Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! „Der Netzausbau in Schleswig-Holstein hält mit der Ausbaugeschwindigkeit der erneuerbaren Energien nicht Schritt.“ Das ist für uns alle keine neue Erkenntnis.
Durch den bisher verzögerten Netzausbau in Schleswig-Holstein werden allein heute schon circa 15 % der Jahresleistung der installierten Windkraftanlagen abgeschaltet, da der Strom nicht ins Netz eingespeist werden kann. Die großen Energiekonzerne haben kein Interesse daran, Stromnetze auf erneuerbare Energien auszurichten. Die großen Stromkonzerne wollen noch möglichst lange ihre hochprofitablen Atom- und Kohlekraftwerke am Netz behalten.
Da immer der Eigentümer einer Sache am besten bestimmen kann, was mit ihr geschieht, ist für DIE LINKE eine Hauptforderung klar: Die Stromnetze müssen von der öffentlichen Hand übernommen werden.
Nur mit der öffentlichen Hand als Besitzerin der Stromnetze können diese schnell ausgebaut werden. Nur mit der öffentlichen Hand als Besitzerin der Stromnetze können diese zügig den Bedürfnissen der erneuerbaren Energien angepasst werden.
Nein, jetzt nicht. - Ich wiederhole: Nur mit der öffentlichen Hand als Besitzerin der Stromnetze können diese zügig den Bedürfnissen der erneuerbaren Energien angepasst werden. Herr Minister de Jager,
Die Versorgung mit Energie ist eine zentrale Herausforderung des 21. Jahrhunderts. Dabei geht es nicht nur um eine verlässliche Bereitstellung von Strom, Wärme und Kraftstoffen. Es geht auch darum, wie sich das Energiesystem auf das Klima und die Umwelt auswirkt. Es geht außerdem darum, dass Energiepreise bestimmte Bevölkerungsgruppen, nämlich die mit niedrigem Einkommen, nicht zusätzlich belasten. Es geht also um eine sichere, bezahlbare und umweltfreundliche Energieversorgung als Grundlage für die Funktionsfähigkeit der Wirtschaft, für die Lebensqualität der Menschen und für den Schutz der Natur.
DIE LINKE ist der Meinung, dass bei der Entwicklung eines modernen und zukunftsgewandten Stromnetzes der Nutzung von Erdkabeln eine hohe Bedeutung zukommt. CDU und FDP lehnen zusammen mit den großen Energiekonzernen Erdkabel ab.
Freileitungen werden aus betriebswirtschaftlichen Gründen bevorzugt, da die Investitionen im Vergleich zu Investitionen in Erdkabel deutlich geringer sind. Die höheren Kosten der Freileitung während des Betriebs sind für die Netzanbieter und auch für CDU und FDP unwichtig, weil sie ohnehin auf die Verbraucherinnen und Verbraucher umgelegt werden, und für diese - das veranschaulichen Sie täglich - machen Sie leider keine Politik.
DIE LINKE dagegen fordert Folgendes: Der notwendige Ausbau der Netze soll künftig durch Erdkabel erfolgen. So würde auch die heute vom Minister wieder angemahnte Akzeptanz in der Bevölkerung deutlich steigen.
Die öffentliche Hand muss Eigentümerin der Stromnetze werden. Bestehende Stromtrassen müssen zügig optimiert und auf den neusten Stand der Technik gebracht werden. So können Durchleitungsleistungen erhöht und Transportverluste gesenkt werden.
Zur Entlastung der Übertragungsnetze sind dezentrale Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen bei den Netzgebühren besser zu stellen. Damit kann die gleichzeitige Strom- und Wärmeerzeugung vor Ort
Für Kohle- und Atomkraftwerke ist der Netzanschluss insoweit zu versagen, wie andernfalls Netznutzungskonkurrenzen gegenüber Anlagen zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien entstehen können, die deren zeitweilige Netztrennung zur Folge hätten.
Wir brauchen massive Investitionen in Regelungstechnologie für eine Kombination aus lokalen und regionalen Energieversorgungen.
