Protokoll der Sitzung vom 19.11.2009

(Beifall bei der LINKEN, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Ich denke, wir müssen auch in diesem Haus Verantwortung für unsere Natur von morgen übernehmen, und zwar nicht nur in Schleswig-Holstein, sondern auch in den anderen Bundesländern im Interesse unserer Kinder und Enkelkinder.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir müssen uns klar gegen dieses Verfahren aussprechen, ob in Schleswig-Holstein oder anderswo. Die Betonung liegt für mich auf dem Wort klar, und zwar auf der klaren Abgrenzung davon. Darum unterstützen wir den Antrag des SSW.

(Beifall bei der LINKEN, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und vereinzelt bei der SPD)

Meine Damen und Herren, bevor ich das Wort für Dreiminutenbeiträge erteile, möchte ich auf der Zuschauertribüne eine Gruppe des Seniorenbeirats Neustadt begrüßen. - Seien Sie uns herzlich willkommen!

(Beifall)

Das Wort für einen Dreiminutenbeitrag hat Frau Abgeordnete Anke Spoorendonk vom SSW.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich hatte mich noch einmal zu Wort gemeldet, weil es mir wirklich gegen den Strich geht, dass so getan wird, als sei alles, was hinkt, auch ein Beispiel. Darum möchte ich noch einmal feststellen: Es geht nicht darum, jetzt eine Länderklausel in ein mögliches CCS-Gesetz hineinzubekommen. Es geht darum, ein CCS-Gesetz auf Bundesebene zu verhindern. Darum brauchen wir eine Bundesratsinitiative. Wir brauchen diese Bundesratsinitiative - so wie mein Kollege Flemming Meyer vorhin sagte aus klimapolitischen Gründen. Wir brauchen sie aber auch aus wirtschaftspolitischen Gründen, und zwar für die Wirtschaft in Schleswig-Holstein.

Denn wir wollen regenerative Energien in Schleswig-Holstein fördern. Das ist Mittelstandspolitik. Darum brauchen wir auch diese Rahmenbedingungen, das heißt kein CCS-Gesetz auf Bundesebene!

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

- Aber auf jeden Fall, Herr Kollege Kubicki.

Darum sage ich noch einmal: Wenn wir es mit der Förderung der regenerativen Energien in Schleswig-Holstein ernst meinen, wenn wir diese Wirtschaftsförderung betreiben wollen, dann müssen wir konsequent sein und sagen, dann wollen wir auch kein CCS-Gesetz auf Bundesebene haben.

(Beifall bei SSW, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN, der LINKEN und der Abgeordneten Marion Sellier [SPD])

Ich möchte noch eines in Erinnerung rufen, was der Kollege Matthiessen vorhin ganz plastisch dargestellt hat. Wir tun so, als wäre diese Technologie jetzt schon einsetzbar. Das ist sie nicht. Sie ist erst 2030 - einige sagen, erst 2050 - einsetzbar. Zu dem Zeitpunkt müssen wir sehr, sehr viel weiter sein. Darum greift das Beispiel China auch nicht.

(Dr. Christian von Boetticher [CDU]: Kolle- gin, machen Sie sich mal schlau!)

Richtig ist, dass in China neue Kohlekraftwerke gebaut werden. Aber 2030 und 2050 müssen wir mit anderen Beispielen vorangehen. Richtig ist auch - wie Herr Kollege Matthiessen vorhin auch noch einmal ganz plastisch darstellte -: CCS-Technologie fördert grün angestrichene Kohlekraftwerke, die viel mehr CO2 ausstoßen. Das ist auf keinen Fall hinnehmbar, besonders nicht vor dem Hintergrund der anstehenden Klimakonferenz in Kopenhagen.

(Beifall bei SSW, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Das Wort hat Herr Abgeordneter Kubicki.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Manchmal hat man den Eindruck, dass einige Abgeordnete glauben, Predigten allein würden Probleme lösen. Das sind wenig sachliche Beiträge, aber Deklamationen, die die eigene Seele befriedigen können, uns aber im Zweifel nicht weiterhelfen.

