Protokoll der Sitzung vom 17.06.2010

Vielen Dank, liebe Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Ich wollte eigentlich Herrn Matthiessen ansprechen. Wieder einmal reichten die Grünen einen Antrag ein, dessen inhaltlicher Kern schon einmal behandelt worden ist. Sie hatten es selbst schon gesagt. Im Februar haben wir über die Überarbeitung des Erlasses zur Planung von Windkraftanlagen aus dem Jahr 2003 debattiert. Die Flächenausweisung für Windkraftanlagen soll erleichtert werden. Zudem soll auch den technischen Entwicklungen dahin gehend begegnet werden, dass einfacher und schneller als bisher eine höhere Effizienz und damit mehr Leistung pro Flächeneinheit erreicht werden können.

Im Laufe der Debatte haben wir auch den Änderungsantrag des SSW behandelt, der sich auf den Kleinwindanlagenerlass bezog und fordert, diesen Erlass vom 2. Februar 2010 so zu überarbeiten, dass die Errichtung von Kleinwindanlagen erleichtert und Bürokratie abgebaut wird. Die Regelungen im Erlass sind auf das absolute Mindestmaß zu beschränken, heißt es unter anderem in dem Antrag.

(Beifall bei FDP und SSW)

Ich habe jetzt nur vorgelesen. Herr Matthiessen, es wird Ihnen nicht entgangen sein, dass wir die Anträge zu den beiden Windkrafterlassen an die zuständigen Ausschüsse überwiesen haben. Die Diskussion in den Ausschüssen steht beziehungsweise stand noch aus. Ganz vielleicht bin ich Ihnen auch dankbar dafür, dass Sie das Thema Windenergie sozusagen als Erinnerung wieder auf die Tagesordnung gesetzt haben, und zwar nach dem Motto: „Doppelt hält besser“, oder: „Lieber einmal zu viel als zu wenig“. Vielleicht ist es gar nicht so schlecht, dass wir heute über den Kleinwindanlagenerlass debattieren und so der Beratung in den Ausschüssen vorgreifen.

Herr Matthiessen, es wird Ihnen auch nicht entgangen sein, dass wir - auch wenn das zwischen uns beiden sicher nicht oft vorkommt - im Kern ein und dieselbe Meinung haben. Die Windenergie in Schleswig-Holstein braucht im wahrsten Sinne des Wortes wieder Aufwind.

(Beifall bei FDP, CDU und der Abgeordne- ten Ranka Prante [DIE LINKE])

Um wieder für Aufwind zu sorgen, müssen die planungsrechtlichen Rahmenbedingungen umgehend so gesetzt werden, dass der weitere Ausbau der Windkraft vorangetrieben werden kann. Bestehende bürokratische Hürden sind aufzuheben und die Verfahren sind zu verschlanken. Herr Matthiessen, es wird Ihnen auch nicht entgangen sein, dass die Beseitigung von Investitionshemmnissen ein wichtiger Bestandteil unserer Strategie ist. Stellvertretend für die Politik dieser Koalition steht: Wir werden alles aus dem Weg räumen, was in der Vergangenheit wichtige Investitionen verhindert hat. Ich wiederhole mich gern: Ebenso wird es Ihnen nicht entgangen sein, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien im Zentrum der Energiepolitik von Schwarz-Gelb steht. Wenn Sie es immer noch nicht glauben wollen, dann empfehle ich Ihnen die Lektüre unseres Koalitionsvertrags oder das Energiekonzept der Landesregierung.

(Beifall bei FDP und CDU)

Herr Abgeordneter, lassen Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Matthiessen zu?

Ja, gern, ausnahmsweise.

Herr Kollege, eine Frage zum Thema Investitionshemmnisse. Ist Ihnen bekannt, wie lange Anträge auf Errichtung von Windenergieanlagen in Schleswig-Holstein zurzeit in den Verfahren dauern?

- Es ist mir bekannt, dass das noch sehr lange dauert. Deshalb sagte ich, dass wir genau diese Hemmnisse aus dem Weg räumen wollen. Dazu dienen sicherlich auch die Erlasse.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Christian von Boetticher [CDU])

- Eben. Ziel ist, dass wir den Anteil erneuerbarer Energien am Energiemix erhöhen und darüber hinaus das regenerative Zeitalter erreichen wollen. Herr Matthiessen, hören Sie mir zu? - Im Übrigen sollte Ihnen nicht entgangen sein, dass der Kleinwindanlagenerlass nur eine Zusammenstellung von bundesrechtlichen Regelungen und gültiger Rechtsprechung ist und daher gar kein neues Recht schuf. Ich bin sehr zuversichtlich, dass die Landesregierung mit sämtlichen Windkrafterlassen zu wirklich guten Lösungen kommen wird.

