Die Fraktionen haben sich im Ältestenrat darüber verständigt, den Antrag der Fraktion der SPD zur Grundlage der Debatte zu machen. Das Wort hat daher zunächst für die SPD-Fraktion der Herr Abgeordnete Wolfgang Baasch.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 9. Februar 2010 wurde die Politik vor eine große Herausforderung gestellt. Die Bundesregierung und der Gesetzgeber, der Bundestag, wurden in die Verantwortung genommen, gerechte Teilhabechancen für Kinder von langzeitarbeitslosen Eltern sicherzustellen.
Schaut man sich das Ergebnis des vorliegenden Referentenentwurfs zur Neubestimmung der Regelsätze im SGB II an, bleibt festzuhalten: Das Verfahren der Bundesregierung zur Neubestimmung der Regelsätze zeichnet sich durch politische Trickserei aus.
Das vom Bundesverfassungsgericht eingeforderte menschenwürdige Existenzminimum wird nicht umgesetzt, sondern es wird nach Kassenlage des Bundes eine Erhöhung der Regelsätze vorgenommen.
Dieser Weg der Bundesregierung ist eine Beleidigung der rund sieben Millionen Hilfeempfänger im ALG II und in der Sozialhilfe und nicht zuletzt des Bundesverfassungsgerichts, das ein transparentes und sachlich einwandfreies Verfahren gefordert hatte. Um das politisch gewünschte Ergebnis zu erreichen, wurde statistisch getrickst. So wurden aus der maßgeblichen Referenzgruppe Haushalte mit Erwerbseinkommen und ergänzendem Hartz-IVBezug, sogenannte Aufstocker, nicht herausgerechnet. Bei den Alleinstehenden werden sogar nur
Dieses Vorgehen der Bundesregierung untermauert die Feststellung: Hier wird Politik rein nach Kassenlage betrieben. Mit dieser Politik nach Haushaltslage und nicht, wie vom Bundesverfassungsgericht klar verlangt, nach den Bedürfnissen der Betroffenen setzt die Bundesregierung den sozialen Frieden aufs Spiel.
Mehrere 100 Millionen € werden für Hoteliers zum Fenster hinausgeworfen, aber für diejenigen, die es wirklich benötigen, wird jeder Cent in den Berechnungen zweimal umgedreht. Diese Politik ist unsozial, sie erhöht das Armutsrisiko und spaltet die Gesellschaft.
Wenn sich diese Bundesregierung dann auch noch mit dem Erfolg brüstet, dass sie bei den Kinderregelsätzen ja eigentlich hätte kürzen müssen, dies aber nicht tut, zeigt dies nur, wie weit sich diese Bundesregierung von der sozialen Lage in diesem Land entfernt hat.
Von der Bundesregierung ist zu verlangen, dass sie die notwendigen Daten, die Basiszahlen zur Regelsatzbemessung, offen vorlegt.
Wir Sozialdemokraten fordern, die Bildung und Teilhabe für alle Kinder zu stärken. Das heißt für uns: Wir brauchen einen Bildungspakt statt Mogelpäckchen. Das Existenzminimum gerade von Kindern und Jugendlichen zeichnet sich auch durch einen Anspruch auf gute Bildung und gesellschaftliche Teilhabe aus. Das von der Bundesregierung vorgestellte Bildungspaket wird diesen Anforderungen aber in keiner Weise gerecht. So gilt dieses sogenannte Bildungspaket nur für Kinder von Eltern im Arbeitslosengeld-II-Bezug. Die Bundesregierung beabsichtigt zum Beispiel, das Schulstarterpaket - 100 € für Familien, die nicht im Hartz-IVBezug sind, jedoch aufgrund ihres niedrigen Einkommens einen Kinderzuschlag erhalten - zu streichen. Das ist ein Vorgang, den es auf jeden Fall abzulehnen und zu verhindern gilt.
- Völlig abwegig, Kollege Kubicki, ist der Vorschlag der Bundesregierung, in Zukunft die Mitarbeiter der Arbeitsverwaltung, der Jobcenter, über die Nachhilfe oder den Förderbedarf von Kindern entscheiden zu lassen,
gilt doch die allgemeine Feststellung: Kinder sind keine kleinen Erwachsenen, und sie sind vor allem keine kleinen Arbeitslosen. Von daher ist es völlig unverständlich, warum Familienlotsen in den Jobcentern statt der Jugendhilfe für die gesellschaftliche Teilhabe der Kinder an Bildung, Sport, Musik und Kultur zuständig sein sollten. Hier muss der Grundsatz gelten: Die Ermittlung und die Entscheidung über die Bedürfnisse der Kinder muss von Fachleuten der Jugendhilfe getroffen werden. Dazu müssen die örtlichen Jugendämter und deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gestärkt werden. Die Jugendämter müssen auch weiterhin für arme Kinder zuständig sein und dürfen ihre Kompetenz nicht an die Jobcenter abtreten.
