Protokoll der Sitzung vom 17.12.2010

Es gibt aber eine überwältigende Mehrheit der Betriebe, die ordentlich ausbilden, gut mit ihrem Mitarbeitern umgehen und die Auszubildenden auch anständig bezahlen.

Entscheidend ist, was wir mit diesen schwarzen Schafen machen. Auch das hat der Minister festgestellt. Es gibt viele Möglichkeiten, um diese Missstände zu beseitigen. Die Strukturen reichen vollkommen aus. Wir haben die IHKs, die sich darum kümmern. Wir haben die Kammern, die daran beteiligt sind. Außerdem haben wir regionale Ausbildungsbetreuungsstellen als Anlaufpunkte. Aus meiner Sicht gibt es in diesem Bereich kein Defizit.

Meine Damen und Herren, wir sollten nicht zulassen, dass der Staat alles regelt, wie es die SPD oftmals will. Wir haben eine gute Ausbildungssituation. Wir haben ein sehr gutes Bündnis für Ausbildung. Daran hat die SPD einen großen Anteil. Ich stelle fest, wir haben auch schwarze Schafe. Wir haben aber genügend Instrumente, die ausreichend sind, um diese schwarze Schafe entsprechend zu sanktionieren.

Deshalb werden wir den Antrag der SPD ablehnen.

(Beifall CDU und FDP)

Für die FDP-Fraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Christopher Vogt das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der kürzlich vorgestellte Ausbildungsreport des DGB Nord und der Landesschülervertretung der Beruflichen Schulen hat gezeigt, dass die große

(Karsten Jasper)

Mehrheit der Auszubildenden in Schleswig-Holstein mit der Ausbildungssituation zufrieden ist. Das ist zunächst einmal ein Erfolg für die vielen mittelständischen Unternehmen in unserem Land, die junge Menschen ausbilden und dabei in der Regel sehr gute Arbeit leisten.

Das Bündnis für Ausbildung ist in SchleswigHolstein ebenfalls sehr erfolgreich. Die Zahl der Ausbildungsplätze in Schleswig-Holstein steigt. Außerdem gibt es bei uns erfreulicherweise mehr Ausbildungsplätze als Bewerber, was in den meisten anderen Bundesländern nicht der Fall ist.

An dieser Stelle möchte ich betonen, dass ich es sehr bedauerlich finde, dass sich der DGB am Bündnis für Ausbildung nicht beteiligen möchte. Ich halte das für einen falschen Weg.

Man muss bei den Ergebnissen des Ausbildungsreports aber auch feststellen, dass die umfangreiche Befragung aufzeigt, dass an einigen Stellen noch Verbesserungsbedarf besteht. Besonders auffällig und auch besorgniserregend sind aus meiner Sicht die Ergebnisse im Hotel- und Gaststättengewerbe. Diesem Gewerbe kommt in Schleswig-Holstein eine wirklich große Bedeutung zu, da die wirtschaftliche Leistung in diesem Bereich in Schleswig-Holstein überdurchschnittlich ist.

Es ist zwar nicht wirklich überraschend, dass in diesem Bereich generell viele Überstunden geleistet werden und dass das Lohnniveau auch verhältnismäßig niedrig ist, aber die Zahlen des Ausbildungsreports sprechen eine deutliche Sprache. Gerade die rechtswidrigen Verstöße, die es in diesem Bereich offensichtlich gibt, müssen natürlich angegangen werden, und dabei sind wir uns alle natürlich völlig einig.

Bei anderen Anlässen haben wir schon ein anderes Problem thematisiert, das mit dem Thema der Ausbildung verbunden werden sollte, das ganz entscheidend ist. Das ist nämlich der Fachkräftemangel, der auf uns zukommen wird. Wir können es uns nicht leisten, dass junge Menschen bereits in der Ausbildung demotiviert werden oder auch ohne Berufsabschluss ins Berufsleben gehen und dann später Probleme auf dem Arbeitsmarkt haben.

Bei den Kritikpunkten der unzufriedenen Auszubildenden wurde neben der schlechten Bezahlung und den vielen Überstunden nicht selten eine mangelnde Wissensvermittlung in der praktischen Ausbildung kritisiert. Ich denke, das sollte den betroffenen Unternehmen und den Kammern, die auch dafür zuständig sind, zu denken geben, da dieses Problem nachwirkt.

Meine Damen und Herren, generell kann man aber sagen, dass es keinen Grund zur Sorge dafür gibt, dass die Überwachungsmechanismen bei den Kammern nicht funktionieren würden.

