Nach einer neuen Befragung des Heidelberger Forschungsinstituts Sinus Sociovision bezweifeln mehr als zwei Drittel der weiblichen und männlichen Führungskräfte in der deutschen Wirtschaft, dass das Ziel, mehr Frauen in Führungspositionen zu bekommen, von alleine erreicht wird. Die befragten Managerinnen und Manager wünschen sich unterstützende Maßnahmen von Politik und Unternehmen sowie einen gesellschaftlichen Bewusstseinsund Rollenwandel.
Großen Zuspruch findet nach dieser Befragung die Idee gesetzlicher Mindestanteilsregelungen für Aufsichtsratsgremien. Auffallend hoch ist die Zustimmung zu einer solchen Quotenregelung bei den
jüngeren Frauen. Sie werden schon wissen, warum sie so votieren. Zwei Drittel der unter 40-jährigen Führungsfrauen befürworten sie.
Nun noch ein Argument für diejenigen, die die Debatte für ein Thema verbohrter Emanzen halten. Ein höherer Anteil von Frauen in den Unternehmensführungen ist nicht nur ein Gebot der Gleichberechtigung, sondern auch der wirtschaftlichen Vernunft.
Mehr Frauen in Verantwortung erhöhen nachweislich den Erfolg von Unternehmen. Wir brauchen deshalb ein Gleichstellungsgesetz für die private Wirtschaft, das die gerechte Teilhabe an Führungspositionen sicherstellt.
Wir Sozialdemokraten wollen eine quotierte Besetzung gesetzlich verankern, um die Mitwirkung von Frauen in den Aufsichtsgremien von Kapitalgesellschaften zu verbessern. Über die Höhe dieser Quote kann trefflich gestritten werden.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fordern in ihrem Antrag eine Quote von 50 %. Die Teilnehmer der 20. Bundeskonferenz der kommunalen Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten zum Beispiel fordern ebenso wie die SPD eine Quote von mindestens 40 %. Wir haben gehört, dass zumindest ein Teil der CDU-Frauen eine Quote von 30 % fordert.
Ich bin gespannt, welchen Änderungsantrag die CDU-Landtagsfraktion in Abstimmung mit ihrem Koalitionspartner in den Diskussionsprozess einbringen wird. Ich erkenne aber an, dass sich etwas zu bewegen scheint. Darüber sind wir schon glücklich.
Festzuhalten bleibt: Wir brauchen eine gesetzliche Quotenregelung und die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, die es Männern und Frauen ermöglichen, Familie und Beruf zu vereinbaren, einer existenzsichernden Arbeit nachzugehen, sowie eine gleiche Teilhabe an Führungspositionen in Unternehmen, Verwaltung, Wissenschaft und Forschung sowie auch in Aufsichtsgremien.
„Wenn wir gleiche Teilhabe von Frauen und Männern verwirklichen wollen, müssen wir alle Lebensbereiche umgestalten: Wer die menschliche Gesellschaft will, muss die männliche überwinden.“
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In den letzten Wochen schauten wir voller Spannung nach Südafrika, einem Land mit einer immensen kulturellen Vielfalt. Wenn Sie jetzt erwarten, dass ich einen Vergleich der Leistungen zwischen der Frauen- und der Männer-Fußballnationalmanschaft oder Überlegungen über eine Quotenregelung im Fußball auf der Trainer- oder Managerbank anstellen werde, muss ich Sie enttäuschen.
Nein, Südafrika belegt nach dem Global Gender Gap Report direkt nach den skandinavischen Ländern - angeführt übrigens neuerdings von Island und nicht mehr von Norwegen - Platz 6. Der Länderreport des Global Gender Gaps, herausgegeben vom Weltwirtschaftsforum, betrachtet die Unterschiede der Geschlechter in den Bereichen Wirtschaft, Bildung, Gesundheit und Politik. Genau in dieser Statistik machte Südafrika im vergangenen Jahr einen Sprung von Platz 22 auf Platz 6, indem das Land es schaffte, die Zahl der erwerbstätigen Frauen zu steigern, und weil im politischen Bereich 43 % der Mandatsträger Frauen sind. - Und dies ohne eine Quotenregelung, sondern weil es für die Südafrikanerinnen nicht nur eine Selbstverständlichkeit ist, dass eine Frau eine Frau wählt, sondern weil Frauen verstärkt Verantwortung für die Gesellschaft in der Politik übernehmen wollen.
Um es hier nicht zu verschweigen: Deutschland verschlechterte sich in der Statistik des Gender Gap Reports von 2009 um einen Platz, nämlich auf Platz 12, aufgrund der Entgeltungleichheit der Geschlechter in diesem Land. Das ist ein Thema, mit dem wir uns in diesem Hohen Haus erst kürzlich auseinandergesetzt haben.
che. Das ist eine Tatsache, die unterschiedliche Ursachen hat. Wenn man behauptet, dass dies allein daraus resultiere, dass Männer unter Umständen ein besseres Netzwerk haben und Frauen keine Chance lassen, ebenfalls in Führungspositionen von Unternehmen zu kommen, macht man es sich zu einfach. Dies dann mit einer sanktionierenden Quotenregelung bekämpfen zu wollen, ist ebenfalls zu kurz gedacht.
