Protokoll der Sitzung vom 27.01.2011

Die Forderung einer gesetzlichen Grundversorgung ist keineswegs eine realitätsferne. Ich bin dankbar,

dass die SPD auch schon entsprechend parlamentarisch tätig geworden ist; denn derartige Regelungen gibt es bereits in anderen Bundesländern - das wurde von der Sozialdemokratie schon gesagt; danke schön -, wie zum Beispiel in Brandenburg, in Mecklenburg-Vorpommern oder in NordrheinWestfalen.

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Wie wir dem Bericht entnehmen konnten, gibt es einen Rückgang bei den Volkshochschulen. Davon sind vor allen Dingen die ländlichen Gebiete betroffen. Hier sind die Bildungsangebote besonders gefährdet. Auch diese Zahlen widersprechen den zumindest bekundeten Absichten der Landesregierung, die vierte Säule der Bildung zu stärken. Die Träger, so müssen wir erfahren, sollen nun fehlende Landesmittel durch Mittel Dritter ausgleichen. Das ist eine bei Ihnen viel geübte Praxis. Das gilt zum Beispiel auch im Bereich des Freiwilligen Ökologischen Jahres. Es gibt, wie ich finde, eine Besorgnis erregende Tendenz hin zur Finanzierung durch Unternehmen und Stiftungen. Sie stehlen sich einfach aus Ihrer Verantwortung.

Meine Damen und Herren, Bildung muss sich nicht rechnen. Weiterbildung, auch Erwachsenenbildung, darf etwas kosten, und das Land muss es finanzieren, ohne Wenn und Aber.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich möchte noch kurz auf die Zielgruppen und Teilnehmerinnen und Teilnehmer eingehen. An ihnen wird deutlich, dass die Bildungsselektion einzelner Bevölkerungsgruppen auch in der vierten Säule der Bildung fortgesetzt wird. Sie räumen in Ihrer Antwort ja ein, dass bestimmte Gruppen unterrepräsentiert seien. - Frau Spoorendonk hat für den SSW ebenfalls hierauf hingewiesen. - Jedoch sehen Sie das Problem nicht in dem ausgrenzenden System selbst.

Wir müssen Bildungsschranken, Zugangsschranken zur Bildung überall abbauen, und beginnen müssen wir damit in der frühkindlichen Bildung. Deshalb war es auch fatal, die Kostenbefreiung für das dritte Kita-Jahr wieder zu kassieren. Das ist kurzsichtig und bringt uns keinen Schritt weiter.

Wir fordern deshalb, der gesamten Bevölkerung in allen Altersgruppen den Zugang zu Bildung und Kultur zu gewährleisten.

(Beifall bei der LINKEN)

Nun ganz kurz noch zur Weiterbildung! Ich finde es durchaus fragwürdig, Herr Minister, wenn Sie in

(Ulrich Schippels)

Ihrer Antwort fortlaufend Angebote der Weiterbildung preisen, die Rahmen des Schwarz-Gelben Haushalts soeben gekürzt wurden. Ich möchte exemplarisch auf die Beratungsstelle „Frau & Beruf“ hinweisen, die wirklich löbliche Arbeit macht. Sie loben die Einrichtung auch, kürzen aber die Mittel im Landeshaushalt. Diesen Unterschied zwischen Worten und Taten sollten Sie uns einmal begründen.

(Beifall des Abgeordneten Björn Thoroe [DIE LINKE])

Meine Damen und Herren, Bildung ist das wichtigste Gut, das unser Land hat. Aus diesem Grund muss auch für die vierte Säule der Bildung eine nachhaltige Förderstrategie entwickelt werden. Willkürliche Kürzungen oder Privatisierungsbemühungen sind jedoch keine angemessene Strategie.

Zum Schluss noch ein Wort zu Ihren Vorstellungen bezüglich der Freistellung und zur Fortentwicklung des Bildungs-, Freistellungs- und Qualifizierungsgesetzes. So, wie ich Sie in den letzten 15 Monaten kennen gelernt habe, will ich hoffen, dass es noch sehr lange dauert, bis Sie entsprechende Änderungen vornehmen, denn ich erwarte nichts Gutes.

