Protokoll der Sitzung vom 07.10.2010

- Ja, das ist ärgerlich, aber so ist es manchmal. Ich denke, dieser Bericht wirft einige Fragen zur künftigen Organisation der Arbeit des Ostseerates auf. Ich denke, Schleswig-Holstein hat in der Vergangenheit in der Frage der Menschenrechte und der Minderheitenrechte einiges einbringen können. Diese Aspekte sollen laut Bericht der Landesregierung aber künftig wegfallen. Das ist nicht die Schuld Schleswig-Holsteins. Dennoch bleibt die Frage, was wir dazu beitragen können, damit auch diese Aspekte der Ostseekooperation künftig eine Rolle spielen werden. Ich denke, Schleswig-Holstein hat in der Frage der Menschenrechte und der Minderheiten sehr viel beizutragen. So ist es in der Vergangenheit gewesen, und ich hoffe, dass wir uns darauf auch wieder verständigen können. Dies sollte im Ausschuss aufgegriffen werden.

(Beifall bei SSW, SPD und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Der Ausschuss empfiehlt, den Bericht Drucksache 17/643 zur Kenntnis zu nehmen. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 19 auf:

Ökolandbau weiter fördern

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/888

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Antragsteller, Herr Abgeordneter Bernd Voß, von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

(Anke Spoorendonk)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der ökologische Landbau in Schleswig-Holstein ist mit rund 520 landwirtschaftlichen Betrieben und weiteren circa 400 Betrieben der Verarbeitung und Vermarktung, die an den landwirtschaftlichen Betrieben hängen, ein wichtiger Wirtschaftszweig. Er hat sehr viele Nebeneffekte.

Mehr noch als die absoluten Zahlen von Umsatz, Beschäftigung und so weiter zählt dabei die Pionierleistung als Leitbild einer nachhaltigen ländlichen Wirtschaftsentwicklung. Verbraucherinnen und Verbraucher fragen zunehmend nach der Prozessqualität. Sie fragen nicht nur danach, was in den Produkten drin ist, sondern auch danach, wie ein Produkt hergestellt wurde und welche Auswirkungen die Erzeugung auf die Umwelt, auf die Arbeitsbedingungen und auf die Entwicklungschancen der Menschen bei uns und weltweit haben.

Die Landesregierung hat mit ihrer Ankündigung, den Ökolandbau nicht mehr zu fördern, bereits jetzt erheblichen Schaden angerichtet. Ich nenne einige konkrete Beispiele wie das schlechtere Rating für Betriebe bei Kreditanträgen. Einige Betriebe denken bereits an einen Ausstieg. Schleswig-holsteinische Verarbeiter schauen sich um, um zu sehen, wo sie zukünftig außerhalb Schleswig-Holsteins Waren herbekommen können. In anderen Bundesländern und in den meisten EU-Staaten wird diese Maßnahme weiterhin als Agrarumweltmaßnahme gefördert.

Ich denke, dies ist auch den Kolleginnen und Kollegen der anderen Fraktionen, besonders denen der Regierungsfraktionen, klar geworden, die sich in den letzten Wochen mit Betroffenen unterhalten haben und zu den Betrieben gefahren sind. Immerhin hat das dazu geführt, dass die Entscheidung, die Umstellungsförderung auf die Gebiete mit gefährdeten Grundwasserkörpern zu beschränken, in diesem Jahr rückgängig gemacht wurde. Einschränkend muss ich sagen: Gerade einmal fünf Betriebe waren davon betroffen. Dies jedoch nicht nur für einzelne Kulissen zu beschließen, ist ein kleiner Ruck, der scheinbar durch die Regierungsfraktionen gegangen ist.

Weniger erfreulich ist allerdings, dass die Landesregierung schon im nächsten Jahr gar keine Umstellungsförderung mehr anbieten wird, und zwar im ganzen Land nicht. Wir erkennen an, dass es ab 2013 ein Problem mit der EU-Kofinanzierung geben wird, wenn sie nicht mehr gesichert ist. Es deutet zum einen absolut nichts darauf hin, dass die Agrarumweltmaßnahme auch auf europäischer

Ebene rausfliegen wird und dass hier nicht weiter gefördert wird. Das Gegenteil ist eher der Fall. Zum anderen bestünde wie schon in der Vergangenheit die Möglichkeit der Förderung vorbehaltlich der Bereitstellung von EU-Mitteln.

