(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD - Zurufe von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ausschuss- überweisung!)
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben in der letzten Zeit viel über die Zukunft unserer Kinder und Enkelkinder gesprochen. Ich denke, eine intakte Umwelt ist das A und O. Sie ist das, was auf jeden Fall dazugehört.
Wir dürfen die nachfolgenden Generationen nicht mit den Spätfolgen unseres umweltpolitischen Unvermögens belasten.
Zu dem Antrag von CDU und FDP: CO2 macht vor unseren Bundeslandgrenzen einfach nicht halt. Wir müssen uns hier klarer positionieren.
Seit gestern bestätigt eine unabhängige Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung in Berlin unsere Argumente gegen die CCS-Technologie. Diese Studie nennt unter anderem vier wichtige Gründe gegen den Einsatz der CCS- Technologie: Die Investitionskosten würden deutlich höher als geplant ausfallen. Dies hätte erhöhte Kosten der Stromerzeugung zur Folge, die höchst wahrscheinlich - wie meistens - auf die Endabnehmer umgelegt würden.
Der Bau der Transportpipelines ist in keiner Weise durchdacht. Zudem gibt es Unsicherheiten bezüglich der Größe und der Ausgestaltung.
Noch immer gibt es keinen Speicherraum. Die Bevölkerung, nicht nur in Schleswig-Holstein, das betone ich, lehnt diese Technologie strikt ab.
Die sogenannte CCS-Richtlinie der Europäischen Union ist bis zum 25. Juni 2011 in nationales Recht umzusetzen. Diese sieht ausdrücklich die Möglichkeit vor, die CCS- Technologie in Deutschland durch Gesetze zu verbieten. Warum sollten wir diese Gelegenheit nicht nutzen und uns nicht auf Bundesebene - wie zum Beispiel im Bundesrat - dafür einsetzen?
Wir von meiner Fraktion denken, dass hier wieder eine Klientel bedient wird, und zwar das der großen Energiekonzerne mit ihren Interessen. Einzig und allein die Energiekonzerne festigen mit dem Einsatz dieses Verfahrens ihre unrentablen Kohlekraftwerke, wie dies zum Beispiel auch in Moorburg geschieht. - Die Grünen unterhalten sich gerade, gut. - So verhindern sie den von ihnen verhassten Ausbau der erneuerbaren Energien, denn die Kohlekraftwerke blockieren zum einen die Stromnetze, zum anderen benötigt die CCS-Technik viele Millionen €, die besser in den Ausbau der zukunftsträchtigen erneuerbaren Energien fließen sollten.
Fazit: CCS ist aufwendig, teuer und verhindert den so wichtigen Ausbau der erneuerbaren Energien. Keiner kann die Gefahren der CCS-Abscheidung und -Speicherung einschätzen. Zudem sollen die Energiekonzerne laut Gesetzentwurf nach 30 Jahren aus ihrer Haftung entlassen werden. Damit zahlt wieder die Allgemeinheit für mögliche auftretende Fehler der Energiekonzerne.
Der Antrag von CDU und FDP, der die Aufnahme einer Länderklausel in das neue CCS-Gesetz zum Inhalt hat, ist für uns nur Augenwischerei.
Mit so einem Antrag lässt sich der Einsatz von CCS-Technologie in Schleswig-Holstein nicht verhindern, denn nach Aussagen der Bürgerinitiative „STOPPT DAS CO2-ENDLAGER“ heißt es nach Bernhard Rensing, den ich zitiere:
Noch ein Letztes: Wir werden genau verfolgen, wie sich die Landesregierung nach der Verabschiedung dieses Antrags verhalten wird. Erst dann wird sich herausstellen, ob das wieder einmal ein taktisches Hinhaltemanöver war oder ob die Landesregierung wirklich die Zeichen der Zeit erkannt hat und sich klar gegen CCS-Technologie in Schleswig Holstein einsetzt und verstanden hat, dass an den Bundesgrenzen nicht Schluss ist mit CCS.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der überarbeitete Referentenentwurf für ein Gesetz zur Demonstration und Anwendung von Technologien zur Abscheidung, zum Transport und zur dauerhaften Speicherung von Kohlendioxid im Volksmund CCS-Gesetz genannt - wurde in weiten Teilen und inhaltlich strittigen Punkten kaum verändert. Die massive Kritik am ersten Entwurf von 2009 ließ den Bundesgesetzgeber völlig kalt. So bleibt die Kritik an zentralen Fragen wie Haftung, Langzeitsicherung und Risiken der CO2Einlagerung immer noch unbeantwortet.
