HDW mit null bewerten zu lassen, ob es richtig war, diese Wohnungen ohne Ausgleich zu Preussag übergehen zu lassen. Ein Hamburger Unternehmer, der mit den Falk-Plänen, hat 2.000 Wohnungen für mehrere 100 Millionen € gekauft. Dieses Geld und diese Vermögenswerte fehlen der Werft natürlich auch heute. Das muss man sehen. Daher zeigt auch dieses Beispiel, dass es der Politik nicht geraten ist, als Unternehmer tätig zu werden.
- Kollege Weber, das wissen Sie doch. Wenn Ihr damaliger Kollege Müller noch hier wäre, dann wüssten Sie, dass er mit mir in Gaarden gegen dieses Vorhaben der Landesregierung demonstriert hat. Das wissen Sie. Wir erinnern die Unternehmensleitung und die Konzernleitung daran, ihre unternehmerische Verantwortung, die sie eingegangen ist, als sie die Werft übernommen hat, wahrzunehmen. Wir fordern Sie auf, den Handelsschiffbau zu
erhalten, und es muss deutsche Politik sein, auch die Rahmenbedingungen in Deutschland wieder so zu machen, dass der Handelsschiffbau eine Zukunft hat. Wir bekennen uns zu beidem; sowohl zum militärischen als auch zur zivilen Nutzung dieser Werft. Das ist das Zukunftskonzept. Rolf Fischer, wir sind uns völlig einig: Universalwerften waren das Design der Vergangenheit. Sie müssen auch das Design der Zukunft sein.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Werften sind ein Teil und ein industrieller Kern Schleswig-Holsteins. Mit 25 % Anteil am Gesamtumsatz des deutschen Schiffbaus ist unser Land mit seinen Werften die Nummer eins in Deutschland. Auch die in Schleswig-Holstein ansässige Schiffbauzulieferindustrie verfügt über einen starken Marktanteil, ist hoch innovativ und sichert so mit rund 150 Unternehmungen mehr als 12.000 Arbeitsplätze. Addiert man hierzu noch die etwa 40.000 Arbeitsplätze in den Häfen und hafenabhängigen Betrieben, wird der Stellenwert der Seeschifffahrt für unser Land und die hier lebenden Menschen deutlich. Die arbeitsmarktpolitischen Effekte werden noch bedeutsamer, wenn man die direkt im Zusammenhang stehenden gewerblichen Aktivitäten hinzurechnet.
Bedenkt man aber auch noch die Wertschöpfungsketten in ihrer bundesweiten Verflechtung, erreicht man schnell Dimensionen, zu deren Sicherung aktuell in einer anderen Branche Ministerpräsidenten und der Bundeswirtschaftsminister über den großen Teich reisen und sogar unsere Kanzlerin zurzeit Gespräche mit dem US-Präsidenten führt.
Aufgrund der hohen Exportquote ist die Seeschifffahrt als größter Sektor der maritimen Wirtschaft Schleswig-Holsteins von der aktuellen weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise besonders betroffen. Schon die Krise auf dem Weltschiffbaumarkt in den 80er-Jahren hat gezeigt, wie direkt dieser Wirtschaftsbereich von einer prosperierenden Wirtschaft und intakten Finanzwelt abhängig ist.
Die aktuelle Krise übersteigt das damals Erlebte. Wenn die Welthandelsorganisation WTO einen Rückgang im Transportsektor von 7 bis 8 % voraussagt und die Bankenwelt mit ihrer enormen Bedeutung für Schiffsfinanzierungen so aus dem Gleichgewicht ist, dann spüren wir in Schleswig
Holstein diese Auswirkungen ganz direkt. So wurden am Standort Kiel bei HDW - wir haben es gehört - zwei Containerschiffe in Baustopp gelegt und Kurzarbeit beantragt. Herr Minister, Sie haben es erwähnt, die Sorge greift Platz, dass eine Konzernentscheidung zur Verlagerung des zivilen Überwasserschiffbaus weg aus Kiel drohen könnte.
In Kiel-Friedrichsort kämpfen die Lindenauer um eine betriebswirtschaftlich vertretbare Finanzierung für einen notwendigen Anschluss-Neubauauftrag und in anderen Regionen des Landes - ob Wewelsfleth, Rendsburg oder anderswo - führen die Werften einen ähnlichen Kampf. Aber nicht nur die Werften, sondern auch unsere Reeder erleben, dass hergebrachte Finanzierungen für Betrieb und Neubau von Schiffen außer Kraft gesetzt werden mit der Konsequenz, dass sie betriebswirtschaftlich zunehmend in die Enge getrieben sind.
Aus der Krise kann uns letztlich nur ein Wiederanspringen der Weltkonjunktur und eine verlässliche Finanzierungswelt führen, ebenso wie eine verstärkte Spezialisierung auf den Werften selbst.
In der aktuellen Diskussion und Situation ist aber auch besonders eine entschlossene und aktive Unterstützung der Politik notwendig. Hier möchte ich gern der Landesregierung, unserem Ministerpräsidenten und dem Wirtschaftsminister Dr. Werner Marnette, danken.
Herr Kollege Dr. Garg, ich glaube, Sie verkennen die Situation, wenn Sie meinen, dass diese Landesregierung nicht das ihr wirklich Mögliche tut.
Ich sage auch in diese aktuelle Diskussion hinein: Einer Landesregierung, die sich als Anteilseigner einer Bank versteht - die Diskussion hatten wir und auch über diesen Weg ihren Teil dazu beiträgt, dass überhaupt Konsortialführungen möglich werden und damit überhaupt Arbeitsplätze, Beschäftigung und Zukunft auf den Werften im Rahmen des Möglichen gesichert werden kann - und Dr. Marnette ist nun wirklich derjenige, der hier in erster Reihe steht - gebührt Dank und nicht Kritik.
Die größte Krise - Weltwirtschaftskrise und Finanzkrise - zu überwinden, dazu gehört natürlich neben aller Aktivität, die Ministerpräsident Carstensen,
Dr. Werner Marnette und das Kabinett entfalten, auch etwas Glück. Oder besser noch, wie man an der Küste sagt: Eine Handbreit Wasser unter dem Kiel, das wünsche ich unseren Reedern, Werften und somit uns in Schleswig-Holstein.
Ich bedanke mich, Herr Kollege. Können Sie mir sagen, ob ich richtig informiert bin, dass das dänische Parlament mit großer Mehrheit zugestimmt hat, wissend, dass der dänische Staat die Hauptlast der Finanzierung trägt? Können Sie mir erklären, wie die Dänen das machen können vor dem Hintergrund Ihrer Äußerung, wie Sie das einschätzen, was es da gibt?
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte zunächst - Herr Minister, Sie haben darauf hingewiesen - für die 176 Seiten Ausarbeitung zur Großen Anfrage der FDP den Dank an Sie, aber auch an Ihr Haus, für die Bewältigung dieser Arbeit richten. Ich möchte aber auch den Tätigen in der Justiz, den Richterinnen und Richtern, Staatsanwältinnen und Staatsanwälten und auch den Beamtinnen und Beamten und denen im Beschäftigungsverhältnis an unseren Gerichten Tätigen für die Aufgabe, die sie leisten, die Bewältigung der Arbeitslast - die in der Antwort auf die Große Anfrage deutlich wird - danken. Sie leisten diese Arbeit tagtäglich, um den Rechtsfrieden als Organ der Rechtspflege zu sichern. Mein Dank dafür steht an erster Stelle.
Die Beantwortung der Großen Anfrage zeigt, wenn man auf unser Land schaut, dass die Justiz im Land Schleswig-Holstein zeitnah auf Herausforderungen reagieren kann und auch reagiert.
Kollege Kubicki hat die Sozialgerichtsbarkeit angesprochen, die zusätzlichen Stellen, 40 Anfang 2005, mittlerweile 71, bei einem gleichzeitigen Umsteuern in der Verwaltungsgerichtsbarkeit von 66 auf 54. Das zeigt, dass man vor dem Hintergrund der Hartz-IV-Verfahren - wenn ich das einmal so abgekürzt sagen darf - reagiert hat, das zeigt aber auch in diesem Fall, wie die Justiz gefordert ist, gesellschaftlichen Veränderungen, Gesetzgebungsfolgen Rechnung zu tragen. Deshalb will ich an dieser Stelle sagen: Nicht alles ist in der sogenannten PEPSI - wie das so schön heißt - abgebildet. Das ist ein statistisches Erfassungsmittel, das
statisch ist, aber solche Entwicklungen nicht abschließend zeitnah abbildet.
