Herr Minister Schlie, Ihre Ausführungen haben mich fassungslos gemacht. Sie haben nicht verstanden, worum es hier geht, und ein Maß an Uneinsichtigkeit präsentiert, über das ich mich wirklich gewundert habe. Die Ausführungen bis zu Montesquieu waren provokant, um es höflich zu formulieren. Ich will ausdrücklich sagen und Ihnen, Herr Schlie, widersprechen: Sie haben gesagt, Sie hätten nicht vorgehabt, die Justiz zu beeinflussen. Das hat Ihr Kollege Schmalfuß anders gesehen. Wenn Sie es sich nicht von der Opposition anhören wollen, will ich es noch einmal aus dem Brief vorlesen, den Herr Schmalfuß geschrieben hat - mit Verlaub, Herr Präsident. Dort heißt es:
„Schließlich bitte ich bei Ihrem künftigen Umgang mit den schleswig-holsteinischen Gerichten die Wirkung zu beachten, die ein Ministerschreiben auf eine einzelne Richterin oder den einzelnen betroffenen Richter haben kann. Richter, die meist Alleinentscheider sind, genießen insoweit nicht den Rückhalt einer größeren Gruppe und können sich aufgrund der sachlich gebotenen Zurückhaltung sowie um sich nicht befangen zu machen, gegen Kritik nicht in gleicher Weise zur Wehr setzen.“
„Das gilt insbesondere, wenn, wie hier, das Schreiben auch noch einer Vielzahl Dritter das heißt letztlich öffentlich - bekanntgemacht wird. Dies ist schlicht nicht hinnehmbar.“
Wenn das nicht die Sorge ist, Justiz zu beeinflussen, dann weiß ich es auch nicht. Ich will aber auch an der Stelle eindeutig sagen: Für mich und meine Fraktion ist Pluralität der Meinung - auch einer Regierung - nichts Schlimmes. Ich finde es nicht tragisch - so wenig, wie mich das Koalitionsklima interessiert -, ob Sie mit einer, mit zwei oder meinetwegen mit acht Stimmen sprechen. Ich rufe nicht nach dem starken Ministerpräsidenten, der jetzt auf den Tisch hauen und sagen soll, was Regierungshandeln ist. Das ist mir völlig wurscht.
Ich will nur klarstellen, dass Ihr Brief - und Sie sind mit keinem Wort darauf eingegangen, warum Sie ihn denn den Polizisten in Kopie gegeben haben, das haben Sie nicht erklärt - von relevanten Teilen, von Leuten, die sich auskennen, eindeutig als Beeinflussung der Justiz gesehen wird. Das ist
der springende Punkt. Sie haben der Debatte davor nicht zugehört. Der Punkt ist nicht, wie es um den Koalitionsfrieden bestellt ist. Der Punkt ist nicht, ob es eine Vielzahl von Meinungen in der Regierungsriege gibt. Der Punkt ist, dass wir einen Innenminister haben, der die Grundsätze der Verfassung nicht verstanden hat und sich hinstellt und das rechtfertigt, was er davor hätte hören können, wo Einsicht und Demut geboten wären.
Es treibt mich wirklich um, dass der Innenminister, der Verfassungsschutzminister ist, sich hier hinstellt und eine Position verteidigt, die tragende Teile selbst seiner Regierungskoalition eindeutig als jenseits der Grenze der Verfassungsmäßigkeit gebrandmarkt haben. Herr Schlie, da haben Sie nicht zugehört. Hier hätten Sie mit einem anderen Gestus und einer anderen inhaltlichen Position auftreten müssen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Beim Redebeitrag des Ministers fühlte ich mich an ein dänisches Sprichwort erinnert, das frei übersetzt so lautet: Es ist einfacher, um Vergebung zu bitten als um Erlaubnis. - Das gibt der Minister eigentlich auch indirekt zu. Er will eine Diskussion über die Arbeitsbedingungen der Polizei anstoßen, sagt er hier am Rednerpult. Dieses Anlegen finde ich eigentlich unterstützenswert.