Aus schleswig-holsteinischer Sicht wird dies am Beispiel der geforderten Länderklausel deutlich. Noch im Wahlkampf wurde zugesagt, dass man sich auf Bundesebene für eine Länderklausel einsetzen wolle. Hiervon ist im aktuellen Entwurf aber nichts zu finden. Herr Carstensen, wo bleibt die Einflussnahme auf Ihre Parteikollegen im Bundestag und in der Bundesregierung? - Oder müssen wir wieder damit leben, dass die Landesregierung nichts zustande bekommt? - Die Menschen vor Ort haben es verdient, ernst genommen zu werden. Es gibt Tausende von Demonstranten, und ich finde, eine Landesregierung muss sich richtig auf die Hinterbeine stellen und den Damen und Herren in Berlin zeigen, wo der Hammer hängt.
- Lieber Herr Kollege Kubicki, auch die Zusagen von Bundesumweltminister Röttgen, die er den Menschen in Nordfriesland gegeben hat, sind im
neuen Entwurf nicht enthalten. Auch darauf kann man sich scheinbar nicht verlassen. Ich gebe dem Kollegen Liebing von der CDU aus dem Bundestag grundsätzlich recht, wenn er in seiner Pressemitteilung sagt, es bedürfe im Gesetzgebungsverfahren wesentlicher Nachbesserungen. Gleichzeitig weist er darauf hin, dass das gesetzgeberische Verfahren bereits im Januar oder Februar abgeschlossen sein wird. Viel Zeit bleibt also nicht mehr. Es ist daher mehr als fraglich, was der Gesetzgeber an Änderungen zulassen wird, wenn nicht einmal der Entwurf von 2009 Nachbesserungen erfahren hat. Wie soll das aussehen, wenn wir jetzt nicht einmal ein halbes Jahr Zeit haben? - Das ist die Situation, vor der wir jetzt stehen. Deshalb sollten wir alles dafür tun, uns auf Bundesebene Gehör zu verschaffen, damit deutlich wird, dass wir diese Technologie ablehnen. Kohlekraftwerke sind Dinosaurier der Energieproduktion, und sie sind die Klimakiller Nummer eins unter den fossilen Energieträgern.
Die CCS-Technologie ist nicht ausgereift. Sie ist wie wir gestern haben nachlesen können - auch teuer. Forschung und Entwicklung hierfür verschlingen Fördergelder; Gelder, die besser in die Forschung und in die Entwicklung regenerativer Energieformen gesteckt werden sollten. Dies gilt insbesondere, weil gerade wir Schleswig-Holsteiner besondere Interessen in diesem Bereich haben. Wir sind eines der führenden Länder im Bereich der erneuerbaren Energien. Wir haben also auch wirtschaftliche Interessen, die durchaus dafür sprechen, ein CCS-Gesetz so auszugestalten, dass eine Endlagerung bei uns nicht möglich ist.
Die Technologie steht im Übrigen auch erst in 20 Jahren zur Verfügung, wenn man den größten Optimisten glauben darf. Sie steht also erst in einer Zeit zur Verfügung, in der wir energietechnisch eigentlich schon viel weiter sein sollten. CCS verlängert die Laufzeit der Kohlekraft und legitimiert den Bau neuer Kohlekraftwerke, weil diese angeblich sauber sein werden.
CCS verschlingt selbst erhebliche Energiemengen. Dafür muss man deutlich mehr Kohle verbrennen. Niemand kann garantieren, dass das Kohlendioxid im Untergrund bleibt. Die Gefahr der Grund- und Trinkwasserverseuchung ist nicht auszuschließen. Sie birgt unkalkulierbare Risiken für Mensch, Tier und Natur; und das über Tausende von Jahren.
Auf den Punkt gebracht: CCS-Technologie ist der falsche Weg und wird von der Bevölkerung abgelehnt. Sie ist teuer, und das Ganze hat mit Ökologie
Gleichwohl wissen wir, dass ein generelles Verbot schwer umzusetzen ist - so sieht es politisch zumindest aus. Aus diesem Grund ist es wichtig, dass zumindest die einzelnen Staaten für sich entscheiden können, auf ihrem eigenen Gebiet oder in Teilen ihres Gebiets diese Technologie zu verbieten. Diese Möglichkeit räumt auch die europäische Richtlinie ein. Es gibt jedoch - meine Damen und Herren, das ist der entscheidende Punkt - juristische Bedenken hinsichtlich einer Länderklausel. Das bedeutet, eine Länderklausel im bundesdeutschen CCS-Gesetz hält ohne eine genaue Festlegung des Verbots der Einlagerung juristisch möglicherweise nicht stand.
