Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Parlamentarischen Geschäftsführer haben sich darauf verständigt, dass wir die Tagesordnungspunkte 22 und 36 in dieser Reihenfolge heute Nachmittag nach dem gesetzten Tagesordnungspunkt 20 aufrufen werden.
Bevor ich die Sitzung unterbreche, möchte ich noch einmal daran erinnern, dass im Anschluss an diese Sitzung der Europaausschuss im Sitzungszimmer 139 tagen wird.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Sitzung ist wieder eröffnet, und wir steigen wieder in die Tagesordnung ein.
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Ich stelle fest, das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Aussprache. Ich weise noch einmal darauf hin, dass sich die Fraktionen im Ältestenrat darauf verständigt haben, dass die antragstellende Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 10 Minuten Redezeit hat, die übrigen Fraktionen sowie die Landesregierung 5 Minuten Redezeit.
Für die antragstellende Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich der Frau Abgeordneten Marlies Fritzen das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Am 21. Mai debattierten wir im Landtag über unseren Antrag auf Beendigung der Ölförderung im Schleswig-Holsteinischen Wattenmeer. Schwarz-Gelb lehnte ab und war nicht einmal bereit, mit uns im Ausschuss zu beraten, auf welche Weise umweltrechtliche Bestimmungen, wie zum Beispiel die FFH-Richtlinie, in das bestehende Bergrecht integriert werden könnten. Im Gegenteil, ich erinnere mich noch an den arroganten Ton, in dem der Minister meinte, uns belehren zu müssen, Mittelplate sei nicht Deep Water Horizon - was niemand behauptet hatte -, das Wattenmeer sei ausreichend gegen Ölkatastrophen geschützt - was eine gewagte These ist -, und im Übrigen werde man bei der anstehenden Konzessionsverlängerung Umweltprüfungen durchführen - was eine glatte Falschaussage war.
Tatsächlich nämlich war die Verlängerung bereits zehn Tage zuvor, am 11. Mai 2010, vom Landesamt für Bergbau und Energie ausgesprochen worden. Die eigentliche Entscheidung aber fiel im Wirtschaftsministerium, und zwar noch viel früher, nämlich am 19. April 2010. Und dies geschah alles ohne jegliche Prüfung umweltrelevanter Belange.
Nun stellen Sie, Herr Minister, sich hin und sagen, Sie hätten von all dem nichts gewusst, und zwar jetzt kommt’s - weil Sie ihre Mails nicht gelesen hätten.
Da drängen sich uns doch zwei Fragen auf: Erstens, wie bereiten Sie sich eigentlich auf solche Landtagsdebatten vor?
Immerhin stand das Thema schon lange auf der Tagesordnung. Da sollte man doch annehmen, dass Ihnen Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter alle In
Zweitens verwundert es - das wiegt noch viel schwerer -, dass Entscheidungen von solcher Tragweite und politischer Brisanz - es geht um 30 Jahre länger Ölförderung in einem ökologisch höchst sensiblen Gebiet mit Weltnaturerbestatus - nicht etwa in der Hausspitze, sondern mal ebenso per Mail aus der Energieabteilung heraus gefällt wird.
Herr Minister, Sie sind verpflichtet, gegenüber dem Parlament die Wahrheit zu sagen. Das haben Sie am 21. Mai nicht getan. Wir sind nicht bereit, mangelhafte Vorbereitung auf die Parlamentsdebatte als Entschuldigung zu akzeptieren, und wir missbilligen daher Ihre Falschaussage bezüglich der Ölfördergenehmigung für RWE.
Wir sind aber vor allem nicht bereit zu akzeptieren, dass solche folgenschweren Entscheidungen ganz offensichtlich ohne weitere fachliche Prüfung von einem einzigen Abteilungsleiter gefällt wurden.
Auf die Anfrage des Sachbearbeiters im Landesbergamt, ob angesichts der geografischen Lage der Ölförderung Mittelplate mitten im Nationalpark das Umweltministerium um eine Stellungnahme gebeten oder das Nationalparkamt einbezogen werden solle, beschied Ihr Mitarbeiter kurz und knapp: nein, nicht nötig. Auf die weitere Empfehlung des Fachmannes aus Clausthal-Zellerfeld, die Fördergenehmigung aufgrund der von RWE selbst angegebenen Ressourcenabschätzung zunächst bis 2022 zu begrenzen, antwortete Ihr Mitarbeiter: nein, Förderung wie beantragt bis 2041. Damit sei - so die Begründung - das Wirtschaftsministerium für den Fall abgesichert, „dass die Umweltseite, was nicht ausgeschlossen werden kann, mehr und mehr industrieavers wird“.
