aufgehoben“, sie zweitens, wenn sie am dritten Kindergartenjahr teilnehmen wollen, gefragt werden müssen: „Möchten Sie das?“, und ihnen drittens gesagt werden muss: „Stellen Sie bitte so schnell wie möglich bei der Kommune“ - wohl gemerkt! - „den Antrag, wenn Sie die Sozialstaffel in Anspruch nehmen wollen.“
Das bedeutet für die Träger, aber auch für die Eltern viel Arbeit. Ich kann mich daran erinnern: Es ist nicht nur Fußballweltmeisterschaft, sondern es sind auch noch Schulferien. Es ist nicht sicher, dass die das in der verbleibenden Zeit noch regeln können. Denn wie vielleicht bekannt ist, muss man, wenn man die Anträge auf Sozialstaffel vorlegt, auch die entsprechenden Unterlagen vorlegen. Das alles muss bis zum 31. Juli erfolgen.
Für die Träger bedeutet das darüber hinaus auch noch, dass, wenn unterschiedliche Beiträge gezahlt werden müssen, entsprechend Lastschriftverfahren, Verbuchung geregelt werden müssen, kontrolliert werden muss, ob die Anträge überhaupt gestellt worden sind oder verspätet kommen. Das dürfen die alles machen.
Vor diesem Hintergrund kann ich einfach nicht verstehen, warum das heute und hier verabschiedet werden muss. Dass ich dagegen bin, wissen Sie. Aber wofür ich überhaupt kein Verständnis habe, ist die Art und Weise des Verfahrens. Es wird nicht nur den Eltern zugemutet, dass sie nächste Woche das Schreiben hoffentlich kriegen können, wenn in jedem großen und kleinen Kindergarten so ein tolles EDV-System vorhanden ist, um so etwas rauszuschicken.
Die gesamte Buchhaltung, alle dürfen in den Ferien sitzen und überlegen, wie man das machen kann und soll. Dazu habe ich immer noch nichts gehört, wie das passieren soll. Das ist nicht nur für die Kinder eine Zumutung, sondern auch für die Eltern und vor allen Dingen für die freien Träger, deren Verwaltungskräfte alle voraussichtlich in den Sommerferien arbeiten dürfen und müssen, weil hier so schnell ein Gesetz durchgesetzt wird.
Herr von Boetticher, wir haben im Ausschuss dann noch über einen sinnvolleren Zeitpunkt des Inkrafttretens gestritten. Ein sinnvollerer Zeitpunkt wäre zumindest nach dem 1. August 2010. Es ist auch der 1. Januar 2011 möglich, wenn Sie es wollen, aber nicht so, innerhalb einer Sitzung.
An dieser Stelle darf ich auch noch Folgendes sagen: Das ist jetzt das zweite Gesetz, das so durchgepeitscht wird. Das erste Gesetz war das Landesrichtergesetz. Die Art und Weise, wie das durchge
setzt wurde, haben wir auch nur deshalb mitgemacht, damit endlich neue Positionen innerhalb der Richterschaft besetzt werden können.
- Falsch. Ich schlage vor, dass Sie bezüglich der Art und Weise der Änderung des Landesrichtergesetzes noch einmal mit der FDP Rücksprache nehmen.
Unabhängig davon darf ich darauf hinweisen: Es kann nicht sein, wie diese Verfahren durch Sie jetzt durchgesetzt werden. Und dann sagen Sie auch noch, alle sollen groß „Hurra!“ schreien. Das geht ganz bestimmt nicht.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Sönnichsen, ich möchte Ihnen gern darauf antworten. Sie haben bedauert, dass wir die Debatte leider nur unter finanzpolitischen Gesichtspunkten führen. Da antworte ich Ihnen: Stellen Sie sich einmal vor, wir würden das beitragsfreie Kita-Jahr abschaffen und dies auch noch fachlich begründen. Das wäre doch die Maximalkatastrophe überhaupt.
Insofern ist das keine fachliche Debatte, zumindest nicht von Ihnen losgetreten, sondern es ist Teil Ihres Haushaltsstrukturkonzepts und eine Finanzdebatte.
Ich will Ihnen gern anhand der Grunderwerbsteuer unsere Philosophie einer nachhaltigen Haushaltspolitik erklären. Das heißt, Einnahmen steigern und Ausgaben senken. Das heißt sparen und investieren. Das gehört zusammen.
Wenn Sie dies nicht zusammenbringen, wenn Sie nicht gleichzeitig bei Ausgabenkürzungen auch Einnahmesteigerungen haben, haben Sie zwei Probleme. Das Erste ist, Sie können die Schuldenbremse nicht einhalten. Das kann Ihnen Ihr Finanzminister gern einmal vorrechnen; einen Taschenrechner habe ich. Das Zweite ist, Sie werden diese Gesellschaft spalten,
Deshalb haben wir die Erhöhung der Grunderwerbsteuer immer wieder ins Spiel gebracht. Wir haben gesagt, dass es aus unserer Sicht eine Gerechtigkeitssteuer ist. Sie ermöglicht, mehr Geld als bisher in den vorschulischen Bereich zu investieren.
Die Erhöhung der Grunderwerbsteuer wird hier irgendwann beschlossen werden. Das wissen Sie genauso gut wie ich. Wir werden bei der Einführung wieder dafür werben, dass - ich formuliere vorsichtig - zumindest Teile dieser Steuer in den vorschulischen Bereich gehen. Dafür werden wir wieder werben.
