Danke, Frau Präsidentin, ich komme zum Schluss. Wenn die öffentliche Hand Aufträge aus Steuermitteln vergibt, dann brauchen wir einen fairen und transparenten Wettbewerb. Das kommt unserer Wirtschaft zugute. Deshalb beantrage ich, die Anträge Drucksachen 17/494 und 17/503 an den Wirtschaftsausschuss zu überweisen. Darüber sollten wir wirklich reden. Den Antrag Drucksache 17/504 werden wir Sozialdemokraten ablehnen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die drei Anträge von CDU und FDP, die wir nun gemeinsam beraten, haben zwar unterschiedliche Auswirkungen - das stimmt -, aber sie gehen letztlich alle in die gleiche Richtung und haben den gleichen Hintergrund. Sie sollen die Rahmenbedingungen für kleine Unternehmen in Schleswig-Holstein verbessern. Der erste Antrag, Drucksache 17/494, möchte sogenannte Kleinstunternehmen von der Jahresabschlusspflicht befreien. Als Kleinstunternehmen sind Firmen definiert, die zwei der folgenden drei Schwellenwerte nicht überschreiten: Eine Bilanzsumme bis 500.000 €, Nettoumsatzerlöse bis 1 Million € und über das Jahr eine durchschnittliche Beschäftigtenzahl von zehn Mitarbeitern.
Laut Statistikamt Nord haben von den insgesamt über 26.000 Kapitalgesellschaften, die wir in Schleswig-Holstein haben, knapp 20.000 weniger als zehn Beschäftigte und könnten somit von einer Befreiung profitieren, wenn sie einen der beiden Schwellenwerte nicht überschreiten. Wie der Kollege Magnussen schon ausgeführt hat, geht es hier um eine freiwillige Entscheidung der Unternehmen und nicht um einen Zwang.
Diese Unternehmen können durch eine entsprechende Gesetzesänderung relativ einfach von Bürokratiekosten entlastet werden, denn sie müssten nur noch ihre Bücher für die Steuerermittlung führen. Der Antrag hat also keine steuerrechtlichen, sondern nur handelsrechtliche Auswirkungen. Ich denke, das ist auch jedem klar. Die Kosten für einen Jahresabschluss belaufen sich bei Kleinstunternehmen auf etwa 1.200 € pro Jahr. Das ist immerhin etwas. Selbst wenn die Unternehmen aus Eigeninteresse, wofür es gute Gründe gibt, die Sie benannt haben, weiter eine Bilanz aufstellen wollen, können sie zumindest die Offenlegung beim Bundesanzeiger sparen, was immer noch eine Entlastung von einigen wenigen Hundert Euro pro Jahr bedeuten würde. Das ist auch schon einmal etwas.
Die Änderung dieser Richtlinie hat bereits die erste Lesung des Europäischen Parlaments beschritten. Nun steckt sie leider im Europäischen Rat fest, von dem derzeit Spanien die Präsidentschaft innehat. Ab Juni wird Belgien die Ratspräsidentschaft übernehmen, und es ist festzuhalten, dass sich beide Länder bisher negativ geäußert haben. Frau Kollegin Poersch, Sie wissen dies sicherlich auch. Das ist momentan das Problem, an dem es hakt. Durch diesen Umstand wird der Prozess leider verzögert, und wir wollen mit unserem Antrag Bewegung in die Sache bringen.
- Genau, Frau Heinold. Kiel muss sich zur Wort melden. Das machen die Grünen in Kiel auch oft, darum wollen wir das auch machen.
Wir wollen mit diesem Antrag die Landesregierung bitten, sich gemeinsam mit der Bundesregierung auf europäischer Ebene dafür einzusetzen, die Richtlinie entsprechend zu ändern und darauf aufbauend auch die entsprechenden Paragrafen im Handelsgesetzbuch. Mit diesem Antrag zur Bundesregelung Kleinbeihilfen wollen wir eine wirkungsvolle Maßnahme des Konjunkturpakets II des Bundes verlängern und festschreiben. Hierbei geht es nicht um ein mit zusätzlichem Geld hinterlegtes Förderprogramm, sondern lediglich um eine Rahmenregelung, auf die Beihilfen, zum Beispiel in Form von Förderprogrammen der öffentlichen Hand, beihilferechtlich gestützt werden können. Es geht hier um einen Höchstbetrag von 500.000 € brutto. Die können beispielsweise als Darlehen, als Bürgschaft auf unterschiedliche Art und Weise gewährt werden.
Die FDP-Fraktion spricht sich mit Blick auf die Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen und die oft noch angespannte Lage bei der Kreditvergabe dafür aus, dass diese Bundesregelung vor allem für die Gewährung von Darlehen genutzt wird. Also nicht zusammenmischen mit der einzelbetrieblichen Förderung, sondern vor allem für die Gewährung von Darlehen. Ich denke, das ist angesichts der Krise auch angebracht.
Diese Regelung stellt aus unserer Sicht eine schnelle und unbürokratische Unterstützungsmöglichkeit für kleine Unternehmen dar, die oft eine besonders niedrige Eigenkapitaldecke haben - im Gegensatz zu größeren Unternehmen - und von der Wirtschaftskrise oft durch Verzögerungseffekte betroffen sind. Das sollten einige Leute auch einmal zur Kenntnis nehmen.
