Protokoll der Sitzung vom 25.02.2010

Die Sparkassen sind mit 60 % der Kreditvergabe der Hauptfinanzierer des schleswig-holsteinischen Mittelstandes. Die Verankerung vor Ort und die Kompetenzen bei der regionalen Finanzierung müssen insbesondere zum Wohle des Mittelstandes erhalten und gestärkt werden.

(Beifall bei FDP und CDU)

Um dies zu erreichen, muss den Sparkassen die Möglichkeit gegeben werden, ohne staatliche Transfusionen ihr Eigenkapital zu erhöhen. Die kommunalen Träger können ihnen in diesen schwierigen Zeiten keine Finanzspritzen geben, sind sie doch selbst sehr stark gebeutelt.

Aus den verschiedensten Gründen konnte die zweitgrößte Sparkasse, die Sparkasse Südholstein, nur durch finanzielle Intervention des Sparkassenund Giroverbandes und der Hamburger Sparkasse am Leben gehalten werden. Vor Jahr und Tag hat der Kreis Segeberg sein E.ON-Aktienpaket im Wert von über 20 Millionen € zur Rettung der Sparkasse Südholstein einsetzen müssen, denn die Fusion mit Pinneberg und Neumünster hat dem nun zweitgrößten Institut kein höheres Eigenkapital gebracht, eher hohe Fusionskosten. Den Politikern im Kreis wurde erklärt, dass diese Einlage absolut sicher sei, denn eine Sparkasse - so ein Satz aus dem Hause - könne nicht pleitegehen. Als die Rückstellungsnot immer größer wurde und Südholstein noch mehr Geld

brauchte, bot sich die Haspa Finanzholding an, insgesamt 50 Millionen € als Darlehen zu gewähren und damit dem Kreis sein Aktienpaket zurückzugeben. Der Sparkassen- und Giroverband hat dieser Konstruktion im vergangenen Jahr dankbar zugestimmt, trug er doch damit nicht mehr allein die Verantwortung für die Sparkasse Südholstein.

(Beifall bei FDP und CDU)

Nun hat auch die Nord-Ostsee Sparkasse, wie zu lesen ist, einen Abschreibungsbedarf von etwa 120 Millionen €. Wie kolportiert wird, kann der Verband auch hier nicht mehr allein helfend zur Seite stehen. Starke Finanzpartner zur Stützung der Nord-Ostsee Sparkasse sind willkommen. Das allein wären schon gute Gründe für das Land, sein Sparkassengesetz zu ändern und den Sparkassen und ihren Trägern die Möglichkeit einzuräumen, Stammkapital zu bilden und anderen öffentlichrechtlichen Sparkassen Minderheitsbeteiligungen von bis zu 25,1 % anzubieten. So wird neben zulässigen Fusionen eine weitere Möglichkeit geschaffen, die Sparkassen durch Hereinnahme eines oder mehrerer Minderheitsbeteiligter breiter aufzustellen.

Nun noch ein Wort zur Haspa Finanzholding! Auch für sie gilt - das besagt ihre Satzung -: kreditwirtschaftliche Versorgung speziell des Mittelstands und breiter Bevölkerungskreise. Das ist wie bei jeder öffentlich-rechtlichen Sparkasse auch. Das Geschäftsgebiet ihrer operativ tätigen Sparkassentochter ist auf die Metropolregion Hamburg beschränkt, zu der auch das Geschäftsgebiet der Sparkasse Südholstein gehört. Die regionale Ausrichtung und die Gemeinwohlorientierung der Geschäftstätigkeit, also die öffentliche Aufgabenstellung statt einer Gewinnmaximierung, zeichnen die Hamburger Sparkasse aus. Sie ist damit nach ihrer eigenen Satzung eine öffentliche Sparkasse. Der Gewinn der Holding kann nur der Sicherheitsrücklage zugeführt werden oder für gemeinnützige Zwecke verwendet werden. Die Struktur der Haspa Finanzholding, die als juristische Person alten hamburgischen Rechts firmiert und deren Eigentümer im weiteren Sinn ausschließlich Bürger der Hansestadt Hamburg sind, die im Verwaltungsrat und im Kuratorium sitzen, gleicht der Struktur einer öffentlich-rechtlichen Sparkasse.

Sie ist demokratisch legitimiert durch die örtliche Bevölkerung in den Sparkassenorganen, anders als eine private Bank, etwa in Rechtsform einer Aktiengesellschaft mit offenem Aktionärskreis.