(Ranka Prante)

Sehr verehrte Frau Kollegin, zunächst einmal geht es nicht darum, dass man die CCS-Technologie weiterentwickelt, um sie ausschließlich als Abscheidetechnologie für Kohlekraftwerke nutzen zu können. Das wäre vielleicht für Indien und China eine ganz sinnvolle Maßnahme. Ich empfehle, auch noch einmal mit Professor Hohmeyer zu reden. Ab 2020 und 2030 wird es unter Umständen im Rahmen des allgemeinen Klimawandels notwendig, aus der Atmosphäre CO2 herausfiltern zu können.

(Beifall bei FDP und CDU)

Ich bin ganz begeistert - Kollege Matthiessen, mir hätte viel gefehlt, wenn du nicht dagewesen wärst -, wenn der Kollege Matthiessen wohl auch wieder in völliger Verkennung der Realität sagt, die Linke sei der Partner der Grünen, weil auch sie die CCSTechnologie nicht wollte und vor allen Dingen die Kohleförderung nicht wollte. Ich erinnere daran, dass im Saarland - eure Freunde müsst ihr vielleicht mal anrufen - eine Koalition mit der LINKEN und der SPD deshalb nicht zustande gekommen ist, weil Lafontaine die Kohleförderung dort wieder einführen wollte.

(Zurufe)

- Fragt mal den Kollegen Hartmann oder euren Kollegen Ulrich!

Ich erinnere daran, dass jetzt in Brandenburg - die Regierungserklärung des Ministerpräsidenten sollte man vielleicht einmal nachlesen - Rot-Rot ein entsprechendes Modellkraftwerk mit CCS-Technologie auf dem Gebiet von Brandenburg installieren will.

(Zurufe von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

- Ich freue mich darüber gar nicht, weil ich denke, dass es vielleicht auch ein paar praktische Lösungen gibt.

Anke Spoorendonk, ich stelle mir gerade vor, wie der SSW allein über den Bundesrat auf Bundesebene durchsetzen will, dass es kein CCS-Gesetz gibt. Abgesehen davon müssen wir eines berücksichtigen: Das ist eine europarechtliche Vorgabe. Die anderen Länder werden himmelschreiend jubeln, dass wir jetzt kommen und sagen, es soll auf Bundesebene kein CCS-Gesetz geben. Ich bin gespannt, ob die SPD ihren Parteitagsbeschluss geändert hat und ob Sigmar Gabriel, der neue Bundesvorsitzende der SPD, dort nun nichts mehr zu sagen hat.

(Beifall bei FDP und CDU)

Die entscheidende Frage muss doch sein: Finden wir in anderen Ländern Bündnispartner, damit wir

eine eigene Entscheidungskompetenz bekommen, oder wollen der SSW, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und die Sozialdemokraten, dass der Bund über uns hinweg entscheidet, dass so etwas möglich wird, um anschließend eine Demonstration organisieren zu können?

(Beifall bei FDP und CDU)

Wir müssen dafür Sorge tragen, dass die Länder entscheiden können. Ich sehe mir die Größenverhältnisse der anderen Länder an: Bayern, Nordrhein-Westfalen, Brandenburg und Niedersachsen, und ich sage, wir brauchen Bündnispartner. Diese können wir nur dadurch locken, dass wir sagen, ihr dürft auch selbst darüber entscheiden, ob ihr so etwas machen wollt. Ich bin gespannt, wie die Sozialdemokratie sich bei der Wahl im Mai 2010 zur Kohleförderung in Nordrhein-Westfalen verhält. Herr Kollege Stegner wird einen massiven Einfluss auf seine Parteifreundin, Frau Kraft, nehmen, die sich vehement für die Kohleförderung und für Kohlekraftwerke aussprechen wird!

(Beifall bei FDP und CDU)

Ich werbe darum: Zur Problemlösung müssen wir die eigene Entscheidungskompetenz bekommen, denn dann werden wir hier im Parlament - ich hoffe mit Zustimmung von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - entscheiden, dass es keine Einlagerung in Schleswig-Holstein geben wird. Dazu brauchen wir aber zunächst die eigene Kompetenz, die wir uns über den Bundesrat erarbeiten wollen. Deshalb ist der Antrag von CDU und FDP der richtige.