Bei dem Antrag zur Beibehaltung der aktuell geltenden Wertgrenzen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge geht es ebenfalls um eine Weiterführung des Konjunkturpaketes II. Frau Kollegin Poersch, ich muss mich schon sehr wundern, dass Sie sagen, das sei ein Korruptionsförderungsgesetz. Denn die SPD hat es in der Großen Koalition Ende 2008 beschlossen. Ich weiß nicht, ob ich Sie da falsch verstanden habe. Aber auch die FDP-Fraktion ist der Meinung, dass man natürlich gewährleisten muss, dass es nicht zu intransparenter Vergabe kommt. Das ist aus meiner Sicht leicht übertrieben, wenn man sagt Korruptionsförderungsgesetz. Wir hatten uns eigentlich vorgenommen, dies heute hier in der Sache abzustimmen. Aber ich denke, es ist auch okay, wenn wir diesen Punkt im Ausschuss beraten. Es ist natürlich eine Geschichte, die nicht ganz unheikel ist, aber es ist auf jeden Fall eine sinnvolle Maßnahme des Konjunkturpakets gewesen. Aus meiner Sicht können wir das gern im Ausschuss beraten.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich finde es ein sinnvolles Motto „Wir kümmern uns um die Kleinen“. Wir würden uns freuen, wenn es nicht nur für die Unternehmen, sondern auch für die Kindertagesstätten gelten würde.
In der Wirtschafts- und Finanzkrise haben Sie jetzt drei kleine Themen aufgegriffen. Wir haben uns damit beschäftigt. Ich finde, Kleinstunternehmen sind gekennzeichnet - auch in Schleswig-Holstein durch eine dünne Personaldecke, eine dünne Finanzdecke, und sie unterliegen einem hohen Preisdruck. Deshalb ist es grundsätzlich sinnvoll, sie bei bürokratischen Auflagen zu entlasten.
Was verstehen wir unter Kleinstunternehmen? - In der Vierten Richtlinie der EU-Kommission werden Kleinstunternehmen definiert durch eine Beschäftigtenzahl weniger als zehn, eine Bilanzsumme unter 500.000 € und einen Umsatz unter 1 Million €. Ich war selbst sehr erstaunt, bei der Recherche zu dieser Rede festzustellen, dass wir in SchleswigHolstein fast 90 % solcher Unternehmen haben. Das sind fast 20.000 Unternehmen. Da ist man nicht in einer Minderheit, sondern das ist eine große Anzahl von Unternehmen, um die es hier geht. Insofern ist es auch wichtig, das hier im Land ernsthaft zu beraten und nach Wegen zu suchen. Da haben Sie auch unsere Unterstützung.
Die kleinen und mittelständischen Unternehmen sind das wirtschaftliche Rückgrat des Landes. Sie stellen damit auch die meisten Arbeitsplätze, aber was wir besonders wichtig finden - auch die meisten Ausbildungsplätze. In dem vorliegenden Antrag geht es um die Herausnahme der Kleinstbetriebe aus der Jahresabschlusspflicht, wie es von der EU-Kommission vorgeschlagen wird.
Grundsätzlich muss es im Interesse eines jeden Unternehmens sein, einen aussagekräftigen Jahresabschluss zu erstellen, also eine Bilanz und die Gewinn- und Verlustrechnung aufzustellen. Das ist keine Schikane, sondern es geht darum, dass der Unternehmer nicht allein handelt, sondern für die Finanzlage zu den Banken geht und um Kredite nachsehen will, und deshalb Kredite erhöhen und verlängern will. Deshalb wissen wir alle nach dem Ratingverfahren, auch Basel II, ist es wichtig, dass hier aussagekräftige Unterlagen vorgelegt werden.
Schon jetzt erlaubt die Richtlinie bei Unterschreitung bestimmter Grenzwerte, eine verkürzte Bilanz aufzustellen. Diese Grenzen liegen allerdings angesichts der Wirtschaftsstruktur in Schleswig-Holstein sehr hoch. Wir Grüne befürworten, dass Kleinstunternehmen lediglich die Bücher führen
und eine jährliche Einnahme-Überschuss-Rechnung erstellen zur Ermittlung ihrer Steuern. Wenn die Unternehmen das so wollen, dann sollen sie das auch dürfen.
Zu den Forderungen, die Schwellenwerte bei öffentlichen beschränkten Ausschreibungen von 1 Million € und bei freihändigen Vergaben von 100.000 € über den 31. Dezember 2010 beizubehalten, möchte ich etwas differenzierter Stellung nehmen. Die Heraufsetzung der Wertgrenzen sollte die Auftragsvergabe für Projekte aus dem Konjunkturpaket II beschleunigen. Das ist angesichts der Finanzlage grundsätzlich sinnvoll. Auf der anderen Seite ist die öffentliche Ausschreibung die sauberste und fairste Methode, damit der öffentliche Auftraggeber auch das wirtschaftlichste Angebot erhält. So werden Steuergelder unseres Erachtens nach am effektivsten eingesetzt. Aber es ist hier schon angesprochen worden, im Sinne der Korruptionsbekämpfung muss man darüber nachdenken, ob die Auftragssummen von 100.000 € bis zu 1 Million € Größenordnungen sind, wo manches Unternehmen der Versuchung nicht widerstehen kann. Die Korruption ist hier natürlich ein Problem. Das ist klar.