Beim Thema Ausbildung und der Verantwortlichkeit der Politik sollte aus meiner Sicht nicht unerwähnt bleiben, dass wir nach wie vor leider ein großes Problem mit der mangelnden Ausbildungsreife vieler junger Menschen haben. Dies stellt ein wirklich großes Problem dar. Der Ausbildungsreport lässt das ebenfalls nicht unerwähnt, kommt jedoch zu einem anderen Schluss als zu dem Schluss, zu dem ich kommen würde.

Der Ausbildungsreport sagt, dies sei eine Art Ausrede, eine Sache, die die Wirtschaft hervorbringe, und dies sei in der Realität überhaupt nicht der Fall. Das sehe ich völlig anders und möchte betonen, dass es mir bei dieser Diskussion nicht darum geht, junge Menschen zu diskreditieren, sondern vielmehr darum, tatsächlich bestehende Probleme zu benennen. Es ist schließlich nicht sehr motivierend für einen jungen Menschen, wenn er trotz Schulabschluss so mangelhafte Mathematik- oder andere Kenntnisse hat, dass er am Ende der Ausbildung die theoretische Prüfung in der Berufsschule nicht bestehen kann.

(Beifall bei FDP und CDU)

Wer dieses Problem einfach so vom Tisch wegfegt, der ist meines Erachtens nicht gut beraten. Beim Thema der Ausbildungsreife junger Bewerber geht es nicht nur darum, dass es mangelnde Fähigkeiten in der Mathematik und in der Sprache gibt, sondern auch darum, dass oftmals leider soziale Kompetenzen fehlen. Das ist ein gesellschaftliches Problem. Ich glaube, es muss eine noch stärkere ressortübergreifende, aber auch gesellschaftliche Zusammenarbeit geben, um dieses Problem zu verringern.

Meine Damen und Herren, nun zum Antrag der SPD, der insgesamt recht dünn daherkommt. Ihre Hauptforderung bezieht sich auf die Einführung einer integrierten Ausbildungsstatistik. Herr Thoroe hat insoweit recht, als er sagt, dass die LINKEN das schon einmal beantragt haben. Wir haben diesen Antrag damals abgelehnt, weil wir dieses Thema schon angepackt haben.

Bereits die Wirtschaftsministerkonferenz, die am 4. Juni und 5. Juni 2007 in Eisenach getagt hatte, hat beschlossen, das Vorhaben zu unterstützen, mithilfe einer integrierten Ausbildungsstatistik die Länderaktivitäten im Bereich der Erstausbildung und des Übergangssystems Schule/Beruf vollständig und transparent abzubilden. Das zuständige

(Christopher Vogt)

Bundesministerium prüft die Übertragbarkeit des Modells auf den Bund und alle Bundesländer und fördert derzeit zwei entsprechende Projekte, die noch bis zum Ende dieses Jahres laufen.

Ich bin der Meinung, dass bei diesem Thema bundesweit eng zusammengearbeitet werden sollte. Dazu gibt es bereits einen vereinbarten gemeinsamen Weg, der nach Beendigung der angesprochenen Projekte fortgeführt werden sollte. In diesem Sinne brauchen wir Ihren Antrag nicht und werden ihn deshalb ablehnen.

Abschließend noch einmal zur Ausbildungsplatzabgabe, die Sie noch einmal aus der politischen Mottenkiste herausgeholt haben, Herr Thoroe. Diese ist nun wirklich kontraproduktiv und führt nicht dazu, dass mehr Ausbildungsplätze geschaffen werden, sondern dazu, dass sich einzelne freikaufen. Das kann aus meiner Sicht nicht die Lösung sein.

(Beifall bei FDP und CDU)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich der Frau Abgeordneten Ines Strehlau das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr de Jager, vielen Dank für Ihren kurzen Bericht. Herr Jasper, Herr de Jager, trotzdem muss ich sagen, dass die Schönfärberei, die Sie hier betreiben, dem Thema überhaupt nicht gerecht wird.

(Vereinzelter Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Wir müssen differenziert an die Thematik herangehen. Einfach nur zu sagen, es gebe das eine oder andere schwarze Schaf, trifft die Sache überhaupt nicht.

Der Ausbildungsreport 2010 Schleswig-Holstein, der Anlass für die vorliegenden Anträge ist, unterstreicht, dass die duale Ausbildung auch in Schleswig-Holstein ein Erfolgsmodell ist. Das will niemand in Abrede stellen. Zweidrittel der Auszubildenden sind zufrieden.