Ein weiterer Punkt, der sehr positiv zu bewerten ist - der Minister hat es gesagt -, ist die gerichtliche Mediation. Sie führt in der Tat zu mehr Rechtsfrieden, zum sich Einfinden in nachher gemeinsam zu tragende und zu lebende Entscheidungen. Sie haben das am Beispiel der Nachbarschaftsklagen sehr bildhaft gemacht. Diejenigen Richterinnen und Richter, die das machen, kriegen eine Gutschrift von 30 % für zusätzliche Arbeitsbelastung. Das ist zu begrüßen. Aber wir müssen natürlich auch sehen: Für diese 30 %, die sie weniger in ihrem angestammten Bereich tätig sind, müssen andere, erfahrenere Kollegen wieder mehr leisten. Das heißt, wir haben hier eine Verlagerung der Arbeitslast. Ich sage das nur vor dem Hintergrund dessen, was ich am Anfang gesagt habe: Respekt für alles, was in der Justiz geleistet wird. Das ist enorm. Wir können das nicht durch zusätzliche Stellen ausgleichen. Aber die Arbeit wird dadurch eigentlich mehr und muss mit dem gleichen Personalbestand geleistet werden.
Wir wissen gemeinsam, dass nicht nur in der Justiz, aber auch in der Justiz, die Qualität der Rechtspflege im Ergebnis auch von der Motivation der dort tätigen abhängt. Ich habe eben einiges dazu gesagt. Das heißt für uns natürlich auch, dass wir in Betracht ziehen müssen, wie die Entwicklung zum Beispiel im Hamburger Umland ist - dazu werde ich gleich noch etwas sagen - oder wie die Entwicklung bei der Staatsanwaltschaft ist. Wir wissen, wir haben eine angespannte Haushaltslage. Ich finde, es war ein gutes Signal dieser Regierung zu sagen: sechs zusätzliche Stellen für die Staatsanwaltschaften.
Aber wir wissen, dass der Bedarf eigentlich bei 25 Stellen liegt. Insofern hat der Haushaltsgesetzgeber gezeigt, dass er bereit ist, etwas zu tun. Aber auch hier nehmen wir in Kauf
- ich sage gleich etwas dazu -, dass die Mehrbelastung wieder auf den übrigen Schultern lastet. - So weit zum Thema zusätzliche Arbeitsbelastung bei den Staatsanwaltschaften.
Ich glaube, summa summarum kann man sagen: Vor dem Hintergrund unserer schwierigen Haushaltslage im Land Schleswig-Holstein kann man festhalten, dass diese Regierung, diese Koalition das ihrige getan hat, um zumindest einige Signale
zu senden, dass man verstanden hat, wie es so schön heißt. Das heißt aber nicht, dass wir sorgenfrei in die Zukunft gehen können.
Ich komme noch einmal zurück zum Stichwort Staatsanwaltschaften. Der Kollege Kubicki hat schon etwas zu veränderten familienrechtlichen Voraussetzungen gesagt, auch BGH-Entscheidungen; Stichwort Unterhaltsermittlung, was eine enorme Arbeit für einen Richter ist. Wir diskutieren zurzeit eine Ausweitung - was ich auch begrüße - der Beobachtung des Internets; Stichwort Sperren von Seiten mit Kinderpornografie.
Wie das rechtlich zu beurteilen ist, Herr Kollege Kubicki, ist eine Frage, aber es gibt hier einen gesellschaftlichen Bedarf, tätig zu werden, was wiederum auch die Justiz belastet, natürlich an erster Stelle die Staatsanwaltschaften. Es ist, das wissen wir doch, ein enormer Zeitaufwand nötig, im Internet Recherchen, die später auch rechtsbelastbar sind, durchzuführen. Ich sage das auch vor dem Hintergrund, dass wir uns ein Stück weit darauf einstellen müssen, dass man, wenn man das eine fordert, das andere nicht lassen kann. Mit dem „anderen“ meine ich, dann auch entsprechend unseren Rechtsnormen der Rechtspflege das entsprechende Personal und die Technik zur Verfügung zu stellen.
Dass PEPSI nicht aktuell abbildet, habe ich gesagt. Ich will nur noch erwähnen, dass dazu auch das Stichwort Teilzeit gehört - Herr Kollege Kubicki hat es angesprochen -, das Stichwort Mehrbelastung durch Mehrarbeit, das Stichwort Mehrbelastung auch durch Ausfall; auch das, glaube ich, muss man vernünftig sehen. Sie haben es in Bezug auf die Strafkammern gesagt. Bei Großen Strafkammern werden keine Teilzeitkräfte mehr eingestellt, weil man einfach das Risiko hat, dass Verfahren auseinandergehen.
Ich will aber auch sagen: Wir haben auch ein Problem an den Amtsgerichten, die mehr in den Randbereichen unseres Landes liegen. Dort wird ebenso wie an anderen Amtsgerichten, wie man so schön sagt, auch Massengeschäft betrieben. Die Praxis, die wir im Land haben, auch schon bei R-1-Stellen dieses Verfahren im Richterwahlausschuss abschließend bewältigen zu wollen, führt zu Ausfallzeiten bei Nachbesetzungen. Das führt teilweise, weil man vielleicht befürchtet, bei einer Beförderung dort nicht wieder wegzukommen, auch dazu, dass es keine Bereitschaft zur Bewerbung gibt. Ich will nur einmal anregen, ob man vielleicht die Fra
ge der Versorgung mit R-1-Stellen eher im OLGBereich regeln lässt und die Frage der Beförderung stärker auf den Bereich des Richterwahlausschusses konzentrieren sollte.
Die Antwort auf die Große Anfrage gibt aber auch einen deutlichen Hinweis darauf, dass wir uns auf die Folgen der Föderalismusreform einstellen müssen. Wir haben zunehmend - das deuten Sie ja auch an - Probleme, oder wir stellen zumindest fest - Probleme will ich noch nicht sagen -, dass qualitativ besonders gewünschte Bewerberinnen und Bewerber, die auch Zusagen vom Land erhalten haben, nicht durch diese Tür schreiten, sondern sagen, sie haben Angebote aus anderen Ländern vorliegen.
Ich will damit sagen: Die Besoldungsdisparität darf nicht zu weit auseinandergehen. Wir haben schon jetzt die Situation, dass man in Hamburg ein Weihnachtsgeld von 60 % zahlt, in MecklenburgVorpommern von 40 % und in Schleswig-Holstein nur beim Vorhandensein von Kindern. Da müssen wir gucken, dass die materiellen Anreize nicht zu weit auseinandergehen. Wenngleich ich sagen will: Es ist auch richtig, in Schleswig-Holstein -
- Herr Kollege Stegner, wir beschreiben eine allgemeine Tendenz, über die wir reden müssen, weil wir durch die Föderalismusreform I diese Disparitätsmöglichkeiten in den Besoldungsstufen haben mit der Konsequenz, dass materielle Anreize dazu führen könnten, dass wir, wenn die Bezahlung zu stark auseinandergeht, eventuell zu Verlusten kommen, die wir nicht vertragen können, die wir uns vielleicht auch nicht leisten können, was die Qualitäten angeht. Das betrifft jeden Bereich. Sie wissen, dass die Kultusminister neulich erst darüber geredet haben - Stichwort Verbeamtung, Stichwort andere Bestandteile - und ein Land wie Baden-Württemberg gebeten haben, doch nicht offensiv zu werben. Aber bei Qualifikationsstufen dieser Art brauchen Sie gar nicht offensiv zu werben, die können auch selber lesen. Insofern muss man bei diesem Punkt miteinander ins Gespräch kommen. Ich habe Ihre Gesprächsbereitschaft zumindest aufgenommen.
Stichwort Besoldung: Was wir nicht wissen, ist, wann mit dem Ausgang der Musterklage zu rechnen ist. Es läuft ja eine Musterklage. Die Frage ist, was das Bundesverfassungsgericht in Bezug auf die Maßgeblichkeit vor dem Hintergrund von Alimentation und Abstandsgebot sagen wird.
- Ja genau, darauf müssen wir warten. Aber auch das ist ein Punkt, über den man sich zu gegebener Zeit miteinander sachgerecht auseinandersetzen muss.
Stichwort Justizreform 2010: Es ist eine Frage zu den Staatsanwaltschaften gestellt worden: Wie passen die Staatsanwaltschaften in diese Reform hinein? Es wird in der Tat bei den Staatsanwaltschaften darüber diskutiert, was es für ihre Stellung bedeutet, wenn dieser Verbund von Gerichtsbarkeit, sprich Landgericht und Staatsanwaltschaften, in einem gewissen Bereich organisatorisch entkoppelt wird. Hier muss man noch einmal in die Diskussion einsteigen und versuchen, Antworten zu finden.
