Protokoll der Sitzung vom 17.06.2010

(Ranka Prante)

regenerative Erzeugungsanlagen noch attraktiver für mögliche Betreiber werden. Das heißt auch, dass dies nicht nur den Betreibern zugute kommt, sondern auch die Hersteller dieser Anlagen bessere Absatzchancen haben werden. Und hier schließt sich der Kreis; denn in Bezug auf die Windenergie und vor allem die Kleinwindanlagen ist SchleswigHolstein einer der Marktführer. Die einzige derzeit zertifizierte Kleinwindanlage kommt aus Nordfriesland, und eine Vielzahl von weiteren Anbietern in unserem Land bietet inzwischen hervorragende Produkte an. Wer also diesen Wirtschaftszweig ohne Subventionen nutzen und fördern will, der muss zum Beispiel auch den Einsatz von Strombilanzzählern erleichtern.

Wie dies erreicht werden kann, sollten wir nach unserer Auffassung im Ausschuss klären. Dann könnten wir uns auch anhand der Anträge von CDU, FDP und SSW vom Februar dieses Jahres über den Fortschritt bei Kleinwindanlagen informieren lassen.

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Landesregierung erteile ich dem Innenminister Klaus Schlie das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der zweite Teil des Antrags fordert die Landesregierung auf, mit einer Bundesratsinitiative die bundesweite Einführung von Strombilanzzählern zu ermöglichen. Die Antragsteller versprechen sich davon einen positiven Impuls für die Eigenstromnutzung aus kleinen regenerativen Energieerzeugungsanlagen. Ziel ist es, den Direktverbrauch von Strom aus erneuerbaren Energien attraktiver zu gestalten. Mit der aktuell diskutieren Novelle des Erneuerbaren Energiegesetzes zur Vergütung von Solarstrom schafft die Bundesregierung dafür bereits die Voraussetzungen. Eine Bundesratsinitiative zur bundesweiten Einführung von Strombilanzzählern hält die Landesregierung zum gegenwärtigen Zeitpunkt daher nicht für zielführend.

Die Landesregierung beschäftigt sich zurzeit vielmehr intensiv mit der Frage, welche Art von Stromzählern die optimale Transparenz über Stromerzeugung, Eigenverbrauch und Netzeinspeisung schafft. Daher hält sie die für 2012 anstehende Novellierung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes für den

geeigneten Weg, die Möglichkeit der Vergütung des Eigenverbrauchs für alle erneuerbaren Energien einheitlich zu regeln.

Der erste Teil des Antrags zielt darauf ab, den Kleinstwindkraftanlagenerlass des Innenministeriums zu überarbeiten. Kollege Harms hat bereits darauf hingewiesen, das hatten wir schon mal. Die Antragsteller sind der Auffassung, es handle sich um eine überkomplizierte Verwaltungsvorschrift, die die Markteinführung von Kleinstwindkraftanlagen unnötig erschwere. Der Erlass solle an bundesrechtlichen Vorgaben orientiert und unter Beachtung des Natur- und Landschaftsschutzes die Errichtung von Kleinwindkraftanlagen erleichtern und nicht erschweren.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, tatsächlich enthält der Erlass grundlegende Ausführungen zur bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit von Kleinstwindkraftanlagen im Bereich von Bebauungsplänen und in nicht beplanten Innen- und Außenbereich. Er ist das Ergebnis eines aufwendigen Abstimmungs- und Beteiligungsverfahren zwischen den betroffenen Ressorts der Landesregierung, der Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Landesverbände und den Bundesverbänden Kleinwindanlagen und Windenergie. Ich will ausdrücklich darauf hinweisen, dass der Verband der Kleinwindanlagen die Existenz des Erlasses ausdrücklich begrüßt hat. Gleichwohl steht dieser Erlass seit seiner Bekanntmachung im Dauerfeuer der Kritik, insbesondere auch aus den Reihen dieses Parlaments. Das ist den Fachleuten und denen, die den Erlass nutzen wollen - ich sage das mal an dieser Stelle, nachdem ich das nach der letzten Diskussion noch einmal rückgekoppelt habe - nur schwer verständlich zu machen.