Wer die Bildung und Teilhabe von Kindern und Jugendlichen fördern und ausbauen will, muss bedarfsgerechte Regelsätze für Kinder und Jugendliche schaffen. Aber genauso notwendig ist es, den Städten und Gemeinden sowie den Bundesländern ausreichend finanzielle Mittel zu geben, um die Bildungsinfrastruktur mit Kindertagesstätten, Familienbildungsstätten und Ganztagsschulen, die auch ein warmes Mittagessen anbieten, zu verbessern beziehungsweise auszubauen. Wir fordern die Landesregierung auf, sich für diese Förderung der Bildungsinfrastruktur einzusetzen.
Städte und Gemeinden müssen in die Lage versetzt werden, dafür ausreichend qualifiziertes Personal vorzuhalten. Dazu gehören insbesondere Schulsozialarbeiterinnen und -sozialarbeiter, die an den Schulen besondere Integrationsleistungen erbringen müssen. Natürlich gehört es auch in diesen Kontext, die Gebührenfreiheit von Kindertagesstätten ebenso
In diesem Zusammenhang ist es kontraproduktiv, wenn die schwarz-gelbe Landesregierung hier im Haus die Gebührenfreiheit für das dritte KitaJahr wieder streicht. Ebenso kontraproduktiv ist es, wenn die Landesregierung die Kommunen per Haushaltsbeschluss zwingt, die Eltern wieder mit Schülerbeförderungskosten zu belasten.
Ja. - Anstatt die Eltern in Schleswig-Holstein zu belasten, wäre Engagement der Landesregierung angebracht, auf die Bundesregierung einzuwirken, Städte, Gemeinden und Bundesländer beim Ausbau der Bildungsinfrastruktur zu unterstützen. Die Bundesregierung kann die dafür benötigten finanziellen Mittel in Höhe von 5 Milliarden € bereitstellen, wenn sie den Kommunen und Ländern die Steuerausfälle durch das Hotelier-Begünstigungsgesetz ersetzt, auf die Finanzierung von Bildungschipkarten ebenso verzichtet wie auf die Einführung eines Betreuungsgeldes für Kinder, die nicht in die Kindertagesstätte gehen. Diese sogenannte Herdprämie, das Betreuungsgeld für Kinder, die nicht in die Kindertagesstätte gehen, ist ebenfalls kein Beitrag zur Förderung von Bildung und Teilhabe von Kindern.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Für DIE LINKE steht fest, die Anhebung der Regelsätze für alleinstehende Erwachsene um 5 € ist ein Hohn. Dieser menschenunwürdige Regelsatz wurde in einer Geheimrunde auf Bundesebene ausgehandelt.
Die Atomlobby und skrupellose Banker werden in diesem Land verschont. Bei den Schwächsten und Ärmsten der Gesellschaft will sich die Bundesregierung bedienen.
Die schwarz-gelbe Deformierung des Verfassungsgerichtsurteils vom Februar kennt keinerlei Schamgrenze. Im Ergebnis bleibt es dabei, dass zum Beispiel eine gesunde Ernährung für Kinder aus diesen Regelsätzen unerreichbar, weil unbezahlbar bleibt. Von 78 €, von 96 € oder 124 € ist das nicht zu bezahlen.
Es mag der Regierung gelingen, erwachsene Arbeitsuchende zu stigmatisieren und an den Pranger zu stellen. Aber hier wird die materielle Stigmatisierung der Erwerbslosen per Regelsatz verlängert und auf deren Kinder übersetzt. Das ist erst recht ein Skandal, den die Landesregierung - wenn sie die Chance hat - nicht mittragen darf.
Daran ändert auch das sogenannte Bildungspaket nichts. Herr Minister Dr. Garg hat ausgerechnet, dass durch die Neuregelungen für die etwa 70.000 hier betroffenen Kinder rund 30 Millionen € in Sachleistungen nach Schleswig-Holstein fließen werden. Aber völlig unklar bleibt, wie das Bildungspaket aussehen soll. Werden demnächst Millionen in Lesegeräte für Chipkarten gesteckt? Werden die Mittel überhaupt bei den Kindern ankommen? Alles Fragen über Fragen, die hier nicht geklärt sind.
Das Landesprogramm ,,Kein Kind ohne Mahlzeit“ läuft zum Jahresende aus. Sein Wegfall wurde in diesem Hause mit dem Hinweis darauf begründet, dass Frau von der Leyen einen höheren Kinderregelsatz errechnen wird. Pustekuchen, meine Damen und Herren! Kinder werden wieder mit leerem Magen nach Hause gehen müssen.
Der jetzt errechnete Kinderregelsatz reicht vorn und hinten nicht. Dabei sind sie es, die am meisten unter der Armut ihrer Eltern leiden. Hartz-IV-Familien haben viele Probleme, die garantiert keine Luxusprobleme sind. Es mag vorkommen, dass Eltern das eigentlich für ihre Kinder vorgesehene Geld für andere Zwecke ausgeben müssen, weil es für ande
Hartz IV wird durch die Neuregelung seinen Geburtsfehler nicht los. Hartz IV bleibt Armut per Gesetz. Das ist natürlich auch die Absicht der Regierung.