Die Wirtschaftsweise ist von der EU als Agrarumweltmaßnahme anerkannt. Ich denke, das muss man hier betonen. Im Rahmen der Halbzeitbewertung des Zukunftsprogramms Ländliche Räume, dem ZPLR, aus dem das bezahlt wird, hat das von Thünen-Institut, also das Bundesforschungsinstitut, das eine völlig ideologiefreie Anstalt ist, festgestellt, dass der Ökolandbau im Vergleich zu anderen Maßnahmen - wie zum Beispiel den Schonstreifen an Gewässern - den größten Beitrag zum Gewässerschutz leistet.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW sowie vereinzelt bei SPD und der LINKEN)

So lautet das Fazit der Evaluierer. Dabei wurde aber nur die Wirksamkeit hinsichtlich des Gewässerschutzes berücksichtigt. Die positiven Auswirkungen auf die Biodiversität, das Klima und so weiter wurden allesamt nicht berücksichtigt, weil die Landesregierung sie einfach nicht in ihren Zielsetzungen formuliert hatte. Ich sage es ein bisschen zynisch: Man kann natürlich jedes Ziel durch ein eigenes Programm fördern, aber dann auch mit den entsprechenden Kosten.

Hier haben wir letztlich alles integriert. Mit der Ökolandbauförderung werden durch eine Maßnahme viele Umweltziele erreicht: Klimaschutz, Boden- und Biodiversität. Zugleich werden viele zusätzliche Leuchttürme in der ländlichen, regionalen Wirtschaftsentwicklung gesetzt. Ich denke, man muss zusätzlich betonen, dass das alles nicht irgendwo in einem Biotop passiert, sondern im Rahmen einer Flächenbewirtschaftung. Es wird Wertschöpfung erzielt. Von daher ist es irrwitzig, aus dieser hoch effizienten Maßnahme auszusteigen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD, der LINKEN und SSW)

Für die CDU-Fraktion erteile ich dem Herrn Kollegen Hauke Göttsch das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die CDU-Landtagsfraktion bekennt sich

ohne Wenn und Aber zum Ökolandbau und zu seinem festen Stellenwert in Schleswig-Holstein.

(Beifall bei CDU, SPD, FDP und SSW)

Nach der Agrarstrukturerhebung des Statistischen Landesamtes stehen den 15.951 konventionell wirtschaftenden landwirtschaftlichen Betrieben 519 Ökolandwirte gegenüber. Ihr Anteil beträgt also gut 3 %, und sie bewirtschaften auch etwa 3,5 % der gesamten landwirtschaftlich genutzten Fläche Schleswig-Holsteins.

Bisher wurde einem umstellungswilligen Landwirt fünf Jahre lang eine Umstellungsprämie gezahlt. Damit sollten eventuell auftretende Schwierigkeiten bei der Umstellung abgefedert werden. Für Ackerund Grünland kamen bei einer Staffelung im Durchschnitt 187 € pro Hektar und Jahr heraus. Diese Mittel setzen sich wie folgt zusammen: 55 % EU-Förderung, 27 % Bundesförderung und 18 % Komplementärmittel des Landes. Zwischenzeitlich war diese Umstellungsförderung mit der Umwandlung auf die Mittelverwendung aus der Grundwasserentnahmeabgabe in Gefahr, denn diese Mittel dürfen nur zweckgebunden für Maßnahmen in Zusammenhang mit dem Gewässerschutz verausgabt werden. Damit wäre grundsätzlich nur noch eine Förderung von Ökobetrieben auf der Geest möglich gewesen. Die CDU-Landtagsfraktion hat diese Ungleichbehandlung sofort kritisiert und abgelehnt.

(Zuruf des Abgeordneten Hans-Jörn Arp [CDU])

Umso dankbarer sind wir der Landwirtschaftsministerin des Landes, Frau Dr. Juliane Rumpf, dass sie es durch eine interne Umschichtung von Mitteln ermöglicht hat, dass wieder alle Landwirte, die Umstellungsanträge stellen, auch eine Förderung erhalten, und zwar in bisheriger Höhe.

