Protokoll der Sitzung vom 07.07.2010

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD, der LINKEN und SSW)

So geht das nicht, liebe Landesregierung! Ich hoffe, dass Sie da noch nachbessern.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Das Wort für einen weiteren Dreiminutenbeitrag erteile ich dem Vorsitzenden der CDU-Fraktion, Dr. Christian von Boetticher.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Stegner, es gibt einen Grund, warum ich mich im letzten Dreivierteljahr von diesem Pult aus nicht zu umwelt- und landwirtschaftlichen Fragen geäußert habe. Das liegt daran, dass man als ehemaliger Minister geneigt ist, seine eigene Zeit durch eine extrem rosa Brille zu sehen. Darum sollte man sich manches Mal mit Debattenbeiträgen zurückhalten.

Ihre rosa Brille, mit der Sie auf Ihre eigene Amtszeit als Innen- und Finanzminister gucken, ist so rosa, dass sie eigentlich nur Miss Piggy stehen würde. Sie ist unerträglich rosa. Sie haben Herrn Hay für seine Arbeit gelobt. Sie haben ihn zu Recht gelobt. Er war auch deswegen besonders zu loben, weil er mit dem ganzen Unfug Schluss gemacht hat, den Sie als Innenminister fabriziert haben.

(Beifall bei CDU und FDP)

Wir haben uns einmal gemeinsam an ein wirklich großes Projekt gewagt, an die Verwaltungsstrukturreform. Ich erinnere mich genau daran, wie schwierig die Debatte auch innerhalb der Parteien gewesen ist, auch innerhalb meiner eigenen Partei. Sie haben aus dem großen Thema Verwaltungsstrukturreform ein rein parteitaktisches Spielchen für sich selber, um sich auf einen Thron zu heben, gemacht und die gesamte Verwaltungsstrukturreform an die Wand gefahren. Man sollte dann etwas vorsichtiger sein mit Äußerungen zur kommunalen Familie.

(Beifall bei CDU und FDP)

Frau Heinold, ich habe gehört, Sie wollen etwas für die ehrenamtliche Kommunalpolitik tun. Das finde ich gut und richtig. Man muss den Menschen dann aber auch sagen, wenn man andere Strukturen möchte, wenn man - wie Sie so schön gesagt haben - schlanke Verwaltungsebenen möchte, dass dann das kommunalpolitische Ehrenamt auch ein anderes wird. Wenn das kommunalpolitische Ehrenamt nicht vor Ort stattfindet, wenn ich mich also nicht mehr als Bürger melde und sage: Ich möchte mich für mein Dorf engagieren, sondern ich mich für eine Ebene engagiere, die plötzlich aus acht, neun, zehn Gemeinden besteht, dann ist das etwas anderes. Ich fürchte, dass wir dann erst recht nicht mehr

(Ines Strehlau)

die Menschen finden werden, die sich für dieses Ehrenamt engagieren werden.

(Zurufe von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

- Hören Sie mir doch einfach einmal zu, Herr Habeck! Ich habe Ihnen doch auch zugehört.

Noch einmal. Das ändert sich massiv. Das müssen Sie gerade den Menschen sagen, die heute im Ehrenamt tätig sind.

Zweiter Punkt - das habe ich positiv bemerkt -: Die Veränderungen, die Sie wollen, sollen den Kommunen zugutekommen. Das finde ich richtig, das finde ich gut. Das müssen Sie nur einmal Ihrem Nachbarn von der SPD erklären, der sagt nämlich die ganze Zeit: Wir können hier in diesem Land gar nicht selber sparen. Den Sparbeitrag, den wir als Land erbringen müssen, können wir nicht erbringen. Das sollen die Kommunen durch Veränderungen ihrer Strukturen machen. Das ist eine völlig andere Aussage. Es gehört zur Ehrlichkeit auch dazu, dass man sagt: Wir wollen Veränderungen, aber wir wollen sie zulasten der Kommunen, und das Geld wollen wir selber einstreichen, Herr Stegner.

(Beifall bei CDU und FDP)

Noch einmal, ich fand das, was Kollege Habeck gesagt hat, richtig. Die Analyse ist richtig. Wir haben alle zu unseren Zeiten auf Bundes- und Landesebene daran mitgewirkt, dass die Dinge, die wir verabredet haben, am Ende nach unten durchgereicht worden sind und die Kommunen die Last, die auch Verwaltungsarbeit beinhaltet, ohne dass man ihnen dafür die finanzielle Ausstattung gegeben hat. Das werden wir allerdings nicht durch Änderung der Verwaltungsstrukturen lösen können. Das werden wir auch nicht allein in diesem Land ändern können. Dazu hat das Land die Mittel nicht. Das wissen Sie.

Das werden wir nur leisten können, indem wir uns einbringen in eine vernünftige Steuerstrukturreform, die am Ende auch die Gemeinden stärker berücksichtigt, als sie das bisher tut. Das wollen wir tun. Dazu hat die Landesregierung den Auftrag. Wir unterstützen sie dabei.

(Beifall bei CDU und FDP)

Das Wort zu einem weiteren Dreiminutenbeitrag erteile ich Frau Kollegin Astrid Damerow.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es gab einige Dreiminutenbeiträge, der eine oder andere hat mich vom Stuhl hochgerissen, und einer davon verpflichtet mich förmlich zu antworten. Herr Eichstädt, ich werde mich hier selbstverständlich nicht hinstellen und einzelne Kommunen als Hop oder Top benennen.

