Protokoll der Sitzung vom 25.02.2010

(Beifall bei der LINKEN)

Eine andere Möglichkeit ist es sicher, über die Organisationsstruktur der Sparkassen im Land nachzudenken. Hier wäre die Frage, wie groß eine Sparkasse sein muss, um allein überleben zu können, und wie viele Sparkassen das Land eigentlich braucht. Darüber könnten wir gern diskutieren.

Was wir aber nicht brauchen, ist der Einstieg anderer Eigentümer, seien es nun Privatbanken, wie die FDP das seit Langem fordert, oder sei es die Haspa, in der ein undemokratischer Klüngelhaufen sich selbst kontrolliert und eines der größten Bankinstitute Norddeutschlands jeglicher demokratischer Kontrolle entzieht.

Dazu ist es notwendig, dass wir uns den Rat derer einholen, die in der Materie drinstecken, da es in der Landesregierung offensichtlich niemanden gibt, der Ahnung davon hat, den Rat der Fachleute aus schleswig-holsteinischen Sparkassen. Mit denen sollten wir über die Auswirkungen des Gesetzentwurfs diskutieren.

(Beifall bei der LINKEN)

Was passiert denn, wenn wir den Kommunen einen Anreiz geben, ihre Anteile an öffentlich-rechtlichen Sparkassen zu verkaufen? Herr Koch ist überzeugt davon, dass die Kommunen schlecht sind - offensichtlich. Die Kommunen sehen aber als erstes auf ihre nicht selbst, sondern von Ihnen verursachte Schuldensituation.

(Tobias Koch [CDU]: Keine falschen Be- hauptungen!)

Nicht die Kommunen haben dafür gesorgt, dass sie dieses Jahr 50 Millionen € und in den letzten vier Jahren insgesamt 240 Millionen € weniger kriegen. Dafür haben Sie gesorgt. Jetzt sehen sie auf ihre Haushaltssituation, und dann kommt die Idee, Anteile an einer Sparkasse zu verkaufen. Es ist doch ganz natürlich, wenn man seine Kitas nicht mehr bezahlen kann, wenn man seine Schulen nicht mehr reparieren kann, dass man auf die Idee kommt, Eigentum zu verkaufen, wenn man dazu gezwungen wird.

Was aber für den Haushalt nur ein Tropfen auf den heißen Stein wäre, wäre für die Kreditversorgung der heimischen Wirtschaft und für die Versorgung mit Geldleistungen in der Fläche eine absolute Katastrophe. Die Ausschüttungen auf das Stammkapital sind zumindest nach Ansicht der Sparkassen, die davon betroffen sind, sparkassenbetriebswirtschaftlicher Nonsens. Da fragen sich die Fachleute, wer auf diese Schnapsidee gekommen ist. Ich glaube, da sollten Sie wirklich mit den Fachleuten reden.

(Heinz-Werner Jezewski)

Es gibt auch weitere ernst zu nehmende Bedenken gegen diesen Gesetzentwurf. Ich denke nicht, dass das Plenum der richtige Ort ist, die Sachdebatte darüber zu führen. Wir werden deswegen der Überweisung in die Ausschüsse zustimmen, und wir werden den Gesetzgebungsprozess in den Ausschüssen kritisch begleiten und uns dabei zum Fürsprecher der öffentlich-rechtlichen Sparkassen, der regionalen Wirtschaft und der Menschen in diesem Land machen,

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

weil die bei Ihnen offensichtlich kein offenes Ohr finden.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Zurufe der Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP] und Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN])

Für den SSW hat Herr Abgeordneter Lars Harms das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf der regierungstragenden Fraktionen fallen diese vor der Landesregierung auf die Knie. Die Änderung des Sparkassengesetzes ist ein Regierungsanliegen und wurde bereits im Koalitionsvertrag angekündigt. Genau wie beim Naturschutzgesetz preschen aber auch hier die Fraktionen von CDU und FDP in vorauseilendem Gehorsam voran und liefern, was die Landesregierung bestellt.

Dabei wird genau wie bei der Sparkassen-Diskussion 2009 ignoriert, dass wir es hier mit einem Vorstoß zu tun haben, der von denjenigen nicht gewollt ist, die damit beglückt werden sollen. Die übergeordnete Zielsetzung des Gesetzentwurfs ist die Kapitalstärkung der Sparkassen. Dieser Ansatz ist gerade in Anbetracht der Schieflage der Sparkassen Südholstein und der Nospa auch erst einmal nicht falsch. Falsch sind aber aus Sicht des SSW die Art und Weise der Umsetzung und die fehlende Antwort auf die Frage nach den Konsequenzen.

In Zukunft sollen die Sparkassen Rücklagen in Stammkapital verwandeln können und diese Anteile gewinnbringend verkaufen. So wird die technische Voraussetzung geschaffen, um Minderheitsbeteiligungen von 25,1 % aller öffentlich-rechtli

chen Institute in Deutschland an den schleswig-holsteinischen Sparkassen zu ermöglichen. Landesbanken und private Banken sollen erst einmal nicht zum Zuge kommen - dafür aber die Haspa. Dass dieses Gesetz eine Lex Haspa ist, ist schon lange kein Geheimnis mehr. Die Haspa macht sich derzeit als Retter der schleswig-holsteinischen Sparkassen im Land breit und - nur mal am Rande hinzugefügt -: Diese Expansion ist nicht jedem hier im Land geheuer.

