Ich komme zum letzten Satz. - Es macht aber Spaß, dabei zuzusehen, dass die Bundeskanzlerin und der Bundesfinanzminister für eine Brennelementesteuer sind, andere Kräfte aber nur dann, wenn es eine Laufzeitverlängerung gibt. Wir sagen, Verteuerung des Atomstroms kann immer nur gut sein. Es würde uns natürlich sehr freuen, wenn das Ergebnis wäre, kein Atomausstieg, aber eine Brennelementesteuer.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe damit die Beratung. Es ist Ausschussüberweisung beantragt. Es ist beantragt worden, den Antrag Drucksache 17/686 dem Wirtschaftsaus
schuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Stimmenthaltungen? - Gegenstimmen? - Damit ist der Antrag mit den Stimmen von CDU und FDP abgelehnt worden.
Es ist dann Abstimmung in der Sache beantragt. Es ist beantragt worden, über den Antrag in der Sache abzustimmen, und zwar, wenn ich das richtig verstanden habe, getrennt über die beiden Sätze des Antrags. Dann bitte ich um das Handzeichen, wer dem Antrag Drucksache 17/686 Satz 1 zustimmen möchte. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Damit ist der Satz 1 mit den Stimmen von FDP und CDU gegen die Stimmen von SPD, der LINKEN und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW abgelehnt worden.
Ich lasse dann abstimmen über Drucksache 17/686 Satz 2. Wer stimmt dafür? - Gegenprobe! Stimmenthaltungen? - Damit ist der Satz 2 abgelehnt worden mit den Stimmen von FDP und CDU gegen die Stimmen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der LINKEN und SSW.
Zur Tagesordnung möchte ich Folgendes bekannt geben: Die Parlamentarischen Geschäftsführer haben sich wie folgt geeinigt: Der Tagesordnungspunkt 34 - Sicherungsverwahrung - wird auf morgen, 12:20 Uhr, verschoben. Zu Tagesordnungspunkt 35 wird noch ein Berichtsantrag kommen, und der Punkt soll dann ohne Aussprache behandelt werden. Der Dringlichkeitsantrag - Tagesordnungspunkt 42 A -, dessen Dringlichkeit wir vorhin bejaht haben, wird auf Freitag nach Tagesordnungspunkt 12 gesetzt mit einer Redezeit von fünf Minuten.
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat Herr Abgeordneter Bernd Voß von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das nächste Energiethema. Mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz wurde beim Biogas wie auch beim Wind eine beeindruckende Entwicklung ausgelöst. Seit 1999 stieg die Zahl der
Anlagen in Deutschland von 850 auf über 5.000, die elektrische Leistung von 49 MW auf über 2.000 MW. Dies entspricht der Leistung von circa zwei Atomkraftwerken, und das alles in dezentraler Struktur erzeugt.
2004 wurde im EEG ein Bonus für nachwachsende Rohstoffe geschaffen. Seitdem ist ein regelrechter Boom für die Biomassenutzung losgegangen. Besonders stark ist dies auch in einigen Regionen Schleswig-Holsteins festzustellen. Inzwischen ist es nicht mehr übersehbar, dass diese zunächst gewollte Entwicklung zu erheblichen Konflikten mit anderen Zielsetzungen geführt hat. Circa 25 bis 30 % des Maises werden inzwischen für Biogasanlagen angebaut. In einigen Regionen geht dies auf Kosten des für den Naturschutz unter anderem sehr wertvollen Grünlandes. Die Vermaisung der Landschaft ist nicht nur ein landschaftsästhetisches Problem, es ist vielmehr ein Problem bei Artenschutz und Vielfalt, beim Naturhaushalt.
Daraus dürfen wir jetzt aber nicht den Schluss ziehen, dass wir uns von der Biomassenutzung verabschieden werden. Nicht erst mit dem Versinken der Ölplattform im Golf von Mexiko ist deutlich geworden, dass wir weg müssen vom Öl.
Das heißt zugleich, nachwachsende Rohstoffe werden in vielen Produktbereichen erforderlich sein. Wir brauchen eine Rohstoffwende, genauso wie wir eine Energiewende eingeleitet haben. Heute gehen 10 % des Öls in stoffliche Bereiche hinein. Wir haben nur einen Planeten, und die natürlichen Ressourcen sind begrenzt. Bei der Biomassenutzung muss beachtet werden, dass wir letztlich für eine nachhaltige Nutzung Kriterien definieren müssen, Leitplanken setzen müssen und technische Entwicklungen auch entsprechend vorantreiben müssen.