Die Einspeisung und die Preisgestaltung müssen transparent erfolgen und demokratisch kontrolliert werden.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Bericht verdeutlicht eindrucksvoll die Lage in Bezug auf die Stromnetze. Im Bericht können wir lesen, dass die erneuerbaren Energien bis 2015 doppelt so viel Leistung erbringen werden, als wir in Schleswig-Holstein aus Kraftwerken beziehen. Die installierte Leistung von Kernkraftwerken beträgt rund 3.500 MW, von der allerdings bekannterweise nicht immer jedes Megawatt genutzt wird. Kohlekraftwerke machen 900 MW aus. Hält man dem die erwarteten Werte für erneuerbare Energien in Höhe von 8.600 bis 10.300 MW entgegen, kann man, glaube ich, schon ermessen, wie wichtig es für unser Land ist, dass der Strom aus erneuerbaren Energien auch ins Netz eingespeist werden kann.
Bisher ist dies aber noch nicht geschehen, und deshalb erleben wir, dass Netzengpässe dazu führen, dass der Strom unserer Erzeuger nicht vollständig ins Netz eingespeichert werden kann. Das heißt um es deutlich zu sagen -, dass den Investoren hier Geld verloren geht, weil der Staat nicht für die nötige Infrastruktur sorgt, und dass wir als Staat Geld verlieren, weil Steuern nur für den Strom gezahlt werden, der auch ins Netz eingespeist wird.
Vor diesem Hintergrund war es natürlich Unsinn, dass die Berechnungsgrundlagen, nach denen eine Wirtschaftlichkeit von neuen Stromleitungen ermittelt werden, so gefasst wurden, dass sich nur eine Art von Stromleitung herauskristallisieren konnte. Im Bericht spricht man nämlich von einem angeblichen Gegensatz, zwar für erneuerbare Energien zu sein, sich aber gegen Stromleitungen zu wenden. Das ist natürlich völliger Unsinn. Die Menschen sind nicht gegen Stromleitungen, sie sind nur gegen Freileitungen an den Standorten, an denen sie nicht hingehören. Und dies aus guten Gründen. Erdkabel zerstören nicht das Landschaftsbild, und die mögliche Strahlungsbelastung ist geringer. Weiter - das sollte eigentlich entscheidend sein - sind Erdkabel auch langfristig kostengünstiger.
Es gibt also keinen Gegensatz zwischen der Befürwortung von erneuerbaren Energien und Netzausbau. Vielmehr wollen die Menschen, dass die günstigste und unschädlichste Methode angewandt wird. Deshalb war es ein riesiger politischer Fehler, dass man der Stromnetzlobby in die Hände gespielt hat und die vorgeschriebenen Wirtschaftlichkeitsberechnungen für neue Investitionen in Stromleitungen so gestaltet hat, dass am Ende nur Freileitungen herauskommen konnten.
Hier fühlen sich die Menschen vor Ort noch immer von den betreffenden Politikern veräppelt. Nach unserer Auffassung müsste vielmehr über einen längeren Zeitraum unter Einschluss von Instandhaltungskosten, Ersatzinvestitionen und zu erwartenden Nutzungsentgelten eine Wirtschaftlichkeitsberechnung aufgestellt werden.
Warum sage ich das alles? - Weil wir zwar die formellen Verfahren für die 110-kV-Leitung zwischen Breklum und Flensburg abgeschlossen haben, aber das in der Hauptsache noch anhängige Klageverfahren vom Gericht noch nicht entschieden worden ist. Sollten hier die betroffenen Kläger recht bekommen, was ich für durchaus realistisch erachte,
dann wäre das Projekt erst einmal gestoppt. Zufrieden wären dann die Kläger, die recht bekämen, und die E.ON, die dann nicht ausbauen kann und so natürlich auch nicht den ungeliebten Ökostrom einspeisen müsste. Verlierer wären die Menschen, die investieren und Arbeitsplätze schaffen wollen, und die Bürgerinnen und Bürger, für die weniger Steuern eingenommen würden und die weniger Möglichkeiten hätten, Strom aus erneuerbaren Energiequellen zu bekommen.
Bei all den Planungen, die im Bericht aufgeführt worden sind - die teilen wir -, ist das immer noch das größte Problem. Dieses Problem ist hausgemacht. Das bisherige Gesetz hierzu ist einfach schlecht gemacht und gegen die Interessen der Investoren und Bürgerinnen und Bürger gerichtet. Wir haben hier kein Erkenntnisdefizit, sondern ein Defizit in der Umsetzung.
