Ich rufe zunächst den Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE auf, Drucksache 17/1122. Der Ausschuss empfiehlt die Ablehnung des Änderungsantrages. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Fraktionen von CDU, SPD und FDP. - Gegenstimmen? - Das sind die Fraktionen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, DIE LINKE und SSW. - Enthaltungen? - Keine. Damit stelle ich fest, dass dieser Änderungsantrag abgelehnt worden ist.
Ich rufe die Abstimmung über den Gesetzentwurf Drucksache 17/1047 (neu) auf. Der Ausschuss empfiehlt, den Gesetzentwurf abzulehnen. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Fraktionen von CDU, SPD und FDP. - Gegenstimmen? - Das sind die Fraktionen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, DIE LINKE und SSW. - Gibt es Enthaltungen? - Das ist nicht der Fall. Damit ist der Gesetzentwurf abgelehnt.
Ich rufe jetzt die Abstimmung zum Gesetzentwurf der Fraktion von CDU, SPD und FDP auf, Drucksache 17/1081. Ich weise daraufhin, dass mit Artikel 1 des Gesetzentwurfs die Änderung der Verfassung des Landes Schleswig-Holstein vorgesehen ist. Diese ist nach Artikel 40 Abs. 2 der Landesverfassung nur mit der Mehrheit von zwei Dritteln der Mitglieder - das sind 64 Abgeordnete - möglich. Ich schlage Ihnen daher getrennte Abstimmungen vor, beginnend mit der Abstimmung über die Verfassungsänderung.
Ich lasse über Artikel 1 des Gesetzentwurfs der Fraktion von CDU, SPD und FDP in der vom Ausschuss empfohlenen Fassung einschließlich der von Vorsitzenden des Innen- und Rechtsausschusses eingangs vorgetragenen Änderungen abstimmen. Wer der Ausschussempfehlung mit diesen Änderungen folgen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Damit ist Artikel 1 in der geänderten Fassung mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit angenommen. Zugestimmt haben die Fraktionen von CDU, SPD und FDP. Gegenstimmen kamen von den Fraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, DIE LINKE und SSW. Enthalten hat sich Herr Abgeordneter Magnussen.
Dann lasse ich über Artikel 2 und 3 des Gesetzentwurfs in der vom Ausschuss empfohlenen Fassung - ebenfalls einschließlich der vom Ausschussvorsitzenden vorgetragenen Änderungen - abstimmen. Wer zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? Damit sind Artikel 2 und 3 des Gesetzentwurfs Drucksache 17/1081 mit den Stimmen der Fraktion von CDU, SPD und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, DIE LINKE und SSW bei Enthaltung des Herrn Abgeordneten Magnussen in der geänderten Fassung und damit der Gesetzentwurf insgesamt angenommen.
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort für die Fraktion DIE LINKE erteile ich Herrn Abgeordneten Ulrich Schippels.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Am 26. März wollen wieder die Faschistinnen und Faschisten, die Rechtsextremen, wie jedes Jahr in Lübeck marschieren. Vordergründiger Anlass ist ein Bombardement der Stadt im Zweiten Weltkrieg. In der Nacht vom 28. auf den 29. März 1942 bombardierte die britische Royal Air Force die Hansestadt Lübeck. Vor allen Dingen in der historischen Altstadt ging damals ein Bombenhagel nieder, 320 Bürgerinnen und Bürger, Zivilisten verloren in dieser Nacht ihr Leben.
Der Bombenangriff selbst war ein Vergeltungsschlag gegen vorherige Bombenangriffe der deutschen Wehrmacht. Genannt sei zum Beispiel der 14. November 1940, als die Stadt Coventry bom
bardiert wurde. 80 % der Gebäude der Stadt wurden zerstört, 568 Menschen sind gestorben. In der Nikolaikirche in Kiel, die im Zweiten Weltkrieg auch Opfer der Bomben der Alliierten geworden ist, hängt das Kreuz von Coventry als Zeichen der Versöhnung mit zwei Nägeln aus der alten zerstörten englischen Kirche. Das zeigt, dass die beiden Länder die notwendigen Lehren aus der Vergangenheit gezogen haben.
