Protokoll der Sitzung vom 20.05.2010

Das sind nur einige wenige Beispiele, die den Verdacht nähren, dass Sie kurz vor Verhandlungsbeginn mit Hamburg bewusst politisch motivierte Zahlen auf die Tische dieses Plenums gelegt haben. Wenn Sie eine derartige Rechnung dann auch noch als begründet oder gar als gerecht darstellen, liebe

Grüne, handeln Sie eindeutig gegen die Interessen Schleswig-Holsteins.

Frau Abgeordnete, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Abgeordneten Heinold?

Nein, ich bin jetzt gleich fertig. - Nur um der Klarheit willen: Die FDP will weiterhin mit Hamburg kooperieren, nicht nur im Bildungsbereich. Wir wollen außerdem ein langfristig tragfähiges Gastschulabkommen mit Hamburg.

Kooperation setzt aber ein offenes Visier und Vertrauen voraus. Dieser Antrag schafft allerdings kein Vertrauen. Deshalb lehnen wir ihn auch ab.

(Beifall bei FDP und CDU)

Für die Fraktion der LINKEN hat deren Vorsitzende, Frau Abgeordnete Streitbörger, das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Rede wird nicht ganz so launig wie die von Herrn Habersaat, weil ich das Thema viel zu ernst finde, vor allen Dingen für die Schülerinnen und Schüler und Eltern hier im Land.

(Beifall des Abgeordneten Ulrich Schippels [DIE LINKE])

Denn wir wissen alle, dass es in diesem Schuljahr erhebliche Probleme und

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Verunsicherungen für schleswig-holsteinische Gastschülerinnen und Gastschüler an Hamburgs Schulen gegeben hat. Nicht nur die Schülerinnen und Schüler waren verunsichert und voller Angst, sondern in gleichem Maße auch die Eltern, die nicht mehr wussten, wie die schulische Laufbahn ihrer Kinder weitergehen sollte.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Herr Kollege Baasch, dürfen wir auch Sie um etwas Aufmerksamkeit bitten? Ansonsten redet Frau Kollegin Streitbörger.

(Cornelia Conrad)

(Wolfgang Baasch [SPD]: Entschuldigung, Herr Präsident! - Zuruf: So ein undiszipli- nierter Haufen!)

Hamburg hatte das bestehende Gastschulabkommen aufgekündigt, weil Schleswig-Holstein deutlich zu geringe Ausgleichszahlungen an Hamburg leistete. Im Interesse von betroffenen Eltern und Kindern wäre jetzt zügiges Handeln angesagt gewesen, um eine zeitgerechte Klärung der Situation herbeizuführen. Offensichtlich wurde aber diesen Verhandlungen im Bildungsministerium keine große Bedeutung beigemessen, oder vielleicht gab es die Hoffnung, diesen Konflikt ohne zusätzliche Zahlungen aussitzen zu können.

Doch anstelle einer Klärung wurde dadurch nur eine Verschärfung der Situation erreicht, und das war in hohem Maße unverantwortlich. Hamburgs Schulsenatorin Goetsch fühlte sich jetzt veranlasst, Druck auf Schleswig-Holsteins Verhandlungsführung ausüben zu müssen und Hamburgs Schulleiterinnen und Schulleiter aufzufordern, unseren Gastschülerinnen und Gastschülern die Schulverhältnisse aufzukündigen. Damit war die höchste Stufe der Eskalation des Konflikts und die größtmögliche Verunsicherung von annähernd 6.500 Schülerinnen und Schülern und deren Familien erreicht.

(Beifall der Abgeordneten Antje Jansen [DIE LINKE])

Das ist ein weiteres der vielen Puzzleteile in dem schon vorhin skizzierten Chaosbild des Bildungsministeriums.

An dieser Stelle möchte ich den Unmut meiner Fraktion ganz deutlich machen. So darf man mit den Bürgerinnen und Bürgern dieses Landes nicht umgehen.

Wenn annähernd 8.500 Schülerinnen und Schüler aus Schleswig-Holstein und Hamburg -

(Anhaltende Unruhe)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sehen die Rednerin nur noch; wir hören sie kaum noch. Können wir ein bisschen ruhig werden?

Wenn annähernd 8.500 Schülerinnen und Schüler aus Schleswig-Holstein und Hamburg im jeweils benachbarten Bundesland zur Schule gehen, dann

wird es jetzt Zeit, auf diese Fakten zu reagieren und eine gemeinsame Schulentwicklungsplanung in Angriff zu nehmen.

(Beifall bei der LINKEN und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Föderalismus bedeutet doch nicht, dass Bildungsangebote an den Landesgrenzen aufhören zu existieren. Das Recht auf freie Schulwahl muss auch länderübergreifend garantiert werden.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Eine gemeinsame Schulentwicklungsplanung ist eine mittelfristige Maßnahme. Ganz schnell muss aber eine Lösung im aktuellen Konflikt im Interesse von Gastschülerinnen und -schülern und Eltern erreicht werden. Es muss zügig ein neues Gastschulabkommen mit Hamburg geschlossen werden, um den Eltern Rechtssicherheit zu geben.

