Protokoll der Sitzung vom 06.10.2010

Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 11. Tagung des Schleswig-Holsteinischen Landtags. Das Haus ist ordnungsgemäß einberufen und beschlussfähig. Erkrankt sind Frau Kollegin Dr. Gitta Trauernicht und Frau Kollegin Ellen Streitbörger. Von dieser Stelle aus wünschen wir beiden Kolleginnen gute Besserung.

(Beifall)

Beurlaubt ist am heutigen Tag für die Landesregierung Herr Minister Jost de Jager.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich darf Sie bitten, sich von Ihren Plätzen zu erheben.

(Die Abgeordneten erheben sich von ihren Plätzen)

Im Alter von 84 Jahren ist am 18. September 2010 der frühere Landtagsabgeordnete Heinz Klinke verstorben. Der gebürtige Breslauer gehörte diesem Haus von 1962 bis 1979 als Mitglied der SPDFraktion an und vertrat hier in der 5. und 6. Wahlperiode als direkt gewählter Abgeordneter den Wahlkreis Plön-Nord. In der 7. und 8. Wahlperiode zog er über die Landesliste in den Schleswig-Holsteinischen Landtag ein. Sein besonderes Interesse galt der Schul- und Kulturpolitik. So gehörte Heinz Klinke den Ausschüssen für Volkswohlfahrt, für Jugendfragen, für Jugend und Sport sowie dem Volksbildungsausschuss an. Heinz Klinke, der zunächst eine landwirtschaftliche Lehre durchlaufen hatte, wurde nach Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft Volksschullehrer und trat 1991 als Konrektor einer Sonderschule in den Ruhestand.

Seine reiche Lebenserfahrung stellte er nicht nur im Rahmen seiner politischen Arbeit in den Dienst der Bürgerinnen und Bürger unseres Landes, sondern er engagierte sich auch intensiv in sozialen Organisationen wie etwa dem Arbeiter-Samariter-Bund oder der Arbeiterwohlfahrt.

Heinz Klinke war ein aufrechter, ein streitbarer Politiker, der zum Urgestein der Sozialdemokratie in Schleswig-Holstein zählte. Er war Gründungsvorstand des SPD-Ortsvereins Stein. Von 1973 bis 1991 war er Vorsitzender des SPD-Kreisverbandes Plön und 19 Jahre lang Abgeordneter des Plöner Kreistags. Für seine Verdienste um unser Land und die hier lebenden Menschen wurde er mit dem Verdienstkreuz 1. Klasse des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland geehrt.

Meine Damen und Herren, der Schleswig-Holsteinische Landtag gedenkt seines ehemaligen Mitgliedes Heinz Klinke in Dankbarkeit. Unsere Anteilnahme gilt den Angehörigen.

Ich bitte Sie nun, einen Augenblick im Gedenken an unseren verstorbenen Kollegen innezuhalten und ihm vielleicht auch ein stilles Gebet zu widmen. Sie haben sich zu Ehren des Verstorbenen von Ihren Plätzen erhoben; ich danke Ihnen.

Meine Damen und Herren, die Fraktionen des Landtags haben mit der Drucksache 17/927 (neu) einen Antrag mit dem Thema „Elektromobilität in Schleswig-Holstein“ eingereicht. Ich schlage vor, diesen Antrag als Tagesordnungspunkt 37 A in die Tagesordnung einzureihen und zu gegebener Zeit ohne Aussprache auszurufen, da es sich um einen Berichtsantrag zur 14. Tagung handelt. - Ich höre keinen Widerspruch, dann werden wir so verfahren.

Meine Damen und Herren, uns liegt ein Dringlichkeitsantrag vor.

Sicherheit von Atomkraftwerken bei Laufzeitverlängerung

Dringlichkeitsantrag der Fraktion der SPD Drucksache 17/929

Wird zur Begründung das Wort gewünscht? - Das Wort hat der Herr Abgeordnete Olaf Schulze.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben in der letzten Plenartagung schon über das Thema Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken gesprochen.

(Zuruf von der CDU: Genau!)

Dort ging es allerdings um das gesamte Paket der Laufzeitverlängerung, wir haben weniger die Sicherheit im Vordergrund gesehen, sondern generell das Thema, wie wir mit der Laufzeitverlängerung umgehen, diskutiert. Wir konnten dann in der letzten Woche lesen, dass Herr Minister Schmalfuß dem Bundesumweltminister Röttgen einen Brief geschrieben hat, in dem er noch einmal darauf hingewiesen hat, dass aus seiner Sicht Sicherheitsvorkehrungen bei Atomkraftwerken aufgeweicht werden.

Da für uns, gerade auch im Land Schleswig-Holstein mit drei Atomkraftwerken, die Sicherheit an erster Stelle stehen muss, haben wir als SPD-Fraktion einen Dringlichkeitsantrag eingereicht, der noch

einmal einen mündlichen Bericht des Ministers erbittet, in dem er hier darstellt, wie aus Sicht der Sicherheitsbehörden in unserem Land hier diese Laufzeitverlängerungen zu bewerten sind. Da beim letzten Mal für die Regierung Herr Minister Jost de Jager gesprochen hat, der nicht für die Sicherheit der Atomkraftwerke zuständig ist, sehen wir hier eine Dringlichkeit gegeben, auch da in diesem Monat das Kabinett in Berlin darüber entscheiden wird und wir schon ab nächstem Jahr die Laufzeitverlängerungen haben werden. Deshalb bitte ich darum, diesem Dringlichkeitsantrag zuzustimmen.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN, der LINKEN und SSW)

Das Wort für die CDU-Fraktion erteile ich Herrn Kollegen Axel Bernstein.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bei allem Verständnis dafür, dass es reizen mag, dieses Thema zu diskutieren, dass es natürlich auch ein politisches Interesse gibt, dieses Thema zum jetzigen Zeitpunkt zu diskutieren, kann das nicht der Maßstab sein, nach dem über die Dringlichkeit entschieden wird.

