Protokoll der Sitzung vom 10.12.2008

(Beifall des Abgeordneten Günter Neugebau- er [SPD])

Beantworten Sie mir das bitte. Das wäre sehr nett.

Ja, ich beantworte. Ich bin davon ausgegangen, dass Sie als Aufsichtsratsmitglied die Verpflichtung des Aktiengesetzes ernst nehmen. Wenn ich ernst nehme, dass Sie es ernst nehmen, muss ich davon ausgehen, dass Sie von der Geschäftsführung darüber unterrichtet worden sind und dem nicht entgegengetreten sind, sonst hätten wir etwas davon vernommen.

(Beifall bei der FDP)

Wenn Sie mir jetzt aber sagen wollen, Herr Minister a. D., dass die Geschäftsführung Sie über die Praktiken nicht unterrichtet hat, dass Sie in den letzten Jahren davon überhaupt keine Kenntnis gehabt haben, dann tut mir das wirklich für Sie leid.

(Beifall bei der FDP)

Herr Minister, ich erwarte von Ihnen auch, dass Sie dem Parlament klar darlegen, welche Auffassung die Landesregierung bezüglich der Auslagerung eines Kreditrisikos der HSH Nordbank in Höhe von 50 Milliarden € in eine „bad Bank“ vertritt. Im Übrigen ist bei uns auch die Frage entstanden, warum es auf einmal 50 Milliarden € sind? Bisher ist uns mitgeteilt worden, das Kreditportfolio beträgt 24 Milliarden €. Welche Risiken haben sich denn da weiter realisiert? Wir haben einen Anspruch auf diese Antwort.

(Wolfgang Kubicki)

Wie wird sich das Land am 15. Dezember 2008 im Aufsichtsrat verhalten, und was soll die Auslagerung überhaupt bringen? Glauben Sie allen Ernstes, dass die HSH Nordbank mit der Auslagerung von 50 Milliarden € Kreditrisiken um eine Kapitalspritze der Eigentümer herumkommt? Glauben Sie das ernsthaft?

Denn wenn Sie jetzt so tun, als wäre das der Ausweg aus der Krise, dann sollten wir dazu übergehen, ein „bad Budget“ zu gründen, um die 30 Milliarden € auszulagern. Dann haben wir das Problem auf gleiche Art und Weise erledigt.

Sehr geehrter Herr Finanzminister, auf all diese Fragen hätte ich eine Antwort erwartet, die ich bis heute nicht erhalten habe. Ich sage in allem Ernst: Da wir den 31. Dezember 2008 bereits vor uns haben, und da sich bisher alle, sagen wir einmal, vorsichtigen Prognosen von mir - ich gehöre in diesem Bereich nicht zu den Wissenden, sondern nur zu denen, die rechnen können - realisiert haben, und da ich Ihnen bereits im Mai in der Finanzausschusssitzung gesagt habe, die Kapitalerhöhung wird nicht ausreichen, und Sie werden am Ende des Jahres mindestens 1 Milliarde € brauchen - und die brauchen Sie mindestens, um die Verluste der HSH Nordbank auszugleichen -, erwarte ich auch von Ihnen eine Aussage darüber, wie Sie die auf uns zukommenden Risiken, wenn Sie den Bestand der HSH Nordbank überhaupt erhalten wollen, ausgleichen wollen.

Ich erwarte eine Antwort auf die Frage, was denn bei möglichen Fusionen mit anderen Landesbanken mit dem privaten Investor geschieht. Glauben Sie allen Ernstes, dass der private Investor bereit ist, in einer solchen Fusionsveranstaltung mitzuwirken unter Vernachlässigung seiner eigenen Interessen? Ich sage Ihnen voraus - und ich kenne amerikanische und britische Geschäftspartner zur Genüge aus eigenen Verhandlungen -: Freundlich wird Ihnen bedeutet werden, dass Sie Ihre künftigen Überlegungen realisieren können, wenn Sie Herrn Flowers so stellen, wie er stehen würde, wenn er sich bei Ihnen nicht beteiligt hätte. Denn eines ist sicher: Private Investoren wollen mit dem Investment kein Geld verlieren, und sie sind auf dem besten Weg, das gegenwärtig zu tun.