Es gibt auch Fragen im Hinblick auf das Haushaltsrecht. Auch hierüber müssen wir nachdenken. Wir werden diesen Prozess weiter konstruktiv, aber auch kritisch dahin gehend begleiten, dass wir uns gern im Vorfeld vergewissern wollen, dass das, was wir tun, und das, was wir entscheiden, auch wirklich zu mehr Entlastung auf der einen Seite, sprich Entbürokratisierung, aber auch zu mehr Effizienz in den Entscheidungsprozessen auf der anderen Seite führt.
Vor diesem Hintergrund freue auch ich mich mit meiner Fraktion auf die Beratung im Ausschuss.
Ich danke noch einmal dem Ministerium für die Beantwortung der Großen Anfrage und den bei uns in der Justiz Tätigen für das, was sie für dieses Land leisten.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich darf mich erst einmal ganz herzlich beim Minister und dem Ressort bedanken, das er hier heute stellvertretend vertritt, für den hervorragenden Bericht. Herr Minister, Sie haben die Situation erschöpfend dargestellt. Lob von der Fraktion der CDU und Dank ans Haus! Wir werden ihm umfänglich folgen und Ausschussüberweisung beantragen. Ich will das nicht wiederholen nach dem Motto: Es ist alles gesagt, nur noch nicht von mir. Deswegen nur eine Anmerkung verbunden mit einer Bitte.
- Das kam von Ihnen, nur haben Sie sich nicht konsequent verhalten.
Ich möchte eine Anmerkung zur Nautikausbildung machen. Sie tun in Flensburg und Lübeck wirklich
viel, um im Rahmen ihrer Ausbildungsmöglichkeiten das Machbare zu gestalten und den Anforderungen gerecht zu werden.
Bei der Nautik wird es allerdings ein bisschen komisch. Soll man Nautik lernen von Leuten, die es können, die dürfen aber nur lehren, wenn sie in einem weiteren Fach promoviert haben, denn sonst können sie nach § 61 HSG nicht berufen werden. Zurzeit läuft es nach dem Motto: Entweder kann ich Nautik und könnte es vermitteln, dann brauche ich Praxis. Habe ich diese Praxis, könnte ich es vermitteln, darf es aber nicht vermitteln, weil ich nicht in einem Nebenfach eine wissenschaftliche Ausbildung habe. Dieses Studium hat aber den Verzicht auf die notwendige Praxis zur Folge. Herr Minister, meine herzliche Bitte ist, im Kabinett mit dafür Sorge zu tragen, dass hier entsprechende Ausnahmeregelungen im HSG geschaffen werden,
um das zu erreichen, was wir alle wollen, dem Menschenverstand ein Stück mehr Raum zu lassen und damit dem Nachwuchs eine bessere Chance zu geben. Das ist wichtig, auch für die Seeverkehrssicherheit. Denn es geht ja nicht nur darum, dass wir auf den Schiffen gute Technik haben, sondern wir brauchen auch gutes Führungspersonal. Auch das ist eine Form von praktiziertem Umweltschutz.
Ich bitte die Reeder, die Ausbildungszeiten so zu gestalten, dass sie mit den Verweildauern auf den Schiffen korrespondieren. Das Motto „Lange Ausbildung, kurze Stehzeit“ ist vielleicht auch nicht das, was die Attraktivität des Berufs steigert.
Das sind meine zwei Bitten. Ansonsten nochmals Dank für den Bericht, Herr Minister. Wir beantragen Ausschussüberweisung.
Sehr geehrter Herr Kollege Matthiessen, Sie haben eben ange
Sie haben recht, Frau Heinold, und auch Sie, Herr Fraktionsvorsitzender der SPD: Energiepolitik, die die Menschen betrifft, ist kommunal. Sie ist kommunal, weil sie die Wohnsitze der Menschen betrifft. Und sofern ich es richtig weiß, wohnen Sie nicht allzu weit entfernt von der Landeshauptstadt Kiel. Andere wohnen mittlerweile direkt hier.
Es bewegt die Menschen in Kiel natürlich, was auf Dauer - es sind immerhin 240.000 Einwohner, und das ist für Sie vielleicht eine vernachlässigbare Größe - auf sie zukommt.
- Sie gehen jetzt wahrscheinlich von Haustür zu Haustür, und dann werden Sie sicherlich viele Kieler und ihre Sorgen kennenlernen.
Die Menschen interessiert, was in Wohnanlagen passiert, die in Fernwärme eingebunden sind. Was passiert mit denen in Zukunft? Was machen Sie mit der Wirtschaft, die berechenbare Energiepreise braucht? Was machen Sie mit einer Stadt, die einen städtischen Haushalt hat, der auf Zahlungen von den Stadtwerken angewiesen ist? - Diese Dividendenzahlungen brauchen wir natürlich, beispielsweise für unsere Kindergärten, für Krippenplätze usw.
Wir haben einen Anspruch darauf, und nur darum geht es, Kollege Matthiessen.
Wenn Sie sagen, dass Sie aussteigen möchten - und das war der Hintergrund des Moratoriums -,
dann frage ich Sie, was die Alternative zum jetzigen Zustand ist. Darüber wollte man sachverständlich miteinander reden. Wenn Sie drei Wochen vor der Wahl sagen, dass dieser oder jener Wege der richtige ist, den wir gemeinsam gehen sollten - ich denke, Gemeinsamkeit ist in dem Bereich ein hohes Gut, weil wir den Menschen nicht Angst machen, sondern ihnen Sicherheit geben wollen -, dann ist das in Ordnung. Dann stellt sich allerdings die Frage, warum Sie eine Woche nach der Wahl wieder aus dem Moratorium ausgestiegen sind.
Es kann doch nicht an Slogans liegen, die beispielsweise „CO2 ist lebensgefährlich!“ lauten.
- Herr Kollege Nabel, es geht nicht nur um Kiel. Es geht um Ihre grundsätzliche Haltung zur Energiegewinnung mit Kohlekraftwerken. Sie wollen ja nicht zur Kenntnis nehmen, dass zurzeit 70 % der Energie in Deutschland in Kern- und Kohlekraftwerken gewonnen werden.
Boris Palmer - Oberbürgermeister von Tübingen und den Grünen angehörig - sagt: Wer aus beidem aussteigen will, macht einen verheerenden Fehler. Herr Gabriel sagt: Aus Atom und Kohle gleichzeitig auszusteigen, funktioniert nicht.
Diese Reflexion vermisse ich bei Ihnen. Deswegen sage ich Ihnen: Wenn Sie wirklich sofort wollen, wie Sie es hier sagen, dann müssen Sie den Menschen auch sagen, welche Alternativen es gibt, damit wir uns über die Alternativen unterhalten können.
Insofern starten Sie hier einen riesigen Feldversuch, wenn Sie kompromisslos Nein zu Kohle und Nein zu Atomkraft sagen. Sie sagen dabei nicht, was berechenbar und belastbar an deren Stelle treten soll.
Dann frage ich Sie auch: Was passiert eigentlich, wenn dieser Feldversuch schiefgeht? Was machen Sie dann? - Und damit das nicht passiert, müssen
Sie den Menschen klar und berechenbar sagen, was Sie wollen und wofür Sie eintreten. Jetzt kommt noch ein Stück Kommunalpolitik dazu, Herr Landesvorsitzender der SPD: Sagen Sie den Menschen in Kiel: Wer aus dem Bau des Kohlegroßkraftwerks am Kieler Ostufer mit einem Schornstein für 60.000 von 115.000 Haushalten in Kiel - das ist eine immense Leistung für Kraft-Wärme-Kopplung, wie Sie mir zustimmen werden - aussteigen will, der muss den Menschen in Kiel auch sagen, wo demnächst die Blockheizkraftwerke hier in Kiel gebaut werden sollen und in wessen Nachbarschaft demnächst eines der 50 bis 70 Blockheizkraftwerke stehen wird. Sagen Sie das den Menschen vor der Wahl.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Matthiessen, ich habe mich auf eine Ihrer Äußerungen gemeldet. Sie haben gesagt, das, was es in Kiel an Kraft-Wärme-Kopplung gebe, sei faktisch nichts.
- Das ist Ihre Meinung. Wenn Sie Ihren Kopf wendeten, sähen Sie das Kraftwerk. Der Schornstein, der dort steht, ist der Schornstein für 60.000 Haushalte in Kiel bei einer Einwohnerzahl von rund 235.000. Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen, Herr Kollege Matthiessen: Wenn das für Sie nichts ist, sagen Sie, wo für Sie mehr ist.
