Das hatte übrigens die Konsequenz, dass Jürgen Trittin bei den Castor-Transporten die Ruhe als erste Bürgerpflicht ausgerufen hat. Es ist kein Wunder, dass - wenn die Grünen jetzt wieder bei CastorTransporten aktiv sind - es zumindest bei den Aktivistinnen und Aktivisten durchaus die eine oder den anderen gibt, welche ein wenig unruhig werden. Gleichwohl sind wir froh, Sie jetzt auch wieder auf unserer Seite zu wissen.
Ich möchte noch einmal auf Herrn von Boetticher eingehen, der einen Aspekt dieses Konsens von damals angesprochen hat. Er hat gesagt, dass nicht in die Sicherheit der Atomkraftwerke investiert worden sei. Nun frage ich mich: Warum sind Brunsbüttel und Krümmel beinahe auseinandergeflogen? Ich hoffe, das hat nichts mit Ihrem Konsens zu tun. Herr von Boetticher, wenn Sie tatsächlich sagen, dass während der rot-grünen Regierungszeit acht Jahre lang nicht in die Sicherheit der Atomkraftwerke investiert worden ist, dann frage ich mich, warum die Dinger jetzt nicht einfach abgeschaltet werden, denn die logische Konsequenz daraus ist doch, dass sie heute nicht mehr so sicher sind. Dann sollten Sie wirklich jetzt auch die Dinger abschalten, und zwar, wenn es nach uns geht, für immer.
Herr Minister de Jager, Sie haben gesagt, wir könnten nur entweder aus der Atomenergie oder aus der Kohlekraft aussteigen, alles andere wäre zu teuer, wir wollten Energiepreise haben, die bezahlbar seien. Ich sage Ihnen, die Folgewirkung der Fortführung des atomfossilen Zeitalters wird für uns viel teurer werden. Sie fangen ja auch schon mit der Küstenschutzabgabe an. Ich befürchte, das hat vielleicht auch etwas damit zu tun, dass die Wasserpe
gel aufgrund der fossilen Energieverbrennung ansteigen. Ich fürchte eben, es wird viel teurer werden. Ein Atomausstieg und ein Ausstieg aus dem fossilen Zeitalter kostet uns weniger als die Fortführung dieser verfehlten Politik.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe mich deshalb noch einmal zu Wort gemeldet, weil der Kollege Kubicki zu Recht gesagt hat, dass es eigentlich nicht zu verstehen ist, dass es tatsächlich in anderen Bundesländern grüne oder rote Vertreter gibt, die sich anders verhalten, beispielsweise Hannelore Kraft, was die Verlängerung der Nutzung der Kohle angeht.
(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP] - Heiterkeit - Beifall des Abgeordne- ten Günther Hildebrand [FDP])
- Moment, nun hören Sie einmal zu: Aus der regionalpolitischen Sicht Nordrhein-Westfalens kann ich natürlich verstehen, dass sie sagen, sie wollen lieber selbst das Geld verdienen, als es anderen zu überlassen. Das wird wahrscheinlich auch der Hintergrund sein. Die Konzernstandorte sind da, die machen Lobbyarbeit dafür. Sie haben Hochschulen, die diese Bereiche erforschen, da gibt es Lobbyarbeit.
- Nun hören Sie mir doch erst einmal zu, Herr Kollege Kubicki. Hören Sie doch erst einmal zu. Das heißt also, alles Wirtschaftliche spricht aus deren Sicht wahrscheinlich dafür, deswegen springen sie über ihren Schatten und gehen nicht ihrer Ideologie nach.
Nun wäre es aber wichtig, darüber nachzudenken, was die wirtschaftlichen Interessen SchleswigHolsteins sind. Dann sehen wir, dass wir den Technologievorsprung in genau den Erneuerbaren-Bereichen haben, insbesondere in der Windenergie. Wir haben dezentrale Wirtschaftsförderung dadurch geleistet, dass wir die Windenergie ausgebaut haben. Wir haben Standorte in Husum, in Brunsbüttel, in Osterrönfeld, in Norderstedt, in Lübeck. Überall gibt es Arbeitsplätze, die daraus generiert wurden.
Es ist also für uns ein ureigenes Interesse, genau diesen Vorsprung zu erhalten und auszubauen, genau da das Geld zu verdienen,
Wir haben Hochschulen in Lübeck, Kiel und insbesondere in Flensburg, die absolut führend in den Techniken der erneuerbaren Energien sind. Das müssen wir ausbauen. Das ist eine Landesaufgabe, hier weiter dafür zu sorgen, dass auch dort die Infrastruktur so geschaffen wird, dass wir in der Lage sind, die Weltmarktführerschaft, die wir teilweise innehaben, weiter auszubauen.
Was uns nicht passieren darf, ist, dass wir hier politisch Energieformen unterstützen, die genau das konterkarieren, die uns Arbeitsplätze kosten.
Genau das wird getan, wenn man auf Atomkraft und Kohlekraft setzt. Das ist der große Haken an der Sache.
Es geht letztendlich darum: Wir müssen Windenergie stützen, wir müssen möglicherweise auch Solarenergie - zumindest für den privaten Gebrauch stützen. Wir müssen Biomasse nutzen, wir müssen aber auch Wärme- und Energieeinsparungstechniken ausbauen. Das ist eine Zukunftsaufgabe.