Für eine freihändige Vergabe und eine beschränkte Ausschreibung spricht natürlich, dass Aufträge der Kommunen gezielt - das ist alles hier im Hause geeint - an Firmen aus der Region gehen. Wir wollen ja nicht, dass wir Projekte ausschreiben und am Ende die Ausschreibung in Niedersachsen, in Mecklenburg-Vorpommern oder in NordrheinWestfalen gewonnen wird, sondern wir wollen, dass unsere heimische Wirtschaft diese Ausschreibungen gewinnt. Wenn man das will, dann muss man auch sagen, wie man das organisieren will. Das ist eine sehr berechtigte Frage. Ich selbst habe mich als Kreispolitiker lange schwarzgeärgert, wenn Aufträge unseres Kreises eben nicht in die Region vergeben werden konnten.
Wenn wir dem Landesantrag nun zustimmen, dann unter der Bedingung, dass Sie sich mit gleichem Engagement auch für die Vorbeugung und Bekämpfung der Korruption bei den öffentlichen Auftraggebern einsetzen. Ich gehe davon aus, dass es in unserem gemeinsamen Sinne ist, dass wir hier nicht nachlassen, im Gegenteil. Hier müssen wir aufmerksam bleiben.
Wegen der Finanz- und Wirtschaftskrise hatte die EU die Möglichkeit eingeräumt, Kleinbeihilfen an Unternehmen zu gewähren. Ein Höchstbetrag von 500.000 € darf dabei nicht überschritten werden. Das ist eigentlich ganz schön groß für eine Kleinbeihilfe. Die Beihilfe kann als Zuschuss, als Zins
zuschuss, als Darlehen oder als Garantieregelung vergeben werden. Die bundesdeutsche Regelung für Kleinbeihilfen trat in Kraft, und nur mit Zustimmung der EU-Kommission konnte diese Regelung europaweit weitergeführt werden.
Wir finden, die schwere Finanz- und Wirtschaftskrise ist noch nicht vorbei. Deshalb müssen wir auch hier den Weg gehen und den Unternehmen ermöglichen, diese Kleinbeihilfen weiterhin zu bekommen. Insofern ist es sinnvoll, die Kleinbeihilfenregelung weiterzuführen, aber man braucht auch kein Monitoring bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag. Hier muss genau hingeschaut werden, und dann muss dies wieder auf das Normalmaß zurückgestuft werden.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich werde mich in meiner Rede auf den absurdesten Antrag der drei Anträge konzentrieren, den Antrag, Kleinstunternehmen von der Jahresabschlusspflicht befreien. Dieser Antrag zeugt entweder von vollständiger Unkenntnis der wirtschaftlichen Realitäten in diesem Land, von einer abgrundtiefen Fehleinschätzung wirtschaftlicher Abläufe oder aber schlicht und einfach von einer Maßnahme des Herrn Kubicki für seine eigene Steuerberatungsfirma. Insgesamt handelt es sich um einen GAU, den größten anzunehmenden Unsinn.
Die Vorstellung, dass es einem Unternehmen schadet, einmal im Jahr Kassensturz zu machen, ist absurd. Viel mehr ist das, was von Kleinstunternehmen gefordert wird, ja gar nicht.
Mit dem vorliegenden Antrag propagieren Sie ein Geschäftsmodell, in dem ein Kaufmann aus vollem Laden verkauft, sich über die Einnahmen freut, diese für Gewinne hält und sich am Ende wundert, wenn der Laden leer verkauft ist und er dann keine Mittel mehr hat, um neue Waren einzukaufen.
Das setzt sich fort mit den angestrebten Änderungen im Handelsgesetzbuch. In den einschlägigen Paragrafen geht es um Buchführungspflichten, die
Die Wirklichkeit im Land ist doch so, dass es für diese Unternehmen bisher weitestgehend schon entbürokratisierte Verfahren gibt.
Diese sind auf das Wesentliche reduziert, nämlich dass ein Unternehmen weiß, wie es um sein Unternehmen steht.
Wir haben heute eine Situation, in der sich sehr viele Menschen selbstständig machen, auch aus dem ALG II, also mit staatlicher Unterstützung. Dies auch, weil die herrschende verfehlte Wirtschaftspolitik hochqualifizierte Menschen um ihre Lebenschancen in geregelten Arbeitsverhältnissen gebracht hat.
Diesen neuen Unternehmern wollen Sie also raten, nicht kaufmännisch zu handeln, nicht Rechenschaft abzulegen über Einnahmen und Ausgaben, nicht zu schauen, ob sich das, was sie da tun lohnt. - Schöne Wirtschaftsparteien sind Sie!