(Vizepräsidentin Anita Klahn)

Kurz noch zu dem zweiten Teil des Antrags der Grünen: Die Entwicklung bei den regenerativen Energien schreitet voran. Es ist sehr zu begrüßen, dass mit Wirkung zum 1. Januar 2012 eine EEGNovelle auf den Weg gebracht werden soll, die die Wettbewerbsfähigkeit der jeweiligen Technologien wahrt. Unter anderem ist mit der Liberalisierung des Ziel- und Messwesen schon einiges angeschoben worden, und wir können sicher sein, dass unter Beachtung des technisch Machbaren und vor allem auch des wirtschaftlich Vertretbaren auch diese Thematik ständig weiterentwickelt wird. Eine Bundesratsinitiative, wie sie in dem Antrag gefordert wird, halten wir momentan nicht für notwendig. Ich beantrage Abstimmung in der Sache.

Noch ein Wort zu der Fraktion der Grünen: Ich erwähnte vorhin das alte Sprichwort: „Doppelt hält besser“. Das mag zutreffen, deshalb möchte ich am Schluss meiner Rede gern zum wiederholten Mal ihre grüne Parteifreundin in Dithmarschen erwähnen. Die Dithmarscher Grünen haben ein Problem mit dem Ausbau der Windenergie.

(Zurufe)

- Ja. Herr Matthiessen, hören Sie mir gern zu. Die Dithmarscher Grünen haben ein Problem mit dem Ausbau der Windenergie, was sie bei der Kreistagssitzung am 11. März wieder einmal eindrucksvoll bestätigten, als sie als einzige Fraktion gegen die Windenergieplanung des Kreises stimmten. Vielleicht sollten Sie Ihre Parteifreunde in Dithmarschen einmal genauso leidenschaftlich von der Windenergie überzeugen, wie Sie das hier immer in Ihren Landtagsreden tun.

(Beifall bei FDP, CDU und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

In diesem Sinne lade ich Sie ganz herzlich in Ihre alte Heimat ein, Herr Matthiessen, und zwar frei nach dem Motto des Kollegen Habeck: Heimat reloaded.

(Beifall bei FDP und CDU - Dr. Andreas Tietze [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Überzeugen Sie Ihre Parteifreunde in Nord- friesland, dann machen wir das zusammen! - Christopher Vogt [FDP]: Wir machen alle unsere Hausaufgaben!)

Für die Fraktion DIE LINKE hat Frau Abgeordnete Ranka Prante das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Durch den Ausbau der Windenergienutzung sind in unserem Bundesland direkt und indirekt 8.000 Arbeitsplätze entstanden. Trotzdem versucht die Landesregierung, die Windkraft durch scheinheilige Erlasse kleinzuhalten. Ich verstehe es nicht. Mit Genehmigung zitiere ich Herrn Dr. Garg:

„Schaut man sich die natürlichen Gegebenheiten Schleswig-Holsteins an, dann liegt der Schwerpunkt der zukünftigen Energieversorgung naturgegeben auf Windenergie und Erdwärme. Bei der Windenergie müssen die planungsrechtlichen Rahmenbedingungen so gesetzt werden, dass sowohl dem weiteren Ausbau der Windkraft an Land als auch der Neuentwicklung von Windparks auf dem Wasser so viel Rückenwind wie möglich zugeteilt wird. … Auch ist den Bürgern verstärkt die Möglichkeit einzuräumen, in Form von Kleinwindanlagen an der Nutzung der Windenergie teilzuhaben.“

Was soll ich dazu noch mehr sagen? - Ich wundere mich immer noch über diesen Erlass und darüber, dass hier bisher noch nichts weiter passiert ist. Dieses Mal stehe ich voll hinter Minister Garg.

(Beifall bei der FDP)

Wie kann es also sein, dass diese Landesregierung einen Erlass erarbeitet, der die Windenergie weiter einengt? Es werden Definitionen und an den Haaren herbeigezogene umständliche Regelungen getroffen, in denen festgelegt wird, dass eine Genehmigung doch wieder nur nach einer aufwendigen und umfassenden Einzelfallbetrachtung erteilt werden kann. Dies kann ich nach diesem Zitat nicht nachvollziehen. Von Rechtsklarheit und Bürokratieabbau ist dort keine Spur!

(Beifall bei der LINKEN)

Die Beispiele für eine Würdigung des Einzelfalles, die ich heranziehen soll, sind so zahlreich, dass die Redezeit nicht ausreicht. Aber diese Umstände weckt in mir doch den Verdacht, dass erneut Politik für eine bestimmte Klientel gemacht wird. Der Erlass, wie er jetzt ist, festigt nur die Monopolstruktur des Energiemarktes in diesem Land. Eine dezentrale, akzeptanzfördernde Nutzung erneuerbarer Energien wird im Keim erstickt.

Doch ich denke, wir sollten noch auf ein weiteres Kriterium zurückkommen. Die Windkraftbranche ist ein potenzieller Arbeitgeber. Ohne dass wir

(Oliver Kumbartzky)

großartig Geld investieren müssen, entstehen hier Arbeitsplätze für die Menschen in unserem Land.