Gedacht als Anwendungshilfe für die Genehmigungsbehörden schafft er kein neues Recht, sondern erläutert und kommentiert verbindliche bundesrechtliche Vorschriften des Bauplanungsrechts; denn - daran möchte ich ausdrücklich erinnern Kleinstwindkraftanlagen sind baugenehmigungspflichtig, und daran wird sich auch nichts ändern.

Trotzdem ist zu erwarten, dass es weiterhin zu Diskussionen über den Erlass kommen wird. Die Folgen werden neue Zweifel in der Öffentlichkeit und eine zunehmende Verunsicherung der zuständigen Behörden sein. Es ist hier sowohl vom Kollegen Magnussen als auch vom Kollegen Kumbartzky dargelegt worden, das ist nicht das, was wir als Landesregierung in diesem Bereich wollen. Deshalb sage ich Folgendes: Dies kann und will ich auch mit Blick auf das Gebot der Rechtssicherheit nicht verantworten. Es macht daher keinen Sinn, in

(Lars Harms)

eine weitere Diskussion über Einzelheiten des Erlasses einzusteigen. Entweder stellt er alle Rechtspositionen dar oder keine. Deswegen habe ich mich in Übereinstimmung und Abstimmung mit den Fachleuten des Innenministeriums entschlossen, den Kleinstwindkraftanlagenerlass zeitnah ersatzlos aufzuheben.

(Lebhafter Beifall im ganzen Haus)

Das ist mein Beitrag zur Entbürokratisierung.

(Anhaltender Beifall bei CDU, FDP, BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und vereinzelt bei der SPD)

Ich freue mich und bin gespannt, ob der Jubel im Land insgesamt anhält. Ich würde mich darüber freuen. Entbürokratisierung ist immer gut.

(Beifall bei CDU, FDP und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe damit die Beratung.

Es ist Ausschussüberweisung sowie Abstimmung in der Sache beantragt worden. Ich lasse zuerst über die Ausschussüberweisung abstimmen. Es ist beantragt worden, den Antrag Drucksache 17/535 federführend dem Innen- und Rechtsausschuss und mitberatend dem Wirtschaftsausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Damit ist der Antrag mit den Stimmen von CDU und FDP gegen die Stimmen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, DIE LINKE und SSW abgelehnt.

Damit komme ich zur Abstimmung in der Sache. Es ist beantragt worden, über den Antrag in der Sache abzustimmen. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Abgabe des Handzeichens, wer dagegen ist. - Wer enthält sich? - Damit ist der Antrag mit den Stimmen von CDU und FDP bei Enthaltung des SSW gegen die Stimmen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE abgelehnt worden.

Ich weise auf die gemeinsame Sitzung des Bildungs-, des Sozial-, des Finanz- und des Innen- und Rechtsausschusses um 14 Uhr in Raum 383 hin und unterbreche jetzt die Plenarsitzung bis 15 Uhr.

(Unterbrechung: 13:33 bis 15:03 Uhr)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Sitzung ist wiedereröffnet. Ich habe gerade die Information bekommen, dass die Sitzung der vier Ausschüsse, die in der Mittagspause das Kita-Gesetz beraten haben, noch andauert. Weil das sehr viele Kolleginnen und Kollegen sind, die deshalb noch nicht hier sein können, macht es, glaube ich, keinen Sinn, dass wir unsere Beratungen jetzt fortsetzen. Ich setze hiermit fest, dass wir um 15:15 Uhr wieder in die Tagesordnung einsteigen.

Ich begrüße jetzt aber schon einmal unsere Besucherinnen und Besucher auf der Tribüne sehr herzlich. Ich bitte Sie, meine Damen und Herren, für diese kleine terminliche Änderung um Verständnis.

Die Sitzung ist unterbrochen.

(Unterbrechung: 15:04 bis 15:22 Uhr)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir setzen jetzt unsere Tagung fort. Die Sitzung ist wiedereröffnet. Ich teile Ihnen zunächst mit, dass für heute Nachmittag Herr Abgeordneter Jezewski entschuldigt ist.