Das EEG sieht keine wirksame Unterscheidung der Herkünfte der Rohstoffe vor. So wurden fast ausschließlich Pflanzen genommen, die sich schon im Futterbau allgegenwärtig durchgesetzt hatten. Da sich auch die Entwicklung der Anlagentechnik ganz auf Mais konzentrierte, ist dies im Rahmen des derzeitigen EEG für den Investor einfach die sicherste, die wirtschaftlichste Lösung. Es dämmert im Grunde bei uns allen, dass mit der Konzentration auf diese eine Pflanze - sie ist es ja überwiegend - andere Entwicklungen verhindert werden. Es bedarf einer differenzierten Boni-Regelung, einer besseren Definition und zügigen Umsetzung der Nach
Die Biomassetechnik - daran erinnern wir uns alle - wurde über Jahrzehnte von Pionieren weiterentwickelt. Sie basierte ursprünglich im Wesentlichen auf Reststoffnutzung. Wir haben klugerweise gleich im EEG Größenstaffeln bekommen. Gäbe es sie nicht, diese Technik wäre mit Sicherheit in Großstrukturen geendet und hätte sich nicht weiterentwickelt. Zugleich sind aber die unteren Grenzen so hoch angesetzt, dass eine Entwicklung kleiner, angepasster Anlagen, wie wir sie zugleich auch brauchen, in den letzten zehn Jahren nicht mehr erfolgt ist.
Das EEG war sehr erfolgreich hinsichtlich Technikentwicklung, Technikeinführung. Es muss aber ich sagte es bereits - laufend angepasst und verbessert werden. Es geht dabei - um das ganz klarzustellen - nicht um ,,small is beautyfull“, sondern um die Frage, wie dezentral zusätzliche Wertschöpfungen aufgebaut und Ressourcen nachhaltig gesichert werden können.
Das EEG kann, entsprechend aufgebaut, ohne Projektfördermittel neue innovative Entwicklungen auslösen. Ich denke, das ist in der heutigen Haushaltslage wichtig. Auch aufgrund der heutigen finanziellen Situation hat Schleswig-Holstein den Ausstieg aus der Biomasseförderung jetzt im Haushaltsstrukturpaket vernünftigerweise beschlossen. Diese Aufgaben müssen dann aber auch von einem reformierten EEG übernommen werden und müssen dort abgesichert sein. Dies ist letztlich im besonderen Interesse für unser Land.
Zum EEG werden jetzt aktuell die Überprüfungsberichte erstellt. Es ist im Gesetz vorgesehen, es alle vier Jahre neu aufzulegen. Es ist daher entscheidend, dass Schleswig-Holstein sich frühzeitig positioniert, frühzeitig eine Initiative in den Bundesrat einbringt, um dann zum 1. Januar 2012 ein neues Gesetz in unserem Sinne zu haben. Biomassenutzung, Biogasnutzung müssen, wenn sie erfolgreich sein sollen, dezentral sein, vielfältig sein, angepasst sein. Nur so können sie wirksam einen Beitrag zur Erreichung des Ziels „100 % erneuerbare Energien“ leisten.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Voß, der Antrag scheint aus unserer Sicht relativ ausgewogen. Die Forderung „Biomasse nachhaltig nutzen“ der grünen Fraktion, und über eine Bundesratsinitiative das Erneuerbare-Energien-Gesetz das sogenannte EEG - zum nächstmöglichen Termin an den von Ihnen geforderten Maßnahmenkatalog anzupassen, ist für die CDU-Fraktion im Landesparlament der richtige Weg.
Der Koalitionsvertrag - wohl gemerkt auf Bundesebene - zwischen CDU, CSU und FDP sieht vor, die erneuerbaren Energien konsequent auszubauen und in einem dynamischen Energiemix die konventionellen Energieträger kontinuierlich durch alternative, klimafreundliche Energien zu ersetzen. Herr Voß, da sind wir uns einig. Da gibt es kein Vertun.
Das Ziel dabei ist es, die erneuerbaren Energien so schnell wie möglich markt- und speicherfähig zu machen, Über- und Unterförderungen zu vermeiden und damit die Potenziale für Innovation, Wachstum und Beschäftigung in diesen Bereichen voll auszuschöpfen.
Mit Wirkung zum 1. Januar 2012 soll eine Novellierung des EEG auf Bundesebene auf den Weg gebracht werden, insofern sind die nächsten Monate - auch da muss ich Ihnen Recht geben - für eine diesbezügliche Diskussion von allen hier im Land zu nutzen.
Das EEG in seiner heutigen Form wurde auf Bundesebene vor vier Jahren in einer Hochpreisphase für landwirtschaftliche Produkte verabschiedet. Bei Milchpreisen von circa 40 ct/kg und Erzeugerpreisen von 20 €/dt für Weizen sollte damals über hohe Einspeisevergütungen für Strom und Wärme aus erneuerbaren Energien als Anreiz - bei größtmöglichem Einsatz von Reststoffen, wie zum Beispiel Gülle - die Bereitschaft erhöht werden, klimaschonend Energie besonders im Bereich Biogas zu erzeugen.