(Beifall bei der LINKEN)

Für einen Dreiminutenbeitrag erteile ich nun der Frau Abgeordneten Anke Spoorendonk das Wort.

(Unruhe)

- Ich bitte insgesamt um etwas mehr Ruhe; der Geräuschpegel ist doch sehr hoch.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich zunächst für die Debatte und dafür bedanken, dass wir uns darüber einig sind, dass wir an diesem Thema in den zuständigen Ausschüssen weiterarbeiten wollen.

Ich wollte aber auch noch einmal meine dänische Karte spielen und darauf hinweisen, dass das einzige EU-Programm zur Erwachsenenbildung GRUNDTVIG heißt. Das ist kein Zufall. Der dänische Philosoph Nicolai Frederik Severin Grundtvig, der vor über 150 Jahren lebte, hat maßgeblich dazu beigetragen, dass es heute, nördlich der Grenze wie auch südlich der Grenze, Volkshochschulen und Heimvolkshochschulen gibt. Das Wort „Heimvolkshochschule“ ist eine Übersetzung des dänischen Wortes „Folkehøjskoler“. Von Grundtvig

stammt der Ausspruch, das Licht der Aufklärung oder der Bildung sei nicht nur für die Gelehrten, sondern auch für den Bauern und für das einfache Volk. Der SSW fühlt sich dieser Vision der Volksbildung verpflichtet. Von Grundtvig stammt auch der Satz, Bildung sei nicht nur fürs Berufsleben, sondern fürs Leben.

(Beifall des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Ich hätte mehr Applaus erwartet!)

- Darum, lieber Kollege Kubicki, ist es wichtig, dass wir nicht nur daran denken, was wir gegen den Fachkräftemangel tun können, sondern dass wir auch immer mit im Blick haben, dass Menschen gern neue Erkenntnisse gewinnen möchten, sich bilden lassen wollen. Die Bildungseinrichtung der dänischen Minderheit, die Heimvolkshochschule Jaruplund Højskole, erfüllt in diesem Sinne eine Brückenfunktion. Das wissen die Träger der Weiterbildung in Schleswig-Holstein. Sie nutzen diese Brückenfunktion. Da wir vorhin gerade über die Dänemark-Strategie der Landesregierung sprachen - sie wurde wenigstens besprochen -: Es ist auch richtig, daran festzuhalten, dass Dänischkenntnisse, Dänischkurse in erster Linie auch über die Volkshochschulen und nicht zuletzt auch über die Bildungseinrichtungen der Minderheit laufen. Darum, lieber Herr Minister, mein Appell - dafür werden wir uns starkmachen -, dass bei einer Novellierung dieses Bildungsbereichs, dieses Bereichs der Erwachsenenbildung, die Einrichtungen der dänischen Minderheit gleichberechtigt mit berücksichtigt werden. Das Bildungsstättenkonzept der Landesregierung sieht das bisher nicht vor. Jetzt haben Sie die Chance, das zu ändern. Das wäre gut, und ich denke, das werden Sie auch schaffen.

(Beifall bei SSW, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und der LINKEN)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Es ist Ausschussüberweisung beantragt worden. Es ist beantragt worden, die Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage, Drucksache 17/951, federführend dem Bildungsausschuss und mitberatend dem Wirtschaftsausschuss zur abschließenden Beratung zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenpro

(Ulrich Schippels)

be! - Stimmenthaltungen? - Es ist einstimmig so beschlossen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte Sie auf einige Änderungen in der Tagesordnung hinweisen.

Dies betrifft zunächst den Tagesordnungspunkt 38 Für eine humanitäre Menschenrechts- und Flüchtlingspolitik. Es ist beschlossen worden, diesen Tagesordnungspunkt ohne Aussprache an den Innenund Rechtsausschuss zu überweisen, zuvor aber eine Abstimmung über den Berichtsantrag vorzunehmen.