(Zurufe)

Viele von Ihnen haben doch ebenso große kommunalpolitische Erfahrung. Dies werden genau die Fragen sein, die wir in einem Kommunalpaket mit den kommunalen Landesverbänden auf Augenhöhe verhandeln - „Augenhöhe“ ist vielleicht das Problem, das vor allem die SPD manchmal hat, wenn sie mit den Kommunen spricht -, und dort werden wir zu ähnlichen Lösungen kommen müssen, wie wir sie zwischen Bund und Land haben. Der Bund erwartet von uns als Land, dass wir sehr genau sagen, wie wir uns einen Konsolidierungspfad bis 2020 vorstellen, denn nur dann bekommen wir die 80 Millionen € jährlich. Insofern wäre dies durchaus kein völlig ungewöhnliches Vorgehen des Landes gegenüber den Kommunen. So viel dazu, Herr Eichstädt.

Auf Herrn Stegner hat mein Fraktionsvorsitzender bereits geantwortet; ich will das hier nicht wiederholen. Ich möchte noch etwas zu Herrn Jezewski sagen. Ich höre mir das jetzt seit vielen Monaten an. Hier wird immer nur die eine Hälfte einer Aktion geschildert. Ich bin weiß Gott kein unkritischer Fan des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes gewesen; es hat mich wirklich nicht zu Begeisterungsstürmen hingerissen.

(Heinz-Werner Jezewski [DIE LINKE]: Aber Sie haben zugestimmt!)

Man muss sich vielleicht aber auch einmal das gesamte Paket angucken. Da stellen wir fest, dass selbstverständlich die Entlastung der Hoteliers mit dabei war, dass aber auch die Erhöhung des Kindergeldes und die Anhebung der Kinderfreibeträge dabei waren.

(Zurufe)

- Frau Jansen, das ist doch nicht wahr. Sie in Lübeck merken es vielleicht nicht, weil Sie sowieso schon so in der Kreide stehen. Fakt ist, dies ist Geld, das den Familien zur Verfügung steht, und das geben die Familien in den Kommunen aus.

(Beifall bei CDU und FDP)

(Dr. Christian von Boetticher)

Ihre Halbwahrheiten werden nicht dadurch besser, dass Sie sie noch rechts und links mit Zitaten des Herrn von Goethe garnieren.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Gestatten Sie noch eine Zwischenfrage?

Dann habe ich zum jetzigen Zeitpunkt noch einen Dreiminutenbeitrag von Fleming Meyer, den ich hiermit aufrufe.

Herr Kreispräsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

(Heiterkeit, Beifall und Zurufe)

- Ich bitte vielmals um Entschuldigung, Herr Landtagspräsident.

Herr Kollege, noch sind wir ein Bundesland.

20 Jahre Gewohnheit. Tut mir leid. Ich bitte um Entschuldigung.

(Zurufe)

Lars Harms hat den SSW-Standpunkt hier ausführlich dargelegt, ich möchte auf den Beitrag von Christian von Boetticher zurückkommen, wenn es um das Ehrenamt geht. Ich komme selber aus der Gemeinde Handewitt, die schon seit Langem eine Großgemeinde ist. Damals gab es acht Gemeinden, und ich habe in der kleinen Gemeinde Wallsbüll gewohnt. Ich kann es wirklich vergleichen, wie es mit dem Ehrenamt ist.

Da gibt es einen Irrtum. Da gibt es einen großen Unterschied, wie man es in Dänemark und in Deutschland macht. Die Bürgernähe ist nicht eine Frage davon, ob ich nah an meinem Bürgermeister wohne, sondern Bürgernähe ist eine Frage davon, wie nah ich an der Politik bin, wie weit ich Politik mitgestalten kann.

(Beifall bei SSW, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Da haben wir ganz klar gesehen, dass es gerade in einer Gemeinde wie Handewitt ganz anders ist, wo wir nämlich selber einen Schulausschuss haben können und so etwas nicht über einen Zweckverband regeln müssen. Hier haben die vom Volk gewählten Vertreter wirklich Einfluss auf die Politik und sind auch verantwortlich für die Politik und können nicht wie im Zweckverband sagen: Das waren wir nicht, das waren immer die anderen. Das habe ich oft erlebt.

(Beifall bei SSW, SPD und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Das zeigt sich in der Praxis. Denn was ist mit so einer Gemeinde wie Handewitt passiert, die schon lange Großgemeinde ist? Die hat sich letztes Jahr mit Jarplund zu einer noch größeren Gemeinde zusammengetan. In all den Gemeinden, die wir da haben, haben die Menschen nicht das Gefühl, dass sie von der Politik weiter entfernt sind, im Gegenteil, sie haben das Gefühl: Hier haben wir wirkliche Bürgernähe. So sieht es aus.

(Beifall bei SSW, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN - Dr. Christian von Boetticher [CDU]: Dann können wir ja auch den Kreis Schleswig-Flensburg mit Nordfriesland zusammenlegen!)

Herzlichen Dank, Herr Kreistagsabgeordneter. Das Wort für die Landesregierung hat Herr Minister Klaus Schlie.

Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Abgeordnete Heinold, Ihre Analyse ist nicht nur teilweise, sondern weitgehend beeindruckend. Ich gebe Ihnen weitgehend recht, aber ich frage mich gleichzeitig: Wo sind Ihre konkreten Vorschläge? Einen Vorschlag habe ich gehört, ich will ihn auch einbinden in das, was ich gleich sage.