Zu einem weiteren Dreiminutenbeitrag erteile ich nun dem Vorsitzenden der CDU-Fraktion, Herrn Abgeordneten Dr. Christian von Boetticher, das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Herr Stegner, das ist schon ziemlich peinlich! Sie haben offensichtlich gar nicht gewusst, dass es diesen Paragrafen gar nicht mehr gibt. Das hat man ja an Ihrer Reaktion gemerkt. Das ist das Bedeutsame an diesem Tag.
Hier gibt es ein Gesetz, das Sie als Innenminister auf den Weg gebracht haben. Nun lässt sich trefflich darüber streiten, was wer von uns an dieser Stelle zu verantworten hat. Natürlich hat die CDUFraktion in die Verhandlungen einiges eingebracht. Aber 38 Verfassungsverstöße in einem Gesetz ich kann mich nicht erinnern, dass wir so etwas schon einmal gehabt haben - sind auch handwerkliche Fehler. Das ist nicht alles nur Politik.
Das gehört aber zum Handwerk, das man von einem Ministerium und am Ende auch von einer Ministeriumsleitung verlangen kann.
Ich habe Sie auf die verdachtsunabhängige Kontrolle - daran erinnern Sie sich vielleicht - mit dem Hinweis auf das schon existente Urteil des Verfassungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern, das sich ganz dezidiert zu den Möglichkeiten der Eingriffstiefe bei der verdachtsunabhängigen Kontrolle geäußert hat, angesprochen. Ich habe darauf hingewiesen, dass es in Hessen ein modernes Gesetz gibt, das dieses schon berücksichtigt und fein abgestuft hat.
Ich habe Ihnen gesagt, dass ich diese Abstufung, wie sie Hessen vorgenommen hat, in dem schleswig-holsteinischen Gesetz nicht sehe. Wissen Sie, was das Verhängnisvollste war? Sie wussten im Detail noch nicht einmal, was ich meine. Das ist Ihr Problem. Sie haben sich nie in der Tiefe einer Sacharbeit mit Ihrem eigenen Gesetz auseinandergesetzt. Das hat der heutige Tag gezeigt. Das ist das, was wir Ihnen dauerhaft vorwerfen.
Es liegt eine weitere Wortmeldung des Herrn Abgeordneten Thorsten Fürter von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vor.
Es hat ein Umdenken in der Sicherheitsgesetzgebung in Deutschland stattgefunden. Das ist deutlich zu merken. Auch auf Bundesebene tritt der neue Bundesinnenminister anders auf, als Herr Schäuble das getan hat. Wir haben in der Bürgerrechtspolitik und am Sicherheitsgesetz viel an der SPD zu kritisieren gehabt. Sie hat zu viel mitgemacht. Aber es wäre der Eindruck falsch, dass die Anstöße überwiegend und fast immer von der SPD kamen.
- Sie kamen auch nicht von der FDP, Herr Kubicki. Die Anstöße kamen natürlich überwiegend von der CDU.
Ich möchte noch eine Sache zum Verständnis von Verfassungsgerichtsbarkeit und Tätigkeit von Parlamenten sagen. Ich hatte das Verhältnis eben schon angesprochen: Man macht im Parlament Gesetze, die dann später vom Verfassungsgericht für nichtig erklärt werden. In der Sicherheitsgesetzgebung ist das wiederholt der Fall. Es wird auch - das sage ich Ihnen voraus - bei der Vorratsdatenspeicherung der Fall sein, dass das Verfassungsgericht dieses Gesetz kassieren wird.
Wenn ich heute die „Lübecker Nachrichten“ lese, will das Parlament sich auch in einer anderen Frage neu entmachten, nämlich dem Wahlgesetz. Da steht zu lesen, die FDP dränge darauf, dass es da zu Än
Das ist ein falsches Verständnis von Parlament und Verfassungsgericht. Wir machen die Gesetze, und wir können sie machen. Das Verfassungsgericht korrigiert die Gesetze nur. Unsere Aufgabe ist die des ersten Zugriffs. Ich bitte, das zu beachten.
(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der LINKEN, dem SSW und der Abgeordne- ten Serpil Midyatli [SPD] - Zuruf des Abge- ordneten Wolfgang Kubicki [FDP])
Frau Präsidentin! Der Fraktionsvorsitzende Christian von Boetticher hat zutreffend gesagt, worum es hier eigentlich nur geht. Wenn aber eine Debatte pauschal geführt werden soll, will ich zu zwei Bemerkungen nicht schweigen: Erstens ist dies ein Gesetzentwurf gewesen, der immerhin aus dem Hause des Innenministers gekommen ist. Natürlich wird darüber beraten, aber er ist vom Innenminister und insgesamt von der Regierung zu verantworten, eingebracht und gefertigt worden. Daran ist nichts zu diskutieren.
Wenn wir zum Zweiten über Vergangenheit diskutieren wollen, was ich mir bei diesem Punkt eigentlich nicht gewünscht hätte, weil der Antrag einfach zu peinlich ist, dann ist es eine Tatsache, dass es auch in der CDU differenzierte Meinungen gegeben hat und dass wir jedenfalls - Herr Kollege Kubicki, ich glaube, Sie werden mir zustimmen - damals den Versuch gemacht haben, in hilfreicher Weise die Diskussion intern zu führen. Ich war damals Vorsitzender des Innen- und Rechtsausschusses. Manches ist weitergegeben und weitergebracht worden, weil differenzierte Positionen eingebracht wurden. Ich verbitte mir ein Schwarz-Weiß-Denken in dieser Frage.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung. Es ist beantragt worden, den Gesetzentwurf Drucksache 17/94 dem Innen- und Rechtsausschuss zu überweisen. Wer dem zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen! - Ge
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Grundsatzberatung und erteile dem Abgeordneten der CDU-Fraktion, Herrn Dr. von Abercron, das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Stellen Sie sich einmal vor, im Februar 2010 soll in Ihrer Gemeinde ein neuer B-Plan verabschiedet werden. Die untere Naturschutzbehörde hat Auflagen erteilt, weil es teilweise um wertvolle ökologische Flächen geht. Der Vorhabenträger hat ein Ökokonto in Aussicht gestellt bekommen mit einem anderen Grundeigentümer. Der unteren Naturschutzbehörde liegen dazu alle erforderlichen Unterlagen bis Ende Februar vor.