(Beifall bei FDP und CDU)

Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. von Boetticher.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich sage ganz bewusst: Ich bedauere die Haltung von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ein bisschen. Warum bedauere ich sie? - Ich bedauere sie, weil wir beispielsweise mit Greenpeace in dieser Frage gute Gespräche geführt haben. Wir haben mit Greenpeace auch Gespräche zum Thema IPCC geführt. Wir haben auch mit dem Sachverständigenrat in Umweltfragen gesprochen. Alle haben Dokumente herausgegeben, in denen sie ganz klar sagen: Wir sind nicht prinzipiell gegen CCS. Wir sind sogar für die Erforschung dieser Technologie. Wir sind gegen das, was im Augenblick durchgedrückt

(Wolfgang Kubicki)

werden soll. Wir sind gegen das Feigenblatt CCS für deutsche Kohletechnologie. Das steht überall drin, und das kann man auch überall nachlesen. Gegen das, was der Kohle-Umweltminister in Berlin gemacht hat, haben sich diese Organisationen gewandt. Sie haben sich aber niemals und in keinem Papier oder Dokument gegen die Grundlagenforschung CCS gewandt. Damit haben sie recht. Sie haben nämlich offensichtlich etwas, was dieser Debatte leider abhanden gekommen ist. Sie haben eine globale Sicht, und sie nehmen eine globale Verantwortung wahr.

Wenn man diese globale Verantwortung wahrnimmt, dann bleibt das, was der Kollege von Abercron gesagt hat, richtig. Wir müssen sehen, dass völlig unabhängig davon, wie wir uns hier positionieren, allein in China jährlich 170 neue Kohlekraftwerke entstehen. Wenn wir nicht bereit und in der Lage sind, über technologische Lösungen und die Entwicklung nachzudenken und diesen Entwicklungen auch eine Chance einzuräumen, dann werden wir diese globale Klimakatastrophe nicht verhindern können, und das bleibt unsere globale Verantwortung.

(Beifall bei CDU und FDP)

Wenn wir das negieren, dann erweisen wir der gemeinsamen Sache einen Bärendienst. Wir haben hier unsere Entscheidung getroffen. Hinter der stehen wir alle, und ich finde, das eint in diesem Fall auch das Parlament. Aber zu sagen, wir dürfen hier nicht weitermachen, halte ich klimapolitisch nicht nur für riskant, sondern für einen echten klimapolitischen Amoklauf.

(Beifall bei CDU und FDP)

Ich erteile zu einem weiteren Dreiminutenbeitrag der Frau Abgeordneten Ursula Sassen das Wort.

Ich stimme mit meinen beiden Vorrednern völlig überein. Ich verweise noch einmal auf Herrn von Abercron und ziehe meine Wortmeldung zurück.

Vielen Dank. - Jetzt hat Herr Abgeordneter Jezewski von der LINKEN das Wort für einen weiteren Dreiminutenbeitrag.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das war schon großes Kino, was ich hier vorhin vor allem aus den Reihen der Freien Demokraten gehört habe: Wir machen nichts gegen den Willen der Menschen. Ich finde das unglaublich. Sagen Sie das einmal Ihrem Bundesvorsitzenden! Ich glaube, dann kann die Bundesregierung ihre Arbeit einstellen.

Wir müssten jetzt ein bisschen „Sendung mit der Maus“ für Parlamentarier machen. Wir stehen auf dem Boden, über uns ist die Luft, und unter uns ist die Erde. Wenn wir ungefähr 90 km nach Norden fahren, dann haben wir eine Grenze. Wenn Sie 10 m über oder 10 m unter der Erde sind, dann sehen Sie die Grenze nicht mehr. Da steht kein Schild „Dänemark“ oder „Bundesrepublik Deutschland Ende“. Wenn Sie die gleiche Strecke nach Süden fahren, dann sind Sie an der Grenze zu Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern oder Hamburg. Auch da sehen Sie die Grenze nicht mehr, wenn Sie 10 m weiter unten sind. Wenn Sie noch weiter herunter gehen, dann sehen Sie die Grenze gar nicht mehr.