- Herr Kollege! Ich schätze Ihre Fähigkeiten als Tierarzt, aber ich weise daraufhin, dass Sie in Debatten wie dieser vielleicht einen Ruf als Politiker zu verlieren haben.
Wenn man mit Ungenauigkeiten arbeitet, wie Sie es tun, indem Sie -
Gern.
- Herr Kollege Matthiessen, ich kann beide Fragen mit Ja beantworten.
Ich will Ihnen sagen, um was es uns eigentlich geht.
- Frau Kollegin, auch in Lübeck hat es diese Diskussion einmal gegeben.
Es geht schlichtweg um die Frage, ob Sie ein 30 Jahre altes Kraftwerk möglichst zügig durch ein modernes ersetzen, oder ob die Grünen diejenigen sind, die sagen: Alte Dreckschleudern sind uns das Liebste für die Versorgung der Zukunft. - Bei uns ist das anders.
Sie werfen dem Kollegen Kalinka Perfidie vor, weil er nicht für eine Geschwindigkeitsbeschränkung von 120 km/h auf der Autobahn ist. Sie wissen wahrscheinlich selber, um welchen Minibruchteil CO2 es überhaupt gehen kann, wenn es um die Frage der Tempobegrenzung geht.
Das ist bei Ihnen eine Frage der Ideologie, aber nicht der wissensbasierten Aussage in Sachen Klima.
Herr Kollege, ich fordere Sie auf - Sie haben ja gesagt, Sie seien der große Sachkenner -: Sagen Sie hier und heute den Menschen auch im Großraum Kiel und in der Stadt Kiel: Wo stehen die Blockheizkraftwerke in Kiel? In welchem Ort? Wie viele? Was heißt das für die Emissionswerte bei Furanen und Dioxinen? Was heißt das für die Frage einer zusätzlichen CO2-Belastung? Was kommt an zusätzlichen Kosten auf die Menschen in dieser Stadt zu? Sagen Sie den Menschen ehrlich, was Sie vorhaben, und versuchen Sie nicht, mit einer unvernünftigen Angstmacherei notwendige Entwicklungsschritte in dieser Stadt zu verhindern.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich freue mich, dass wir heute einen gemeinsamen Antrag aller im Landtag vertretenen Fraktionen, einschließlich der Abgeordneten des SSW, beraten können, welcher das Ziel verfolgt, dem IFM-GEOMAR mit Sitz in Kiel den Status des Deutschen Meeresforschungs-Zentrums zuzuerkennen. Das ist ein wichtiges Signal für unseren Wissenschaftsstandort. Ich bedanke mich ausdrücklich bei meinen Kolleginnen und Kollegen im Ausschuss, dass sie meinem Vorschlag für diese Initiative so bereitwillig gefolgt sind.
Das Leibniz-Institut für Meereswissenschaften, das IFM-GEOMAR, ist mit seinem Forschungsprofil, welches vom Meeresboden der Tiefsee bis in die Atmosphäre über den Meeren reicht, einzigartig in Deutschland. Die wissenschaftliche Exzellenz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des IFM-GEOMAR, unter Leitung von Professor Herzig, wird auch durch das Kieler Exzellenscluster „The Future Ocean“ sowie zwei weitere komplementäre meereswissenschaftliche Sonderforschungsprojekte an diesem Standort unterstrichen.
Auch die jüngsten Meldungen über die erfolgreiche Implementierung eines Tsunami-Frühwarnsystems sind Ausweis der Leistungskraft und des Leitungsniveaus dieses Instituts. So wundert es auch nicht, dass wir in Schleswig-Holstein mit Stolz feststellen können: Im internationalen Vergleich spielt dieses Institut in der Champions League.
(Beifall bei der CDU und der Abgeordneten Angelika Birk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN] Dieses Institut ist auch bereit, über die eigenen Grenzen hinauszugreifen, wie die gemeinsame In- itiative mit dem Institut für Weltwirtschaft zum so- genannten Kiel Earth Institute zeigt - ein virtuel- les Institut, welches die aktuellsten Erkenntnisse aus Naturwissenschaft und Wirtschaftswissenschaf- ten zusammenführen soll, um zum Beispiel Lösun- gen für den Klimawandel und die Energieversor- gung der Zukunft gemeinsam zu erarbeiten. In Europa gibt es letztlich nur zwei vergleichbare Einrichtungen, die sich mit dem IFM-GEOMAR messen können, eines in England und eines in Frankreich. Diese beiden Einrichtungen haben je- doch im Gegensatz zu unserem IFM-GEOMAR be- reits den Status nationaler Forschungszentren. Der vorliegende Antrag will deshalb unter Beibe- haltung des föderalen Systems der Forschungsför- derung die Profilbildung der deutschen Meeresfor- schung insbesondere auf internationaler Ebene durch Aufwertung des IFM-GEOMAR zu einem Nationalen Zentrum für Meeresforschung stärken und aufwerten. Ich bitte um Zustimmung in der Sache. (Beifall im ganzen Haus)
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Garg, das, was man in den Mittelpunkt stellen sollte, ist die Gemeinsamkeit, die zwischen CDU, FDP und SPD bemerkenswert ist, man sollte in den Mittelpunkt stellen, dass wir Ja sagen zu dieser Jahrhundertchance der Fehmarnbelt-Querung. Ich finde es gut, dass auch der Kreistag von Ostholstein nach ursprünglichen und anfänglichen anderen Diskussionslagen auf der Insel jetzt sagt, er sei für die Fehmarnbelt-Querung, und dass man dabei die bekannte Position der EU unterstütze, dass die Fehmarnsund-Querung „entspannt“ werden muss. Auch das ist zwar nicht neu, aber wenn das die Position auch auf der Insel ist, dann hilft es dem gesamten Projekt.
Insofern sollten wir, lieber Herr Kollege Harms, die Gemeinsamkeiten betonen und nicht die Chancen zerreden. Das war der Eindruck, den ich bei Ihnen hatte.
Sehr geehrter Herr Kollege Matthiessen, ich konnte mich auch bei Ihnen dieses Eindrucks nicht erwehren.
Aber Sie haben ja auch ehrlich gesagt, Sie suchen Argumente, um abzulehnen.
Nun ist ja auch das eine Position. Die Grünen wollen das nicht.
- Es ist ja in Ordnung. Sie wollen es nicht. Es geht aber darum, dass man Zukunft gestaltet. Wenn Sie immer nur auf die Bremse treten, werden Sie erkennen, dass Sie nicht vorwärtskommen.
Kollege Arp hat recht: Es geht darum, heute ein kräftiges Signal für dieses Brückenprojekt zu senden. Ich glaube, CDU, FDP und SPD sind dazu bereit.
Ich bin der Auffassung, dass dies in der Tat eine große Chance für unser Land wird. Vorhin ist von
Herrn Kollege Schröder unter den Stichworten Fehmarnbelt-Querung und A 20 darauf hingewiesen worden. Dort wird in Zukunft ein Großteil der Entwicklung für unser Land stattfinden.
Die A 20 ist übrigens ein Problem für den Landesentwicklungsplan. Wirtschaften muss auch an einer Achse möglich sein, die quer durchs Land geht. Aber das will ich jetzt nicht vertiefen. Allerdings will ich auf eines hinweisen: Wenn der wirtschaftliche Wind an dieser Magistrale der Zukunft bläst, dann müssen wir im Interesse einer gerechten Entwicklung im gesamten Land auch aufpassen, dass die Wirtschaftsregion um Kiel nicht in Lee gerät. Deswegen bitte ich darum, dass die Landesregierung das ihr Mögliche tut, um sicherzustellen, dass wir zeitgleich eine kreuzungsfreie Anbindung an diese neue Verkehrsschlagader der Zukunft auch für die Region Kiel realisieren.
Frau Kollegin Heinold, können Sie sich erinnern, zu den von Ihnen dargelegten Steuereinnahmen in dem von Ihnen genannten Zeitraum 2000 bis 2005: Waren das Mindereinnahmen in Höhe von 500 Millionen € gegenüber dem SteuerIst oder gegenüber dem Steuer-Soll?
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich finde, die letzte Diskussionsrunde macht deutlich, um was es geht. Wir sind in der Politik in der Tat verpflichtet, Lösungen mit voranzutreiben, die Energie zu bezahlbaren Preisen für die Menschen sicherstellen.
Das ist das, was der Minister in seiner Eingangsbemerkung zu der Frage gesagt hat, wie sich der Preis zusammensetzt.
