Protokoll der Sitzung vom 18.11.2010

Ich werde jetzt zu meinem letzten Satz kommen, Herr Präsident.

Also noch einmal das Grundsätzliche: Wir haben eine gemeinsame Verantwortung für diese Gesellschaft. Wenn wir uns einen Sozialstaat nennen, dann ist es da, wo wir ansetzen müssen, nicht bei einzelnen Verbesserungen oder Projekten, die dann etwa zu Sachleistungen führen; wir sollten uns nicht für Kleinkram hergeben. Das müsste die Richtung sein.

(Beifall beim SSW)

Auf der Zuschauertribüne begrüße ich unsere Gäste von der Abendvolkshochschule Leck sowie von der Jungen Union des Kreises Rendsburg-Eckernförde. - Herzlich willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag!

(Beifall)

Das Wort für die Fraktion DIE LINKE - ebenfalls zu einem Dreiminutenbeitrag - hat Herr Kollege Ulrich Schippels.

Herr Präsident! Mein Damen und Herren! Lieber Herr Kalinka, auch ich war von der Rede des Abgeordneten Stegner beeindruckt - wie offensichtlich

auch Sie. Das hat mich tatsächlich an die 60er- und 70er-Jahre, Jochen Steffen, erinnert. Mein Herz ging ein wenig auf. Ich hätte mich nur gefreut, wenn eine solche Rede auch vor drei oder vier Jahren in diesem Hohen Haus von dem gleichen Menschen gehalten worden wäre. Leider saß er damals auf der Regierungsbank. Die Leute, die heute draußen stehen und demonstrieren - zu Recht, wie ich finde -, die haben damals gegen die Sozialdemokratie in der Regierungsverantwortung hier demonstriert.

Ich bin sehr froh, dass es heute anders ist, dass die SPD auf unserer Seite ist.

(Zurufe von CDU und FDP)

Ich hoffe auch, dass das so bleibt. Wir werden nach der Neuwahl, die ja bald kommt, dafür sorgen - wir werden zumindest alles, was in unserer Macht steht, dafür tun -, dass das so bleibt. Wir hoffen, dass diese Worte nicht nur Worte bleiben, sondern wenn die SPD an der Regierung ist, auch zu Taten werden. Allerdings - das habe ich eben gerade festgestellt - gab es offensichtlich schon das erste Koalitionsgespräch mit dem DGB-Vorsitzenden, Herrn von Boetticher und Herrn Stegner. Wir waren nicht zu dem Gespräch geladen, das ist an dieser Stelle auch gut so.

Ich möchte noch ganz kurz zu der Position, die hier auch von CDU und FDP formuliert worden ist, etwas sagen. Sie haben die SPD und die Grünen dafür kritisiert, dass Hartz IV ein schlechtes Gesetz sei. Es wird aber dadurch nicht besser, dass Sie quasi dort weitermachen, wo die Sozialdemokratie und die Grünen aufgehört haben. Deshalb brauchen wir ein Sanktionsmoratorium.

Als Letztes möchte ich sagen: Wir haben tatsächlich auch eine Alternative, denn wir wollen eine repressionsfreie Grundsicherung, die ein menschenwürdiges Leben für alle, die in diesem Land leben, ermöglicht.

(Beifall bei der LINKEN)

Auf der einen Seite sagen Sie, Hartz IV sei das Existenzminimum. Auf der anderen Seite wissen Sie, dass es Sanktionen gibt, die dazu führen können, dass schon dieses Existenzminimum noch einmal gekürzt wird. So geht das nicht. Deshalb hoffen wir, dass Sie unserem Sanktionsmoratorium zustimmen. Bei den Grünen wissen wir das schon, die sind ja für jedes Moratorium.

(Beifall bei der LINKEN - Lachen bei der CDU)

(Anke Spoorendonk)

Das Wort zu einem weiteren Dreiminutenbeitrag erteile ich dem Herrn Kollegen Lars Harms von der Fraktion des SSW.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe gerade eben mit meinem Kollegen Andresen ein kleines Frage-Antwort-Spiel zu meiner nicht ganz so freundlichen Frage gehabt. Trotzdem möchte ich noch etwas zu diesem Thema erklären. Ich möchte nicht, dass ich mit meiner Fragestellung missverstanden werde. Ich hatte ihn ja gefragt, wie das mit den Sanktionen so ist und ob er es wirklich so meint, dass man, wenn es nur eine ganz kleine Gruppe gibt, die gegen bestimmte Regeln verstößt, das lieber so laufen lassen sollte.

Ich habe das deshalb gefragt, weil es für mich wirklich eine ganz entscheidende Frage unseres Rechtsstaates ist. Wenn ich Regeln aufstelle - ich bin auch erziehender Vater und habe sechs Kinder -, dann muss ich die damit verbundenen Sanktionen auch einhalten. Dann kann ich nicht einfach willkürlich Sanktionen für eine ganz bestimmte Gruppe aussetzen, egal, ob sie reich ist, ob sie arm ist, ob sie groß oder klein ist, ob es hiesige Menschen oder Menschen aus dem Ausland sind - das ist völlig egal -, sondern wenn wir Gesetze und Regeln haben, dann müssen diese auch eingehalten werden. Wenn jemand diese Regel nicht einhält, dann muss er auch eine entsprechende Sanktion zu spüren bekommen.

(Beifall bei SSW, FDP und vereinzelt bei der CDU)

Das ist zumindest meine persönliche Haltung.