Es gibt auch Debatten dazu, nicht zuletzt im Innenund Rechtsausschuss. Es gibt laufende Debatten, und die muss es auch geben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, der springende Punkt und damit der Skandal besteht doch darin, dass der Innenminister sehenden Auges in Kauf genommen hat, dass er mit der Art und Weise, wie er konkret verfährt, die Grenzen der Gewaltenteilung zu überschreiten.
Ganz bewusst - behaupte ich - hat der Innenminister den Hut des Innenministers mit dem Hut des CDU-Politikers ausgetauscht. Das hat er sehenden Auges getan.
Das ist Kalkül, und das ist bei einem Minister nicht hinnehmbar. Da helfen auch nicht die Nebelkerzen, die der Minister hier am Rednerpult vorhin geworfen hat. Das waren in der konkreten Debatte Nebelkerzen. Ich muss noch einmal daran erinnern, dass es auch in der Vergangenheit solche Nebelkerzen und Diskussionen aus dem Innenministerium gegeben hat. Wir hatten einmal eine Diskussion über Gaffer bei Verkehrsunfällen - ein schwieriges Thema, ein wichtiges Thema. Auch das war eine populistische Diskussion, die eigentlich einen anderen Zweck hatte, als zur Aufklärung beizutragen. Es ging darum, bei der Polizei zu punkten. Ich behaupte aber, dass der Minister mit diesem Anliegen und mit dem früheren Anliegen nur kurzfristig etwas erreicht hat. Das ist keine verantwortungsbewusste Politik eines Innenministers. Ich erwarte von Innenminister Schlie, der aus Sicht des SSW grundsätzlich gute Arbeit leistet, einen anderen Standard. Ich erwarte eine höhere Qualität in seinen Initiativen.
Ich empfehle dem Büro des Ministers, einmal in sich zu kehren und ein bisschen Selbstkritik zu üben. Denn das, was man tut, ist doch, dass man sich hinsetzt und fragt: Wie können wir wieder einmal etwas für unseren Minister machen, wie können wir wieder einmal unsere Polizei unterstützen? Geld haben wir nicht, aber streicheln können wir sie. Damit nimmt der Minister in Kauf, das parlamentarische System zu beschädigen. Das macht er. Zum parlamentarischen System gehört auch die Gewaltenteilung. Das ist das eigentliche Thema dieser Aktuellen Stunde.
Für die Landesregierung erteile ich dem Minister für Justiz, Gleichstellung und Integration, Herrn Emil Schmalfuß, das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der Angelegenheit, die Auslöser für die heutige Aktuelle Stunde war, habe ich einen Brief an den Kollegen Innenminister Schlie geschrieben, der Ihnen allen bekannt ist. Diesem Brief habe ich nichts hinzuzufügen.
Lassen Sie mich aber doch eine Anmerkung machen: Wenn hier heute Morgen diskutiert wird, ob das Schreiben des Innenministers an die Richterin in der Absicht erfolgte, Einfluss auf die Rechtsprechung zu nehmen, verkürzt das die Problematik doch erheblich. Es gilt nämlich in den Augen der Richter, Staatsanwälte, Rechtsanwälte, potenzieller Opfer und nicht zuletzt aller Bürgerinnen und Bürger unseres Landes, bereits jeden Anschein - ich wiederhole: jeden Anschein - einer Gefahr der Beeinflussung der Justiz durch andere Staatsgewalten zu vermeiden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, natürlich darf Politik über Rechtsprechung diskutieren. Üblicherweise geschieht das aber, wenn sich zu einer konkreten Frage eine gefestigte Rechtsprechung herausgebildet hat, und zwar losgelöst vom Einzelfall und vor allem ohne jeden persönlichen Bezug zu den Richterinnen und Richtern, die die Urteile gefällt haben. Ich meine, es gibt etliche Gründe, hieran festzuhalten, und keinen einzigen Grund, dies nicht zu tun.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich abschließend Folgendes sagen: Zwischen dem Innenminister und mir besteht und bestand in unserer Zusammenarbeit zu keiner Zeit irgendeine Gegnerschaft. Ganz im Gegenteil, der Kollege Schlie und ich arbeiten in der Landesregierung von Anfang an fair und konstruktiv zusammen. Genauso wird es auch in Zukunft bleiben.