(Beifall bei der LINKEN)

Sie greifen mit diesem Erlass in einen neu entstehenden, zukunftorientierten Markt ein. Die Nutzung von Kleinwindanlagen durch große Schichten der Bevölkerung in Schleswig-Holstein wird so verhindert. Trotzdem verschwenden wir Zeit und Verstand für einen neuen Erlass, der die Windbranche weiter an der kurzen Kette hält.

Wir, die Fraktion DIE LINKE, fragen uns, warum. Brauchen wir diese Arbeitsplätze nicht, oder ist es doch wieder Klientelpolitik? Ich denke, das zweite kann ich mit Ja beantworten. Das sind doch die potenziellen Arbeitsplätze und somit die Steuereinnahmen für unser Land, die Steuern, die unser Land braucht. Ich hoffe, dass die Landesregierung diesen Fehler schnell korrigiert.

(Beifall bei der LINKEN)

Für die Fraktion des SSW hat der Herr Abgeordnete Lars Harms das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Betrachtet man den ersten Punkt des Antrages, so kann man es sich leicht machen und ihn verbuchen unter „Anträge, die die Welt nicht braucht“. Dies nicht, weil er inhaltlich nicht richtig wäre, sondern weil es eine entsprechende Initiative schon gibt und weil diese Initiative schon im zuständigen Ausschuss behandelt wurde und weiter wird. Der SSW hat zu einem Antrag von CDU und FDP, der den Erlass zur Planung von Windkraftanlagen zum Thema hat und der eine Erleichterung für die Windenergie zum Ziel hat, einen Änderungsantrag gestellt. In diesem Änderungsantrag fordern wir die Landesregierung auf, den Kleinwindanlagenerlass vom 2. Februar 2010 dahin gehend zu überarbeiten, dass die Errichtung von Kleinwindanlagen erleichtert und Bürokratie abgebaut wird. Die Regelungen im Erlass sind auf das Mindestmaß zu beschränken. So weit der Text unseres Antrages, der nicht nur die Überarbeitung des Erlasses, wie auch im jetzigen Antrag der Grünen gefordert, verlangt, sondern auch ganz konkrete Ziele, die mit dieser Änderung verbunden sein sollen, beschreibt.

Unser Antrag und der Ursprungsantrag der Koalitionsfraktionen sind schon im Ausschuss behandelt worden, und der zuständige Minister Schlie hat

schon hier im Landtag und im Ausschuss angekündigt, dass er den Erlass überarbeiten wolle und demnächst eine veränderte Version vorgelegt werden soll. Diesen neuen Entwurf könnten wir dann im zuständigen Ausschuss aufgrund der schon vorhandenen Anträge debattieren. Sie sehen also, es hätte keiner diesbezüglichen weiteren Initiative der Grünen bedurft. Aber vielleicht war es für die Grünen nicht zu ertragen, dass Schwarz-Gelb und dann auch noch der SSW hier die entsprechenden Initiativen schon längst in Angriff genommen haben.

(Beifall bei SSW, CDU und FDP)

Meine Damen und Herren, wenn es aber dem grünen Seelenfrieden dient, dann sei’s drum. Aber nötig wäre dieser Part des Antrags der Grünen nicht gewesen.

Umso wichtiger ist aber eine Debatte über die Einführung von Strombilanzzählern. Mithilfe solcher Zähler wird der ins Netz eingespeiste Strom mit dem bezogenen Strom verrechnet. Ist der eingespeiste Strom günstiger als der angerechnete Strompreis, so entsteht ein Gewinn. Noch vorteilhafter wäre es sogar, wenn man mehr Strom produziert als verbraucht. All dieses kann mit einem entsprechenden Zähler ermittelt werden. Wir würden es begrüßen, wenn die Möglichkeit bestünde, nach einem solchen System abzurechnen. Technisch möglich ist dies, und die Kosten hierfür sind überschaubar. Circa 1.500 € müsste man für einen solchen Zähler aufwenden. Diese Kosten sind sicherlich in einem überschaubaren Zeitraum auch wieder zu erlösen. Deshalb ist es wichtig, dass solche Möglichkeiten eingeräumt werden und hierfür die gesetzliche Grundlage geschaffen wird.

Für uns als SSW ist es dabei wichtig, dass hier nicht neue Kosten entstehen, sondern dass es der freien Entscheidung der Anlagenbetreiber unterliegt, ein solches System zu nutzen. Daher wollen wir hier weder Zuschüsse noch Sonderregelungen haben. Wir wollen nur, dass diese Möglichkeit eröffnet wird und die Betreiber die Sicherheit bekommen, bei Bedarf nach diesem Modell abrechnen zu können.

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Insofern begrüßen wir diesen Teil des Antrags der Grünen, aber wir sollten im Ausschuss noch über die konkrete inhaltliche Umsetzung einer möglichen Initiative sprechen.

Eindeutig ist aber, dass eine Einführung von Strombilanzzählern dazu beitragen kann, dass kleinere

(Ranka Prante)