In Berlin ist der Gesetzentwurf, auf dessen Basis wir diskutieren wollen, noch nicht einmal in das Verfahren gegeben worden. Wenn ich mir nur die Überschrift dieses Antrages angucke, „Sicherheit bei Atomkraftwerken bei Laufzeitverlängerung“ sage ich: Die Kernkraftwerke in Deutschland und in Schleswig-Holstein laufen derzeit, oder sie werden laufen, ohne dass es eine Laufzeitverlängerung gibt. Die Sicherheit ist selbstverständlich auf höchstem Niveau zu gewährleisten. Deshalb gibt es überhaupt keinen Anlass, dieses Thema heute dringlich zu diskutieren, sondern es bietet sich jede Gelegenheit, das Thema in einer der nächsten Tagungen regulär auf die Tagesordnung zu setzen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich der Frau Kollegin Monika Heinold.

(Präsident Torsten Geerdts)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben drei große, extrem störanfällige Atomkraftwerke in unserem Land. Wir haben einen zuständigen Minister, der erhebliche Bedenken gegen die Planung hat, die in Berlin stattfindet.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD, der LINKEN und SSW - Wolfgang Ku- bicki [FDP]: Zur Dringlichkeit, Frau Kolle- gin!)

Und da sagen Sie, meine Damen und Herren, diese Debatte sei nicht dringlich? Was, bitte schön, ist denn dringlich, wenn nicht die Frage, ob die Sicherheit der Bevölkerung in Schleswig-Holstein auch zukünftig gewährleistet ist?

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD, der LINKEN und SSW)

Unser Minister stellt sich quer - und das ist gut so. Er sagt, es gibt verfassungsrechtliche Bedenken.

Frau Kollegin Heinold, könnten Sie bitte zur Dringlichkeit des Antrages sprechen!

Das kann ich gern machen. Das mache ich auch. Ich weise aber darauf hin, dass die Geschäftsordnung so geändert worden ist, dass ich drei Minuten reden darf, ohne dass das Präsidium beurteilt, ob ich zur Dringlichkeit rede oder nicht.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Das haben wir geändert. Ein Blick in die Geschäftsordnung zeigt das. Wir haben das nach dem letzten Disput geändert, als Herr Kayenburg mir das Wort abgeschnitten hat. Wir waren uns einig, dass dies nicht wieder vorkommen soll. Insofern bitte ich Sie: Lassen Sie mich einfach vortragen, was ich vorzutragen habe.

(Herlich Marie Todsen-Reese [CDU]: Das ist ja unglaublich!)

Es geht ja um die Dringlichkeit. Es geht um die Frage, ob wir in diesem Land rechtzeitig, bevor Pflöcke eingeschlagen sind, über die Änderung des Atomgesetzes reden oder nicht.

(Vereinzelter Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Und Sie wollen verfahren wie bei „Stuttgart 21“: Immer mit dem Kopf durch die Wand,

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie vereinzelt bei SPD und der LINKEN - Zurufe von der CDU)

ohne zu merken, dass die Richtung nicht mehr stimmt.

Ich sage Ihnen: Wir müssen die Frage der längeren Laufzeiten in Schleswig-Holstein mit der Bevölkerung diskutieren. Wir müssen die Argumente des Ministers ernst nehmen, wenn er sagt, dass er Sicherheitsbedenken hat, wenn er sagt, dass es sicherheitstechnische Nachrüstungen geben muss. Da können Sie sich nicht heute einfach hinstellen und sagen: Wir wollen das nicht diskutieren, weil wir uns nicht einig sind. - So geht es nicht.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Was ist das denn heute für ein Antrag? - Das ist gar kein Antrag in der Sache.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: So ist es!)

Das ist ein Antrag für einen Bericht. Da geht es doch nicht darum, dass wir, wie Herr Bernstein sagt, das machen, weil uns das reizt oder wir es politisch auskosten wollen.

(Lachen bei der CDU)

Es geht um eine gesellschaftliche Debatte. Ich sage Ihnen: Die Menschen im Land haben ein Recht darauf, sehr frühzeitig zu wissen, mit welcher Position unsere Landesregierung in die Debatte geht, und sie haben ein Recht darauf, dies zu wissen, bevor die Pflöcke eingeschlagen werden.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD, der LINKEN und SSW)

Es geht um die Sicherheit der Bevölkerung in unserem Land. Dieses sollte uns allemal eine Debatte wert sein. Deshalb bitte ich Sie: Stimmen Sie diesem Antrag zu! Lassen Sie uns die Debatte führen! Das ist das Mindeste, was wir beim Thema Änderung des Atomgesetzes machen müssen.