Begrüßen Sie jetzt bitte alle mit mir auf unserer Besuchertribüne Mitglieder des Bürgervereins Barkauer Land - den Arbeitskreis Senioren - sowie Vertreterinnen und Vertreter des CDU-Ortsverbandes Schuby. - Seien Sie uns noch einmal ganz herzlich willkommen hier im Schleswig-Holsteinischen Landtag! Wir wünschen Ihnen einen interessanten Nachmittag. Ich denke, er hat schon entsprechend angefangen.

(Beifall)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 44 auf:

Verbesserung der Standortbedingungen für das Handwerk in Schleswig-Holstein

Mündlicher Bericht der Landesregierung

Ich erteile dem Minister für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr, Herrn Jost de Jager, das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist schon oft gesagt worden, und es gilt in schwierigen Zeiten wie diesen ganz besonders: Das Handwerk ist eine starke und verlässliche Säule unserer Wirt

(Minister Klaus Schlie)

schaft. Das gilt natürlich in besonderer Weise für die Wirtschaft in Schleswig-Holstein.

Das Handwerk selbst ist relativ gut durch die Wirtschaftskrise gekommen. Das hat wesentlich dazu beigetragen, dass sich diese Wirtschaftskrise in Schleswig-Holstein insgesamt weniger krass niederschlägt und in den vergangenen eineinhalb Jahren niedergeschlagen hat als in vielen anderen Bundesländern. Das ist ein Grund mehr, die Rahmenbedingungen für das Handwerk immer wieder zu überprüfen und zu optimieren. Wir tun das mit der Offensive für Wachstum und Beschäftigung in Mittelstand und Handwerk, die aufseiten der Landesregierung zurzeit vorbereitet wird und mit den Kammern und Verbänden der Wirtschaft sowie den Gewerkschaften rückgekoppelt wurde. Diese Offensive wird im Juli vorgestellt. Vorgesehen ist eine Kabinettsbefassung am 6. Juli 2010 und dann die Veröffentlichung. Sie besteht aus fünf Schwerpunkten, die alle auch dem Handwerk mit seinen 30.000 Betrieben zugutekommen werden.

Es handelt sich zum einen um die Optimierung der Finanzierungs-, Förder- und Beratungsangebote. Es handelt sich ferner um die Verbesserung der Innovationsfähigkeit und der Intensivierung des Technologietransfers. Es geht um zukunftsorientierte Maßnahmen zur Deckung des Fachkräftebedarfs in Schleswig-Holstein. Darauf gehe ich nachher noch ein. Es geht um die Schaffung wirtschaftsfreundlicher Infrastrukturen in Schleswig-Holstein und einer mittelstandsfreundlichen Gestaltung der rechtlichen Rahmenbedingungen. Das werden Sie auch am neuen Landesentwicklungsplan sehen, dass es dort Antworten gibt. Es geht um die Intensivierung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit zwischen Hamburg und Schleswig-Holstein.

Die erste Weiche zur Mittelstandsoffensive ist mit der schleswig-holsteinischen Finanzierungsinitiative für Stabilität und Wachstum bereits gestellt. Betriebe erhalten einen leichteren Zugang zu öffentlichen Krediten, Bürgschaften und Beteiligungen. Das ist wichtig, weil wir für das Jahr 2010 mit Schwierigkeiten bei der Kreditversorgung für Unternehmen und Selbstständige rechnen müssen - als Folge von krisenbedingt schlechten Jahresabschlüssen für das Jahr 2009. Ich glaube, man braucht nicht darüber zu philosophieren, ob es eine Kreditklemme gibt oder nicht. Nach den bekannten Definitionen gibt es keine Kreditklemme. Aber es gibt auf der anderen Seite die ganz klare Erkenntnis, dass es heute - von Region zu Region und von Branche zu Branche unterschiedliche - Betriebe gibt, die unter den gleichen Bedingungen vor zwei

Jahren Kredite bekommen hätten, die sie heute nicht bekommen. Dort ein niederschwelliges Angebot zu schaffen, das es leichter macht, KfW-Kredite zu beantragen, ist die Aufgabe dieser schleswigholsteinischen Finanzierungsinitiative. Sie ist ein sehr wichtiges Standbein unserer Politik für den Mittelstand.

