Ranka Prante

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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Seit vielen Jahren schon ist die europäische Fischereipolitik ein viel diskutiertes Thema. Auf der einen Seite stehen Verbraucherinnen und Verbraucher, die Fische verzehren wollen und das zu möglichst günstigen Preisen. Große Industriebetriebe oder auch kleine handwerklich arbeitende Fischerinnen und Fischer wollen hohe Fangquoten und effiziente Fangmethoden, um Fische profitabel anbieten zu können.
Auf der anderen Seite aber steht immer noch der gesunde Menschenverstand, der uns sagt, dass der Fisch nicht unbegrenzt zur Verfügung stehen kann, dass sich Fischbestände nicht regenerieren können, wenn man Fischbestände nicht schont.
Der Fisch der europäischen Meere ist ein kollektives Gut, das uns allen gehört. Wenn wir so weitermachen wie bisher, wird allen Menschen dieses Gut unwiederbringlich genommen werden. Unwiederbringlich deshalb, weil in Europa bereits 88 % der Bestände als überfischt gelten.
Ich denke, wir müssen nicht erst den letzten Fisch fangen, um zu wissen, dass man Geld nicht essen kann. Nein, ich glaube, das müssen wir nicht.
Der Vorschlag der EU-Kommission vom Juli dieses Jahres ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Es muss nun darum gehen, dass dieser Vorschlag ohne Verschlechterung durch die europäischen Gremien geht. Und dazu braucht es Unterstützung von allen Seiten.
Wir als DIE LINKE werden dem Antrag der Grünen zustimmen.
Ich möchte einige Punkte herausgreifen, die wir, DIE LINKE, als besonders wichtig empfinden.
Erstens. Es ist völlig klar, dass wir einen Paradigmenwechsel in der europäischen Fischereipolitik brauchen. Es muss endlich Schluss sein mit Subventionen für Industriebetriebe, die ökologisch und sozial nicht nachhaltig arbeiten.
Zweitens. Es ist richtig, dass die Interessen der schleswig-holsteinischen Küstenfischerinnen und -fischer berücksichtigt werden sollen. An unseren Küsten ist die Fischerei ein Handwerk, das eine Unterstützung verdient.
Drittens. Alle Schutzbestimmungen, die in der EU gelten, müssen auch für EU-Abkommen mit Drittstaaten gelten. Die wichtigsten sind nordafrikanische Atlantikanrainer.
Wir müssen uns vorstellen, dass riesige EU-Fischereiflotten heute losfahren, um in diesen Gewässern Unmengen von Fisch abzufangen, Fische, die sie zu großen Teilen als Beifang tot wieder in den Ozean werfen, wie dies auch schon von den Abgeordneten der Grünen erzählt worden ist. Nur ein Teil davon landet in unseren Supermärkten und auf unseren Tellern. So geht das in unseren Augen nicht.
Das hat viele negative Folgen. Eine davon ist, dass lokale Fischer, die sich und ihre Familien von ihrem Tagesfang ernähren müssen, keinen Fisch mehr in ihren Netzen haben. Allein im Senegal leben 600.000 Familien von der traditionellen Fischerei. Die Überfischung durch EU-Flotten betrifft viele Millionen Menschen vor allem in Westafrika. Wir, DIE LINKE, wünschen uns, dass sich die EU in dieser Frage endlich klar positioniert.
Wir können nicht auf der einen Seite Entwicklungspolitik in diesen Ländern machen und auf der anderen Seite die Lebensgrundlage der Menschen vernichten. Viel sinnvoller wäre es, wenn beispielsweise die Marokkaner ihren Fisch selbst fangen würden und ihn dann zu ordentlichen Preisen auf dem europäischen Mark verkaufen könnten.
Viertens möchte ich Sie darauf hinweisen, dass wir die Festsetzung der Gesamtfangmengen an den höchstmöglichen Dauerertrag nur als eine Zwischenlösung betrachten. Langfristig muss es darum gehen, einen Biosystemansatz zu verwirklichen, der möglichst alle Einflussfaktoren in den Blick nimmt und auf diese Weise zu mehr Nachhaltigkeit führen kann.
Meine Damen und Herren, es gilt nun, alle Anstrengungen zu unternehmen, um den Reichtum der Meere zu erhalten. Im Interesse der nachfolgenden Generation, von der wir hier so oft reden, müssen wir jetzt handeln und die Artenvielfalt in unseren Ozeanen vor Profitgier schützen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Über den Strafvollzug von Frauen und Mädchen herrscht große Unwissenheit. Es gibt nur sehr wenig Fachliteratur zu dem Thema, und die ist bereits sehr veraltet. Ich bin sehr froh, dass wir, DIE LINKE, mit dieser Anfrage dazu beigetragen haben, dass dieses Defizit abgebaut werden kann. Ich danke aber auch der Verwaltung für die umfangreichen Antworten, die sehr zur Aufklärung der Situation beigetragen haben.
Im Strafvollzug ist nicht nur die Zahl der Männer viel höher als die Zahl der Frauen; auch die Deliktarten beziehungsweise die Umstände, unter denen Männer und Frauen inhaftiert werden, unterscheiden sich deutlich voneinander. Frauen im Strafvollzug sind weitaus weniger gewalttätig als Männer und können daher auch besondere Freiheiten genießen. Das ist gut, und das ist auch richtig. Aber darauf kann man sich in unseren Augen nicht ausruhen.
In der Antwort der Landesregierung wird aber deutlich, dass es kein Konzept gibt, das den Besonderheiten von Frauen im Strafvollzug Rechnung trägt. Die Landesregierung unterscheidet im Strafvollzug nicht oder nur ungenügend zwischen Frauen und Männern. Es entsteht vielmehr der Eindruck, dass man vom Männervollzug, bei dem es aus unserer Sicht eine Menge Verbesserungsmöglichkeiten gibt, ausgeht und den Frauenvollzug etwas liberaler gestaltet. Unser Ziel ist eine Analyse der besonderen Bedürfnisse von Frauen im Vollzug. Die Frage ist: Was brauchen Frauen, damit sie befähigt werden, ein straffreies, selbstbestimmtes Leben zu führen?
Nehmen wir die Weiterbildung und Arbeitssituation der Frauen in der JVA Lübeck. Während Männer im schleswig-holsteinischen Strafvollzug aus einer Vielzahl von Ausbildungsmöglichkeiten wählen können, haben die Frauen in Lübeck die Wahl zwischen einem genannten Teilqualifizierung-Textilkurs oder einem EDV-Kurs. Das schulische Angebot beschränkt sich auf Deutsch und Hauptschulkurse. In unseren Augen ist das ein Skandal.
Nach dem Verständnis der LINKEN müssen Frauen, die aus schwierigen Lebenslagen kommen, im Vollzug die Möglichkeit haben, ihr Leben neu zu ordnen. Sie müssen sich Chancen erarbeiten können, und die Landesregierung hat die Pflicht, ihnen Gelegenheit zur Berufsausbildung, beruflichen Fortbildung, Umschulung oder Teilnahme an anderen Maßnahmen zu geben. So steht es im Strafvollzugsgesetz. Das kann man von den Angeboten in Lübeck nur mit sehr viel gutem Willen behaupten. Sie geben hier ein Paradebeispiel von struktureller Benachteiligung von Frauen durch die Landesregierung.
Ein weiteres Problem ist die Ausstattung der Vollzugsanstalten mit qualifiziertem Personal. Ich meine damit Sozialarbeiterinnen und Psychologinnen. Ich habe schon darauf hingewiesen, dass wir
von Frauen sprechen, die in besonders schwierigen Situationen und Lebenslagen sind. Aber auch ihre psychische Belastung ist enorm hoch. 30 % haben psychische Probleme. 15 % haben sogar selbstverletzende oder suizidale Tendenzen. Ich betone: Das sind die offiziellen Zahlen. Von der Dunkelziffer möchte ich hier gar nicht sprechen, denn Inhaftierung und Trennung von Familie und Freunden ruft bei jedem Menschen eine besondere psychische Belastung hervor.
Die Landesregierung glaubt aber, dieser besonderen Lebenssituation ausreichend zu begegnen, wenn sie eine Psychologin mit 30 Wochenstunden abstellt, um 60 Frauen mit schweren Problemen zu betreuen. Das ist in unseren Augen der blanke Hohn.
Ein letzter Punkt. Die Hälfte der Frauen im schleswig-holsteinischen Strafvollzug ist von illegalen Drogen abhängig. Das ist ein sehr hoher Wert. Gleichzeitig ist der weitaus größte Teil der Frauen wegen Diebstahl und Eigentumsdelikten inhaftiert. Das lässt vermuten, dass wir es hier zu einem großen Teil mit Beschaffungskriminalität zu tun haben. Diese Frauen brauchen keine Strafe, sie brauchen Hilfe.