(Beifall bei FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW - Günter Neugebauer [SPD]: Merkwürdiges Bündnis!)

Ich danke dem Herrn Abgeordneten Kubicki. - Das Wort für die CDU-Fraktion hat nun Herr Abgeordneter Frank Sauter.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst einmal herzlichen Glückwunsch, Wolfgang Kubicki, dass Sie zu dem kleinen Personenkreis gehören, der von der Landesbank angeschrieben worden ist.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Sie auch!)

Ich finde aber bei aller Entrüstung, die man auch schon zu einem früheren Zeitpunkt vorgetragen hat, als damals noch die Landesbank Schleswig-Holstein Angebote an Kunden gemacht hat, eine Vermögensverlagerung nach Luxemburg vorzunehmen, muss an dieser Stelle um eine Ecke zusätzlich denken.

(Zuruf der Abgeordneten Angelika Birk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Wenn wir über Wettbewerb sprechen, dann müssen wir natürlich auch darüber sprechen, dass wir von gleichen Wettbewerbssituationen aller Bankensektoren ausgehen. Sie selber haben zugestanden, dass es auch von den privaten Banken ähnliche Angebote gibt. Ich glaube, wenn man die Frage nach dem Wettbewerb so beantwortet, wie Sie das getan haben, müsste man in der Konsequenz auch sagen, dass es staatliche Banken gar nicht mehr geben soll

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Doch, nur nicht mit dem Geschäftsmodell!)

mit einem Segment „private Kunden“ und auch „privates Kreditmanagement“. Es ist einfach nicht fair, auf der einen Seite das Hohelied des Wettbewerbs zu singen und auf der anderen Seite mit Beschränkung des Wettbewerbs zu argumentieren, zumal eben auch in der öffentlichen Darstellung nicht die Abgeltung der Einkommensteuer, sondern das Verhindern der Abgeltungsteuer gemeint war, Herr Kubicki.

Herr Abgeordneter Sauter, erlauben Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Kubicki? - Bitte.

Herr Kollege Sauter, habe ich Sie dahingehend richtig verstanden, dass bei der Abgeltungsteuer Ver

(Wolfgang Kubicki)

mögende die Steuer mithilfe der Landesbank nicht zahlen müssen, die andere aufbringen müssen, damit Landesbanken gerettet werden können?

Nein, Sie haben mich nur so verstanden, dass es im Wettbewerb der Banken Angebote an Kunden gibt, Anlagen vorzunehmen, die die Abgeltungsteuer verhindern. Das heißt aber nicht, dass damit die Einkommensteuer verhindert wird. Die Abgeltungsteuer ist nichts weiter als eine Form der Erhebung, wie sie durch das neue Steuergesetz vorgesehen wird. Die Einkommensteuer selber wird durch solche Anzeigen nicht infrage gestellt. Irgendwelche Tatbestände zu konstruieren, die strafrechtlich oder von den guten Sitten her zu beanstanden wären, geht einfach nicht.

Meine Damen und Herren, wenn wir uns in der Vergangenheit mit dem Thema Landesbanken befasst haben -

(Angelika Birk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Steuerberater unter sich!)

- Das hat nichts mit „Steuerberater unter sich“ zu tun; das ist nun mal eine Debatte, die man nicht einfach über Parteitagsbeschlüsse führen kann, das ist nun mal ein Fachseminar hier,

(Beifall bei der CDU sowie der Abgeordne- ten Jutta Schümann [SPD] und Anna Schlos- ser-Keichel [SPD])

beziehungsweise man muss sich bemühen, es nicht zu einem Fachseminar werden zu lassen.