(Beifall bei der CDU)

Mit dem Ökolandbau hing bisher ein einziger Bereich der Wirtschaft mit einer bestimmten Betriebsform am Dauertropf der Subvention. Die Förderung erfolgte gekoppelt an eine Betriebsform und nicht an eine konkrete Leistung. Dies stand im Gegensatz zum Vertragsnaturschutz. Gerade der Vertragsnaturschutz kann aber auch von ökologisch wirtschaftenden Betrieben in Anspruch genommen werden. Die Argumentation, eine Wirtschaftsform müsse dauerhaft finanziell gefördert werden, weil diese geringere Durchschnittsgewinne als andere Betriebe erwirtschafte, ist höchst problematisch.

(Beifall bei der CDU und des Abgeordneten Günther Hildebrand [FDP])

Nach unserer festen Überzeugung können die Erwartungshaltung und das Anspruchsdenken nicht richtig sein, dass der Staat durch Subventionen alles richten kann und muss.

(Sandra Redmann [SPD]: Das wundert mich auch!)

Die sich an die Umstellungsförderung anschließende Beibehaltungsförderung wird es folgerichtig künftig nicht mehr geben. Diese Dauersubvention können wir uns schlichtweg nicht mehr leisten.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU und Bei- fall des Abgeordneten Günther Hildebrand [FDP])

Um jedoch gleich mit einer verbreiteten Falschmeldung aufzuräumen: Der EU-Anteil an der Finanzierung in Höhe von 55 % wird in andere Maßnahmen umgeleitet, die keiner Kofinanzierung aus Landesmitteln bedürfen. In letzter Konsequenz gehen also die EU-Mittel dem Land nicht verloren.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der FDP)

Auch die als Gegenargument ins Feld geführten Wettbewerbsverzerrungen sind nicht zu befürchten. Bereits heute differieren die Prämiensätze zwischen den Bundesländern erheblich, ohne dass es zu gravierenden Wettbewerbsverzerrungen kommt. So sind zum Beispiel in Brandenburg die Prämien bundesweit am niedrigsten, gleichwohl ist der Flächenanteil der Ökobetriebe dort am höchsten.

Meine Damen und Herren, auch wir würden gern mit dem Füllhorn weiter finanzielle Wohltaten unter das Volk streuen. Aber das geht aufgrund der desolaten Haushaltssituation in Schleswig-Holstein nicht mehr. Unter Beachtung der verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen ist das Land schlichtweg am Ende der Fahnenstange angelangt. Wir können den nachfolgenden Generationen weitere Schulden nicht zumuten.

Ich fasse zusammen: Die CDU steht zum Ökolandbau. Wir sind weiterhin bereit, eine Umstellungsfinanzierung zur Vorbereitung auf den Markt bereitzustellen, aber irgendwann müssen auch Ökobetriebe auf eigenen Füßen stehen.

Ich bin fest davon überzeugt, dass die Ökobetriebe dies auch schaffen. Folgerichtig lehnen wir den Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ab.

(Beifall bei CDU und FDP)

(Hauke Göttsch)

Das war die erste Rede des Kollegen Hauke Göttsch im Schleswig-Holsteinischen Landtag.

(Beifall)

Das Wort erteile ich jetzt dem Kollegen Detlef Buder von der SPD-Fraktion.

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Die Landwirtschaft produziert in und mit der Natur. Sie muss so produzieren, dass Böden, Gewässer, Klima und die Biodiversität in einem gutem Zustand erhalten bleiben. Das ist unstrittig. Nachhaltigkeit ist das Leitmotiv der europäischen Agrarpolitik geworden. Die Förderung der Landwirtschaft muss sich an gesellschaftlichen Zielen orientieren. Die geplante Einstellung der Beibehaltungsförderung für den Ökolandbau steht im Gegensatz zu dem, was ich gerade eben gesagt habe.

(Beifall bei der SPD)

Schleswig-Holstein ist leider wieder einmal ganz weit vorn und das erste Bundesland, das die Beibehaltungsförderung einstellen will.

(Günther Hildebrand [FDP]: Aber nicht das letzte!)

Ob andere Länder folgen werden, ist fraglich. Es ist unwahrscheinlich. Wenn dies Wirklichkeit werden sollte, werden angesichts stets steigender Nachfrage die Regale in den Geschäften weiter voller Bioprodukte stehen. Sie kommen dann in vielen Fällen allerdings nicht mehr aus Schleswig-Holstein.