Im Übrigen wäre das Ganze - nebenbei gesagt - sogar günstiger für die Staatskassen, denn Hilfe ist wirksamer als Strafe und somit auch billiger.
Wenn man jetzt noch die Frauen, die wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz inhaftiert sind, hinzuzählt, kommt man zu dem Schluss, dass der größte Anteil der Frauen in schleswig-holsteinischen Vollzugsanstalten Täterinnen, aber zugleich Opfer einer verfehlten Drogenpolitik sind.
Sie werden als Konsumentinnen kriminalisiert und müssen sich häufig prostituieren, was weitere Gewalterfahrungen mit sich bringt. Zur Beschaffung müssen sie zu Diebstahl und Hehlerei greifen.
Ihre gesundheitliche Situation ist oft katastrophal. Wir, DIE LINKE, wünschen uns, dass wir fraktionsübergreifend im Innen- und Rechtsausschuss über diese und weitere massive Defizite sprechen. Konsequenzen im Strafvollzug wie in der Rechtspolitik müssen gezogen werden.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir, DIE LINKE, werden nicht müde, die sofortige, unverzügliche und unumkehrbare Stilllegung aller Atomkraftwerke und den Einstieg in eine hundertprozentig erneuerbare und gemeinwohlorientierte Energieversorgung zu fordern.
Wir lehnen grundsätzlich die Freisetzung von Radioaktivität in die Atmosphäre ab. Das Problem beginnt mit dem Abbau von Uran und setzt sich mit der Herstellung von Brennstäben fort. Dann folgen der Betrieb der Atomkraftwerke und die Endlagerung der abgebrannten Brennstäbe. In jeder Stufe der Verarbeitung wird hochgiftige Radioaktivität freigesetzt, immer wird die Gesundheit der Menschen gefährdet, und am Ende nehmen die für Menschen unbewohnbaren Räume zu. Das alles tötet und nimmt zukünftigen Generationen Raum und Luft zum Leben. Die Freisetzung von Radioaktivität ist ein Vergehen gegen die Zukunft der Menschen. Für diese Position werben wir weltweit, und wir hoffen dass sie noch rechtzeitig mehrheitsfähig wird. Wir wollen, dass dieser Planet noch von unseren Enkeln bewohnt werden kann.
Das Energiekonzept, wie es hier nun genannt wird, ist in unseren Augen einmal wieder ein Konzept gegen die menschliche Zukunft und für die Energiekonzerne. Wenn ein wirklicher politischer Wille in Deutschland formuliert worden wäre, voranzugehen und dem ganz normalen atomaren Desaster wenigstens in den Grenzen unseres Landes ein Ende zu setzen, müsste man über das Energiekonzept der Bundesregierung nicht sprechen. Man würde mit der Abschaltung der AKWs nicht bis 2022 warten, sondern sofort beginnen.
Jedes AKW tötet. Denken Sie an die Häufungen von Krebserkrankungen in der Umgebung von AKWs! Das hat nichts damit zu tun, ob ein AKW eine Stunde läuft oder elf Jahre. Es ist einfach le
bensbedrohlich. Spätestens nach Fukushima wissen auch die hartnäckigsten Atombefürworter, dass die Wahrscheinlichkeit dramatischer Unfälle ein unkalkulierbares Risiko für Mensch und Natur ist. Es geht nicht ohne eine Übergangsphase, doch es ist möglich, bis 2014 alle AKWs abzuschalten, ohne dass es Versorgungsengpässe in Deutschland gibt.
Doch die Frage, die im Raum steht, ist: Warum wird es nicht getan? Die Antwort ist schnell gefunden, wenn man auf die Internetseite der Bundesregierung geht und dort liest:
„Der Atomausstieg soll stufenweise erfolgen. Grundlage ist eine Regelzeit von 32 Jahren, denn bereits gemachte Investitionen in die Kraftwerke sollen sich lohnen.“
Sie sollen sich lohnen; wir alle wissen für wen. Es geht wieder einmal nicht um die Gesundheit und um die Sicherheit der Menschen. Nein, es geht wieder einmal um die Gewinne der Konzerne. Das war in unseren Augen leider nicht anders zu erwarten. Herr Ministerpräsident, Sie haben richtig erkannt, dass die Bundesregierung mit dieser Argumentation Entschädigungsforderungen der Atomkraftwerksbetreiber Tür und Tor öffnet. Sie sprechen das auch an. Das Problem ist doch, auf das schmale Brett zu kommen, sodass Entschädigungen überhaupt möglich sind. Hier geht es zum einen um die Frage, wie der politische Wille zum Ausstieg gerichtsfest formuliert wird. Andererseits ist das reale Problem, dass die Schäden, die Atomkraftwerke bereits durch ihren Normalbetrieb angerichtet haben, auch auf Kosten der Verursacher beseitigt gehören. Dazu gehört auch die Endlagerfrage.
Es ist einfach, einen politischen Beschluss herbeizuführen, der heute das Ende der Atomkraft herbeiführt und zugleich die Haushalte vor den finanziellen Begehrlichkeiten der AKW-Betreiber schützt. Das ist möglich. Liebe Grüne, die alle gerade im Gespräch sind, Ihr habt am Wochenende in unseren Augen, und nicht nur in unseren Augen, sondern auch in den Augen der Anti-AKW-Bewegung, erneut die AKW-Bewegung verraten und verkauft.
- Ihr habt die AKW-Bewegung verraten und verkauft, nur damit ihr gegenüber der Union eure Koalitionsfähigkeit zeigt. Aus diesem Grund habt ihr dem Ausstieg bis 2022 zugestimmt, obwohl ein anderer Ausstieg möglich ist.
- Genau, das ist eine Argumentation, oder was? Wir diskutieren nicht? - Alles klar. Ihr habt eine Vielzahl von Jahren in Kauf genommen, in denen die Bevölkerung völlig unnötig -
Entschuldigen Sie bitte. - Sie nehmen eine Vielzahl von Jahren in Kauf, in denen die Bevölkerung völlig unnötig dem Fukushima-Risiko ausgesetzt bleibt. Außerdem hätten die Grünen auf die Unumkehrbarkeit, das heißt auf die Aufnahme des Verbots der Nutzung des Atomstroms in das Grundgesetz, bestehen müssen. Aber nein, auch das wurde nicht getan. Wie sicher ist also dieser Atomausstieg? - Er ist es gar nicht.
Ich verstehe es nicht: Warum wollen Sie alle - außer der Fraktion DIE LINKE - den Atomausstieg erst 2022? - Das sind elf weitere Jahre mit höchstem Fukushima-Risiko. Das können wir uns überhaupt nicht leisten, denn ein AKW wird nicht sicherer, wenn es noch elf Jahre weiterläuft. Ein AKW ist erst sicher, wenn es stillgelegt und abgebaut wird.
Die Bundesregierung behauptet, ein früherer Atomausstieg sei nicht möglich. Wir schlagen etwas vor, was wir mit unabhängigen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, mit Umweltverbänden und mit kommunalen Energieerzeugern beraten haben. Es sieht die Abschaltung unverzüglich und ohne schuldhaftes Verzögern, das heißt so schnell wie möglich, vor, und zwar auf der Grundlage der Berechnungen von Fachleuten und nicht von Lobbyisten. Wir haben uns mit den Fachleuten beraten und sind auf das Jahr 2014 gekommen. Bei einem Atomausstieg im Jahr 2014 müsste kein einziger Haushalt, müsste kein einziges Unternehmen ohne Strom leben. Das ist realisierbar.
Wir als DIE LINKE sagen: Die Energieversorgung darf nicht dem privaten Markt überlassen werden. Energie ist ein Gut, das allen Menschen zukommen muss. Es ist ein Element der Daseinsfürsorge, und die öffentliche Hand hat die Pflicht,
Energie zu bewirtschaften. Wir sehen doch, dass die Energieversorgung dort am unsichersten ist, wo sie vollständig privat organisiert ist. Seit dem New Deal vor beinahe 80 Jahren hat es in den Vereinigten Staaten keine nennenswerte Erneuerung des Energienetzes durch Private gegeben. Deshalb brauchen wir eine starke politische Entscheidung, um die Zukunft der Energieversorgung zu sichern.
In Ihrem Konzept fehlen auch die Bedingungen hinsichtlich einer sozialen Ausgewogenheit der Kosten der Energiewende. Ohne Strompreisregulierung und ohne Sozialtarife für die ärmeren Teile der Bevölkerung wird eine extreme soziale Ungerechtigkeit herbeigeführt. Jedes Jahr werden 800.000 Stromund Gasversorgungssperrungen vorgenommen. Das ist in unseren Augen ein Skandal.