Die Aufarbeitung der Vergangenheit und die Analyse der aktuellen Situation standen im Mittelpunkt. Wir haben eine Situation, in der weltweit Banken und Versicherungen in finanzielle Schwierigkeiten geraten sind und geraten - nicht nur hier in Schleswig-Holstein. In den USA, Großbritannien, Belgien, den Niederlanden und der Schweiz mussten Privatbanken teilverstaatlicht werden. Zuletzt war der Presse zu entnehmen, dass die DekaBank als zentraler Fondsanbieter der Sparkassenfinanzgruppe rund 1 Milliarde € am Kapitalmarkt verloren hat.

Aber es lässt sich nicht leugnen: Hier in Deutschland ist die Bankenkrise ganz wesentlich zu einer Krise der staatlichen Banken geworden. Ich sage auch mit Blick auf zukünftige Entwicklungen: Wenn man von Struktur redet, meint man nicht die Struktur der Vergangenheit, sondern der Zukunft. Wir müssen darauf achten, dass aus der Krise der

staatlichen Banken nicht eine Krise der öffentlichrechtlichen Banken insgesamt wird.

Bei allen Prognosen und Einschätzungen zur Lage der HSH Nordbank, die auch hier im Hause vorgetragen wurden - teilweise mit viel Sachkenntnis und Kompetenz -, dürfen wir nicht verkennen, dass es sich angesichts bestehender Unsicherheiten um Spekulationen handelt. Solche Spekulationen sind für die HSH Nordbank genauso schädlich wie die fehlgeschlagenen Spekulationen am Kapitalmarkt, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Hieraus ergibt sich eine hohe Verantwortung im Umgang mit unserer Bank, der sich keine Fraktion, auch keine Oppositionsfraktion, entziehen kann.

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

- Sie sind Führer der Opposition, aber es gibt hier ein breit aufgefächertes Angebot an Oppositionsfraktionen.

Meine Damen und Herren, wenn die FDP-Fraktion mit ihrem heutigen Antrag den Blick auf die zukünftige Struktur der Landesbanken richtet, hat sie diesen Zeitpunkt möglicherweise gewählt, als noch für den 6. Dezember 2008 erste gesicherte Erkenntnisse und Prüfungsergebnisse der KPMG und des HSH-Vorstands auch zur Frage des zukünftigen Eigenkapitalbedarfs angekündigt waren. Dieser Zeitplan ist nach hinten korrigiert worden. Ergebnisse sind noch nicht bekannt - mir zumindest nicht.

Auch wenn ich es für notwendig halte, dass wir uns rechtzeitig eine klare Vorstellung von der zukünftig angestrebten Struktur der Landesbanken machen, müssen wir feststellen, dass wir im Moment zu wenig wissen, einiges ahnen und viele Gerüchte hören. Kurzum, eine fundierte Debatte auf der Basis belastbaren Zahlenmaterials ist zurzeit noch nicht möglich, und deshalb sollten wir auch nicht den Eindruck erwecken, als sei diese Debatte zum jetzigen Zeitpunkt mehr als nur eine Momentaufnahme.

Daran ändert auch nicht, dass der Begriff der „bad Bank“ in die Debatte eingebracht wurde. Mit einem solchen Instrument entlastet man zwar die Bank selber, es bleibt aber die Frage - und gerade für uns als Miteigentümer -, wie und zu welchen Quoten die Risiken aus der Tätigkeit der sogenannten „bad Bank“ zu tragen sein werden, wer das tun wird und - vor allem - wie hoch diese Risiken einzuschätzen sind.

(Vizepräsidentin Ingrid Franzen)

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Wer das handeln soll?)

Meine Damen und Herren, neben den akuten Rettungsmaßnahmen durch die Verbesserung der Liquiditätslage und der Stärkung des Eigenkapitals wird die gegenwärtige Diskussion von der Forderung nach einer Konsolidierung der Landesbankenlandschaft geprägt. Konsolidierung zum einen im Hinblick auf die Art des Geschäftsbetriebes nach dem Motto, Finger weg von riskanten internationalen Aktivitäten und stattdessen Konzentration auf das regionale Geschäft vor Ort, und Konsolidierung zum anderen durch Zusammenschlüsse von Landesbanken, um die Anzahl der Landesbanken zum Beispiel auf nur noch drei zu reduzieren, wie vonseiten der Sparkassen vorgeschlagen wurde.

Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass beide Vorschläge mit einem nicht unerheblichen Personalabbau verbunden sein dürften. Ich sage dies nicht als Forderung des CDU-Fraktion, sondern als Versuch einer möglichst realistischen Tatsachenbeschreibung und Abwägung. Die Wirkung einer Konzentration auf das regionale Geschäft bestünde darin, dass solche Risiken, wie wir gegenwärtig drastisch vor Augen geführt bekommen, zu vermeiden wären. Allerdings ist das nicht die einzige Konsequenz einer solchen Entscheidung, die wir bedenken müssen. Mit dem Verzicht auf internationales Geschäft oder zumindest Teilen davon verlieren die Landesbanken zugleich auch Erträge, die zwar nicht in der jetzigen Zeit, dafür aber in der Vergangenheit maßgeblich zu den Jahrsergebnissen der Landesbanken beigetragen hatten.

Nehmen wir das Kreditinvestment-Portfolio der HSH Nordbank mit einem Volumen von ehemals 30 Milliarden €. Heute sind wir natürlich alle schlau und sehen dieses Kreditersatzgeschäft ausschließlich unter dem Aspekt des daraus resultierenden Abschreibungsbedarfs. Früher hat diese Anlagen aber bei einer branchentypischen Marge von 1 % rund 300 Millionen € Anteil am Betriebsergebnis ausgemacht. Die hat man gern genommen, auch wir; das wollen wir nicht vergessen. Fällt dies weg, ergibt sich fast zwangsläufig die Notwendigkeit zu einer Reduzierung der Kostenbasis, um die Rentabilität der Bank zu erhalten.

Auch für Fusionen von Landesbanken gilt - das müssen wir uns immer vor Augen halten - die alte Regel, dass aus zwei Hühnern, die man zusammenbindet, noch lange kein Adler wird. Das soll heißen, eine Fusion von Landesbanken kann nur dann zur aktuellen Problemlösung beitragen, wenn es durch den Abbau von Doppelstrukturen gelingt, die

Kosten deutlich zu reduzieren. - Herr Matthiessen mag mir diesen Vergleich verzeihen; er ist aber auch gar nicht hier. - Eine Fusion von Landesbanken mag deshalb die schlüssige Antwort für die zuvor erörterte Konzentration auf das regionale Geschäft sein, aber - Kollege Kubicki hat es zu Recht angesprochen - ob sich für den Standort SchleswigHolstein und namentlich für den Standort Kiel dann auch eine vollständige Interessengleichheit ergibt, möchte ich einmal stark bezweifeln.

Im Hinblick auf die Vermögenswerte des Landes, die in der HSH Nordbank investiert sind, wäre es allerdings fahrlässig, eine solche Fusionsdebatte aus einer Position der Schwäche heraus zu führen. Bevor wir mit möglichen Fusionspartnern verhandeln, müssen wir zunächst unsere eigenen Hausaufgaben machen und die HSH Nordbank auf eine Grundlage stellen, dies es uns auch ermöglicht, unterschiedliche Alternativen abzuwägen und nicht aus einem Zwang heraus zu handeln.

Abschließend möchte ich die Frage aufwerfen, welche Rolle solch eine fusionierte Landesbank, die sich auf ihr regionales Geschäft konzentriert, zukünftig innerhalb der deutschen Bankenlandschaft spielen soll. Eine Verstärkung und ein Ausbau des regionalen Geschäfts führen sehr schnell in direkte Konkurrenz zu den Sparkassen, die ihre Tätigkeit ausschließlich auf das regionale Geschäft, auf die Kreditversorgung der örtlichen Wirtschaft ausgerichtet haben. Wir würden die paradoxe Situation schaffen, dass der öffentliche Bankensektor nicht nur im Wettbewerb mit privaten und genossenschaftlichen Banken steht, sondern auch noch im Wettbewerb zu sich selbst. Ob dies ein sinnvoller Weg und ein sinnvolles Ergebnis ist, stelle ich mit einem großen Fragezeichen hier in den Raum.