Nun, abgesehen davon, dass sich diese böse Umweltseite in Person von Frau Ministerin Rumpf in einem Schreiben vom 6. Juli über dieses - wie sie es nennt - „intransparente Verfahren“ beklagt - ihr Haus, das Umweltministerium, hatte von der Verlängerungsgenehmigung nur zufällig angesichts eines Ortstermins erfahren -, werden auch wir Grüne in der Beantwortung einer Kleinen Anfrage erneut mit Halbwahrheiten abgefertigt. Ich sage Halb
wahrheiten, um einen Begriff zu vermeiden, der sich in der Akte durchaus deutlicher und drastischer als Kommentar von einem Mitarbeiter des Umweltministeriums findet.
In der Landtagssitzung vom 21. Mai 2010 fragten wir nach der Begründung für die Falschaussage des Ministers und wurden darauf verwiesen, dass das Landesamt über die erteilte Genehmigung „routinegemäß im Nachgang … auf Arbeitsebene informiert“ habe.
Wie wir jetzt aber alle wissen, kam die Entscheidung zur Verlängerung aus dem Ministerium selbst. Da können Sie sich drehen und wenden, wie Sie wollen. Die Aktenlage lässt keine andere Interpretation zu.
Herr Minister, jetzt hätten auch Sie Ihre Mails gelesen haben können, denn wir schreiben bereits den 28. Juli 2010, das ist das Datum der Antwort unserer Kleinen Anfrage, die Sie selber gezeichnet haben.
- Ja? - In der Tat ist die falsche Unterrichtung des Parlaments kein Formfehler, sondern eine politische Manipulation und eine grob fehlerhafte Amtsführung.
Ihre Antworten im Ausschuss lassen nur zwei Schlüsse zu. Entweder haben Sie Ihr Ministerium nicht im Griff, oder Sie decken das eigenmächtige Handeln eines Abteilungsleiters, der einen Antrag von RWE maximal positiv beschied und der zugleich als Berater für eben diesen Energiekonzern tätig ist und von diesem bezahlt wird.
Frau Abgeordnete Fritzen, einen kleinen Augenblick. - Ich bitte darum, keine Äußerungen von der Regierungsbank zu tätigen.
Vielen Dank, Frau Präsidentin! - Diese Entscheidung - 30 Jahre Verlängerung und nicht, wie fachlich angegeben und geboten, zunächst elf Jahre wurde also nicht aufgrund fachlicher Abwägung geografische Lage der Ölplattform, Abschätzung der Fördermenge -, sondern rein politisch zum Nutzen von RWE getroffen, man könnte auch sagen: geradezu industrieaffin.
Meine Damen und Herren, dass ein Beamter ganz offensichtlich keine sachlich gebotenen Abwägungen vornimmt, sondern willkürlich genehmigt, ist allein schon unglaublich, dass ein Beamter im Alleingang über Anträge eines Unternehmens entscheidet, dem er gleichzeitig als Berater dient, ist skandalös, dass aber ein Minister dieses Verhalten deckt, ist in einem demokratischen Rechtsstaat absolut inakzeptabel.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Eine typische politische Debatte, sie wird auch hier nicht ehrlich von den Grünen geführt. Das Thema wird aufgebauscht. Nach den Klarstellungen der Landesregierung muss man feststellen, dass dies nicht durch Unwissenheit erfolgt. Frau Fritzen, offensichtlich haben die Grünen die Wahlniederlage im vergangenen Jahr immer noch nicht verwunden, sodass Sie sich heute schon im Wahlkampf befinden.
Der Minister hat bereits in der letzten Woche im Umweltausschuss und in der Antwort auf die Kleine Anfrage von Ihnen deutlich gemacht, dass es nichts zu missbilligen gibt. Meine Damen und Herren von den Grünen, dem schließt sich die CDUFraktion vorbehaltlos an.