Dagegen haben die vier großen Konzerne in den letzten Jahren einen Profit von 100 Milliarden € gemacht. So geht das in unseren Augen einfach nicht. Wir müssen die Energiewende sozial gestalten und dürfen uns nicht von den Atomkonzernen die Preise für den Strom diktieren lassen.
Meine Damen und Herren, gerade von CDU und SPD, ich habe heute festgestellt, dass Sie alle in der Anti-AKW-Bewegung sind: Es ist doch merkwürdig, dass wir in vierzig Jahren dezentraler Energieversorgung mit 6.000 Stadtwerken in Deutschland besser ausgebaute und besser instandgehaltene Netze bei niedrigeren Energiepreisen hatten als nach dem Beginn des Privatisierungswahns. Seither sind die Gewinne der Stromkonzerne explodiert. Die Netze gehen auf die Substanz. Die Leistungsverluste wachsen genauso schnell wie die Renditen der Stromkonzerne.
Es ist Aufgabe der Politik, bezahlbare Energiepreise für alle zu gewährleisten. Wir brauchen erstens endlich wieder eine staatliche Preisaufsicht, um Strompreise wirksam und verbrauchergerecht zu regulieren. Zweitens müssen die Energieversorger verpflichtet werden, verbindliche Sozialtarife für einkommensschwache Haushalte anzubieten. Belgien und Frankreich haben das schon erfolgreich umgesetzt. Drittens fordern wir: Niemandem darf aufgrund von Zahlungsschwierigkeiten der Strom abgestellt werden. Energieversorgung ist für uns, DIE LINKE, ein existenzielles Grundrecht.
Die Realität ist derzeit leider, dass jährlich Hunderttausende von Haushalten von Stromsperrun
gen betroffen sind - mit steigender Tendenz. Ich habe dies eben schon erzählt.
Die großen Energiekonzerne haben ihre Gewinne in weniger als zehn Jahren versiebenfacht. Zugleich müssen immer mehr Menschen unter Energiearmut leiden. Wir brauchen jetzt eine sozialökologische Energiewende. Wir brauchen eine breite gesellschaftliche Debatte. Wir wollen für eine politische Lösung der Energiefrage werben, weil der Markt es offensichtlich nicht kann. Wir brauchen einen Atomausstieg mit einem Ausstiegsgesetz, damit das Gesetz juristisch wasserdicht wird.
Außerdem soll der Ausstieg unumkehrbar werden. Deshalb brauchen wir eine Ergänzung des Grundgesetzes.
Wir brauchen eine staatliche Preisregulierung. Meine Damen und Herren von der SPD, erinnern Sie sich noch an die Zeit, in der die Energiepreise reguliert waren? - Erinnern Sie sich noch daran, als man in Kiel sehr langsame Energiepreissteigerungen hatte, als die Netze noch tipptopp waren, als bei niemandem das Licht ausging und als die Stadtwerke trotzdem jedes Jahr 40 Millionen DM für den öffentlichen Verkehr und die öffentliche Infrastruktur bereitstellten? - Dieses Geld und noch viel mehr fällt mittlerweile nach oben. Sie haben dazu beigetragen, die politische Schwerkraft außer Kraft zu setzen.
Der notwendige Netzausbau muss zum Einstieg in die dezentrale kommunale Energieversorgung genutzt werden. Es ist sinnvoll, an einer Wiederbelebung der einst öffentlichen Struktur mit 6.000 kommunalen Versorgern zu arbeiten. Diese haben die Möglichkeit, auch regional Energie zu gewinnen. Das alles sind Herkulesaufgaben, die nur dezentral zu lösen sind.
Die Stromnetze müssen endlich in öffentliche Hand, und zwar weil es schneller Entscheidungen bedarf, um den Netzausgleich zwischen den regionalen Versorgern zu garantieren. Es muss auch viel neu gebaut werden, weil die alten Leitungen überwiegend marode sind, denn sie wurden zu lange privat bewirtschaftet. Deshalb soll die Politik zuständig sein. In der Politik haben wir Demokratie. Bei den vier Konzernen haben wir Kommerz und so keine Demokratie. Sie wollen die Zuständigkeit der Konzerne, wir wollen die Zuständigkeit der öffentlichen Hand.
Wir brauchen höchste Energieeffizienz. Ich habe es eben schon gesagt, das ist für uns die soziale Frage. Darauf müssen sich auch die Forschungen konzentrieren. Wir brauchen eine Lösung für einkommensschwache Bevölkerungsgruppen, um Bürgerinnen und Bürgern mit einer Effizienzprämie bei der Anschaffung energiesparender Geräte zu helfen.
Wir dürfen auch die Arbeitsbedingungen der in den AKW arbeitenden Menschen nicht außer Acht lassen. Im Rahmen einer Kleinen Anfrage hatte die Bundestagsfraktion DIE LINKE zum Beispiel Auskunft über den Einsatz von Leiharbeitern in deutschen Kernkraftwerken erbeten. Die Bundesregierung sollte die Ausstellung der Strahlenpässe, welche die Strahlenbelastung der Mitarbeiter festhalten, auswerten. Wie die „Süddeutsche Zeitung“ aus der Antwort der Bundesregierung berichtet, seien in den deutschen Kernkraftwerken 24.000 Leiharbeiter gegenüber 6.000 Festangestellten beschäftigt. Die große Frage war, wo die Strahlenbelastung am höchsten war. Sie war bei den Leiharbeitern am höchsten. Diese Art und Weise ist unerträglich.
Ich werde Ihnen nun das Energiekonzept der LINKEN aus unseren Augen und aus den Augen der Menschen und der Zukunft vorstellen. Es ist ein Energiekonzept für die Menschen und nicht für die vier großen Energiekonzerne. Es enthält sieben Schritte zum unverzüglichen und unumkehrbaren Atomausstieg. Der erste Schritt heißt: sofortige Stilllegung von elf Atomkraftwerken. Der Kraftwerkspark in Deutschland ist derart überdimensioniert, dass elf der 17 Atomkraftwerke in Deutschland sofort stillgelegt werden könnten, ohne die Versorgungssicherheit zu gefährden. Der zweite Schritt lautet: Vollständiger Atomausstieg bis zum Jahr 2014.
Die verbleibenden sechs Atomkraftwerke mit einer gesicherten Erzeugungsleistung von maximal 7 GW können schrittweise bis Ende des Jahres 2014 abgeschaltet werden. Bleiben einige fossile Kraftwerke wenige Jahre länger als geplant am Netz, bedeutet dies einen erheblichen Netto-Zuwachs an Kraftwerkskapazitäten. Durch ein aktives Lastmanagement kann zudem die Jahreshöchstlast kurzfristig deutlich verringert werden. Eine Verlagerung des Stromverbrauchs aus den fünfzig lasthöchsten Stunden nur um eine oder wenige Stunden kann laut Ökotest den Spitzenlastbedarf um 2 bis 5 GW redu
zieren. Entsprechend müssen weniger gesicherte Kraftwerkskapazitäten vorgehalten werden.
Drittens. Dieser Punkt ist, wie ich meine, das Wichtigste: Atomausstieg ins Grundgesetz. Damit der Atomausstieg unumkehrbar wird, muss er in der Verfassung verankert werden.
Die Verankerung des Verbots der Nutzung von Atomenergie und Atomwaffen gehört ins Grundgesetz, dann nämlich bedarf es einer Zweidrittelmehrheit, um dieses wieder zu verändern. Das ist die Erfahrung aus dem, was im letzten Jahr mit der Laufzeitverlängerung passiert ist. Daraus haben wir gelernt. Das muss ins Grundgesetz.
Viertens. Klimaschutz und Atomausstieg sind für uns überhaupt gar kein Widerspruch. Ein frühzeitiger Atomausstieg führt in diesem Jahrzehnt klar zu einer vorübergehenden Erhöhung der jährlichen CO2-Emissionen im Stromsektor. Doch ein beschleunigter Ausbau erneuerbarer Energien kann diesen Anstieg in den Jahren nach 2020 mehr als kompensieren. Das heißt, auch das ist möglich.
Der fünfte Punkt war mir eben in der Rede schon sehr wichtig: Strompreise sozial abfedern, Marktaufsicht wahrnehmen. Ein unverzüglicher Atomausstieg verändert die Kosten der Stromerzeugung. Die langfristig anfallenden und von der Gesellschaft insgesamt zu tragenden Kosten werden umso geringer, je schneller der Ausstieg erfolgt. Denn Atomstrom ist, wenn man die enormen Aufwendungen für Sicherheit und Versorgung berücksichtigt, extrem teuer. Kurzfristig und mittelfristig sind jedoch geringfügige Preissteigerungen zu erwarten, da investiert worden ist und investiert werden muss, weil die Privaten in all den Jahren ja leider nicht investiert haben. Trotz alledem müssen wir den Strompreis sozial abfedern, und wir müssen einen Fonds gründen, mit dem dann Leute unterstützt werden, die ihre Strompreise zurzeit nicht abfedern können.