Zu Tagesordnungspunkt 39 - Nachhaltige Entwicklung für eine Offshore-Windkraft -: Dieser Antrag soll in die Februar-Tagung verschoben werden.

Der Tagesordnungspunkt 47 - Verantwortungsvolle öffentliche Beschaffung - soll ebenfalls ohne Aussprache an den Innen- und Rechtsausschuss überwiesen werden.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 8 auf:

Erste Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Förderung des Mittelstands (Mittelstandsförde- rungs- und Vergabegesetz - MFG)

Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 17/1159

Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/1227

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Grundsatzberatung und erteile dem Minister für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr, Jost de Jager, das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Mittelstandsförderungsgesetz ist inzwischen vor rund 25 Jahren geschaffen worden, um den Mittelstand stärker in das Bewusstsein der politischen Aufmerksamkeit zu bringen. Es war und ist eine Leitlinie für die Politik und die Verwaltung, dem Mittelstand im Land die Hürden aus dem Weg zu räumen und die kleinen und mittleren Unternehmen zu unterstützen und zu fördern. Insofern ist Mittelstandspolitik für Schleswig-Holstein natürlich nichts Neues.

Wirtschaftspolitik in Schleswig-Holstein kann immer nur Mittelstandspolitik sein. Das ist auch der

Grund dafür, warum die Landesregierung eine Mittelstandsoffensive in Form eines Masterplans mit sehr vielen Handlungsfeldern auf den Weg gebracht hat. Eines davon war die Novellierung des Mittelstandsförderungsgesetzes, um zum einen den veränderten Rahmenbedingungen nachzukommen und zum anderen gleichzeitig neue Akzente zu setzen.

Die 16 Paragrafen des Gesetzes spiegeln das wider, was in der Kompetenz der Landesgesetzgebung liegt und deshalb auch von ihr verändert oder auch nicht verändert werden kann. Das muss man wissen, weil die wesentlichen Rahmenbedingungen des Mittelstands eben nicht Landesrecht unterliegen, sondern der Bundesregelung oder gar der Regelung durch die EU.

Deshalb - um ganz grundsätzlich anzufangen - hätten wir schon bereits den Mittelstandsbegriff weiter gefasst als wir das können. Ein Unternehmen mit weit mehr als 250 Beschäftigten ist für mich durchaus immer noch Mittelstand, wenn es vom Inhaber mit persönlichem Risiko und persönlichem Engagement geführt wird.

(Vereinzelter Beifall bei CDU und FDP)

Bei der finanziellen Förderung sind wir allerdings an das EU-Förderrecht gebunden. Danach ist der Begriff Mittelstand auf 250 Beschäftigte und einen Umsatz von 50 Millionen € begrenzt. In allen anderen Bereichen können wir eine andere Definition anlegen. Wenn es um einfache Verwaltung geht, um Planungsverfahren oder Infrastrukturvorhaben, können wir einen anderen Mittelstandsbegriff anlegen, und das werden wir tun.

Ein Kernbereich des Gesetzes ist das Ordnungsund Wettbewerbsrecht. Dazu gehört der Kampf gegen Schwarzarbeit. Sie schadet insbesondere der mittelständischen Wirtschaft, gerade den kleinen Unternehmen wird dadurch ein großer Schaden zugefügt. Deshalb müssen die bestehenden Möglichkeiten noch besser genutzt werden, etwa was die Zusammenarbeit von Zoll- und Ordnungsbehörden auf Kreisebene angeht. Dieses Ziel haben wir uns gesetzt und das dafür Nötige in den § 13 MFG hineingeschrieben.

(Beifall bei CDU und FDP)

Das Gesetz ist gleichzeitig das Vergabegesetz des Landes Schleswig-Holstein. In den §§ 14 und 15 MFG werden die Anforderungen an die Vergabe öffentlicher Aufträge durch Land und Kommunen beschrieben. Das ist nicht neu. Neu ist aber die Aufnahme der Tariftreueverpflichtung in dieses Gesetz, nachdem sich das alte Gesetz als europa