Davon mal ganz abgesehen, hat der SSW ein ganz anderes Problem mit der Beteiligung der Haspa an den schleswig-holsteinischen Sparkassen. Wir haben diese Diskussion bereits im letzten Jahr geführt, und die Problematik ist auch ein Jahr später immer noch dieselbe: Die Haspa ist eine Aktiengesellschaft, die Finanzholding darüber eine Gesellschaft des alten hamburgischen Rechts. Damit ist der Rechtsstatus der Bank unklar. Bevor die Haspa sich in die restlichen elf öffentlich-rechtlichen Sparkassen des Landes einkauft, muss aus Sicht des SSW aber geklärt werden, mit was für einer Bank wir es hier eigentlich zu tun haben.

Wenn man sich die Geschichte der Haspa anguckt, wird sie je nach Wunschdenken mal dem öffentlich-rechtlichen und mal dem privatrechtlichen Bereich zugeordnet. So hat die Haspa 1984 vor dem Bundesverfassungsgericht in einem Rechtsstreit erstritten, dass für sie als freie Sparkasse das Regionalprinzip der öffentlich-rechtlichen Sparkassen nicht gilt. Gleichzeitig ist die Haspa aber am Gemeinwohl orientiert und pocht in der Öffentlichkeit darauf, dass keine Zweifel am öffentlich-rechtlichen Status bestehen sollen.

Der Wissenschaftliche Dienst unseres Landtages hat sich im letzten Jahr mit dieser Problematik beschäftigt und kommt in seiner Stellungnahme zu dem Ergebnis, dass aufgrund der besonderen Konstellation der Haspa und ihrer Entstehungsgeschichte keine abschließende Einschätzung der gemeinschaftsrechtlichen Rechtfertigungsmöglichkeiten erfolgen kann. Dass die Haspa als juristische Person alten hamburgischen Rechts eingetragen ist, birgt die Besonderheit in sich, dass die Sparkasse weder einem öffentlichen Träger noch einem privaten Eigentümer zugeordnet werden kann. Die Zusammensetzung des Kuratoriums und der Regionalbeiräte der Bank macht allerdings deutlich, dass keinesfalls eine öffentlich-rechtliche Sparkasse vorliegt.

(Beifall des Abgeordneten Heinz-Werner Je- zewski [DIE LINKE])

(Heinz-Werner Jezewski)

Außerdem sieht der Wissenschaftliche Dienst sowohl die Begrenzung des Erwerberkreises des Stammkapitals in unserem Gesetz mit Bedenken als auch die Höhenbegrenzung der Stammkapitalübertragung. Es ist also sehr, sehr viel noch unsicher.

Die Stellungnahme des Wissenschaftlichen Dienstes macht deutlich, dass die Haspa ein Zwitterdasein führt: Sie ist weder eine öffentlich-rechtliche Sparkasse noch eine Privatbank. Nur, weil da Sparkasse draufsteht, muss also noch lange keine Sparkasse drin sein. Genau dies macht den Gesetzentwurf so unsicher. Wenn die Haspa bei einer europarechtlichen Prüfung dem öffentlich-rechtlichen Bereich zugeordnet wird, ist alles gut. Gar nichts ist gut, wenn sie kein öffentliches Institut ist. Dann greift nämlich das Diskriminierungsverbot des europäischen Wettbewerbs, und wir würden mit diesem Gesetzentwurf der Privatisierung der Sparkassen und damit der Zerstörung des schleswig-holsteinischen Sparkassensystems Tür und Tor öffnen.

(Beifall bei SSW, SPD, der LINKEN und vereinzelt bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für den SSW möchte ich noch einmal ganz klar sagen, dass wir uns nicht zurücklehnen dürfen, bis der Gesetzentwurf beschlossen ist und sich die EU vielleicht irgendwann einmal meldet. Dann gibt es nämlich ein Vertragsverletzungsverfahren, das eine Rücknahme des Gesetzes unmöglich macht und stattdessen eine Anpassung an das EU-Recht erzwingt.

Genau das dürfen wir aber nicht zulassen. Es gibt aus Sicht des SSW keinen einzigen guten Grund für die Zerschlagung des Sparkassenwesens,

(Beifall bei SSW, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

es gibt aber viele gute Gründe für dessen Erhalt. Die Sparkassen haben eine herausragende Position als Kreditgeber der regionalen Wirtschaft. Sie sichern über das flächendeckende Filialnetz Finanzdienstleistungen für alle und überall; gerade in einem strukturschwachen Land wie Schleswig-Holstein ist dies von hoher Bedeutung.