Sechstens. Ich finde, auch das ist wieder ein ganz wichtiger Punkt: Atomausstieg schafft Arbeitsplätze und vernichtet sie nicht. Die Energiewende und ein unverzüglicher Atomausstieg werden positive Beschäftigungseffekte haben, und das wissen wir alle. Während bei den vier großen Energiekonzernen in den letzten Jahren Zigtausende von Arbeits
plätzen abgebaut worden sind, arbeiten heute rund 340.000 Menschen in der Erneuerbare-EnergienBranche. Eine regionalisierte Energieversorgung infolge des Atomausstiegs wird zu einem Beschäftigungsmotor im kommunalen Bereich. Beschäftigung an den Atomkraftwerksstandorten nach einer Stilllegung geschieht mithilfe regionaler Wirtschaftspolitik. Das heißt, es müssen Initiativen geschaffen werden, um Ersatzarbeitsplätze an den Atomkraftwerksstandorten durch regionale Wirtschaftspolitik zu fördern. Es geht um die Wende in der Beschäftigungspolitik der Erneuerbare-Energien-Branche hin zu tariflicher Entlohnung und um die Sicherstellung gewerkschaftlicher Rechte und gute Arbeit.
Ich komme zum siebten und letzten Punkt: Energiekonzerne entmachten, Energiewende demokratisieren. Der Atomausstieg muss gleichzeitig ein Einstieg in eine andere, und zwar generell andere Energiepolitik sein, konsequent orientiert am Ziel einer erneuerbaren, aber auch demokratisierten Stromversorgung. Es wird keine sozialökologische Energiewende geben, solange es nicht gelingt, die vier großen Energiekonzerne zu entmachten. Der Wille der Bürgerinnen und Bürger, nicht der Aktienbesitzer von E.ON und RWE, muss bei der Entscheidung über die zukünftige Energieversorgung im Vordergrund stehen.
Bei Planungsverfahren für den Bau von Netzen und Speichern oder Erzeugungsanlagen müssen die Mitbestimmungsmöglichkeiten der Bevölkerung ausgeweitet werden. Schon vor Beginn der Planungsverfahren sind die Bürgerinnen und Bürger zu informieren und einzubeziehen. Es muss Schluss sein mit einer Energiepolitik, die nur den vier großen Energiekonzernen nutzt und der Bevölkerung schadet und ihren Interessen entgegensteht. Die Linke setzt sich deshalb für eine soziale, ökologische und demokratische Energiepolitik ein.
Herr Ministerpräsident, ein letztes Wort noch von mir, und diese Frage wollte ich jetzt doch noch mal in den Raum stellen: Sie haben die Frage gestellt, warum die Wende erst jetzt kommt und nicht schon 1986 nach Tschernobyl war.
- Das fand ich nicht. - Sie erklärten das damit, dass die erneuerbaren Energien noch nicht zur Verfü
gung gestanden haben. Ich weiß aber, dass Sie im Herbst letzten Jahres hier gestanden und erzählt haben, dass die Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke richtig sei. Hatten wir damals die erneuerbaren Energien in der Form hier noch nicht? Ich finde, das zeigt einmal mehr, wie wechselhaft das alles ist.
Den Antrag der SPD finden wir gut so. Er hat auf wundersame Weise große Ähnlichkeit mit einem Flyer, den wir vor Kurzem herausgegeben haben. Was uns da ein bisschen fehlt - deswegen haben wir einen Änderungsantrag eingebracht -, ist die soziale Komponente, die auch in meiner Rede ganz wichtig war. Wir sind aber gern bereit, darüber im Ausschuss zu reden. Über den Antrag von CDU und FDP können wir natürlich auch im Ausschuss reden, obwohl wir den eigentlich grottenschlecht finden.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Aus dem Bericht und den Beschlussempfehlungen des Umwelt- und Agrarausschusses konnten Sie entnehmen, dass sich die Fraktionen intensiv mit dem Gesetzentwurf der Landesregierung auseinandergesetzt haben. Wir alle hier haben großes Interesse am Wald und seiner Perspektive bekundet und das nicht erst seit der ersten Lesung im September letzten Jahres. Unser Landeswaldgesetz führt die Vorgaben des Bundeswaldgesetzes aus und konkretisiert sie. Unserer Meinung nach ist dies in der Fassung des Gesetzes aus dem Jahre 2004 und den Änderungen im Jahre 2007 gut gelungen.
Sie sehen nun einen minimalen Bedarf für die Novellierung, aber wenn schon, dann bitte nicht in der Form, die das Landeswaldgesetz jetzt durch den Entwurf der Landesregierung und der die Regierung tragenden Fraktionen erhalten hat.
Zunächst ist festzuhalten, was auch im Ausschuss formuliert worden ist: Wald ist mehr als die Summe seiner Bäume. Wald hat eine große Bedeutung für uns alle. Es gilt, unterschiedliche Interessen miteinander zu vereinbaren, es gilt, die Balance zu halten. Es geht um die Balance zwischen den öffentlichen Interessen, des Artenschutzes, dem Interesse der Waldbesucherinnen und Besucher aus Naherholung und der Kompatibilität mit den Bedürfnissen der Holzwirtschaft. Der Wald gerät unter Druck, und zwar nicht nur durch die vermehrte Holznutzung. Es gibt einige Konflikte und sich gegenüberstehende Interessenlagen.
Wir wollen die Artenvielfalt erhalten, also möglichst viele Pflanzen und Tiere schützen. Gleichzeitig wollen wir, dass der Wald - öffentlich genutzt zugänglich ist. Wir wollen, dass die Waldwege durch Fahrradfahrer und Reiter genutzt werden können. Gleichzeitig wollen wir Ruhezonen für alle Tiere. Totholz - wir alle wissen es - ist für Tiere und Pflanzen lebensnotwendig, für den Jogger aber kann es lebensgefährlich sein.
Forstleute dürfen bei dieser schwierigen Aufgabe nicht weiterhin alleingelassen werden. Wie gesagt, die Balance zu halten und allen Interessen gerecht
zu werden, ist schwierig. Aber das ist die Aufgabe der gegenwärtigen Landesregierung, eine Aufgabe, die Sie in unseren Augen einmal mehr wieder nur mangelhaft bewältigt haben.
Dies sieht man deutlich an Ihrem Gesetzentwurf; denn die Balance zwischen den Interessen von Naturschutz, Ökonomie und Naherholung und einer möglichen Vereinfachung und Verbesserung der Verständlichkeit des Landeswaldgesetzes ist Ihnen mit diesem Gesetzentwurf in unseren Augen nicht gelungen. Sie verschlechtern wieder einmal - nichts Neues in unseren Augen. Wir wissen, das Naturschutz und gesellschaftliche Belange bei Ihnen immer zugunsten der Wirtschaft zurückgestellt werden. Das zeigt sich im vorliegendem Gesetzentwurf zum Beispiel durch die Streichung des Absatzes 3 in Artikel 1, in dem die genaue Ausgestaltung der nachhaltigen Forstwirtschaft definiert ist. Sie machen wieder einmal vieles falsch und schaden damit auf lange Sicht nicht nur der Natur und den Menschen, sondern in unseren Augen auch der Forstwirtschaft.
Immerhin, was eben auch schon wiederholt wurde, konnten Sie sich dazu durchringen, den Wald vor Gentechnik zu bewahren - immerhin! Alles andere wäre aber auch völlig unverantwortlich gewesen.
Ansonsten sehen wir insbesondere in der Streichung der Präzisierung der guten fachlichen Praxis einen wirklich fatalen Rückschritt. Andere Streichungen, die der Straffung des Gesetzes dienen sollen, sind ebenso unnötig wie folgenschwer, weil sie zu einem Ungleichgewicht der Interessenlagen führen und die ökologische Ausrichtung konterkarien.
Alles in allem stellen wir also fest, dass es Ihnen mit Ihrem Gesetzentwurf nicht gelungen ist, die nötige Balance zwischen den Interessenlagen des Naturschutzes, der Forstwirtschaft und der Naherholung herzustellen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Magnussen, ich möchte gern noch einmal auf Ihren Redebeitrag eingehen: Atomkraft ist gut für Arbeitsplätze. Sie wissen, dass die vier großen Energiekonzerne in den letzten Jahren zig Tausende Arbeitsplätze abgeschafft haben, und dass im Bereich der erneuerbaren Energien mittlerweile 340.000 Menschen in Arbeit sind. Es wird davon ausgegangen, dass demnächst die Grenze von 500.000 Arbeitsplätzen erreicht wird. Ich weiß nicht, warum Sie dieses Ammenmärchen wieder aufbauen.