Erlauben Sie mir einen aktuellen Beitrag zur gestrigen Diskussion, Herr Kollege Hentschel. Ich fand es sehr gut, dass Sie gesagt haben: Holt euch doch mal Experten und lasst euch im Ausschuss beraten. Herzlich gern. Aber der Kollege Kubicki hat doch recht, wenn er fragt: Und was fangt ihr mit dem Rat an, wenn ihr euch vorher schon festgelegt habt? Genau um diese Offenheit geht es.
Das erleben wir jetzt ja auch in Kiel. Wir haben vor dem Wahlkampf in Kiel im Rathaus einvernehmlich ein Moratorium beschlossen: Innerhalb von drei Jahren sollten alle Alternativen geprüft werden, wie wir beim Ersatzstandort des GKK vorgehen, natürlich unter dem Gesichtspunkt der Ökologie. Natürlich unter dem Gesichtspunkt der Bezahlbarkeit, und natürlich unter dem Gesichtspunkt der Versorgungssicherheit für die Stadt. Dann gucke ich in den Koalitionsvertrag für Kiel. Darin steht ein Satz: Kohle auf keinen Fall! Dann wird gesagt: Aber bezahlbar soll sie sein! Die SPD sorgt sich um die Arbeitsplätze, die SPD sorgt sich um die Preisstabilität, und die SPD sorgt sich natürlich auch noch um die Dividende.
Alles Argumente, die bei der Preisexplosion im Ölund Gasbereich für Kohle sprechen!
Und die Grünen sagen, der versprochene Rückkauf der Mehrheitsanteile an den Stadtwerken sei nur eine symbolische Diskussion, das sei gar nicht leistbar. Dann muss ich sagen: Wenn das nicht leistbar ist, dann können Sie den Bau eines Kohlekraftwerkes gar nicht verhindern. Dann wird es durch die
Gesellschafter bei den Stadtwerken entschieden. Da hat die Stadt dann aber gar nichts zu melden.
Ich muss sagen: Wenn in dieser Art und Weise den Menschen hier in der Stadt Sand in die Augen gestreut wird, dann verlieren Sie sehr viel Glaubwürdigkeit schon in der ersten Woche Ihrer rot-grünen Gehversuche.
Ich sage Ihnen das nur, weil das zur Wirklichkeit vor Ort gehört.
- Wir reden über die Situation der Menschen vor Ort. Wir haben das eben von Lübeck gehört. Ich wollte das nur auf Kiel übertragen.
Das Angebot des Ministers hatte ein Zweites: Zur Wettbewerbsfähigkeit von Strompreisen gehört natürlich auch ein Blick auf die Arbeitsplätze. Erkundigen Sie sich mal bei HDW, was Stromkosten in der Bilanz ausmachen. Wer hier sagt, Großverbraucher sollen mehr zahlen, redet über den Wegfall von Arbeitsplätzen in Schleswig-Holstein!
Erlauben Sie mir eine Bemerkung. Ich fand es gestern gut, Herr Kollege Stegner, dass Sie gesagt haben - ich glaube, das unterschreibt jeder von uns -, der Himmel möge verhüten, dass bei der friedlichen Nutzung der Kernenergie irgendetwas passiert. Ich glaube, die deutschen Aufsichtsbehörden können für sich in Anspruch nehmen, dass sie das Mögliche tun, um Sicherheit herzustellen; die deutsche Wirtschaft auch. Ich sage Ihnen aber auch Folgendes als meinen Eindruck aus Ihrem gestrigen Beitrag: Ich empfand es, gerade wenn man so etwas vorausschickt, als an die Grenze des unerträglichen Zynismus gehenden, an die Adresse derjenigen, die über die Verlängerung von Kernkraftwerkslaufzeiten nachdenken, zu sagen: Was passiert mit eurer Diskussion, wenn in Schweden etwas passiert? Sehr geehrter Herr Kollege Stegner, so sollten wir nicht miteinander umgehen.
Ich bedanke mich, Herr Dr. Stegner. - Es geht jetzt auch nicht um Ihren Friseur, sondern darum, dass Sie eben gesagt haben, es gebe Beispiele für reaktionäre Rechtsprechung. Könnten Sie mir diese Beispiele bitte nennen?
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das, was Sie, Herr Hentschel, vorgetragen haben, möchte ich nicht wiederholen. Dass Sport gesund ist, dass Sport zur Charakterbildung beiträgt, gilt nicht nur außerhalb von Mauern, sondern auch innerhalb von Mauern. Insofern ist es sicherlich vernünftig, das Augenmerk darauf zu richten, mehr zu tun. Schaut man in die Antwort auf die Anfrage des Abgeordneten Weber - das ist die Drucksache 16/1603 -, dann wird man sehen, dass sich auch das Ministerium immer positiv zum Sport im Strafvollzug, auch im Jugendstrafvollzug geäußert und sogar angekündigt hat, drei Sporthallen zu errichten. Das halte ich auch für notwendig, weil, wenn man sich die Antwort der Landesregierung ansieht, man feststellt, dass die Möglichkeiten, innerhalb der Mauern Sport zu treiben, Herr Minister, durchaus ärmlich sind.
Hier muss sich mehr bewegen. Insofern ist die Initiative durchaus zu begrüßen. Wir werden auch der
Ausschussüberweisung zustimmen. Von daher kann ich meine Ausführungen jetzt beenden, durchaus mit einem Lob an die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
- Noch vor sechs Wochen hätten sich die Grünen wahrscheinlich nicht getraut, eine Initiative des Landes Hessen mit dem amtierenden Ministerpräsidenten Koch zu loben; er führt sie offensichtlich erfolgreich fort. Heute überraschen Sie uns.
Herr Kollege Hentschel, bin ich erstens richtig informiert, dass für den Haushalt 2005 offiziell 550 Millionen € Nettoneuverschuldung veranschlagt waren?
Frau Präsidentin, ich möchte mit Ihnen jetzt nicht über die Geschäftsordnung streiten; ich habe allerdings eine andere Auffassung zu dem, was Sie gerade gesagt haben. - Herr Minister, könnten Sie mir sagen, welchen Trassenvorschlag der Kollege Neugebauer gerade eben unterbreitet hat? Ich habe das nicht ganz verstanden.
Herr Kollege, habe ich Sie eben recht verstanden, dass Sie gesagt haben, dass Sie Kohlekraftwerke insbesondere dann akzeptieren, wenn sie mit Kraft-Wärme-Kopplungseinheiten einhergehen?
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Tagesordnungspunkt spiegelt wider, dass wir - so könnte man es skeptisch sagen - ein weiteres Mal Hand an unsere Verfassung legen wollen. Vielleicht ist es aber die konsequente Überlegung, um für verfassungsrechtliche Änderungen auch ein Landesverfassungsgericht für Schleswig-Holstein einzurichten.
So geht es bei der vorliegenden Frage nur noch darum, was jemand vor dem Landesverfassungsgericht des Landes Schleswig-Holstein mit Rechtsmitteln angreifen können soll. Dem Vorschlag liegt die fraktionsübergreifende Überlegung zugrunde, dass mit einer Klage vor dem Landesverfassungsgericht des Landes Schleswig-Holstein eben nicht nur kommunale Verfassungsstreitigkeiten, sondern auch abstrakte Normenkontrollen durchgeführt und Grundrechtsverletzungen durch Landesrecht geltend gemacht werden können. - Ich will jetzt keine längeren Ausführungen zum Thema machen; abstrakte Normenkontrollen und konkrete Normenkontrollen sind nicht Gegenstand der parlamentarischen Diskussion.
Letztlich ist politisch zu entscheiden, ob wir als Landtag den Weg dafür öffnen wollen, um auch vor dem Landesverfassungsgericht des Landes Schleswig-Holstein Klagen durchführen zu können, die Grundrechtsverletzungen seitens der Antragsteller durch Landesgesetze infrage stellen. Das ist die politische Diskussion.
Das Haus hat sich mit überragender Mehrheit, also interfraktionell, darauf verständigt zu sagen: Jawohl, wir machen das wie fast alle anderen Landesgesetzgeber auch. Ich glaube, Hamburg ist das einzige Bundesland, das noch keinen Grundrechtsbezug in seiner Landesverfassung hat. Wir hatten diesen Grundrechtsbezug nicht, weil wir kein Landesverfassungsgericht hatten. Nun haben wir ein Landesverfassungsgericht. Insofern soll auch dieses die Möglichkeit haben, die Grundrechtskonformität von Landesgesetzes prüfen zu können. Das ist unsere Überzeugung.
Von daher ist es klug, das Landesverfassungsgericht des Landes Schleswig-Holstein mit Personen zu besetzen, die die Befähigung zum Richteramt haben.