(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und der Abgeordneten Antje Jansen [DIE LINKE] sowie vereinzelt bei der SPD)
Wir werden dann auch dafür werben, dass man das diesmal anders macht, als Sie es gemacht haben. Sie haben gesagt: Wir machen das beitragsfreie Kita-Jahr, das ist ein Geschenk, gut, kriegen die Eltern, sprechen wir gar nicht mehr darüber. Wir werden dafür werben, dass wir das nächste Mal den Dialog mit den Eltern und mit den Trägern suchen und sagen: Passt mal auf, hier ist eine Summe, die können wir aus der Erhöhung der Grunderwerbsteuer in den vorschulischen Bereich investieren. Wir werden mit den Eltern und mit den Trägern darüber sprechen: Was ist euch das Wichtigste? Ist es die Sozialstaffel? Ist es die Qualität? Ist es die Quantität? Dieser Dialog muss geführt werden. Das ist letztes Mal versäumt worden. Insofern sage ich, nachhaltige Finanzpolitik ist weit mehr, als die Grunderwerbsteuer wie den Jäger 90 dreimal zu verbraten.
Das Wort hat der Fraktionsvorsitzende der Fraktion DIE LINKE, Herr Abgeordneter Heinz-Werner Jezewski.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es sind genug Argumente ausgetauscht. Ich will nicht länger über das Argument und den Inhalt reden, sondern über das Verfahren und über die Würde dieses Hauses.
Wir haben am Montag einen Gesetzentwurf vorgelegt bekommen, der erst am Mittwoch in die erste Lesung gegangen, am Donnerstag in die Ausschussberatungen; in der sollten vier Ausschüsse mit zusammen über 30 Leuten die Debatte führen. Heute erfolgt die zweite Lesung, und das Gesetz wird beschlossen werden.
Ich bestreite nicht das Recht der Regierungskoalition, Gesetze zu verabschieden. Sie werden dieses Gesetz verabschieden. Sie werden sich für dieses Gesetz wie für alle anderen auch zu verantworten haben. Sie verantworten sich schon. Wer sich heute Morgen das ZDF-Politbarometer anguckt, sieht, wie Sie sich dafür verantworten. Es mag sein, Ihr Plan geht auf, und in drei Jahren hat die FDP die absolute Mehrheit. Gut, im Moment fehlen noch 51 % daran. Aber auch das mag sein. Darum geht es mir gar nicht.
Mir geht es darum, wie in diesem Haus mit mir und meinen Kollegen als Abgeordnete umgegangen wird und wie Sie auch mit sich selbst als Abgeordnete umgehen.
Es ist nicht möglich, diesen Gesetzentwurf innerhalb dieser Plenartagung sachgemäß und inhaltlich richtig zu behandeln. Das einzige, was noch gemacht werden kann, ist, dass man alte Debatten, die seit vielen Jahren laufen und die auch bei der Freistellung des letzten Kita-Jahres gelaufen sind, wiederzukäuen, vielleicht ein neues Argument einzubringen.
Ich will einmal sagen, wie ich mich als Abgeordneter im Ausschuss fühle. Ich bekomme zwei Zettel auf den Tisch, die an die FDP-Fraktion adressiert sind. Darauf sind Antworten, aber ich kenne die Fragen nicht, die gestellt wurden. Wie soll ich dann mit den Antworten umgehen?
len Dank für! -, das liegt hier auf dem Tisch. Aber ich soll das als Mitglied des Innen- und Rechtsausschusses, der sich als einziger Ausschuss - das will ich betonen - noch einmal während einer Sitzung wirklich damit auseinandergesetzt hat, beurteilen. Das kann ich nicht tun, weil ich dazu den Rat meiner Finanzfachleute und den Rat meiner Kita- und Bildungsfachleute brauche. Und danach soll ich eine Entscheidung treffen. Das ist das, was ich Ihnen bei diesem Verfahren vorwerfe. Die Würde des Parlamentes hängt nicht daran, welchen Pullover ein Abgeordneter trägt, sondern die Würde des Parlamentes hängt daran, wie wir miteinander umgehen. Das, was wir hier gemacht haben, das war schäbig.
Das Wort zu einem weiteren Dreiminutenbeitrag erteile ich dem Vorsitzenden der Fraktion der SPD, Herrn Abgeordneten Dr. Ralf Stegner.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich hatte vorhin gehofft, dass wir jedenfalls in weiten Teilen eine sachliche Debatte würden führen können, in der es wirklich um das geht, worüber wir heute reden, nämlich die Beitragsfreiheit abzuschaffen. Das ist nicht der Fall gewesen.
Sie haben ein Verfahren verteidigt, das dieses Hauses nicht würdig ist. Mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten würde ich gern einmal zum Verfahren etwas zitieren:
„Jetzt soll ein Gesetz, das im Hauruckverfahren verabschiedet worden ist, auf gleiche Weise zulasten der Eltern wieder abgeändert werden. Wir halten das weder für sinnvoll noch für politisch vertretbar. Schleswig-Holstein hat bei den Kindergartenplätzen unter allen westdeutschen Bundesländern den höchsten Finanzierungsanteil zulasten der Eltern. Es wäre ein wirklich positives Signal zugunsten der Familien mit Kindern, wenn das Land nun auf eine Wiedereinführung der Kitagebühren verzichten würde.“
Man sollte schon, wenn man einen Maßstab anlegt, sagen, mein Maßstab ist nicht abhängig vom Datum, sondern man darf - glaube ich - auch ein paar Grundsätze haben.
(Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Dr. Ro- bert Habeck [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] - Herlich Marie Todsen-Reese [CDU]: Das ist unglaublich!)