Ja.
- Sie sind nicht in Gefahr, weil es Gutachten und Konzepte gibt, die diese Menschen bei einem Ausstieg aus der Atomkraft wieder in Arbeit bringen. Es gibt wunderbare Gutachten. Herr Magnussen, lesen Sie es nach.
- Ich würde jetzt gern anfangen.
Unser Ziel ist eine soziale und ökologische Energiewende. Wir wollen bezahlbare, umweltfreundliche und sichere Energie produzieren. Wir wollen zügig hin zu 100 % erneuerbaren Energien.
Unser Energiekonzept beinhaltet den Atomausstieg bis 2014.
- Ja, 2014.
Das können wir gern später zusammen besprechen.
Wir wissen alle, dass in Schleswig-Holstein Windkraftanlagen abgeschaltet werden müssen, weil der Strom nicht ins Netz eingespeist wird. Natürlich haben die großen Stromkonzerne bisher kein Interesse daran gehabt, die Stromnetze auf die erneuerbaren Energien auszurichten, damit die hochprofitablen Atom- und Kohlekraftwerke am Netz bleiben können.
Wir dürfen jetzt nicht den Fehler machen und ohne Zielvorgaben den Ausbau des Stromnetzes fordern. Lassen Sie uns einen Schritt zurückgehen und das Bestehende betrachten. Im Jahre 2004 wurde in Zusammenarbeit mit den großen Stromkonzernen die dena-Studie angefertigt. In dieser Studie wurde unter anderem vorausgesagt, dass im Jahr 2010 insgesamt 5,4 GW Offshoreenergie und 24,4 GW Onshoreenergie im Jahre 2010 produziert werden würden. Jetzt schreiben wir das Jahr 2011, und wir haben nur 0,2 GW Offshore-, sowie 27 GW Onshoreenergie. Es ist also eine krasse Fehleinschätzung gewesen. Fakt ist aber, dass auf dieser Studie und damit auch auf den Fehleinschätzungen die bisherige Netzausbauplanung beruht.
Die Konsequenz daraus ist jedoch: Zunächst muss mit den bereits erstellten Stromnetzen gearbeitet werden, und geplante Projekte müssen vor ihrer Umsetzung auf ihre tatsächliche Notwendigkeit überprüft werden. Ziel muss es sein, den Netzausbau mit Augenmaß voranzubringen, unnötige Leitungen und damit unnötige Kosten zu vermeiden. Das gelingt aber nur mit dem Einsatz von unabhängigen Sachverständigen auf Landes- und Bundesebene. Das gelingt nur, wenn hier keine Politik für die vier großen Energiekonzerne gemacht wird.
Es ist uns als LINKE ein wichtiges Anliegen, dass der Ausbau der Stromnetze zügig, demokratisch, rechtssicher und unter Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger vorgenommen wird.
Dazu gehört unserer Meinung nach aber nicht, dass den Bürgerinnen und Bürgern der Instanzenzug verkürzt und damit die gerichtliche Kontrolle eingeschränkt wird.
Denn wir müssen dies beim Namen nennen: es geht hier um Enteignungen, die nicht nur einen Verlust an Eigentum zur Folge haben, sondern auch persönliche dramatische Auswirkungen auf den Enteigneten haben können.
Unserer Meinung nach gehört zu einem demokratischen und bürgerfreundlichen Stromnetzausbau, dass die öffentliche Hand durch eigene kommunale und staatliche Unternehmen selbst Eigentümerin der Stromnetze wird oder Bürgerparks.
Nur so schaffen wir es, eine echte demokratische Kontrolle zu bekommen
und Investitionen dort zu tätigen, wo sie tatsächlich notwendig und richtig sind und so auch die Menschen mitnehmen können.
Der Umbau der Stromnetze hat nicht nur eine technisch-wissenschaftliche, sondern - wie schon angesprochen - auch eine soziale Seite, die von allen anderen Fraktionen in den Anträgen, die ich gelesen habe, leider außer Acht gelassen wurde. Stromnetze müssen endlich als Teil der öffentlichen Daseinsfürsorge gesehen werden und dürfen nicht der Willkür und der Profitgier einiger Weniger ausgesetzt sein.
Alles in allem geht es nicht nur um die verlässliche Bereitstellung von Strom, Wärme und Kraftstoffen, sondern es geht darum, wie sich unser Energiesystem auf das Klima, die Umwelt und die Bevölkerung auswirkt.
Energiepreise, egal durch was auch immer sie verursacht werden, dürfen sich auf Bürgerinnen und Bürger nicht unverhältnismäßig belastend auswirken. Strompreise müssen sozial abgefedert werden.
Deshalb fordern wir ein Verbot von Stromsperren und die Einführung von Stromsozialtarifen.
Es geht also um sichere, bezahlbare und umweltfreundliche Energieversorgung als Grundlage für eine funktionierende Wirtschaft, für die Lebensqualität aller Bürgerinnen und Bürger und für den Schutz unserer Erde.
Da ja aus meiner Fraktion ein Abgeordneter von diesem Vorfall betroffen ist, möchte ich Sie ganz offiziell dazu aufrufen, sich bei ihm zu entschuldigen. Das ist der erste Punkt. Denn ich glaube, dass wir hier in einem Parlament sind, wo wir einen respektvollen Umgang pflegen wollen, wo wir miteinander kommunizieren wollen uns auch manchmal hart angehen. Aber ich glaube, in dem Moment, wo eine Person hier im Haus beleidigt wird, steht es ihm auch zu, eine Entschuldigung von demjenigen oder derjenigen zu erhalten. Das ist die erste Forderung, die ich jetzt stelle.
Ich möchte noch etwas klarstellen, Herr Kubicki. Hier in Schleswig-Holstein werden wir nicht vom Verfassungsschutz überprüft. Das ist die nächste
Sache, wo ich sagen muss: Bitte überprüfen Sie mal Ihre Aussagen.
- Doch, das hat er gerade dargestellt.
Ich möchte noch einmal darstellen, dass ich finde, dass Sie im höchsten Maße das Parlament hier in dieser Art und Weise, wie Sie damit jetzt umgehen, beleidigt haben, und ich erwarte da einfach ein bisschen mehr.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wieder einmal stehen wir hier und reden über einen Bereich, der vordergründig hauptsächlich Frauen betrifft: Hebammen und Geburtshelfer. Das letzte Mal war dies im letzten Jahr ein Thema in der Juli-Ta
gung des Landtags. Schon da haben wir, DIE LINKE, für die Wahlfreiheit plädiert, dass jede Frau die freie Wahl haben soll, unter welchen Umständen ihr Kind das Licht der Welt erblickt. Wir haben deutlich darauf hingewiesen, dass die Hebammen nicht die verfehlte Gesundheitspolitik der vergangenen Jahre und die Versäumnisse der Regierung ausbaden dürfen.
Seit 2007 liegt die Verantwortung für die Hebammenleistungen nicht mehr bei der Bundesregierung, sondern beim GKV-Spitzenverband und bei den Hebammenverbänden.
- Ich würde mich freuen, wenn ein bisschen mehr Ruhe bei dem Thema herrschte. Denn ich glaube, es ist ein sehr wichtiges Thema.
Genau seit diesem Jahr hat es keine Gebührenerhöhung mehr gegeben, und zwar hat die Bundesregierung versäumt, Art und Umfang der Hebammenhilfe verbindlich gesetzlich festzulegen. Die Hebammenhilfe ist jetzt immer noch in der Reichsversicherungsordnung geregelt, während andere Heilberufe ins SGB V überführt worden sind. Warum es bisher keine Honorarerhöhungen für die Hebammen gab, aber zum Beispiel bei Ärztinnen und Ärzten - und das trotz des Wirtschaftlichkeitsgebots ist in keinster Weise nachvollziehbar.
Wenn dann auch noch - so wie im Juli 2010 - die Haftpflichtversicherungsbeiträge ins Unermessliche steigen, ist es doch kein Wunder, dass die Existenz von Hebammen und Geburtshelfern akut gefährdet sind. Laut der Vorsitzenden des Hebammenverbandes, Frau Salzmann, die heute auch anwesend ist, hat jede fünfte freiberufliche Hebamme in Schleswig-Holstein die Geburtshilfe aufgeben müssen. Das ist mehr als der Bundesdurchschnitt. Die regierungstragenden Fraktionen und die Landesregierung sehen ohne mit der Wimper zu zucken mit an, wie einer der ältesten Berufsstände kaputt gemacht wird. Er wird regelrecht zerstört. Keiner von Ihnen macht wirklich etwas. Das Thema ist so nebensächlich, dass im Ältestenrat auch ganz schnell deutlich gemacht wird, dass bei diesem Thema nicht Herr Dr. Garg selbst da sein müsste, der eigentlich für diesen Bereich zuständig ist , sondern es langt ja, wenn seine Vertretung dazu spricht.