Das erste Flächenbombardement in der Geschichte gab es 1937 in der spanischen Stadt Guernica durch die Legion Condor der deutschen Wehrmacht im spanischen Bürgerkrieg. Der eine oder die andere weiß, es gibt das Bild von Pablo Picasso „Guernica“, das an diesen Terror erinnert. Der Terror kam aus Deutschland, die Deutschen waren die Ersten, die die Zivilbevölkerung mit solchen Massenvernichtungswaffen überzogen haben.
Es ist in unseren Augen eine nicht akzeptable Provokation, wenn die Ewiggestrigen die Schrecken des Krieges, die ihre Vorgänger entfacht haben, jetzt benutzen, zum Beispiel in Lübeck, um wieder für ihre menschenverachtenden Positionen zu werben. Herr Kalinka, dem müssen wir uns gemeinsam entgegenstellen.
Der alljährliche Aufmarsch in Lübeck ist für die Rechtsextremen die wichtigste Veranstaltung in Schleswig-Holstein. Dort soll die vermeintliche Stärke der Rechtsextremen dokumentiert werden. Sie wollen die Straßen erobern. Für sie ist das ein Zeichen der Stärke. Die Aufmärsche haben die Funktion, die Strukturen und das Selbstbewusstsein der rechten Szene zu stärken. Sie dienen der Vernetzung der sonst eher lokal agierenden rechten Szene.
Das alles wissen wir, das alles kennen wir aus den Strategiepapieren dieser Organisationen. Der Innenminister hat vor einem Jahr, als wir darüber diskutiert haben, gesagt: Es geht darum, den Rechten Niederlagen zuzufügen. Ich finde, das ist richtig. Es gibt in Lübeck das Bündnis „Wir können sie stoppen“, das sich bemüht, da tatkräftig zu helfen,
ein sehr plurales Bündnis, bis hin zu Kirchenvertreterinnen und Kirchenvertretern. Das Bündnis ist überzeugt davon, dass wir Demokratinnen und De
mokraten uns grundsätzlich der menschenverachtenden Nazi-Ideologie entgegenstellen müssen. Wir wollen den Rechten, den Nazis in Lübeck nicht die Straße überlassen. Deswegen treten sie mit Demonstrationen, Gottesdiensten, Kundgebungen und auch Blockaden ein, um sich dagegenzustellen.
Im letzten Jahr - ich habe es schon angesprochen haben wir über dieses Thema diskutiert, Herr Kalinka. Ich möchte mit Erlaubnis des Präsidenten zitieren, was Sie damals gesagt haben: Es sei wichtig, „dass der Landtag seine ablehnende Haltung gegen Rechtsextremismus entschlossen und entschieden und in möglichst großer Breite zum Ausdruck bringt“.
Wir haben versucht, diesem Zitat Taten folgen zu lassen, indem wir sehr frühzeitig einen Antrag formuliert haben, der sich stark an dem orientiert, was damals verabschiedet worden ist. Wir haben damals alle anderen Fraktionen aufgefordert, mit uns in die Debatte einzutreten. Die anderen Oppositionsfraktionen haben das gemacht und ihre Änderungswünsche dargestellt, und wir haben die auch eingearbeitet. Deswegen kam es zu diesem Antrag. Leider kam von den Regierungsfraktionen nur Funkstille. Jetzt kommt heute Ihr Änderungsantrag. Wir finden, das ist der Situation nicht angemessen. Wir finden es besser, wenn wir heute ein gemeinsames Zeichen gegen Rechts zeigen, wie es damals von Ihnen eingefordert worden ist, Herr Kalinka.
Deswegen bitte ich Sie, noch einmal zu überdenken, ob wir nicht doch dem Antrag der Oppositionsfraktionen, wie er vorliegt, geschlossen zustimmen könnten.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Regelmäßig im März finden in Lübeck Kundgebungen von Rechtsextremen statt, durchgeführt von Menschen, die unsere Achtung für die Werteordnung und Grundrechte unseres Staates nicht teilen und die das Anliegen haben, ein falsches Bild unserer schwierigen deutschen Geschichte zu zeichnen. Wir sind uns hier im Haus alle einig, dass es zu unseren Pflichten als Demokraten gehört, dem entschlossen entgegenzutreten.