(Beifall bei CDU und FDP)

Im Einzelnen sieht das so aus, dass die Investitionsbank, die Bürgschaftsbank und die Mittelständische Beteiligungsgesellschaft Darlehen bei fehlenden Finanzmitteln anbieten, Bürgschaften bei fehlenden Sicherheiten und Beteiligungen bei fehlendem Eigenkapital. Besonders erwähnen möchte ich in diesem Zusammenhang das Beteiligungsprogramm „Kapital für Handwerk“. Die Mittelständische Beteiligungsgesellschaft stellt in diesem Programm gemeinsam mit der Bürgschaftsbank insbesondere für kleine Handwerksbetriebe stilles Beteiligungskapital mit kleineren Finanzierungsabschnitten ab 25.000 € bereit. Das war auch das, was neu war. Mit dieser Initiative „Kapital für Handwerk“ sind die Summen noch einmal kleiner gemacht worden und damit auch adäquater für das Handwerk. Seit Einführung dieses Programms im Januar 2009 sind 36 Beteiligungen mit einem Volumen von 2,2 Millionen € bewilligt worden. Damit konnten insgesamt 517 Arbeitsplätze gesichert und 40 neu geschaffen werden. Dadurch hat sich der Anteil des Handwerks übrigens am Gesamtportfolio der MBG innerhalb eines Jahres von 8 auf 10 % erhöht.

Wegen dieser guten Bilanz haben wir uns dazu entschieden, dieses Programm „Kapital für Handwerk“ um den Bereich Handel und Gewerbe auszuweiten. Besonders wichtig ist dabei die Unterstützung von Existenzgründungen. In diesem Bereich steht mit der Starthilfe Schleswig-Holstein durch die Investitionsbank und mit dem Existenzgründerprogramm der Bürgschaftsbank ein wirksames Instrumentarium zur Verfügung.

Darüber hinaus ist ein wichtiger Punkt für das Handwerk, die Professionalisierung und die Wettbewerbsfähigkeit des Handwerks zu fördern. Neben den erwähnten Finanzierungen ist vor allem der Fachkräftebedarf ein zentrales Thema für das Handwerk und damit unserer Mittelstandspolitik. Bis zum Jahr 2020 steigt der zusätzliche Bedarf an Fachkräften bundesweit. Gleichzeitig sinkt aber die Zahl der Schulabgänger infolge der demografischen Entwicklung. Auch in Schleswig-Holstein ist spätestens ab dem Jahr 2020 mit einem deutlich spürbaren Fachkräftebedarf zu rechnen. Deshalb müssen wir schon jetzt gegensteuern und haben den Bereich

(Minister Jost de Jager)

„Deckung des Fachkräftebedarfs“ zu einem der Schwerpunkte unserer Mittelstandsoffensive gemacht. Unser Ziel ist es, dass noch mehr Ausbildungsplätze bereitgestellt und besetzt werden und mehr Menschen im Land an Weiterbildungen teilnehmen.

Dazu gehören unter anderem folgende Maßnahmen: Die Landesregierung unterstützt die Handwerkskammern und die Innung bei der Modernisierung ihrer Berufsbildungsstätten. Die Landesregierung fördert die überbetriebliche Lehrlingsunterweisung, weil sie viele kleine Handwerksbetriebe überhaupt erst in die Lage versetzt, selbst auszubilden. Die Landesregierung fördert die Weiterbildung in kleinen und mittleren Unternehmen, und wir finanzieren gemeinsam mit dem Bund das Meister-BAföG, um den Führungskräftenachwuchs zu fördern.

(Beifall bei CDU und FDP)

Wirtschaftspolitik in Schleswig-Holstein ist Mittelstandspolitik. Der Mittelstand in Schleswig-Holstein ist zu einem ganz zentralen Teil das Handwerk. Es gilt, die Vielfalt, Leistungskraft und Wettbewerbsfähigkeit der mittelständischen Unternehmen und freien Berufe in Schleswig-Holstein zu erhalten und zu stärken. Dazu gehört auch, dass wir für den Mittelstand verlässliche und günstige Rahmenbedingungen erhalten und schaffen. Mit der geplanten und demnächst erfolgenden Novellierung des Mittelstandsförderungsgesetzes sollen neue Akzente zur Unterstützung des Mittelstandes gesetzt werden.