Die anfangs zögerliche Bereitschaft, von der bisherigen landwirtschaftlichen Produktion auf die Energieerzeugung umzustellen, hat sich durch die Novellierung des EEG aus dem Jahr 2007 zu einer regelrechten Euphorie entwickelt.
Jetzt zu Schleswig-Holstein: Der Preisverfall bei Milch und Getreide hat besonders auf dem Mittelrücken in Schleswig-Holstein die Energieerzeugung durch Biogas sehr attraktiv gemacht. Eine Zeit lang war es für einen Landwirt lukrativer, 1 kWh Strom aus einer nach Größe und Boni opti
mierten Biogasanlage zu produzieren als 1 l Milch. Bonuszahlungen für Gülleeinsatz, für NawaRo, Kraft-Wärme-Kopplung und ein Technologiefortschrittsbonus haben diesen Anlagentyp für Biogas rentabel gemacht, der in einer Größenordnung von circa 500 kW circa 250 ha Maisfläche und 3.000 bis 4.000 m3 Gülle benötigt. Bei unseren Strukturen in Schleswig-Holstein ist das für eine einzige Anlage schon relativ viel.
Jetzt sprießen diese Anlagentypen wie Pilze aus dem Boden. Momentan gibt es in Schleswig-Holstein circa 270 Biogasanlagen - Tendenz: stark steigend. Es wird erwartet, dass in den nächsten fünf Jahren bis zu 100 weitere gebaut werden.
Heute werden in Schleswig-Holstein 165.000 ha Mais angebaut, wovon - da muss ich das vielleicht korrigieren - bis zu 90.000 ha, so sind meine Informationen, mit steigender Tendenz für Biogas verwendet werden. Das sind von 1 Million ha landwirtschaftlicher Nutzfläche fast 10 % allein für die Biogasproduktion. Das bereitet natürlich Probleme. Durch die Eigenschaft von Mais, auch auf ertragschwachen Böden ertragreich zu wachsen, führt es somit in einigen Landstrichen SchleswigHolsteins - wie auch im Antrag der Grünen angesprochen - zu Problemen.
Nicht nur im Kreis Schleswig-Flensburg - allein in dem Kreis gibt es schon 105 Anlagen - wird die Fläche knapper und sogar Mais aus Dänemark importiert. Milch und Getreidebau sind zurzeit nicht mehr konkurrenzfähig.
Es entsteht der Eindruck von Monokultur. Während der Bestell- und Erntezeiten wird von der Bevölkerung eine verstärkte Belastung durch immer größer werdende Landmaschinen wahrgenommen. Ein nur kurzes Zeitfenster - 14 Tage im Herbst und im Frühjahr - für Bestellung und Ernte verstärkt diesen Eindruck. Straßenschäden, Verschmutzungen, größere Siloanlagen und Gärbehälter in einer Größe, die wir bisher nicht kannten, eine angebliche Überförderung von Biogas und dadurch entstehende Neiddebatten haben in Schleswig-Holstein zu ersten Gründungen von Bürgerinitiativen gegen Biogas geführt. Neben der Initiative „Gegenwind“ - allen bekannt - gegen zu viele Windräder wird jetzt auch gegen Biogas mobil gemacht.
Deswegen fordern wir eine Ökobilanz, ein Betreiben der Anlagen weiterhin durch Landwirte, Fruchtfolgen, die angemessen sind, eine nachgewiesene, sinnvolle Abwärmenutzung, Regelungen über Belastungen bei Ernte und Betrieb, Straßen
Das sind die Ansätze, die möglichst zeitnah in eine EEG-Novellierung einfließen sollten. Dabei gibt es auf Bundesebene aber leider sehr unterschiedliche Auffassungen und politische Ausrichtungen. Um Biogas nachhaltig, ökologisch sinnvoll und gleichzeitig den ländlichen Raum stärkend zur Grundlastsicherung im Energiemix der Zukunft beitragen zu lassen und erträglich machen zu können, bedarf es noch intensiver Beratungen, die wir gern im zuständigen Umwelt- und Agrarausschuss gemeinsam weiterführen werden.
(Beifall der Abgeordneten Serpil Midyatli [SPD] und Ranka Prante [DIE LINKE] - Der Abgeordnete Heiner Rickers fährt das Red- nerpult für die Abgeordnete Sandra Redmann herunter - Heiterkeit und Beifall bei CDU und SPD)