75 % unserer Energie wenden wir dafür auf zu heizen. Darum geht es. Da kann man etwas sparen. Da gibt es Techniken. Da muss man ran, um wirklich etwas sparen zu können. Wer spart - das muss ich Ihnen nicht erzählen -, der braucht in andere Dinge nicht mehr zu investieren, die nur unnötig viel Geld kosten und unsere eigenen Energieformen nicht mehr marktfähig machen.
Lieber Kollege Kubicki, es geht auch darum, dass man mit wirtschaftlichem Sachverstand darauf guckt und fragt, was gut für die schleswig-holsteinische Wirtschaft ist. Gut für die schleswig-holsteinische Wirtschaft ist, dass wir das ausbauen, was wir haben und was wir gut können und das, was
dem entgegensteht, wenn es geht, verhindern. Entgegenstehen tun garantiert Kohle- und Atomkraft. Wir müssen uns weiter für erneuerbare Energien einsetzen. Da sind wir Spitze. Das können wir, und das sollten wir ausbauen.
Frau Präsidentin! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Unter Rot-Grün und unter Bundesumweltminister Trittin ist ein Moratorium für das Endlager Gorleben beschlossen worden - eine Tatsache. Gleichzeitig ist ein sogenannter AK-End eingerichtet worden, das ist ein Arbeitskreis, der die Kriterien für das Auffinden von Endlagern in Deutschland formuliert hat - mit dem Ergebnis, dass wahrscheinlich das Wirtsgestein Granit mit mächtigen Tonschichten als Deckschichten ein Optimum darstellt. Das zeigen auch die Ergebnisse aus der Schweiz und in Schweden. Das wären aber Standorte in den südlichen Bundesländern. An dem politischen Widerstand dort scheitert zurzeit schon allein die Untersuchung dieser Frage.
(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP] - Marlies Fritzen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Mann, Sie sind nicht dran! - Hei- terkeit)
Zweifelsfrei ist, dass die Untersuchung nur auf Gorleben zu beschränken dem gesetzlichen Auftrag nach alternativen Darstellungen nicht Genüge tut. Wir müssen uns also in Deutschland - wie in allen anderen Ländern auch - an mehreren Standorten bemühen, den Atommüll, der nun einmal leider da ist, sicher lagern zu können - eine bedeutende Aufgabe. Ich habe hier schon einmal etwas süffisant angemerkt, dass die zwei Bewacher vor der Tür des Endlagers für die nächsten 52.000 Jahre in die Wirtschaftlichkeitsberechnung des Atomstroms bisher noch nicht eingeflossen sind.
Dann wieder die alte Leier, die wie auch für Verkehrsprojekte gestern galt: Die Grünen seien gegen alles. Wir sind natürlich für das Blockheizkraftwerk in der Behindertenwerkstatt in Eckernförde. Wir sind für die Investitionen in die Druckluftanlage der Firma Punker, damit sie nicht mehr so viele Lecka
gen haben, was erheblichen Stromverlust bedeutet. Wir sind für den Ausbau der Windenergie. Ich war gerade in Stockelsdorf bei einer Einwohnerversammlung in, ich glaube, es hieß Eckhorst und habe dafür geworben, dass dort Investitionen in Millionenhöhe kommen.
Da soll bis 150 m hoch gebaut werden. Das finde ich auch sehr vernünftig. Wir sind für das Erdkabelprojekt in Nordfriesland. Da haben wir Debatten geführt. Sie haben dieses ausgebremst. Wir hätten es damals baurechtlich in Schleswig-Holstein ziemlich leicht durchgesetzt.
Es ist im Gegenteil in der danach bis heute verstrichenen Zeit der Stromlobby gelungen, in Berlin dafür zu sorgen, dass die Gesetze so scharf gefasst werden, dass wir keine landespolitischen Steuerungsmaßnahmen für die Ausführung als Erdkabel auf der 110 kV-Ebene haben.
Wir sind für die Realisierung von 30-MW-Stromleistung im Bereich Kiel - gutachterlich detektiert außerhalb des Fernwärme- und Fernwärmevorranggebietes. Wir sind für Netzverstärkung in Schleswig-Holstein. Wir sind auch für eine 380-kV-Leitung, wenn es nicht gelingt, dieses durch - das ist der zweite Weg - eine Neubeseilung mit neuen Leitertypen - auch eine Investition, Herr Kubicki - zu vermeiden. Wir sind für die Kreuzottern am Nordostseekanal. Wer wäre das nicht? Das haben wir gestern wunderbar herausgearbeitet. Aber wir sind selbstverständlich für die Verbreiterung und die Ertüchtigung des Nord-Ostsee-Kanals, und so weiter.
Es ist Schmarrn, zu sagen, wir seien grundsätzlich gegen alles. Der Minister de Jager stellt sich hier hin und sagt, wie klug der SPD-Vorsitzende ist, der erkannt hat, dass wir aus Kohle und Atom nicht gleichzeitig aussteigen können. Bitte beantworten Sie doch die Frage - wenn wir uns auf diese Ebene einlassen wollen -, aus welchen Energieformen Sie aussteigen wollen. Das Problem der CDU ist nämlich: Sie sind für alles.
Sie wollen alle Verkehrsprojekte, Sie wollen alle Erzeugungseinheiten. Sie können aber nicht alle Verkehrsprojekte finanzieren.