Meine Fraktion und ich sind da fast sprachlos darüber, wie ignorant mit diesem Thema bisher umgegangen wurde.
Dann reichen FDP und die Union einen Änderungsantrag ein, in dem wir einen Erlass begrüßen sollen, der nur ein Tropfen auf den heißen Stein ist, in dem wir eine Erhebung über die Vergütungssituation der Hebammen und Geburtshelfer der Bundesregierung begrüßen sollen und die Prüfung eines Modellprojekts aus Rheinland-Pfalz.
Meine Damen und Herren, Sie sind doch alle nur mit Täuschungsmanövern überhäuft. Sie tun jetzt so, als wollten Sie was tun, jetzt, nachdem die Hebammen keine Ruhe geben und vorm Landeshaus stehen, so wie am 5. Mai 2011.
Diese Frauen und Männer sind verzweifelt. Sie können ihren Beruf bald nicht mehr ausüben, weil nichts getan wird. Wann haben Sie sich denn einmal mit allen Beteiligten hingesetzt, sie angehört und wirkliche Lösungsvorschläge entwickelt? Das kurze Zusammentreffen mit der Vorsitzenden des Hebammenverbandes war doch auch nur eine Show-Veranstaltung, um den Hebammen das Gefühl zu vermitteln, Sie würden sich dafür interessieren.
Ich sage das, weil Sie noch in der Antwort auf unsere Kleine Anfrage - wir haben dazu eine Anfrage gestellt; vielleicht kennen Sie die - aus dem Juni 2010 die Unterstützung der Hebammen von staatlicher Seite vollständig abgelehnt haben.
- Das steht in der Antwort auf die Kleine Anfrage.
Sie müssen doch endlich kapieren, dass es hier nicht ausschließlich um das finanzielle Wohl von Hebammen und Geburtshelfern geht, die bei Ihnen schon der Sache wegen keine große Lobby haben.
Denn Sie machen ja immer wieder deutlich, dass pflegende und sorgende Berufsfelder bei Ihnen kein hohes Ansehen genießen. Ich glaube, Sie müssen kapieren, dass es hier auch um Mütter und Kinder, um Familien und um die Zukunft geht.
- Wenn es um Männer gehen würde, würde es wahrscheinlich anders laufen.
Ich verlange von Ihnen, dass sie etwas tun, und zwar verbindlich.
Der Witz ist doch auch, dass bislang jede Frau einen Rechtsanspruch auf Hebammenleistungen hat. Wenn Hebammen nun aber ihren Job mangels gerechter Entlohnung aufgeben müssen, ist doch auch dieser Rechtsanspruch nicht aufrechtzuerhalten und die Versorgung in Gefahr, insbesondere im ländlichen Raum.
Und das ist Ihre Schuld. Von daher wünsche ich mir, dass wir einmal einen Runden Tisch einberufen, was wir in unserem Antrag fordern. Ich wünsche, dass wir über den Änderungsantrag der Grünen, den ich auch sehr gut finde, abstimmen. Wir werden dem zustimmen. Aber der CDU und der FDP kann man nicht zustimmen. Deren Vorschläge kann man nur ablehnen. Sie enthalten keinerlei Verbesserungen für die Hebammen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich fasse mich kurz. Liebe Landesregierung! Herr de Jager, das, was Sie sich beim Thema CCS gerade geleistet haben, ist unglaublich. Sie werfen uns Populismus vor, während wir an die Ängste der Menschen, die Realität sind, herangehen und sagen, wir nehmen sie ernst. Sie stellen sich hier hin und sagen, dass wir die Leute hochpowern. Das finde ich unmöglich.
- Nein, das finde ich unmöglich. Ich kann mit dem Verhalten nicht viel anfangen. Ich kann mir das Verhalten nicht erklären, dass hier eine Länderklausel abgefeiert wird, wobei gestern ein wissenschaftliches Gutachten herauskam, aus dem man ganz klar sieht: Diese Länderklausel kann keinen Schutz für die Bevölkerung hier in Schleswig-Holstein bringen.
- Das stimmt, lesen Sie sich das einmal durch! Sie können sich das durchlesen.
Man sieht einmal wieder, dass hier eine typische Lobbypolitik betrieben wird. Das ist das, was hier läuft.
- Nein, das ist kein Schimpfwort.
Sie haben sich wieder einmal über den Tisch ziehen lassen. Sie haben wieder einmal die Leute, die auf der Straße waren, die dafür kämpfen und die versuchen, ihre Ängste klar zu definieren, nicht ernst genommen. Das, was Sie in Ihrem Papier zu der Länderklausel geschrieben haben, ist in unseren Augen nicht das Papier wert. In unseren Augen können Sie sich auch nicht durch die Rede, die Sie eben gehalten haben, herausreden, indem Sie sagen:. Sie hätten zum Beispiel nicht von dem Problem nichts gewusst, dass etwas in der Zwölfmeilenzone passiert.
- Ich höre zu. Ich höre sehr viel zu, und ich lese auch viel von dem, was geschrieben wird. Ganz zu schweigen davon, dass CCS den Föderalismus nicht kennt und dass Gas zum Beispiel nicht vor Ländergrenzen Halt macht und so weiter. All dies sind Punkte, über die wir hier schon hundertmal gesprochen haben. Trotzdem stellen Sie sich hier hin und erzählen, dass es wunderbar sei, wie das Gesetz jetzt verabschiedet worden sei. Das ist unmöglich.
Rechtssicherheit für den Ausschluss in einzelnen Bundesländern bestand nie, zu keinem Zeitpunkt. Ich habe es eben schon formuliert: Trotzdem haben Sie sich dafür feiern lassen. Sie haben so gefeiert, weil Sie die Bevölkerung kurzfristig hinters Licht geführt haben. So ist das in unseren Augen. Legen Sie sich endlich fest. Wollen Sie CCS in SchleswigHolstein, oder wollen Sie es nicht? - Wenn Sie es nicht wollen und kein Hintertürchen für die Konzerne offenlassen wollen, dann schlagen Sie endlich den richtigen Weg ein, und zwar den Weg, der CCS wirklich und wahrhaftig ausschließt.
Da nützt es auch nichts, auf seiner eigenen Rechtsposition zu beharren. Das gilt insbesondere dann, wenn der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags ein Gutachten herausgibt, das genau das Gegenteil beweist.
Bitte.
- Ich denke, dass sie sich vorübergehend zurückgezogen haben. Ich glaube nicht, dass das weitreichend ist.
Sie alle haben unsere Warnungen, die genau auf diesen Punkt hinausliefen, ignoriert. Wir hatten den Antrag schon einmal eingebracht. Wenn Sie hier
kein CCS wollen, dann frage ich: Warum haben Sie sich dafür nicht richtig stark gemacht? Warum sind Sie nicht auf Nummer sicher gegangen? Die rechtliche Grundlage dafür existierte doch. Sie können sich doch jetzt nicht einfach so zurückziehen. Das ist genau das, was gerade passiert. Nur weil RWE zurückgezogen hat, mindert das doch nicht den Handlungsbedarf. Es kann sich doch jederzeit etwas ändern. Angesichts der Vielzahl an Gefahren, Problemen und Ungeklärtheiten im Zusammenhang mit CCS ist dieser Standpunkt für uns geradezu fahrlässig.
Ganz zu schweigen ist davon, dass CCS energiepolitisch geradezu ein trojanische Pferd ist und indirekt die Beibehaltung und den Bau von Kohlekraftwerken fördert und legitimiert - und das in einer Zeit, in der die Menschen auf die Straße gehen und für eine nachhaltige Energiepolitik demonstrieren.
Ja.
- Weil aus dem Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags hervorgeht, dass wir für das Bundesland Schleswig-Holstein CCS nicht generell ausschließen können und dass es immer wieder Genehmigungsverfahren geben muss.
- Gut, ich darf jetzt weitermachen. CCS, die Abscheidung und Speicherung von Kohlendioxid, muss im ganzen Bundesgebiet ausgeschlossen werden, und die Erprobung und Anwendung von CCS muss überall in Deutschland verboten werden.