Darüber hinaus kennzeichnen das Regionalprinzip und die Gemeinwohlorientierung die Sparkassen, die im krassen Gegensatz zu reinen Renditeerwartungen Jugend, Kultur, Sport und Soziales fördern und sich für die Region, die einzelnen Gemeinden, die Bürger und für ihre Mitarbeiter verantwortlich fühlen. Grundlegend stellt sich bei dem vorliegenden Gesetzentwurf die Frage, ob wir das schleswigholsteinische Sparkassensystem zerstören oder er

halten wollen. Für den SSW steht fest, dass wir das System erhalten und stärken müssen.

(Beifall bei SSW, SPD, der LINKEN und vereinzelt bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

CDU und FDP wollen - ja was wollen die eigentlich? Die FDP will am liebsten eine Beteiligung privater Geldinstitute an den Sparkassen bis 49,9 % zulassen.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Das haben wir nie irgendwo formuliert!)

Es überrascht nicht wirklich, dass dies die Zielsetzung der Partei der Besserverdiener und der Großunternehmen ist. Überraschend ist allerdings, was die CDU da treibt. Entweder lässt sich diese naiv von der FDP verführen, oder sie gibt hinterhältig die Unschuld vom Lande. So oder so zieht die FDP die CDU am Nasenring durch die Manege, die FDP geht mit diesem Vorstoß nämlich kein Risiko ein. Da weiß man, was man will. Bei der CDU ist die Basis aber völlig anderer Meinung als der, die die Fraktion hier verkündet. Damit dürfte allerdings allen hier im Saal klar sein, dass dieser Gesetzentwurf, weil er FDP-gesteuert ist, nur der erste Schritt zu einer Privatisierung der Sparkassen ist.

Der vorliegende Gesetzentwurf birgt ein erhebliches Risiko für die Sparkassen, und wir haben hier keine Gewissheit, ob wir der Privatisierung nicht gerade den roten Teppich ausrollen.

Mit dem SSW wird es keine Öffnung des Sparkassengesetzes geben, schon gar nicht, wenn noch nicht einmal der eigene Verband einen solchen Vorschlag unterstützt.

(Vereinzelter Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Der Sparkassen- und Giroverband spricht sich aber nicht nur aufgrund der drohenden Privatisierung gegen den Gesetzentwurf aus, sondern auch, weil die Umwandlung des Stammkapitals auch den kommunalen Trägern der Institute zur Verfügung gestellt werden muss. Hier droht die Verscherbelung der Sparkassen, bei der sich kurzfristig ein Bürgermeister ins Fäustchen lacht, weil er auch in Not ist und das Geld braucht, aber langfristig die regionale Wirtschaft genau hierunter leiden wird. Und das dürfen wir als Parlament nicht zulassen.

Schon in der letzten Legislaturperiode gab es den Versuch, das schleswig-holsteinische Sparkassensystem schleichend zu privatisieren. Die Position des SSW ist hierzu seit vielen Jahren konsequent und klar: Das System der öffentlich-rechtlichen

(Lars Harms)

Sparkassen ist erfolgreich und zukunftsorientiert und muss erhalten bleiben! Der vorliegende Gesetzentwurf gehört aber auf den Müll der Geschichte.

(Beifall bei SSW, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Für die Landesregierung hat der Herr Innenminister Klaus Schlie das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Die Sparkassen in Schleswig-Holstein erfüllen im Rahmen der Kreditwirtschaft unseres Landes eine wichtige Funktion.

Sie sind in allen Finanzierungsangelegenheiten verlässliche Partner für die mittelständische Wirtschaft und die Bevölkerung. Mit ihrem ausgedehnten Zweigstellennetz sichern sie auch in ländlichen und strukturschwachen Gebieten ein flächendeckendes und umfassendes Angebot von Finanzdienstleistungen. Darüber hinaus unterstützen sie ihre Trägerkommunen dabei, ihre Aufgaben in wirtschaftlichen, regionalpolitischen, sozialen und kulturellen Belangen zu erfüllen.

(Zuruf des Abgeordneten Heinz-Werner Je- zewski [DIE LINKE])

- Herr Abgeordneter Jezewski, wenn ich als Innenminister und somit auch in meiner Funktion als Sparkassenaufsicht zu der Funktion der Sparkassen im Land Schleswig-Holstein spreche, dann können Sie davon ausgehen, dass ich auch für dieses System werbe. Das ist richtig.

Besonders bewährt haben sich die Sparkassen in der gegenwärtigen weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise, die international tätige Geschäfts- und Investmentbanken mit hochspekulativen Produkten ausgelöst haben und von deren Auswirkungen wir alle betroffen sind. Wie Sie wissen, haben sich bei zwei Sparkassen in Schleswig-Holstein erhebliche Probleme ergeben, die durch den Sicherungsfonds der Sparkassen beseitigt werden. In einem Fall - das wurde hier schon erwähnt - hat sich auch die Haspa an dieser Sache beteiligt und sich dort engagiert. Durch notwendige Wertberichtigungen ist Eigenkapital aufgezehrt worden. Speziell bei diesen Sparkassen würde sich für ihre zukünftige Geschäftstätigkeit eine Verstärkung des Eigenkapitals positiv auswirken. Genau darum geht es im Gesetzentwurf der Regierungsfraktionen.