Neben viel Licht gibt es aber auch viel Schatten. Die Ausbildung im Hotel- und Gaststättenbereich ist in Teilen sehr problematisch. Davor dürfen wir nicht die Augen verschließen. Ich betone, dass sie in Teilen problematisch ist; denn auch in diesem Bereich gibt es viele Betriebe, die ihre Ausbildungsverpflichtung sehr ernst nehmen und in de

nen die Auszubildenden an ihrem Arbeitsplatz zufrieden sind. Dennoch dürfen wir nicht die Augen vor diesen Missständen verschließen; denn die Zahlen des Ausbildungsreports sind beunruhigend und zeigen, dass es Handlungsbedarf gibt.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vor allem die Quote der gelösten Ausbildungsverträge bei den Köchinnen und Köchen, bei den Restaurantfachleuten sowie den Fachkräften im Gastgewerbe ist mit circa 46 % im Vergleich zu anderen Berufen sehr hoch. Ebenso hoch ist die Quote bei Hotelkaufleuten mit knapp 35 %.

Zum Vergleich: Bei den Mechatronikern werden nur knapp 7 % der Ausbildungsverträge vorzeitig gelöst. Das muss uns zu denken geben.

Außerdem wurde gesagt, die Ausbildungsvergütungen seien niedriger, und es müssten mehr Überstunden geleistet werden. Auch nach dem Berufsschulunterricht müssen die Jugendlichen teilweise im Betrieb arbeiten.

Spricht man mit den verschiedenen Akteuren aus diesem Ausbildungsbereich, so sagen alle, mit denen ich gesprochen habe - DEHOGA, IHK, Berufsschulen und DGB -, dass sie wissen, dass es diese Probleme gibt. Ihnen seien aber die Händen gebunden. Sie könnten das Thema nicht angehen, weil dann nämlich die Auszubildenden schriftlich niederlegen müssten, dass es schlecht laufe. Das tun die Auszubildenden aber nicht , weil sie Angst haben. Das ist nachvollziehbar.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Sie haben Angst vor den Konsequenzen. Das heißt, dass die Mechanismen, von denen Herr Jasper und Herr de Jager sagten, sie würden funktionieren, leider nicht funktionieren. Deshalb müssen wir das Thema angehen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Bei Kontrollen und Eingriffsmöglichkeiten hakt es also deutlich. Die Kammern und Verbände könnten die Ausbildungsbetriebe mehr kontrollieren. In gravierenden Fällen könnte die IHK auch die Ausbildereignung entziehen.

Aber das scheint im Moment eher eine theoretische Möglichkeit zu sein. Denn es gibt Betriebe, in denen der Ausbilder, der die Ausbildereignung hatte, gar nicht mehr im Ausbildungsbetrieb arbeitet, der Betrieb aber weiter ausbilden darf. Das läuft in den meisten Fällen bestimmt auch völlig gut und unpro

(Christopher Vogt)

blematisch, aber dennoch fehlt die Kontrolle der Kammern, wenn es nicht so ist.

Solange die Kontrollen nicht funktionieren und es auch keine Evaluation der Ausbildung in den Betrieben gibt, können auch Clearing- oder Beschwerdestellen, die es bei Kammern und Verbänden gibt, nur in Einzelfällen unterstützen. Die Ursachen des Problems werden damit aber nicht behoben.

Im Moment kennen also alle die schwarzen Schafe, zeitweise seit Jahren, aber keiner kann etwas dagegen tun oder tut etwas dagegen. Unserer Ansicht nach ist es auf keinen Fall der richtige Weg, darauf zu warten, dass sich die Situation von alleine verbessert, weil im Kampf um die immer weniger werdenden Jugendlichen nur noch gute Ausbildungsbetriebe Auszubildende bekommen, so wie einige Akteure in dem Bereich es vermuten. Nein, die Regelungs- und Kontrollmechanismen der Kammern und Verbände funktionieren nicht, also ist Politik gefordert, und das wird auch in dem Antrag deutlich. Politik muss reagieren. Für uns ist es wichtig, dass alle Beteiligten an einen Tisch geholt werden. Landesregierung und Landesausschuss für Berufsbildung müssen dabei gemeinsam agieren und eine Lösung erarbeiten. Das passiert bis jetzt nicht.

Bei diesen Bemühungen muss eine gute Ausbildungsqualität im Sinne der Auszubildenden im Zentrum stehen. Das dient schließlich auch den Ausbildungsbetrieben. Die Landesregierung muss also aktiv werden. Wenn der Antrag durchkommen sollte, sind wir gespannt auf den Bericht der Landesregierung in der 16. Tagung.

Noch eine kurze Bemerkung zu dem Bündnis für Ausbildung. Natürlich sehen auch wir es so, dass das ein wichtiges und gutes Instrument ist, das viele Ausbildungsplätze akquiriert hat. Aber ein Problem dabei scheint zu sein, dass manchmal Masse vor Klasse geht und dass einfach, um möglichst viele Ausbildungsbetriebe zu schaffen, die Kontrolle fehlt, ob die Ausbildung auch gut ist. Das muss auf jeden Fall vom Bündnis für Ausbildung mit geleistet werden.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und der LINKEN)