So schöne Sachen kann man gar nicht vergessen, Herr Kollege Kubicki.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die CDU-Fraktion wird den vom Ausschussvorsitzenden vorgetragenen Empfehlungsbeschluss des Innen- und Rechtsausschusses mittragen und heute im Plenum entsprechend abstimmen. Ich glaube, sowohl in der ersten Lesung dieses Gesetzentwurfs als auch im Rahmen der Ausschussberatungen wurden die unterschiedlichen Stellungnahmen deutlich. Ich will diese deshalb heute nicht noch einmal in extenso vortragen. Es überwiegen die verfassungsrechtlichen Zweifel. Es überwiegen die europarechtlichen Zweifel im Hinblick auf die Umsetzung des Vorschlags, den die Grünen unterbreitet haben. Darüber hinaus überwiegen auch -
- Frau Kollegin Birk, ich gebe Ihnen gern die Gelegenheit, die rechtliche Überlegenheit Ihres Entwurfs aus Ihrer Sicht hier darzustellen.
Ich will dies mit Blick auf die Zeit selbst jetzt nicht vornehmen, um das Gegenteil zu beweisen. Für den Fall, dass Sie dies hier machen wollen, werde ich mich noch einmal zu einem Dreiminutenbeitrag zu Wort melden.
Stichwort ist die Frage der politischen Gestaltungsfähigkeit, die dahintersteht. Auch darüber müssen wir reden. Wir sind auch der Meinung, dass eine zusätzliche Quotierung, wie sie von der grünen Fraktion vorgeschlagen wurde, im Ergebnis dem gewünschten Ziel nicht näherkommt. Auch wir wollen natürlich einen höheren Anteil von Frauen. Diesen streben wir an und wir haben in unserer Partei selbst einen entsprechenden Quorumsbeschluss. Eine gesetzliche Quotierung aber, die darüber hinausgeht und einen entsprechenden direkten Einfluss auf das Landeswahlgesetz hat, halten wir - wie gesagt - weder rechtlich noch politisch für vorzugswürdig.
Man muss natürlich die Frage beantworten: Wollen wir - wenn wir die Entwicklung zu Ende denken in der Zukunft nur eine Quote für Frauen? Brauchten wir nicht im Hinblick auf den demografischen Wandel unserer Gesellschaft auch eine Jugendquote? Bräuchten wir vielleicht im Hinblick auf die Zusammensetzung der Parlamente eine Berufsquote?
- Natürlich. Die Vielfältigkeit des Parlamentes müsste sich auch in der Unterschiedlichkeit der Berufe deutlich machen. Darüber kann man nachdenken. Man kann das alles quotieren. Ich will gar nicht bestreiten, dass man das politisch wollen kann.
Wir wollen das politisch nicht, weil wir dem Prinzip nachhängen und uns ihm verpflichtet fühlen, dass derjenige, der wählen soll, nämlich die Bürgerin oder der Bürger, ein freies Wahlrecht hat, und zwar möglichst uneingeschränkt durch politische Vorgaben.
Dass Demokratien, durch unser Grundgesetz und durch uns und durch die Parteien, die nach politischer Betrachtung an der Willensbildung des Volkes mitwirken sollen, getragen, auch in ihrer inneren Ordnung möglichst nach diesem Grundsatz der freien Wahlbetätigung organisiert sein müssen, ist unsere Überzeugung. Auch vor diesem Hintergrund glaube ich, dass Ihr Vorschlag nicht vorzugswürdig ist. Das heißt nicht, dass wir nicht all das tun müssen, um auch aus einem Eigeninteresse der Politik heraus möglichst viele Maßnahmen zu unternehmen, um eine zunehmende Ferne der Menschen jung oder alt, Mann oder Frau, Beamter oder aus der freien Wirtschaft kommend - von der Politik entgegenzuwirken. Ich glaube, das ist unser gemeinsamer politischer Auftrag. Übrigens wird man auch dem durch Quotierungen irgendwelcher Art nicht entgegenwirken. Meine Befürchtung wäre, dass diese Ferne dadurch noch verstetigt würde. Auch das kann im Ergebnis nicht unser gemeinsames Ziel sein.
Haben wir Zutrauen zu der Urteilsfähigkeit der Menschen. Haben wir Zutrauen zu ihrem Auswahlermessen, das sie ausüben können und müssen! Glauben wir an die Selbstständigkeit der Wählerinnen und Wähler in der Bevölkerung und in den Parteien! All dies trägt im Ergebnis die Zustimmung zur Innen- und Rechtsausschussempfehlung, die vom Ausschussvorsitzenden vorgetragen wurde. Auch wenn Ihr Vorschlag gut gemeint ist, so wird er im Ergebnis nicht das bewirken, was Sie wollen. Deshalb lehnen wir ihn ab.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat uns heute einen Fächer von Anträgen und Gesetzentwürfen vorgelegt. Sie befassen sich, wie vorhin dargestellt, im Wesentlichen mit Nebentätigkeiten, Versorgungsbezügen und Verhaltensregeln für Minister, Beamte und Abgeordnete. Anlass hierfür war die aktuelle Frage, ob Minister, welche aus dem Amt ausscheiden und in eine mit Zusatzdotation versehene Parlamentsfunktion wechseln, gleichwohl Anspruch auf die vollen Übergangsgelder haben, die ihnen nach den gesetzlichen Bestimmun
gen zustehen. Ich betone: nach den gesetzlichen Bestimmungen, denn hier geht es nicht um den Fall eines persönlichen Gestaltungsgeschicks.
Wir sind uns, wie ich hoffe, in der Beurteilung einig, dass es Sinn und Zweck der Übergangsgelder ist, Minister und Ministerinnen den Übergang in eine andere Berufstätigkeit zu ermöglichen, dass sie also diesen Übergang finanziell für einen gewissen Zeitraum absichern helfen sollen. Nicht gewollt auch nicht im Einzelfall - war der mögliche Effekt, der diese Lebensstandardsicherungsklausel im Ministergesetz in ihr Gegenteil, nämlich in eine Meistbegünstigungsklausel verkehrt. Diese Verkehrung des ursprünglich Gewollten muss zügig korrigiert werden, und zwar einerseits im Interesse des diesbezüglich öffentlich in Rede Stehenden selbst, andererseits aber auch deshalb, weil die Glaubwürdigkeit der Politik selbst auf dem Prüfstand steht.
Meine Fraktion tritt deshalb für eine Neuregelung ein, welche einerseits den Anspruch von Ministern und Ministerinnen im bestehenden Umfang sichert, andererseits jedoch gewährleistet, dass im Falle der zeitgleichen Übernahme einer bezahlten Tätigkeit die dadurch neu erworbenen Einkünfte auf den eigentlich gegebenen Anspruch auf Auszahlung von Übergangsgebührnissen in voller Höhe angerechnet werden,
egal ob das Kabinettsmitglied seine Tätigkeit im öffentlichen oder aber im privatwirtschaftlichen Bereich neu gefunden hat. Eine Änderung des Ministergesetzes ist deshalb qualifiziert in Angriff zu nehmen, und zwar qualifiziert deshalb, weil sichergestellt werden muss, dass nicht nur der diskutierte Fall, sondern auch andere Eventualitäten von der Neuregelung grundsätzlich abgedeckt werden. Dies kann bedeuten, dass der Blick auch auf andere Gesetze zu richten ist.
Über die aktuelle Frage hinaus hat die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN unter anderem Neuregelungen im Hinblick auf Nebentätigkeiten, Versorgungsbezüge und den Verhaltenskodex vorgelegt. Auch hierüber sollten wir im Ausschuss mit Sorgfalt beraten. Den Zeitdruck, den wir in Bezug auf die vorgenannte Fragestellung haben, haben wir hier aber nicht.
Frau Kollegin Heinold, erlauben Sie mir in diesem Zusammenhang zwei Anmerkungen, weil die Ge
fahr entsteht, dass Ihre Ausführungen in der öffentlichen Diskussion zu Missverständnissen führen. Das Schleswig-Holsteinische Abgeordnetengesetz sieht vor, dass Abgeordnete ihre Tätigkeit in Bereichen außerhalb des Mandates öffentlich darlegen.
- Schauen Sie bitte in das Handbuch für Abgeordnete! Dort sind die entsprechenden Angaben zu finden. Nicht darin enthalten - darin gebe ich Ihnen recht - sind Bezüge in geldwertem Umfang. Es ist aber schon heute für jedermann ersichtlich, wer im Schleswig-Holsteinischer Landtag ein Mandat wahrnimmt und wer neben dem Mandat welche Nebentätigkeiten ausübt. Diesen Transparenzschritt haben wir schon getan, und zwar schon sehr viel früher, als andere es getan haben, übrigens auch eher, als die Berliner ihn getan haben.