Aus diesem Grund lautet unsere Forderung: Schleswig-Holstein muss gegenüber dem Bund klar zu erkennen geben, dass wir die CCS-Technologie auf unserem Gebiet komplett ausschließen wollen. Dies sollte schon in dem Gesetz auf Bundesebene festgeschrieben werden.
Aus unserer Sicht kann auch die Landesregierung nichts gegen eine solche klare Positionierung, auch in diesem Gesetz, haben, da Sie mit Ihrer Länderklausel, die Sie im Kopf haben, im Prinzip das gleiche Ziel verfolgen.
Wir müssen die juristischen Bedenken ernst nehmen. Aus diesem Grund sollten wir für SchleswigHolstein den sichereren Weg wählen und dafür sorgen, dass die schleswig-holsteinische Ablehnung der CCS-Technologie im CCS-Gesetz konkretisiert wird und dort das Verbot der Einlagerung für Schleswig-Holstein festgeschrieben wird. Das bringt uns Sicherheit. Über eine Länderklausel zu verhandeln und dann am Ende des Prozesses möglicherweise zu sehen, dass zwar die Regierung zustimmt und sagt: „Ja, das würden wir sehr gern machen, aber da könnten juristische Bedenken kommen“, das bringt uns, glaube ich, nicht weiter.
Deswegen plädieren wir hier zusammen mit der LINKEN für die sichere Lösung. Sollte eine Ablehnung in der Bundesrepublik Deutschland insgesamt nicht möglich sein, dann brauchen wir zumindest die Sicherheit, dass dies bei uns in Schleswig-Holstein nicht möglich ist. Ich glaube, das werden uns die Bürgerinnen und Bürger vor Ort dann auch danken.
Für einen Dreiminutenbeitrag erteile ich Frau Abgeordneter Astrid Damerow für die CDU-Fraktion das Wort.
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Als Abgeordnete eines mitbetroffenen Wahlkreises hatte ich mir lange überlegt, ob ich mich heute zu Wort melden sollte, und war eigentlich schon fast entschlossen, in Anbetracht der Länge der Tagesordnung darauf zu verzichten. Die Redebeiträge haben mich jetzt aber doch dazu bewogen, nach vorne zu kommen.
Herr Matthiessen, Vergangenheitsbewältigung dient manchmal auch dazu, Legendenbildung zu verhindern. Das möchte ich hier an dieser Stelle nun gern tun. Da ich im letzten Jahr noch Abgeordnete des nordfriesischen Kreistags und dort Fraktionsvorsitzende der CDU war - übrigens sind zwei meiner damaligen Kollegen ebenfalls hier anwesend -, erinnere ich mich sehr, sehr gut an den Ablauf der Diskussion, die wir damals im Kreis Nordfriesland geführt hatten.
Wir alle sind von dem Vorgehen der RWE sehr überrascht worden. Wir alle haben - das ist gar nicht in Abrede zu stellen - auch eine gewisse Zeit gebraucht, um die Brisanz dieses Themas zu erkennen; das ist richtig. Aber wir alle - ich schaue den Kollegen Tietze an, ich schaue aber auch die Kollegin Sellier an; ihren Beitrag habe ich nicht so ganz verstanden - waren uns der Problematik ausgesprochen bewusst. Wir waren uns bewusst, dass wir das Problem haben, dass wir im Kreis Nordfriesland und später in ganz Schleswig-Holstein eine Haltung zu CCS vertreten, unsere Kollegen auf Bundesebene sehr häufig aber eine ganz andere Haltung einnehmen. Das gilt für die Grünen, das gilt für die SPD, das gilt für die CDU, und das gilt auch für die FDP. Das war die Problematik, vor der wir sehr häufig standen. Ich finde, das gehört zur Wahrheit auch dazu. Hier - urbi et orbi - alles zu verteufeln, ist einfach nicht richtig.
Wir haben intensiv daran gearbeitet, hier zu einem Stopp des geplanten Gesetzgebungsverfahrens zu kommen.