(Beifall bei der LINKEN)

Grundlage für die Berechnung der Ausgleichszahlungen an Hamburg bieten die Zahlen, die sich aus der Antwort auf die Kleine Anfrage der Grünen ergeben und die in der Anlage zu diesem Antrag beiliegen.

Da wir keinen neuen Bereich sehen wollen, in dem die Bildungschancen unserer Kinder kaputtgespart werden, steht DIE LINKE hinter dem Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

(Beifall bei der LINKEN und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Vorsitzende der Fraktion des SSW, Frau Abgeordnete Anke Spoorendonk, hat das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Gastschulabkommen zwischen Hamburg und Schleswig-Holstein ist nicht neu. Bereits seit 1963 gibt es ein Abkommen zwischen den beiden Bundesländern, das den Besuch einer Schule im benachbarten Bundesland regelt. Vor sechs Jahren wurde eine Neuauflage des Abkommens beschlossen, in der sich Hamburg und Schleswig-Holstein verpflichteten, effektive Maßnahmen zur sachgemäßen Reduzierung der Schülerzahlen aus Schleswig-Holstein zu treffen. Mit anderen Worten: Schulbesuche im anderen Land sollten nur noch als Härtefälle möglich sein. Die Kündigung dieses Ab

(Präsident Torsten Geerdts)

kommens durch Hamburg im letzten Sommer konnte also nicht wirklich überraschen. Überraschen konnte nur, mit welcher Härte und Unverhältnismäßigkeit die Hamburger Schulbehörde dabei vorging.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Sowohl die Kündigung des Gastschulabkommens wie auch die Dienstanweisung für die Hamburger Schulen haben deutlich gemacht, dass unser Nachbar Hamburg nicht mehr so wie bisher weitermachen möchte. Und um es gleich vorweg zu sagen: Irgendwie kann man das sogar verstehen.

Die Zielsetzung des Abkommens von 2004 ist wenn man sich die Statistik anguckt - nicht nur nicht erreicht worden, sondern sie ist ins völlige Gegenteil gewendet worden. Seit 2004 ist die Anzahl der schleswig-holsteinischen Schülerinnen und Schüler nämlich sowohl an den staatlichen wie auch den nichtstaatlichen allgemeinbildenden Schulen und den berufsbildenden Schulen in Hamburg gestiegen. Die Zahl der Hamburger Schülerinnen und Schüler an schleswig-holsteinischen Schulen ist dagegen gesunken, wobei hier die Hamburger Kinder, die Heime besuchen, nicht berücksichtigt sind.

Nachdem trotz des Gastschulabkommens von 2004 die Zahl der pendelnden Schülerinnen und Schüler aus Schleswig-Holstein stetig steigt, ist es durchaus verständlich, dass Hamburg mit der pauschalen Ausgleichszahlung von 8,5 Millionen € nicht mehr zufrieden ist.

Allerdings ist die Gemengelage aus Sicht des SSW etwas komplizierter. Denn bisher haben beide Länder in dieser Sache viele Fehler gemacht, und beide haben auch von der großzügigen Handhabung der bisherigen Abkommen profitiert. Mit anderen Worten: Wir wollen in dieser Sache weder SchleswigHolstein noch Hamburg den Schwarzen Peter zuschieben. Denn wir alle wissen, was schiefgelaufen ist, und wir wissen auch, dass wir eine pragmatische Lösung brauchen. Wir brauchen eine Lösung, die nicht zulasten der Eltern und ihrer Kinder geht. Die schleswig-holsteinischen Familien brauchen ganz einfach Rechtssicherheit, und sie brauchen vor allem einen respektvollen Umgang mit ihren Kindern.

(Beifall bei SSW, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN, der LINKEN und vereinzelt bei der SPD)

Denn diese Kinder sind keine Straftäter, sie möchten nur aus guten Gründen im Nachbarland zur Schule gehen.

Weiterhin brauchen wir eine Lösung, die klarstellt, dass jedes Bundesland für seine eigenen Schülerinnen und Schüler zahlt.

Dabei ist es aus unserer Sicht erst einmal zweitrangig, wo diese Kinder zur Schule gehen. Viel wichtiger aus unserer Sicht ist es, dass sie zur Schule gehen und die Bildung erhalten, die ihre Persönlichkeit am besten entwickelt und fördert.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Natürlich kann es nicht sein, dass Hamburg schleswig-holsteinische Schüler unterrichtet und dafür keinen angemessenen finanziellen Ausgleich bekommt. Wobei die steigende Anzahl der schleswigholsteinischen Schüler in Hamburg natürlich auch auf die lässige Handhabung des Gastschulabkommens zurückzuführen ist. Das Fehlverhalten Hamburgs in dieser Sache ändert aber nichts daran, dass Schleswig-Holstein für die Schulbildung seiner Kinder zahlen muss - entweder in Form einer Ausgleichszahlung oder indem wir selbst ausreichend Plätze an unseren eigenen Schulen zur Verfügung stellen.

Ich möchte daher klar sagen, dass dies keine Lösung ist, die von heute auf morgen durch Eskalationsstrategien oder den Ruf nach einem Nordstaat erreicht wird. Auch eine gemeinsame Schulentwicklungsplanung ist aus unserer Sicht nicht die Lösung.

(Beifall beim SSW)