Protokoll der Sitzung vom 20.05.2010

Ich finde, nur weil es nicht angenommen wird, wird es nicht unwichtiger.

(Vereinzelter Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Wolfgang Baasch [SPD]: Wir waren auch dabei!)

- Gut, dann möchte ich mich auch bei der SPD bedanken.

(Heiterkeit bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich wundere mich allerdings, wenn Sie auch mit dabei waren, warum dieser Antrag in der letzten Legislaturperiode nicht durchgekommen ist.

(Zuruf von der SPD)

- Dankeschön für Ihr Vertrauen.

Mit dem gemeinsamen Antrag von SPD, DIE LINKE und SSW wollen wir einen kleinen Schritt in die Richtung gehen, dass man den Anbau von gentechnisch veränderten Organismen konsequent verbieten kann. Wenn das nicht durchkommt, haben wir bald fünf Großkonzerne, die die alleinige Macht über unsere Nahrungsmittel besitzen.

Der Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen im Freiland birgt hohe Risiken für Umwelt, Natur und Gesundheit von Tier und Mensch. Die Verbraucher in Deutschland und Europa haben es schon erkannt

(Carsten-Peter Brodersen)

und lehnen mit großer Mehrheit den Einsatz der Gentechnik in der Landwirtschaft ab.

(Beifall bei der LINKEN)

Trotzdem versuchen multinationale Konzerne der Chemie- und Saatgutindustrie die Agro-Gentechnik in Europa und Deutschland zu etablieren.

Heuchlerisch wirbt Monsanto mit dem Slogan: ,,Pflanzenanbau mit weniger Pflanzenschutzmitteln“. Eigentlich müsste es heißen: ,,Pflanzenanbau nur mit unseren Produkten“, denn die Düngemittel zu der Saat gibt es nur vom Anbieter. Ohne Düngemittel keine Ernte. Es ist also nicht so, dass man Gen-Saatgut anbaut und damit höhere Ernten einfährt. Das Steigern der Ertragsraten hat sich bereits in etlichen Studien als Mumpitz erwiesen. Wieso sollte man Gensaat dann anbauen? Um den Welthunger zu bekämpfen? - Für unsere Fraktion ist das Blödsinn.

(Beifall bei der LINKEN sowie vereinzelt bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Noch immer gibt es keine Beweise, dass durch Gentechnik verändertes Saatgut keine Auswirkungen auf den Menschen hat. Selbst der Freilandanbau birgt weitere Risiken. Insbesondere im Freilandanbau besteht das Risiko, dass die veränderten Gene ungewollt und unkontrollierbar, zum Beispiel durch Bienen oder Pollenflug, auf andere Pflanzen übertragen werden. Die auf diese Art gentechnisch veränderten Sorten können sich weiter selbstständig ausbreiten. Keiner, wirklich keiner, kann die Gefahren abschätzen. Das wollen wir verhindern.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Die Beibehaltung einer gentechnikfreien landwirtschaftlichen Produktion wird mit zunehmendem Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen schwieriger. Gerade dieses Risiko muss zu einem weitergehenden Verbot des Anbaus gentechnisch veränderter Pflanzen führen. Leider ist durch die EU-Rahmengesetzgebung bereits der Anbau einiger Sorten zugelassen. Nun ist es an der nationalen Ebene, den Verzicht auf die Gentechnik in der Landwirtschaft zu fördern. Dies kann durch die Schaffung gentechnikfreier Regionen erreicht werden.

Zum Antrag der Grünen kann ich nur sagen, dass wir diesen ablehnen werden, da er sich mit der jetzigen Gesetzgebung abfindet. Damit sind wir nicht einverstanden. Wir halten die jetzige Gesetzgebung für nicht ausreichend.

(Beifall bei der LINKEN und SSW)

Laut der Statistik eines industrienahen Verbandes wurden im Jahr 2008 weltweit 125 Millionen ha mit transgenen Pflanzen bestellt, obwohl - ich wiederhole mich da noch einmal - keine gesicherten Untersuchungen vorliegen, ob diese Pflanzen für Menschen, Tiere oder die Natur schädlich sind. Wir - denke ich - sind doch keine Versuchskaninchen!

Immer wieder wird der Welthunger als Argument im Zusammenhang mit dem Gensaatgut gebracht. Der Welthunger wird durch Umverteilung von oben nach unten behoben, nicht durch fragwürdige Gensaaten, die keine größere Ausbeute bei der Ernte bringen.

(Beifall bei der LINKEN und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aus der kann der Bauer keine eigene Saat herstellen.

(Zuruf von der CDU)

- Nein, das kann er nicht. Allein das macht deutlich, dass es den Agro-Gentechnikkonzernen nicht um die Lösung von Menschheitsproblemen, sondern um die Eroberung eines lukrativen Marktes geht.

(Beifall bei der LINKEN, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Es geht um die Marktmacht über das Saatgut.

Dieser Antrag könnte ein kleiner Schritt sein, diese Monopolherrschaft zu verhindern, sonst bekommen die Vertreiber von Gensaatgut die Kontrolle über unsere Felder.