Keiner von uns Abgeordneten will es sehen, wenn auf rechtsextremen Kundgebungen schlimme Falschdarstellungen der deutschen Geschichte vermittelt werden. Keiner von uns will es sehen, wenn den Menschen verführerische Parolen angeboten werden, hinter denen eine Ideologie steht, die den Menschen und seine Würde schon im Kern nicht achtet. Darin sind wir uns absolut einig.
In der Presse war kürzlich die sogenannte Lübecker Erklärung als Anzeige zu lesen. Darin ist von gewaltfreien Blockaden die Rede. Diese Erklärung haben auch Abgeordnete des Landtags unterzeichnet. Gestern war in den „Lübecker Nachrichten“ zu lesen, dass auch einige Vertreter der Nordelbischen Kirche zu Blockaden aufrufen.
Synodenpräsident Sprenge rechnet sogar damit, dass man sich bei Nichtbefolgung des Versammlungsrechts eine Ordnungswidrigkeit einhandelt. Er wird mit den Worten zitiert: Das nehme ich billigend in Kauf.
Bei solchen Äußerungen öffentlicher Würdenträger und Vorbilder müssen wir allerdings innehalten. Wir haben als Abgeordnete geschworen, die Verfassung und Gesetze zu wahren. Dies gilt zu jeder Zeit und überall.
Ich unterstelle niemandem, dass er Sonnabend in Lübeck das Recht brechen will. Aber es gab bereits Abgeordnete dieses Parlaments, die andere Erklärungen unterstützt haben. Die Aktion „Castor schottern“ war ein Aufruf zu strafbarem Handeln, mindestens zur Sachbeschädigung. Sie wurde auch von Abgeordneten des Landtags unterstützt, namentlich aus der Fraktion, die den heute vorliegenden Antrag initiiert hat, ich meine die direkt neben mir sitzende.
Der seit gestern Abend vorliegende Antrag der gesamten Oppositionsfraktionen enthält zwar eine akzeptable Formulierung, er ist stark an dem orientiert, was im letzten Jahr maßgeblich mit aus der Feder von CDU und FDP stammte. Ich bin überzeugt, dass die allermeisten, die diesem Antrag zustimmen wollen, es aufrichtig meinen. Man muss aber auch respektieren, wenn die Ernsthaftigkeit dieses Bekenntnisses bei Einzelnen zu Fragen Anlass gibt.
Die Fraktion DIE LINKE sah sich 2010 nicht in der Lage, der Polizei Respekt und Anerkennung auszusprechen, wenn zur Verteidigung des demokratischen Rechtsstaats die schwere Aufgabe übernommen werden muss, die Versammlungsfreiheit auch im Angesicht der Gegner der freiheitlich-demokratischen Grundordnung zu schützen. Auch bis gestern war sie nach meinen Informationen nicht willens, diesen Satz in eine Resolution aufzunehmen. Haben Sie bitte Verständnis, dass bei uns Zweifel bleiben!
Es sind die Umstände, die uns veranlassen, einen eigenen Änderungsantrag einzubringen. Als man uns zuletzt wegen einer gemeinsamen Resolution ansprach, sagte man uns im Übrigen nichts davon, dass man in gemeinsamen Anzeigen Bekundungen abgibt. Auch so etwas kann man offener miteinander kommunizieren.
Es soll klar sein, dass wir unseren eigenen Antrag nicht stellen, um die Geschlossenheit gegen den Rechtsextremismus zu entzweien. Aber man kann unserem Antrag entnehmen, dass wir uns sehr bewusst unmissverständlich zur Einhaltung der Rechtsordnung bekennen. Angesichts der sogenannten Lübecker Erklärung und dessen, was wir zu erwarten haben, ist diese Aussage des Parlaments unverzichtbar. Zivilcourage ist gut, aber sie darf nur auf rechtsstaatlicher Basis erfolgen und sich dieser Mittel bedienen.
Mancher „Prominente“, der mit Sitzblockaden am Samstag Aufmerksamkeit sucht, sollte vielleicht auch einmal darüber nachdenken, ob er es wirklich vertreten kann, den Polizeibeamten bei ihrem schweren Dienst auch noch die Last aufzubürden, sich um ihn zu kümmern.