Die Nebentätigkeit von Ministern ist, wenn ich richtig informiert bin, von dem Hohen Hause selbst zu genehmigen. Ich glaube, das Ministergesetz beinhaltet die Regelung, dass Nebentätigkeiten von Ministern dem Landtag zur Genehmigung vorgelegt werden müssen. Wenn das so ist, will ich aufgrund der Situation, die wir haben, dem vielleicht fälschlich erweckten Eindruck entgegentreten, dass Mitglieder der Kabinette - dabei geht es nicht nur um unsere Mitglieder, sondern auch um frühere Mitglieder der Kabinette - eventuell heimlich und im Dunkeln irgendwelche Nebentätigkeiten ausüben, von denen das Hohe Haus keine Kenntnis hat. Konkret gesagt: Wenn ein Minister um die Genehmigung für eine Nebentätigkeit nachsucht, liegt es im Ermessen des Landtages, ihm diese eventuell auch zu untersagen.
- Herr Kollege Neugebauer, das habe ich nicht ganz verstanden.
- Gibt es dort einen persönlichen Fall? Herr Kollege Neugebauer, dann könnten Sie mit dem Präsidenten in ein Tête-à-tête-Gespräch eintreten.
Wir wollen, wie gesagt, nicht nur Einzelfälle regeln, sondern wir wollen grundsätzliche Regelungen treffen. Es lag mir daran, deutlich zu machen, dass wir in dem vorliegenden Fall - ich nenne das Stichwort Neuregelung der Übergangsgebühr
nisse - aus konkretem Anlass, aber auch grundsätzlich zügig handeln müssen und qualifiziert eine Neuregelung treffen müssen. Auch über Regelungen für den darüber hinausgehenden Bereich sollten wir mit Sorgfalt miteinander beraten. Dabei sollte - das ist mir wichtig - aber nicht der Eindruck erweckt werden, dass der Schleswig-Holsteinische Landtag, was die Frage der Nebentätigkeiten und den Verhaltenskodex angeht, am Anfang stünde. Er ist diesbezüglich vielmehr schon ein großes Stück des Wege in großem Einvernehmen gegangen.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst möchte ich mich bei Herrn Kollegen Matthiessen dafür bedanken, dass er den Herrn Ministerpräsidenten zitiert hat.
- Ja, so ist es. Er hat ihn auch richtig zitiert. Das finde ich noch viel besser, weil er deutlich gemacht hat, dass der Herr Ministerpräsident wahrscheinlich auch in seiner Eigenschaft als Landesvorsitzender der CDU deutlich gemacht hat, dass sich die CDU auch schwierigen Diskussionen immer offen stellt. So soll es auch sein. Herr Kollege Matthiessen, falls Sie aus diesem Eintreten des Herrn Ministerpräsidenten für eine offene Diskussion zum Thema Tempolimit abgeleitet haben wollen, dass der Ministerpräsident genauso intensiv für ein Tempolimit von 120 km/h auf allen Straßen eintritt, so gibt das Interview dies ebenso wenig her wie Ihr Zitat. Sie mögen das so verstehen, aber das Interview sagt dies nicht.
Bei Ihrer Argumentation zum Thema Klimaschutz fällt mir auf, dass Sie in einer gewissen Zwickmühle sind. Klimaschutz war immer Ihr Thema. Das spricht in Umfragen grundsätzlich für Sie und das ist auch in Ordnung so. Nun haben Sie ein Problem. Sie müssen sagen: Raus aus der Kernenergie. Sie wissen vom BUND und von Ihren eigenen Leuten, dass das Motto, das macht alles der Wind, so nicht klappt. Kohle wollen Sie aus ideologischen Grün
den nicht. Sie wissen, dass Gas ein bisschen unsicher ist. Sie fangen schon an, ein wenig von einem Bein auf das andere zu treten und zu sagen, irgendwie wird es schon gehen, die großen Parteien werden es schon richten.
- Na ja, aber in dieser Hoffnung stellen Sie doch hier Ihre Anträge.
- Herr Kollege Hentschel, ich sage doch nicht, dass die Grünen nicht eine Bereicherung für die politische Diskussion seien. Ich weiß nicht, warum Sie das jetzt selbst bezweifeln.
Herr Kollege Matthiessen, beim Thema Tempolimit von 120 km/h tut es mir leid, wenn Sie sich auf der Autobahn tempomäßig bedrängt fühlen. Das kann doch nur der Fall sein, wenn Sie auf der linken Spur zu langsam fahren. Wenn Sie rechts fahren, dann kann das nicht passieren.
- Ist das unter Niveau?
- Frau Birk, das nehme ich gern von Ihnen entgegen. Für den Fall jedoch, dass Sie daraus ableiten, dass Sie auf der Autobahn rechts überholen, dann muss ich Ihnen ehrlicherweise sagen, dass Sie das Angebot einer kostenlosen Führerscheinnachprüfung in Anspruch nehmen sollten. Sie dürfen nicht rechts überholen.
- Ich will nur darauf hinweisen: Wenn wir in Deutschland auf den meisten Strecken Geschwindigkeitsbegrenzungen haben, was faktisch so ist -
- Herr Kollege, gucken Sie sich doch einmal an, wo objektiv und dauernd Geschwindigkeitsbegrenzungen gelten und wo es darüber hinaus witterungsbedingte Geschwindigkeitsbegrenzungen gibt. Teilweise gibt es auch zeitbegrenzte Geschwindigkeits
begrenzungen. Tun Sie doch nicht so, als könnte man außerhalb des Kernbereichs von Innenstädten überall so schnell fahren, wie man will. Das ist doch ein absolut falsches und verzerrtes Bild. Es ist Ihr Problem, dass ein faktisch messbarer Effekt der CO2-Belastung dadurch nicht gegeben ist. Auch Herr Tiefensee sagt, dass dies ein falsches Führungsbeispiel wäre, weil es die Idee erwecken würde, man hätte etwas getan. Tatsächlich hätte man aber für die Umwelt nichts getan. Es stimmt doch: Wenn wir für unsere Umwelt etwas tun wollen, dann müssen wir in Tonnen und nicht in Mikrogramm rechnen.
Ich komme zum letzten Satz. Wo ist der Effekt? Die deutsche Automobilindustrie ist ein Exportschlager der deutschen Industrie und hat erhebliche Mittelstandseffekte auch im Bereich der Arbeit. Die deutsche Automobilindustrie lebt davon, dass sie technisch betrachtet - Autos gestalten kann, die für Hochgeschwindigkeiten geeignet sind.
Dieses Ziel muss die deutsche Automobilindustrie auch im Sinn des Erhalts der Arbeitsplätze erhalten können.
Frau Kollegin Heinold, wären Sie bereit, dem Landtag zu verraten, wie hoch der Durchschnittsverbrauch eines amerikanischen Pkw im Vergleich zu einem deutschen Pkw ist, wobei der amerikanische Wagen unter der Auflage eines Tempolimits fährt?
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Land Schleswig-Holstein hat - wie bereits die letzte Reise des Ältestenrates, aber auch die Reise des Ministerpräsidenten, deutlich gemacht haben - zu seiner Partnerprovinz Zhejiang gute Beziehungen und diese sollen auch weiter ausgebaut werden. Ich glaube, wenn wir die wirtschaftlichen Tätigkeiten Schleswig-Holsteins in unserer Partnerprovinz betrachten, wurde nicht zuletzt in einer der jüngsten Sitzungen des Landtages sehr deutlich gemacht, dass die Tätigkeit des Wirtschaftsbüros, der Wirtschaftsförderungsgesellschaft in Zhejiang, in Hangzhou konkret, zu sehr positiven Ergebnissen führt. Eine Politik, die, wenn ich es richtig weiß - und das würde ich auch so befürworten - nicht abgebrochen werden soll.
Wenn wir also eine gute Partnerschaft haben, die damals durch Ministerpräsident Uwe Barschel begründet wurde und die wir in den zurückliegenden Jahrzehnten weiterentwickelt haben, dann ist das eine Situation, die gleichwohl nicht davor zurückschrecken lassen sollte, Dinge in dieser Partnerschaft anzusprechen, die auch schwierig sind. Schwierig heißt hier insbesondere auch im Hinblick auf die chinesische Führung. Menschenrechtsfragen stehen dabei - das will ich nur sagen - grundsätzlich nicht in der Zuständigkeit eines Landtages. Die Bundeskanzlerin hat diese Fragen in aller Deutlichkeit in China angesprochen, der Bundestag wird sich hierzu verhalten, das Europäische Parlament hat die in Rede stehende Frage der Arbeits- und Straflager sehr eindeutig verurteilt und diese abgelehnt und auch der US-Kongress hat fast einstimmig - ich glaube, bei einer Gegenstimme - eine entsprechende Resolution gefasst. Nach unserer Verfassungslage ist es so, dass Außenhandel und Außenpolitik auf der europäischen Ebene beziehungsweise beim Bund liegen.