stizminister hat es schon gesagt -: Es muss auch der Anschein vermieden werden, auf die richterliche Unabhängigkeit Einfluss zu nehmen. In Artikel 97 des Grundgesetzes steht unter Absatz 1:
Darüber sind wir sehr froh. Weiter heißt es: Die sachliche Unabhängigkeit bedeutet in erster Linie Weisungsfreiheit, weil der Richter aus der sonst vom demokratischen Prinzip grundsätzlich geforderten Einbindung in Weisungsstränge herausgelöst wird. Ausgeschlossen ist prinzipiell auch jede andere vermeidbare Form der Einflussnahme auf die Rechtstellung des Richters. Dazu gehören auch Bitten, Anregungen oder Empfehlungen und vor allem jede Art von Druck auf die richterliche Tätigkeit, zum Beispiel durch fallbezogene Vorhaltungen oder Maßregelungen, aber auch durch Maßnahmen der Budgetierung und anderes.
Ich möchte darauf hinweisen, dass es hier darum geht: Wehret den Anfängen! Die richterliche Unabhängigkeit ist sehr wichtig. Es wird in den Kommentierungen unter anderem auch darauf hingewiesen, dass Einzelfallgesetze unzulässig sind, um bestimmte Entscheidungen herbeizuführen. Hintergrund ist, dass wir in Europa ein Land haben, das immer wieder versucht hat, über Einzelfallgesetze bestimmte Entscheidungen der Gerichte zu verhindern.
Mir liegt sehr viel daran, dass wir solche Verhältnisse in Deutschland nicht bekommen. Das bedeutet: Wehret den Anfängen! Wehre dem Anschein, der hier gesetzt worden ist! Kritik kann man an Urteilen gern äußern, aber hier gibt nicht einmal ein abgesetztes Urteil. Ich weiß überhaupt nicht, was dieses Schreiben sollte. Der Hinweis, es sei problematisch, empfinde ich als Kritik an dem Urteil. Es wäre sehr schön gewesen, wenn man dieses zunächst abwarten könnte und sich den Anschein für Empfehlungen oder Ähnliches, wie zum Beispiel die Teilnahme an Nachtfahrten, erspart hätte.
Der Hinweis auf Gewalt gegenüber Polizeibeamten steht hier überhaupt nicht im Raum. Es geht darum, dass ein Innenminister als Innenminister an eine Richterin geschrieben hat. Das ist in dieser Form und Art und Weise nicht zulässig.
Ich erteile dem Berichterstatter des Umwelt- und Agrarausschusses, Herrn Abgeordneten Klaus Klinckhamer, das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Landtag hat den Gesetzentwurf der Landesregierung zur Änderung des Landeswaldgesetzes durch Plenarbeschluss vom 2. Dezember 2010 an den Umwelt- und Agrarausschuss überwiesen. Ziele des Gesetzentwurfs sind unter anderem, Genehmigungsverfahren auf das unverzichtbare Minimum zu beschränken und durch Genehmigungsfiktionen eine Verfahrensbeschleunigung zu erreichen, durch neue Regelungen hinsichtlich der Reitwege durch den Wald Schleswig-Holstein als Reiterland und Standort für den Tourismus zu stärken.
Der Ausschuss hat den Gesetzentwurf in vier Sitzungen beraten und eine mündliche Anhörung durchgeführt. Der Umwelt- und Agrarausschuss empfiehlt Ihnen mit den Stimmen der Fraktionen von CDU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, DIE LINKE und SSW, den Gesetzentwurf in der vom Ausschuss geänderten Fassung anzunehmen, wie Sie sie der Drucksache 17/1577 entnehmen können.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Gibt es Wortmeldungen zum Bericht? - Das ist nicht der Fall. Dann eröffne ich die Aussprache. Für die CDU-Fraktion hat Herr Abgeordneter Hartmut Hamerich das Wort.