Darum bitte ich um die Unterstützung beider Anträge.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte das hier nicht so im Raum stehen lassen. Ich verweise erstens auf die Drucksache 17/5232 des Bundestag, mit dem unsere Fraktion einen Gesetzentwurf zum Verbot von CCS-Einlagerungen im gesamten Bundesgebiet eingebracht hat. Das ist das Erste.
Zweitens möchte ich noch einmal klarstellen: Die Ängste der Menschen hören nicht an den Landesgrenzen auf. CCS hört auch nicht an der Landesgrenze auf. Ich möchte Sie noch einmal darum bitten, darüber nachzudenken, was Gas unterirdisch
verursachen kann. Auch wenn vor der Zwölfmeilenzone Gas eingespeist wird, kommt das bei uns an. Das ist ganz einfach. Das ist das, worum es hier geht. Ich finde es klasse, dass die Grünen mittlerweile sagen, dass das auf Bundesebene verboten werden muss.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir reden heute einmal wieder über Atomkraft. Wir finden, das ist richtig so, denn noch immer laufen hier in Deutschland Atomkraftwerke. Das beinhaltet auch der europäische Euratom-Vertrag, der die Förderung der europäischen Nuklearindustrie vorsieht - und das seit über 50 Jahren. Die Nuklearindustrie wird durch Kredite und über Nuklearforschungsgelder gefördert. Im Zeitraum von 2007 bis 2013 werden allein 5,25 Milliarden € ausgegeben. Zusätzlich werden seit dem Jahr 1995 im Rahmen der Kreditvergabe zum Neubau und zur Modernisierung von Atomkraftwerken 4 Milliarden € bereitgestellt.
Allein das Siebte Rahmenprogramm der Europäischen Atomgemeinschaft für Forschungs- und Ausbildungsmaßnahmen im Nuklearbereich umfasst von 2007 bis 2011 ein Budget von 2,751 Millionen €. 2,751 Millionen €, die in eine gefährliche und unbeherrschbare Technologie fließen. Irres Geld, wenn man bedenkt, dass wir dies in eine Technologie investieren, die lebensbedrohlich ist anstatt das Geld in die sichere, umweltverträgliche und soziale Energieversorgung zu investieren.
Nein, die erneuerbaren Energien bleiben weiterhin unterfinanziert, obwohl sie sicher sind, obwohl sie Arbeitsplätze schaffen, obwohl sie nachhaltig und der richtige Weg sind. Ich zitiere aus der Präambel des Euratom-Vertrags von 2010:
„... entschlossen, die Voraussetzungen für die Entwicklung einer mächtigen Kernindustrie zu schaffen, welche die Energieerzeugung erweitert, die Technik modernisiert und auf zahlreichen anderen Gebieten zum Wohlstand ihrer Völker beiträgt...“
Das sagt in unseren Augen einfach alles.
Die Bürgerinnen und Bürger Europas finanzieren Euratom mit ihren Steuern zwangsweise über den Haushalt der Europäischen Union mit. Bürgerinnen und Bürger zahlen der EU Milliardensummen, angeblich um die Sicherheit der Atomkraftwerke zu verbessern. Aber wir wissen seit Tschernobyl, und die Gleichgültigsten unter uns spätestens seit Fukushima, dass es diese Sicherheit nicht gibt. Wie wir alle wissen, tragen auch Stresstests von AKWs nichts zur Sicherheit bei. Dazu kommt auch noch, dass die geplanten Stresstests für die Atomkraftwerke in der EU - so sage ich einmal - sehr milde ausfallen.
Die Atomkraftwerke in der EU sollen Natur- und Klimakatastrophen standhalten können. Das Risiko von Flugzeugabstürzen oder Terrorangriffen soll nicht überprüft werden. Fakt ist auch, dass Euratom zwar von den Bürgerinnen und Bürgern finanziert wird, er aber keiner demokratischen Kontrolle durch das Europäische Parlament unterliegt.
Die gelegentlich demokratischeren und präziseren Regeln des Lissabon-Vertrags kommen nicht zur Anwendung. Lediglich in einigen Bereichen des Vertrages über die Europäische Atomgemeinschaft hat das Europäische Parlament Kontroll- und Konsultativfunktionen - aber kein Mitspracherecht in den Kernbereichen. Das finden wir unerträglich.
Damit ist die EU-Förderung der Atomenergie dem Einfluss der Bürgerinnen und Bürger entzogen. Das ist alles andere als demokratisch. Auch deswegen unterstützen wir den Antrag der SPD und sagen: Danke schön, dass es hier angesprochen worden ist, und wir hoffen, dass das auch so beschlossen werden wird.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! „Es gibt keinen Erfolg ohne Frauen.“ - Das ist ein Zitat von Kurt Tucholsky. Ich sage: Es gibt nicht nur keinen Erfolg ohne Frauen, sondern es gibt auch kein Leben ohne Frauen, so wie wir es hier kennen und wie es hier funktioniert.
Trotzdem sind und werden Frauen in fast allen Bereichen des Lebens diskriminiert. Das Thema Gleichstellung ist deshalb ein sehr sehr wichtiges Thema, das alle Bereiche des Lebens betrifft - eine Querschnittsaufgabe. Frauen und Männer müssen endlich - endlich! - die gleiche Teilhabe an allen gesellschaftlichen Bereichen und Ressourcen haben.
Frauen müssen vor Diskriminierung und Gewalt geschützt werden. Es muss endlich ein Leben für alle Menschen frei von einschränkenden Geschlechterrollen geben. Das ist Gleichstellung. Es gehört also vieles dazu, insbesondere wenn man sich noch einmal klar vor Augen führt, dass laut Statistischem Landesamt der durchschnittliche Nettoverdienst von Frauen in Schleswig-Holstein 23 % geringer war und ist als der Verdienst bei Männern.
Ich kenne die Versuche, diese Lohnungerechtigkeiten zu erklären. Das haben wir gerade eben wieder gehört. Angeblich suchen sich Frauen die schlechter bezahlten Berufe aus. Angeblich verhandeln sie nicht so gut. Angeblich geben sie sich mit weniger zufrieden und so weiter, und so weiter.
Wir brauchen also keine Quote, Frau Funke, wie Sie es auch in Ihrer Pressemitteilung herausgegeben haben? - Ich glaube, das stimmt so nicht, denn angeblich sind - wie Sie sagen - wir Frauen Schuld.
Das sehe ich ganz und gar anders.
- Diese Presseerklärung sagt es. Lesen Sie sie noch einmal nach!
- Das glaube ich auch, Wahrheiten sind hier immer etwas schwierig.
Selbst wenn es zuträfe, entbindet uns - damit meine ich alle Frauen und Männer in diesem Saal -, nicht von der Pflicht, etwas gegen die Lohnungerechtigkeit und für die Gleichstellung von Frauen und Männern zu tun. Dieses muss gesetzlich verankert werden. Das sehen wir als Fraktion DIE LINKE als sehr wichtig an.
Es sind Erklärungsversuche, die nichts an der Realität ändern und die nicht zur Lösung beitragen. Gleichzeitig sind diese Erklärungsversuche in unseren Augen ein Schlag ins Gesicht der Frauen, jeder Frau, die versucht, Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen, den Lebensunterhalt ihrer Familie und möglicherweise noch eine auskömmliche Rente zu erwirtschaften.
Alle Versuche, die Unterschiede - insbesondere in der Arbeitswelt von Frauen und Männern - zu minimieren, werden und wurden bisher von der Politik
behindert und gestört. Wir brauchen dringend eine Quote. Wir sehen die Quote von 50 % für Frauen in Vorstandsetagen und in Aufsichtsräten und allen anderen Bereichen. Es muss für jeden Demokraten und jede Demokratin absolut selbstverständlich sein, dass die Mehrheit der Bevölkerung auch angemessen an den wichtigsten Entscheidungen beteiligt wird.
Frauen müssen am Ende doch auch die Suppe mit auslöffeln. Woher kommt die Angst vor der Quote, Herr Schmalfuß und Frau Funke? Wo sind Ihre Lösungsvorschläge?
- Ich habe eben nichts gehört von dem! Frau Funke, ich habe Ihnen eben zugehört. Sie haben doch bisher nichts zur Gleichstellung von Frauen und Männern beitragen können. Haben Sie Angst, dass Sie Ihre Lobbypolitik nicht mehr durchsetzen können, weil Sie auf dem Rücken von Frauen ausgetragen wird - von Frauen, die unentgeltlich oder zu minimalen Löhnen arbeiten und damit Schleswig-Holstein und Deutschland eher schlecht als recht, aber eben doch noch funktionieren lassen?
Es wird nicht mehr lange so funktionieren. Wir brauchen endlich konsequente Gleichstellungsgesetze für die private Wirtschaft, denn wir sehen uns eben mit einer krassen, durch nichts begründeten Lohndiskriminierung konfrontiert, obwohl Frauen im Durchschnitt sogar die besseren Berufsund Hochschulabschlüsse haben.