Wenn wir heute im Schleswig-Holsteinischen Landtag gleichwohl hierüber diskutieren, dann in dem Bewusstsein, dass eine Partnerschaft, wie wir sie mit unserer chinesischen Partnerprovinz haben, auch einen - insbesondere aus Sicht unseres Partners, der chinesischen Führung - schwierigen Diskussionsprozess aushalten können muss. Als Indiz für die bestehenden Befindlichkeiten mag dabei gelten, dass nach der Berichterstattung im „Hamburger Abendblatt“ vom heutigen Tage die in Hamburg angedachte und für das nächste Wochenende zu eröffnende Ausstellung „Macht im Tode“ nicht stattfinden kann, weil die dort zugesagten Exponate der Tonkrieger nicht aus dem Reich der Mitte nicht ausreisen dürften. Es wird vermutet, dass dies damit zusammenhängt, dass die Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland den Dalai Lama empfangen hat, was die chinesische Führung wiederum als Einmischung in ihre innere Angelegenheiten begreift.
Wir sehen also, dass es ein schwieriges Feld ist, vor dem wir stehen. Gleichwohl bin ich der Meinung, dass wir, wenn wir dies heute diskutieren - und das ist auch die Überzeugung des Hauses - einen Beitrag leisten und leisten wollen. Wir müssen in einer zusammenrückenden Welt - Stichwort: Globalisierung, wo die Welt, wie man so schön sagt, immer kleiner und transparenter wird; einige reden im Zuge der Globalisierung von „Weltinnenpolitik“ einen Beitrag dazu leisten, dass wir nicht nur, wie es heute zu Recht stattfindet, selbstverständlich über die Frage der Einhaltung von Umweltstandards reden - Stichwort: Klimaschutz -, dass wir
nicht nur im Rahmen der WTO- und GAT-Verhandlungen darüber reden, wie man Handelsvoraussetzungen und -erfordernisse gemeinsam formulieren kann, sondern auch, dass zu einem solchen Prozess auch selbstverständlich die Frage der Menschenrechte gehört, die für uns unveräußerlich sind.
In diesem Sinne wollen wir die Fragestellung mit unseren chinesischen Partnern in angemessener Form erörtern.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben in der Tat - das haben die Reden der beiden Vorredner gezeigt - ein aktuelles Thema in der Diskussion. Stichwort: Online-Durchsuchung.
Ich möchte an den Anfang meinen Dank an den Bundesminister des Innern, Dr. Wolfgang Schäuble, stellen, der mit seiner Initiative für eine bundesgesetzliche Regelung die Diskussion überhaupt erst ermöglicht hat. Er hat damit deutlich gemacht, dass er sich nicht als der selbsternannte Erbe des ehemaligen Innenministers Schily fühlt. Denn Otto Schily war es, der Online-Durchsuchungen ohne rechtliche Grundlage ermöglichte. Das unterscheidet die heutige Diskussion eindeutig von der damaligen. Wolfgang Schäuble ist um rechtsstaatliche Klärung be
müht. Andere haben sie verabsäumt. Insofern gilt mein Dank dem Bundesminister des Innern.
Er hat damit eine wichtige gesellschaftspolitische Diskussion angeschoben. Wir müssen darüber reden. Das Spannungsfeld ist aufgezeigt worden. Die einen sagen: Ohne Online-Durchsuchung geht gar nichts. Die anderen haben gesagt, wenn die OnlineDurchsuchung komme, sei sie überflüssig und gefährde nur Freiheitsrechte. In diesem Spannungsfeld diskutieren wir das Thema. Ich glaube, es ist vernünftig, dass wir darüber nachdenken.
Ich gehöre zu denen, die sagen - da bin ich mir mit dem Herrn Innenminister einig -: Veränderte Kommunikationswege müssen auch die Sicherheitsbehörden mit einschließen. Es geht nicht anders. Man kann nicht auf Brieftauben setzen, wenn andere per Handy kommunizieren.
Aber wir müssen dabei auch die Stimmen des BKA ernst nehmen. Herr Zachert hat deutlich gesagt, die Online-Durchsuchung müsse sofort kommen, weil sonst eine Sicherheitslücke entstehe, die nicht zu verantworten sei. Das ist ebenfalls eine ernst zu nehmende Warnung eines Fachmannes, der nicht mehr in der Verantwortung steht, aber über 30 Jahre lang an der Spitze zentraler Sicherheitsbehörden, auch des Bundeskriminalamts, gestanden hat.
Gleichwohl glaube ich, dass wir die Diskussion ohne unziemlichen Zeitdruck führen sollten. Ich fühle mich nicht schutzlos. Ich glaube auch, die letzten Fahndungserfolge haben gezeigt, dass sehr wohl ordnungsgemäß und erfolgreich ermittelt werden kann.
Ich gehöre auch nicht zu denjenigen, die sehr deutlich sagen und damit die allgemein verbreitete Meinung vertreten: Wer nichts zu verbergen hat, hat auch nichts zu befürchten. Dies stimmt natürlich immer. Nur ist es natürlich auch so, dass es die Unschuldsvermutung gibt, die grundsätzlich gilt und erst - wenn ich es einmal so sagen darf - durch Richterurteil beendet wird. Vor diesem Hintergrund käme eine Online-Durchsuchung gar nicht erst in Betracht. Ich glaube, für uns ist es wichtig, dass wir das abwägen mit dem, was an Gefährdungspotenzial da ist und auch an Aufklärungsfähigkeiten vorhanden ist.
Mich treibt schon um, was andere sagen, die sich ein bisschen Gedanken über die Frage machen: Wie viel elektronische Datenerfassung des Bürgers gibt es heute schon? Man muss sich einmal vor Augen führen, was bei der elektronischen Gesundheitskarte, die sich noch in der Erprobung befindet,
alles erfasst wird. Man muss sich einmal überlegen, was geschieht, wenn solche Erfassungen in falsche Hände kommen. Ich glaube, dabei würde sich niemand besonders wohlfühlen. Gucken Sie sich an, was heute auf unseren Autobahnen möglich ist. Da gibt es Erfassungsmethoden, mit denen nicht nur Lastwagen, sondern natürlich auch Privat-Pkws erfasst werden; da gibt es Bewegungsbilder. Alles das muss man verantwortungsvoll gegeneinander abwägen.
Es gibt keine absolute Sicherheit. Selbst wenn die Online-Durchsuchung ermöglicht wird, wird es Sicherheitslücken geben. Auch das muss man ehrlicherweise sagen.
Insofern muss immer eines Vorrang haben, was wir bei jeder Diskussion miteinander im Auge behalten müssen: dass die Strahlkraft der freiheitlichen Grundordnung darin besteht, dass es Freiheit für den Einzelnen gibt und dass es Bereiche gibt, in denen der Einzelne vor staatlicher Durchsicht zu schützen ist. Ich glaube, das ist für einen freiheitlichen Rechtsstaat heute ebenfalls wichtig.
Natürlich können und dürfen wir auch nicht ausschließen, dass es Missbrauch geben kann. Auch das ist gelebte Wirklichkeit: Ich möchte das keinem institutionell unterstellen, aber die Möglichkeit muss man mit in die Abwägung einbeziehen.
Ich glaube, insofern trifft eine Beurteilung zu, die das Spannungsfeld beschreibt und neulich in der „Deutschen Richterzeitung“ veröffentlicht wurde. Ich möchte das kurz zitieren:
„Das Dilemma betrifft die Dringlichkeit des Konkreten und Aktuellen. Durch die unterschiedliche Risikostruktur setzt sich die Bekämpfung konkreter und aktueller Risiken in der Abwägung praktisch immer gegen den Schutz von abstrakten, langfristigen, kumulativen, synergetischen, schleichenden und latenten Risiken durch. Der Hinweis auf einen erfolgten oder drohenden terroristischen Anschlag überwiegt in der rechtspolitischen Debatte leicht die Bedenken gegen die langfristigen, kumulativen und schleichenden Wirkungen immer wieder neuer, zusätzlicher und erweiterter Ermächtigungen für staatliche Freiheitseingriffe.“
Ich glaube, das spiegelt das Spannungsfeld gut wider.