Vor diesem Hintergrund, erscheinen die anderen Probleme erst einmal kleiner. Aber auch hier wird es Zeit, schnell mit guten Lösungen aufzuwarten. Wir brauchen zwar Leitungen, die den zukünftigen Offshore-Windstrom an Land bringen können, aber wir benötigen auch Investitionen in die Häfen - vor allem an der Westküste -, damit sich die Offshore-Windkraft überhaupt weiterentwickeln kann. Ohne eine vernünftige Infrastruktur an Land nützt nämlich der beste Netzausbau nichts. Und hier ist gerade auch die Landesregierung gefragt.
Wir haben die Erkenntnis, was alles getan werden muss, und wir haben auch die Erkenntnis, dass bisher noch nicht viel geschehen ist. Begleiten und moderieren durch die Landesregierung reicht nicht. Wir brauchen vernünftige Rahmenbedingungen, die Erdkabel möglich machen und die den Netzausbau beschleunigen. Die Landesregierung muss den Netzbetreibern wesentlich stärker auf die Füße treten. Dieses Laufenlassen, wie bisher durch die Landesregierung, schadet unserer Wirtschaft und verhindert dringend notwendige Steuerreinnahmen und Investitionen. Deswegen muss sich hier etwas tun. Dann bewegt sich im Land Schleswig-Holstein wieder etwas. Bisher hat sich nichts getan. Das ist Schuld der Landesregierung. Ich hoffe, die Landesregierung wird sich in ihrem Handeln jetzt etwas bessern.
Zu einem Dreiminutenbeitrag erteile ich Herrn Abgeordneten Dr. Robert Habeck von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich fand die Debatte über weite Teile hinweg sehr konstruktiv, und auch der Bericht von Herrn de Jager war sehr gut. Die Probleme wurden offen geschildert: erneuerbare Energien und der Ausbau der Netze stellten ein Problem dar, Erdkabel seien eigentlich gewünscht, aber die großen Konzerne verschleppten es. All dies ist Konsens in diesem Haus.
Ich habe mich noch einmal gemeldet, weil ein Punkt widersprüchlich ist. In den Pressemitteilungen, vor allem von der Staatssekretärin, findet er eine stärkere Berücksichtigung und wurde schon mehrfach erwähnt. Es handelt sich hierbei um den Ausbau von zwei 380-kV-Leitungen entlang der Küsten, die man nach heutigem Stand der Technik nur schwer - wenn nicht gar nicht - verlegen kann. Ich erinnere an die Transparenz und Offenheit von Beteiligungsverfahren, von der der Minister zu Recht gesprochen hat, und die ich sehr begrüße. Vor diesem Hintergrund frage ich mich, warum in diesem Bericht nicht hinreichend auftaucht, was es mit diesen zwei großen Trassen, die wir bekommen oder nicht bekommen, auf sich hat. Für mich ist das etwas widersprüchlich.
Wie stellt sich die Landesregierung das Beteiligungsverfahren und die Diskussion - wenn wir sie bekommen - bezüglich der 380 kV entlang der Nord- und Ostseeküste vor? Die 110-kV-Leitungen könnten wir - wenn wir nur wollten und die Druckmittel entfalten - als Erdkabel bauen. Jedoch zwei riesige Trassen entlang der Küsten in natursensiblen und in tourismussensiblen Gebieten zu bauen, sehe ich als Problem. Da ist in Schleswig-Holstein der Kohl fett. Partei- und fraktionsübergreifend können wir da mit dem größten Widerstand rechnen. Das ist als Problem angekündigt und erkannt wahrscheinlich auch fraktionsübergreifend. Die Landesregierung, Frau Andreßen, hat dies mehrfach in PEs aufgeführt. Im Bericht taucht es aber nicht auf, und in der Debatte taucht es nur kurz am Ende des Beitrags des Herrn Kollegen Matthiessen auf. Im Bericht des Ministers tauchte es auch nicht auf. Da sehe ich noch Gesprächs- und Diskussionsbedarf. Ich würde mich sehr freuen, wenn es möglich wäre, das hier noch aufzuklären.