(Thomas Rother)

Frau Heinold, Sie sagen, was wir vorhaben, sei ein „Spiel mit dem Feuer“. Das ist Ausdruck einer Empörung über eine vermeintliche Sünde wider dem Heiligen Geist des Drei-Säulen-Modells der deutschen Finanzlandschaft. Wir sagen: Es ist eine moderate Weiterentwicklung des bestehenden Systems. Und vor allem ist es eine Stärkung der Häuser,

(Zuruf der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

unterstützt übrigens von den vielen Vorständen im Land, die solch ein Unterfangen vor zehn Jahren noch entrüstet zurückgewiesen haben. Weder die Wettbewerbsprivilegien bis 2005 noch die um sich greifende „Fusionitis“ haben sich als zuverlässige Rettungsanker erwiesen. Trauen wir doch unseren Kolleginnen und Kollegen in den Kreistagen, dass sie verantwortungsbewusst genug sind, nicht nur Cash zu machen, sondern ihre Häuser zur Stärkung ihres Standortes zu fördern.

(Beifall bei FDP und CDU)

Die Opposition und der Sparkassen- und Giroverband fordern nun einen Freibrief für das Gesetzesvorhaben von der EU-Kommission. Das finde ich schon einigermaßen spannend. Ich kann mich nicht erinnern, dass dies ein übliches Verfahren ist. Solch einen Freibrief wird es von der EU sicherlich nicht geben. Aber selbstverständlich hat es Gespräche in Brüssel gegeben, und diese waren konstruktiv und aufbauend. Andere Länder wie Hessen, NordrheinWestfalen und Rheinland-Pfalz - das hat mein Vorredner, der Kollege Koch, schon gesagt - sind diesen Weg bereits gegangen, und ihre Spuren schrecken nicht. Es hat dort bislang nur Fusionen innerhalb der Sparkassengruppe gegeben.

Wir wollen für die Sparkassen, die es wollen, die gesetzliche Möglichkeit schaffen. Wir schaffen ein faires Gesetz. Es gibt kein „du musst“, aber ein „du darfst“, wenn es nötig ist. Weder wird eine Stammkapitalbildung durch Landesgesetz vorgeschrieben, noch ist sie ohne zustimmendes Votum des Verwaltungsrates und der Trägervertretung möglich. Wir wollen den Sparkassen helfen, sich ohne staatliche Transfusionen am Markt zu bewähren und zugleich der mittelständischen Wirtschaft einen zuverlässigen Finanzpartner erhalten.

Wir verschließen unsere Augen nicht vor der schleswig-holsteinischen Wirklichkeit. Die Sparkasse Südholstein ist für die Planung ihrer Zukunft auf die Möglichkeit einer Minderheitenbeteiligung dringend angewiesen und kann auf das Inkrafttreten dieser Gesetzesänderung kaum mehr

lange warten. Denn die finanzielle Hilfemöglichkeit des Verbandes ist endlich.

Aber auch gut aufgestellte Häuser in SchleswigHolstein wünschen eine strategische Beteiligung innerhalb der öffentlich-rechtlichen Familie, können sie doch so noch mehr Fachkompetenz in ihren Verwaltungsräten integrieren und diese damit professionalisieren. Ich erinnere daran, dass die Kreissparkasse Lauenburg erst vor kurzer Zeit einen einstimmigen Beschluss gefasst hat, mit SPD-Stimmen, mit Stimmen der Grünen, dass sofortige Verhandlungen mit der Haspa Finanzholding aufgenommen werden, um sich zu beteiligen.

(Beifall bei FDP und CDU)

Kommunen oder Kreise, die mit einer in Schieflage geratenen Sparkasse häufig überfordert sind, zeigt diese Novellierung die Möglichkeit auf, sowohl finanzielle Hilfe als auch Know-how durch Vergabe von Verwaltungsratssitzen für ihr Institut zu gewinnen. Filialen vor Ort müssen nicht geschlossen werden. Die Kunden werden es uns danken. Und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden es uns danken, denn es bedeutet mehr Sicherheit für ihre Arbeitsplätze. Auch da kann ich nur auf die Vergangenheit der Sparkasse Südholstein mit Filialschließungen und Arbeitsplatzabbau im Kreis Segeberg verweisen.

Die Schutzzaunzieher und Bedenkenträger in diesem Land sollten einer erfolgreichen Zukunft der Sparkassen nicht im Weg stehen. Wir wollen dazu beitragen, dass der Mittelstand in Schleswig-Holstein einen zuverlässigen und kompetenten Partner vor Ort behält. Damit stärken wir auch das DreiSäulen-Modell. Nicht darin, weiter Artenschutz zu betreiben, sondern darin, Türen aufzustoßen für eine erfolgversprechende Weiterentwicklung, sehen wir unsere Aufgabe.

(Beifall bei FDP und CDU)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat der Herr Fraktionsvorsitzende Dr. Robert Habeck das Wort.

(Zuruf: Nicht immer!)