Selbst ein Unternehmen wie die Deutsche Telekom, das im März dieses Jahres eine Quotenregelung für Führungspositionen in seinem Unternehmen einführte, hat erkannt, dass eine Quotenregelung allein nicht zum Ziel führen kann.
Um Frauen mit einem gesellschaftlichen Selbstverständnis verstärkt in Führungspositionen zu bringen, bedarf es eines differenzierten Arbeitszeitmodells. So ist immer noch die Gründung einer Familie und die damit einhergehende verkürzte Arbeitszeit in einem Unternehmen der Hinderungsgrund, Karriere zu machen und Mitverantwortung für ein Unternehmen zu übernehmen. So geht es auch hier nicht allein darum, dass Frauen in Teilzeit gehen, wenn es um die Kindererziehung geht, sondern es bedarf eines Modells für Väter und Mütter zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
Dies erkannte auch die Deutsche Telekom. Sie kündigte ebenfalls an, dass sie Elternzeitmodelle, Teilzeitmodelle für Führungskräfte, flexible Arbeitszeitmodelle, Kinderbetreuungsangebote sowie praktische Unterstützungsleistungen im Alltag anbieten wird. Dies werden die Faktoren sein, die zu einer veränderten Unternehmensstruktur in Deutschland beitragen.
Die Politik kann dabei Rahmenbedingungen schaffen, damit solche Unternehmensstrukturen gut umgesetzt werden können. Mit einer sanktionierbaren Quotenregelung hilft man weder dem berechtigten Selbstverständnis von Frauen, die durch die Bezeichnung „Quotenfrau“ gesellschaftlich degradiert werden, noch können diese Vorbildfunktion für heranwachsende Mädchen haben, da nie über die wahren Fähigkeiten von Frauen in Aufsichtsräten gesprochen werden wird.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn Sie hier nach rechts schauen, sieht man das beste Beispiel dafür, wo Frauen in Führungspositionen fehlen: sechs Minister und eine Ministerin.
Trotz hoher Qualität bei den Frauen, trotz hoher Einsatzbereitschaft bei den Frauen ist das so. Fakt ist, in den 100 umsatzstärksten Unternehmen in Deutschland sind lediglich vier, vier von 411 Vorstandssitzen mit Frauen besetzt. In den Aufsichtsräten der Top-200-Unternehmen werden immerhin 10 % der Plätze von Frauen besetzt. Nur eines der 30 Dax-Unternehmen wird von einer Frau geführt. Frauen haben in der Krise im Schnitt weniger Verluste erwirtschaftet als Männer. Die Aufstiegschancen von Frauen sind sehr begrenzt, da die Unternehmen strukturell fast rein mit Männernetzwerken durchzogen sind - wie man hier sieht.
Wir, die Fraktion DIE LINKE, fordern schon lange, dass der Anteil der Frauen in Führungspositionen in der Wirtschaft, in der Politik, aber auch in der öffentlichen Verwaltung auf 50 % erhöht werden muss.
Auch hier gilt das schon im Zusammenhang mit dem Thema Equal Payday Gesagte. Wer glaubt, dass sich durch eine Selbstverpflichtung der Wirtschaft etwas in der Geschlechtergerechtigkeit in Führungspositionen ändern könnte, kann gern noch mindestens 30 Jahre oder länger warten, Frau Funke.
Wenn Frauen überhaupt eine Chance in den Chefetagen der Wirtschaft haben sollen, dann brauchen wir verpflichtende sanktionsfähige Quoten, denn ohne sie gibt es weder Frauenförderung in Unternehmen noch einen Anstieg der Zahlen, was Frauen in Führungspositionen angeht.
Wir brauchen sie aber nicht erst 2015, sondern sofort. Ich kann immer nur hier rüberzeigen. Damit ist eigentlich schon alles gesagt.
Die Geschlechtergerechtigkeit in Lohnhöhen sowie Äquivalenzen in Stundenvolumina kann man nicht den freien Märkten überlassen, hier ist der Staat gefragt. Hier muss der Staat seiner Verpflichtung aus dem Grundgesetz nachkommen, die tatsächliche Gleichberechtigung von Frauen und Männern zu fördern. Dazu gehört nach bundesverfassungsgerichtlicher Rechtsprechung auch der Schutz vor Diskriminierung und Förderung eines Lebens, das frei von einschränkenden Geschlechterrollen ist sowie das Recht auf gleiche Teilhabe an allen Bereichen der Gesellschaft.
Wir und insbesondere Sie, werte Kolleginnen, müssen uns dafür einsetzen, diese Verpflichtung aus dem Grundgesetz zu verwirklichen und endlich alte Strukturen mit gesetzlicher Hilfe aufzubrechen.