Das bedeutet nicht, dass auch Sanktionen ausgesprochen werden könnten, die ungerecht sind oder als ungerecht empfunden werden. Gegen die kann man dann Widerspruch einlegen. Ich sage dann auch, die Leute sollten Widerspruch einlegen. Das muss ein Rechtsstaat aushalten, dass jemand, der Widerspruch einlegt, auch Recht bekommt.

(Beifall der Abgeordneten Werner Kalinka [CDU] und Wolfgang Kubicki [FDP])

Damit habe ich keine Schwierigkeiten. Das hat also inhaltlich nichts mit Hartz IV zu tun. Auch ich habe da meine Kritikpunkte, genauso wie meine anderen Kollegen vom SSW; da sind wir uns völlig einig.

Aber bei dieser Frage muss ich ganz ehrlich sagen, dass ist eine entscheidende Frage. Wenn der Staat das durchgehen lässt - für bestimmte Bereiche gibt

es zwar Sanktionen, aber jetzt, wo es mir gerade einmal passt, lasse ich das so laufen -, ist das nicht der richtige Weg. Das ist nicht mein Verständnis von einem Staat. Ein Staat muss Regeln setzen, und wenn er sie setzt, dann muss er sie auch mit den entsprechenden Sanktionen durchsetzen. Ansonsten wird mir der Staat zu schwach.

(Beifall beim SSW und vereinzelt bei CDU und FDP)

Das Wort zu einem weiteren Dreiminutenbeitrag erteile ich dem Herrn Kollegen Günther Hildebrand von der FDP-Fraktion.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, bis auf die Fraktion der Grünen haben sich seinerzeit alle Fraktionen dafür ausgesprochen, die Schuldenbremse in die Landesverfassung aufzunehmen.

(Zurufe: Die Linken!)

- Entschuldigung, ich meinte die Linken.

Es ist schon merkwürdig, wie einige Stellungnahmen abgegeben werden, und zwar nicht nur während dieser Tagung, sondern praktisch in sämtlichen Tagungen, seitdem wir die Schuldenbremse in der Verfassung verankert haben. Es ist auch sehr interessant zu beobachten, wie sich die einzelnen Fraktionen zu ganz bestimmten Sachverhalten verhalten. Ich musste einfach feststellen, dass ich beispielsweise von der SPD nicht einen einzigen Vorschlag hier im Landtag, im Plenum, dazu gehört habe, an welcher Stelle Geld eingespart werden könnte.

(Zurufe von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Stegner, Sie haben hier vorhin eine lange Liste verlesen - das ist Ihr gutes Recht, und Sie verstehen offensichtlich Oppositionsarbeit auch so -; alles das, was Sie gefordert haben - ob drittes beitragsfreies Kindergartenjahr, ob das Projekt „Kein Kind ohne Mahlzeit“, ob die Schülerbeförderung -, ist wunderbar, aber leider auch kostenwirksam. Ich habe nicht einmal von Ihnen gehört, durch welche Kürzungen Sie dieses auch nur ansatzweise nachher kompensieren wollen.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Ralf Stegner [SPD])

Aber wir haben in diesem Jahr noch die Haushaltsberatungen, Kollege Stegner. Zumindest wir von den Regierungsfraktionen sind unheimlich gespannt darauf, mit welchen Wahnsinnsvorschlägen Sie uns dann nachher überraschen werden.

(Vereinzelter Beifall bei der FDP)

Ich denke, dass ist so einfach nicht hinnehmbar.

Wenn ich dann meine liebe Kollegin Anke Spoorendonk hier höre: Ich habe das mitgeschrieben. Sie hat gesagt: Es muss nicht alles gekürzt werden, und es muss nicht alles wehtun. Meine Frage, liebe Kollegin Spoorendonk, ist: Wenn nicht alles, dann ja vielleicht teilweise? Aber auch dazu habe ich von Ihnen leider nicht gehört, wie viel Sie möglicherweise kürzen wollen und in welchen Bereichen.

(Zuruf von der FDP)

Sie möchten uns nicht so wehtun, nicht uns, aber den Betroffenen. Ich möchte gern wissen, wo das anfängt oder in welchen Bereichen Sie dann für solche Dinge zum Teil eintreten, die vielleicht auch wehtun.

Herr Kollege, gestatten Sie noch zwei Zwischenfragen? - Zunächst kommt eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Ralf Stegner.

Lieber Herr Kollege Hildebrand, ist Ihnen gegenwärtig, dass erstens das Ja Ihrer Regierungskoalition im Bundesrat zu Steuererleichterungen für Hoteliers und reiche Erben

(Zurufe)

locker den Gegenwert des beitragsfreien Kita-Jahres ausmacht, das Sie gerade abgeschafft haben?

(Beifall bei SPD, der LINKEN und des Ab- geordneten Lars Harms [SSW])

Erinnern Sie sich zweitens noch daran, Herr Kollege Hildebrand, dass Sie gemeinsam mit anderen Fraktionen, als wir hier über die Schuldenbremse gesprochen haben, eine Resolution verabschiedet haben, worin stand, unter welchen Voraussetzungen es möglich ist, diese auch einzuhalten?

(Christopher Vogt [FDP]: Das war danach, Herr Stegner!)

Vielleicht können Sie das auch noch beantworten.

Herr Kollege Stegner, Sie können von derartigen Fragen noch mehrere stellen.