- Dann hat die Frau Abgeordnete Heinold das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Sparkassen in Schleswig-Holstein sind ein wichtiger Standortfaktor. Sie sind der größte Arbeitgeber

(Katharina Loedige)

im Land. Sie waren über Jahre tragende Säulen der Gewerbesteuereinnahmen, und ich hoffe, sie kommen dort wieder hin. Sie sind der Kreditgeber für die regionale Wirtschaft, und nicht zu vernachlässigen, sie sind einer der größten Sponsoren für Soziales und Sport, Zukunft und Kultur. Deshalb, meine Damen und Herren, wäre es fahrlässig, ein Sparkassengesetz zu verabschieden, dessen Folgen nicht absehbar sind,

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und der LINKEN)

ein Gesetz, welches Renditeinteressen zulasten der Gemeinwohlorientierung in den Vordergrund stellt und welches die Kommunen dazu verleitet, 25 % ihrer Sparkassenanteile zu verkaufen, um kurzfristig Cash zu machen.

Im Gegensatz zu der Regelung in Hessen sind die Kommunalaufsichtsbehörden, also in der Regel das Innenministerium, dazu befugt, im Rahmen der Aufsicht über die Haushaltswirtschaft der Gemeinden und Gemeindeverbände geradezu zu verlangen, dass Träger von Sparkassen bereits gebildetes Stammkapital veräußern, meine Damen und Herren. Das ist in Hessen deutlich anders geregelt.

Deshalb, meine Damen und Herren von CDU und FDP: Spielen Sie mit den Sparkassen nicht russisches Roulett.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD, der LINKEN und SSW)

Ihr Gesetzentwurf ist keine Stärkung der schleswigholsteinischen Sparkassen. Ihr Gesetzentwurf führt zu maximaler Rechtsunsicherheit und gefährdet das Drei-Säulen-Modell der deutschen Kreditwirtschaft. Genau das ist es ja auch, was die FDP will. Sie sagt es nur nicht.

Die geplante Umwandlung von Sicherheitsrücklagen in handelbares Stammkapital ist eindeutig eine Entwicklung hin zur Privatisierung der Sparkassen. Die Ausweisung von veräußerbarem Stammkapital ist eine Verdeutlichung der kommunalen Eigentümerschaft. Die Sparkasse Westholstein warnt in einem Brandbrief zu Recht davor, dass sich die geplante Ausschüttung auf nie einbezahltes Kapital substanzverzehrend auswirkt und die Sparkassen schwächt, statt sie zu stärken. So die Sparkasse Westholstein. Damit hätte das Gesetz negative Auswirkungen auf den Wettbewerb der Sparkassen im Kreditgeschäft und ginge nicht zugunsten, sondern zulasten der mittelständischen Wirtschaft in Schleswig-Holstein.

Dass die FDP mit ihrer Privatisierungsideologie dieses Gesetz verabschieden will, um die öffentlich-rechtlichen Sparkassen mittelfristig zu schlachten, wundert uns nicht, meine Damen und Herren. Aber warum die CDU die Hand für dieses Gesetz reicht, ist nicht nachvollziehbar.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD, der LINKEN und SSW)

Schließlich kennen viele CDU-Abgeordnete ihre Sparkasse vor Ort sehr genau, und sie wissen, wie notwendig es ist, an der Gemeinwohlorientierung und am Regionalprinzip der Sparkassen festzuhalten.

Meine Damen und Herren von der CDU, lassen Sie sich nicht vom Wolfgang im Schafspelz hinters Licht führen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD, der LINKEN und SSW)

Heute flüstert er Ihnen ins Ohr, es sei alles EU-konform, und morgen stößt er mit Champagner auf den gelungenen Privatisierungscoup an.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD, der LINKEN und SSW - Zurufe der Abgeordneten Dr. Christian von Boetticher [CDU] und Wolfgang Kubicki [FDP])

Auch meine Fraktion verkennt nicht, dass mehrere Sparkassen im Land finanzielle Probleme haben. Einige haben sich verspekuliert, andere haben ihre Gebäude verkauft und das Geld verspielt, und die Nospa hat Schadensersatzklagen in dreistelliger Millionenhöhe am Hals.

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

- Herr Kubicki, ich kann total verstehen, dass Sie sich so ärgern, weil Sie zu Recht Angst haben müssen, dass Ihr Partner Ihnen abspringt.

(Lachen bei der FDP)

Herr Koch hat ja schon gesagt: Lasst uns mal im Ausschuss beraten. Also, ich kann es verstehen, trotzdem will ich aber meine Zeit nutzen, um Ihnen meine Argumente vorzutragen.

Alle Sparkassen in Schleswig-Holstein leiden natürlich unter der Abwertung der HSH-NordbankAnteile. Es ist ja auch noch nicht absehbar, wie dies ausgeht. Dann liegt es natürlich auf der Hand, das Ansinnen der Haspa, sich an den schleswig-holsteinischen Sparkassen zu beteiligen, genau zu prüfen, zumal meine Fraktion mit der Einrichtung einer Enquete „Norddeutsche Zusammenarbeit“ ja

(Monika Heinold)

gesagt hat, dass wir auf allen Ebenen auch über verstärkte Zusammenarbeit nachdenken wollen.