Jetzt kriegen wir ein Problem. Denn am 1. März 2010 tritt das neue Bundesnaturschutzgesetz in Kraft. Wir gehen einmal davon aus - in meinem Fall - der Landesgesetzgeber hätte nicht gehandelt. Es ist nämlich so, dass das neue Bundesnaturschutzgesetz in wichtigen Kernbereichen das alte Landesnaturschutzgesetz verdrängt. Es trifft Regelungen, aber es gibt natürlich auch die Möglichkeit, dass nichts geregelt wird, und da hat der Landesgesetzgeber die Möglichkeit nachzuregeln, oder es gilt das alte Gesetz fort. Diese Probleme haben wir dann.
Kommen wir nun zurück auf unseren Fall in der Kommune. Wir haben nicht den Fall, dass der Gesetzgeber gehandelt hat. Nun hat die untere Naturschutzbehörde ein Problem. Erstens weiß sie nicht genau: Kann ich jetzt eigentlich noch das Ökokonto anwenden, denn der Bundesgesetzgeber sieht das nicht ausdrücklich vor? Zweitens könnte die Frage auftreten, dass der Vorhabenträger, weil ihm das alles zu lange dauert, sagt: Wenn ich kein Ökokonto machen kann, kann ich eine Geldleistung geben.
Nun ist die UNB völlig ratlos und überlegt hin und her. Nun vergehen möglicherweise drei Monate. Der Antragsteller hat den Antrag aber schon im Fe
bruar gestellt, und nun tritt das in Kraft, was wir im alten Recht kennen, nämlich dass nach drei Monaten eine Gesetzesfiktion in Kraft tritt. Das heißt, der Antragsteller könnte dann den Antrag durchsetzen. Eine solche Situation wollen wir nicht haben und wollen wir niemandem zumuten, weder dem Antragsteller noch der unteren Naturschutzbehörde.
Ich hoffe, ich habe Ihnen deutlich gemacht, welche Schwierigkeiten auftreten können. Deswegen müssen wir möglichst schnell handeln, nämlich bis zum 1. März 2010 rechtlich Klarheit schaffen für die meisten Vorhaben in unserem Land. Natürlich jetzt komme ich auf die Debatte von vorhin - kann es einige Schwierigkeiten geben, die das Gericht lösen kann. Das wollen wir alle nicht. Das haben wir ja eben gehört. Die Anwälte könnten dabei natürlich einiges verdienen. Auch das wollen wir nicht. Möglicherweise werden sogar durch diese Art Schwierigkeiten Investitionen verschoben. Auch das ist nicht im Interesse unseres Landes.
Wir sind uns dabei voll bewusst, dass nicht jede juristische Feinheit in der konkurrierenden Gesetzgebung zwischen Bund und Land zweifelsfrei geregelt werden kann. Zum Beispiel ist der Bund der Meinung, wo er etwas geregelt hat, dass er Vollregelungen getroffen hat und Ergänzungen und Abweichungen nicht möglich sind. Alles, was wir machen, sind dann nicht zulässige Abweichungen.
Auch die Frage, wie umfänglich die im Grundgesetz genannte Regelung, nach der das jeweils neuere Recht Gültigkeit hat, gilt, ist unter den Experten der Föderalismusreform relativ umstritten.
Meine Damen und Herren, die Klärung dieser Detailfragen ist aber nicht unsere Aufgabe im Parlament, sondern wir müssen nach bestem Wissen und Gewissen handeln, und wir müssen für Rechtsklarheit für unsere Bürgerinnen und Bürger und im Interesse der Natur handeln.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, deshalb haben wir uns darangemacht, dieses Landesgesetz mithilfe des Umweltministeriums nach folgenden Grundsätzen neu zu regeln: Erstens schaffen wir Rechtssicherheit, weil wir rechtzeitig bis zum 1. März 2010 ein neues Landesgesetz haben wollen. Zweitens sollen die landesrechtlichen Standards der Novelle 2007 unbedingt erhalten bleiben. Ich nenne Beispiele: das Bekenntnis zu besonderem Wert und Verantwortung des privaten Eigentums, Vorrang für vertragliche Lösungen, Privilegierung von Deich-, Gewässer- und Straßenunterhaltung oder Erhalt der Genehmigungsfiktion.
Wir nutzen dabei die uns möglichen Abweichungsbefugnisse konsequent aus, ohne sie zu überschreiten. Für diese schnelle Vorgehensweise gibt es in Wirklichkeit keine Alternative. Auch wenn das Verfahren für uns alle - das weiß ich sehr wohl - eine große Arbeitsbelastung sein wird, so müssen wir dieses Recht vor dem 1. März 2010 in Kraft setzen und eine eigene Novellierung zustande bringen. Alles andere wäre eine Zumutung für die Betroffenen und bedeutete Rechtsunsicherheit, auch für die zu schützende Natur.