- O Gott, das war jetzt aber peinlich!
Dann kommt noch die andere Seite der Diskriminierung hinzu: die schlechtere Bezahlung in den von Frauen dominierten Berufsfeldern, gesellschaftliche Rollenbilder, unterirdisch schlechte, teure Kinderbetreuungsmöglichkeiten und das darauf folgende erhöhte Armutsrisiko für Frauen.
Wir brauchen eine Verbesserung der gesamten Arbeitswelt. Wir brauchen eine Veränderung der Gesellschaft. Dazu gehört unter anderem die Einführung eines flächendeckenden Mindestlohns. Es kann doch nicht sein, dass man arbeitet und trotzdem arm ist.
Dazu gehört auch ein höheres Ansehen von bestimmten Berufsfeldern wie den sorgenden und pflegenden Berufen. Es darf nicht mehr nur um Profit gehen, also um den Gewinn an Geld, der nach Abzug der Kosten erzielt wird. Profit muss weit mehr sein. Profit darf nicht nur in Geld gemessen werden.
- Zum Beispiel in Arbeit, in Menschlichkeit und darin, dass der Mensch von seiner Arbeit leben kann. Auch das ist Profit. Profit ist auch, was die Frauen für diese Gesellschaft leisten. Das ist Profit für uns alle.
Machen Sie endlich Politik für alle Menschen! Ich habe mit dem Zitat eines Mannes begonnen. Lassen Sie mich nun mit einem Zitat einer Frau, mit einem Zitat von Simone de Beauvoir enden:
„Frauen, die nichts fordern, werden beim Wort genommen. Sie bekommen nichts.“
Deshalb fordern wir, DIE LINKE, und ich: Her mit der Hälfte!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Grünland ist nicht gleich Grünland - weder juristisch noch ökologisch. Das Besondere aber am
Grünland sind die hohe Kohlenstoffspeicherkapazität, und die Biodiversität und die Tatsache, dass es insbesondere vielen Wiesenvögeln als Brutstätte dient. Der dramatische Rückgang von Uferschnepfen, Kiebitzen und Feldlerchen hat uns als LINKE alarmiert. Die Auswirkungen des Grünlandumbruchs auf Wiesenvögel sind in unseren Augen schon bewiesen. Darum müssen wir, denke ich, in diesem Sinne handeln.
Ich möchte den Fokus auf folgende Ursachen lenken, da uns das Thema sehr wichtig ist. Grünlandumbruch und das Schaffen von Ausgleichsflächen haben folgende Probleme: Die eben genannten Qualitäten von Grünland werden auf lange Zeit zerstört. Eine Neusaat von Grünland kann deshalb nicht einen Umbruch an einer anderen Stelle sofort kompensieren und damit auch nicht sofort als Lebensraum für Wiesenvogelarten dienen. Wir zerstören also nicht nur Kohlenstoffspeicherkapazitäten und Biodiversitäten, sondern den gesamten Lebensraum von einheimischen Wiesenvögeln.
Als Dauergrünland und damit als Grünland gilt eine Wiese oder eine Weide, welche mindestens fünf Jahre auf dem Buckel hat. Dann ist sie geschützt und darf nicht mehr umgebrochen werden. Trotzdem zahlt die EU Gelder für neu angelegte Weiden und Wiesen.
Wirtschaftlich betrachtet bringt Ackerland mehr. Deshalb ist die Existenz von Grünland an produktiven Standorten immer gefährdeter und damit in unseren Augen auch die Existenz von Wiesenvögeln.
Bis zu 5 % Verlust des Grünlandes zum Vergleichsjahr 2003 tolerierte die EU ohne Murren. Wird der Verlust höher - wie bei uns -, muss das Bundesland eine Verordnung erlassen. Das haben Sie hier auch getan, denn seit 2003 ist bei uns in Schleswig-Holstein und in Hamburg der Grünlandanteil um 7,3 % gesunken - fatal. Seit 2008 sind laut Ihrem Bericht im Umweltausschuss, Frau Rumpf, 6.700 ha Dauergrünland umgebrochen worden, 3.500 ha davon allein im letzten Jahr. Es wurde Ersatzgründland geschaffen, aber - wie ich vorhin schon erklärt habe - leider mit relativ wenig Erfolg. Denn eine neue Saat von Grünland kann eben nicht einen Umbruch von einer anderen Stelle sofort kompensieren. Das führt zu den beschriebenen Folgen für die Wiesenvögel.
Dass eine Motivation für den Umbruch von Grünland der Anbau von Biomais ist, den wir LINKEN auch versuchen, in die richtigen Bahnen zu lenken,
ist für uns kein Geheimnis. Um all die genannten Probleme im Auge zu behalten und konstruktive Lösungen zu finden, von denen Menschen, Tiere und Natur in Schleswig-Holstein profitieren, wäre unserer Meinung nach die Landesregierung gut beraten, wenn sie ein Grünlandmonitoring im Jahr 2011 ins Leben rufen würde. Denn vor dem besprochenen Hintergrund macht es absolut Sinn, den Umbruch, die Umweltbewertung der noch vorhandenen Grünlandflächen, Anlageplanungen für Biogasanlagen und die damit verbundene Gefährdung von Grünland im Auge zu behalten.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Fall GOES zeigt, was passiert, wenn man den Bock zum Gärtner macht. GOES ist die Institution, die Entsorgungsanträge für Abfalltransporte aus dem Ausland
und in das Ausland genehmigt und die für die Erfassung, Kontrolle und Lenkung der Entsorgungsvorgänge zuständig ist. An GOES sind neben dem Land - das haben wir eben schon gehört - die Kommunen sowie auch private Betreiber beteiligt, zum Beispiel REMONDIS. REMONDIS ist nach eigener Aussage eines der weltweit größten Unternehmen der Wasser- und Kreislaufwirtschaft. REMONDIS gehört auch die Sondermüllverbrennungsanlage SAVA in Brunsbüttel und das Lager in Lübeck.
An eben diesen beiden Orten kam es zu Beginn dieses Jahres zwei Mal zur Entzündung von Fässern mit ukrainischen Abfällen. Große Teile des Abfalls lagerten auf hierfür nicht genehmigten Flächen. Dabei hat so etwas ja in den letzten Jahren in der Republik durchaus Schule gemacht. E.ON ist am TÜV beteiligt, dieser TÜV nimmt den Atomkraftwerken von E.ON den TÜV ab. Meine Damen und Herren, ich glaube, so geht es nicht.
REMONDIS wird auch in der Studie des Bundeskriminalamts „Abfallwirtschaftskriminalität im Zusammenhang mit der EU-Osterweiterung“ erwähnt, und zwar auf Seite 83.
In derselben Studie heißt es auf Seite 75 - ich zitiere -:
„Grundsätzlich bergen die halbstaatlichen Träger der Sonderabfallentsorgung ein Missbrauchspotenzial.
Es wird die Gefahr gesehen, dass durch wirtschaftliche Interessen der an den halbstaatlichen Trägern beteiligten Gesellschaften Umweltschutzaspekte in den Hintergrund gedrängt werden.“
Ich glaube, man kann von Privaten nicht erwarten, dass sie sich selbst auf die Finger klopfen, wenn sie Vorschriften missachten und dadurch ihre Renditen optimieren können.
Meine Damen und Herren, der Begriff hierfür lautet für uns „Vetternwirtschaft“. Im Aufsichtsrat von GOES sitzt der Geschäftsführer der Firma REMONDIS. Dessen persönliches Wohl und Wehe ist
an seine Einnahmen geknüpft. Was muten wir diesen Leuten eigentlich zu, wenn sie zugleich das Gemeinwohl und ihr persönliches Wohl optimieren sollen? Damit führen Sie die gesamte Markt- und Verwaltungsmethodik ad absurdum. Das heißt - wie ich eben schon gesagt habe -, den Bock zum Gärtner zu machen.
Dieses Vorgehen passt in das bisherige Bild, das die Landesregierung uns immer wieder von ihrer Politik zeichnet: Privatisierung auf Teufel komm raus, und am liebsten in jenen Bereichen, in denen garantiert Gewinne anfallen. Im Klartext: Sie schanzen Unternehmen garantierte Gewinne zu. Sie schützen Unternehmen vor Wettbewerb. Das Ergebnis ist, dass die Bürger bei wichtigen Dienstleistungen betrogen werden.
Die Menschen bekommen zu wenig Geld für ihre eigene Arbeit, weil es keinen Mindestlohn gibt. Sie zahlen zu hohe Preise für private Dienstleistungen, weil die Privaten vor einem echten Wettbewerb geschützt werden.