CDU und FDP hingegen tun ihr Bestes, damit die Konzerne die Kontrolle gewinnen. Und wie das Spiel funktionieren könnte, sehen wir in Staaten wie Kanada, wo die traditionellen Anbausorten verdrängt worden sind. Wir sollten uns dies für Schleswig-Holstein nicht wünschen, ansonsten sähe es langfristig so aus, dass weltweit ein Einheitsbrei angebaut wird, unabhängig von den Gegebenheiten vor Ort. Es gibt schon gute Gründe, warum bisher auf den Feldern weltweit eine Vielfalt vorzufinden ist. Eine geeignete Einheitssupersaat existiert nämlich nicht.

Es gibt keine gesicherten Erkenntnisse darüber, wie sich Gensaat - ich wiederhole mich da noch einmal, weil mir das so wichtig ist - auf Mensch und Umwelt auswirkt. Niemand weiß, welche Langzeitfolgen die Verfütterung solcher Pflanzen für die Tiere und später für den Verbraucher hat.

(Ranka Prante)

(Beifall bei der LINKEN, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und vereinzelt bei der SPD)

Frau Abgeordnete, auch Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Okay, ich beeile mich. Ich spreche ein bisschen schneller. In Schleswig-Holstein wurden in letzter Zeit vier verbotene Gen-Mais-Linien gefunden. Nach Aussage der Landesregierung sind diese nicht zu kontrollieren und somit auch nicht in den Griff zu bekommen. Schleswig-Holstein muss endlich in die Lage gebracht werden, handeln zu können. Die Regierung muss sich im Bundesrat endlich dafür einsetzen, dass wir zum Schutz der Menschen und der Umwelt handlungsfähig werden.

Ich bitte um Zustimmung zu diesem Antrag und darum, dass wir weiterhin im Umwelt- und Agrarausschuss beraten können. Ich würde auch vorschlagen, dass wir ihn im Europaausschuss auch noch einmal diskutieren. - So, jetzt habe ich gestottert und bin fertig.

(Beifall bei der LINKEN, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und vereinzelt bei der SPD)

Für die Fraktion des SSW hat jetzt Herr Abgeordneter Flemming Meyer das Wort. - Ich nutze vorher die Gelegenheit, gemeinsam mit Ihnen die Volkshochschule Kiel mit dem Frauengesprächskreis und den SPD-Ortsverein Glücksburg auf der Tribüne zu begrüßen. - Herzlich willkommen!

(Beifall)

Herr Abgeordneter Meyer hat das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! In regelmäßigen Abständen befasst sich der Landtag seit Jahren mit dem Thema Gentechnik in der Landwirtschaft. Für ein landwirtschaftlich geprägtes Land wie Schleswig-Holstein ist diese politische Diskussion von immenser Bedeutung, denn wir als Parlament haben es zum Teil immer noch in der Hand, die Zukunft für unsere Landwirtschaft zu gestalten. Diesen Gestaltungsspielraum sollten wir dann auch nutzen. In diesem Sinne ist auch unser Antrag zu verstehen.

Was für den einen eine Errungenschaft der modernen Technik ist, ist für den anderen ein unkontrollierbares Risiko. Die Frage ist also: Wo liegt die Wahrheit? Derzeit gibt es hierzu keine endgültige wissenschaftlich untermauerte Stellungnahme, die das eine oder das andere ausschließt. Solange es keine Entwarnung im Bereich der Agro-Gentechnik und es immer noch Risiken gibt, muss es die politische Aufgabe sein, den Umgang mit der Agro-Gentechnik gesetzlich so zu regeln, dass davon keine Gefahr für Mensch und Natur ausgeht.

(Vereinzelter Beifall bei SSW, SPD, BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Aus diesem Grund bleibt deshalb für uns noch festzustellen: Die sicherste Maßnahme ist das absolute Verbot von Agro-Gentechnik.

(Beifall beim SSW sowie vereinzelt bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LIN- KEN)

Aus diesem Grund muss Schleswig-Holstein frei von Gentechnik in der Landwirtschaft, im Gartenbau, in der Lebensmittelverarbeitung und im Handel sein.

Hamburg hat es - wie gesagt - bereits vorgemacht und einen interfraktionellen Antrag für ein gentechnikfreies Hamburg verabschiedet. Dies war auch die Intention unseres gemeinsamen Antrages, doch nun liegen uns drei verschiedene Anträge zu diesem Thema vor.

Ich möchte nicht verhehlen, dass ich große Sympathie für den Antrag der Grünen habe. Doch uns geht es im ersten Schritt darum, für Schleswig-Holstein klare Regeln zu schaffen, die Gentechnik bei uns im Land zu verhindern.

(Beifall bei SSW und der LINKEN)

Was den Antrag von CDU und FDP angeht, stelle ich fest, dass dort doch ein gewisser Widerspruch besteht. Zum einen wird die Koexistenz begrüßt, unterschiedliche landwirtschaftliche Anbauformen einschließlich der Grünen Gentechnik zu gewährleisten. Das lässt darauf schließen, dass es keine Bedenken gibt, Agro-Gentechnik anzuwenden und zu verarbeiten. Zum anderen wird im letzten Absatz dann aber gefordert, dass ein angemessenes Monitoring auf den Flächen, auf denen im Herbst 2007 gentechnisch veränderter Raps angebaut wurde, durchgeführt werden soll. Das heißt, auf der einen Seite wird instruiert, dass eine Koexistenz bereits heute möglich ist, auf der anderen Seite sind die Folgen aber nicht bekannt und müssen noch untersucht werden.

(Ranka Prante)