Wir Grüne erwarten von Ihnen, dass Sie Ihr Versprechen einhalten, Herr Minister. Oder ist dieses Versprechen geplatzt wie eine gelbe Seifenblase?
Liebe Kolleginnen und Kollegen, viele Menschen haben Angst davor, ihren Lebensabend in einem Pflegeheim verbringen zu müssen. Jeder achte würde sogar lieber sterben, als ins Heim zu gehen. Das hat eine aktuelle Umfrage ergeben.
- Frau Präsidentin, wären Sie so freundlich, den Minister darauf hinzuweisen, dass Kommentare von der Regierungsbank nicht erlaubt sind?
Wer reich ist, kauft sich private Pflege ein, und wer arm ist, verbringt seinen Lebensabend mit einem wildfremden Menschen in engster Umgebung. Das ist für viele Menschen ein Albtraum, und das wollen wir Grünen nicht zulassen. Der Anspruch auf eine gute Pflege ist für uns ein Menschenrecht. Wir wollen, dass alle eine gute Pflege bekommen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, besonders ältere Menschen, Kinderlose und Menschen mit Behinderung machen sich große Sorgen, dass sich später niemand um sie kümmert, dass niemand Zeit für sie hat. Dabei haben auch Pflegebedürftige ein Recht auf soziale Teilhabe. Sie wünschen sich ein Gespräch, und sie wünschen sich Zeit. Zeit ist in unserer Gesellschaft zur Mangelware geworden. Das gilt für viele Arbeitsbereiche, besonders für die Pflege. Egal ob im Krankenhaus oder in der Altenpflege, Zeitdruck ist für die Pflegekräfte ein ständiger Begleiter geworden, und ein viel zu großer Teil der Arbeitszeit - da stimme ich mit der Kollegin Pauls absolut überein - wird nach wie vor, auch wenn es sich gebessert hat, mit der Dokumentation verbracht.
Wir Grünen fordern: Schluss mit der Minutenpflege, Schluss mit „satt und sauber“ und Schluss mit dem Burn-Out bei Pflegekräften!
Wir wollen eine völlig neue Personalbemessung, in der menschliche Werte im Vordergrund stehen. Wir wollen eine Personalbemessung, in der sich die Dokumentation auf das Wesentliche beschränkt. Und wir wollen eine Entlastung des Pflegepersonals durch Einsatz moderner Medien. Andere Länder zeigen, dass es geht.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir werden in den nächsten Jahren mehr Pflegepersonal brauchen. Wir Grünen wollen, dass die Bundesagentur für Arbeit die berufliche Weiterbildung im Bereich der Altenpflege finanziell fördert. Das ist aus sozialpolitischer wie aus arbeitsmarktpolitischer Sicht ein wichtiger Baustein gegen den Fachkräftemangel in der Pflege.
Den Ursprungsantrag hatten wir damals auf Initiative des SSW gemeinsam eingebracht. Auch heute bringen wir einige Anträge gemeinsam mit der Opposition ein. Allen Anträgen werden wir gern zustimmen. Wem die Pflege eine Herzensangelegenheit ist, der sollte dies auch tun.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Pflegetätigkeit ist Arbeit von Menschen mit Menschen. Zu Recht bestehen hohe Ansprüche an die Qualität dieser Arbeit und ebenso an die Überprüfbarkeit der Qualität. Allerdings darf dieser Anspruch nicht in Formalismus ausarten.
Leider gibt es bei der Entwicklung eine Eigendynamik, und die geht in die falsche Richtung. Das Hauptproblem dieser Entwicklung liegt darin, dass die Dokumentationspflichten zulasten der Beschäftigten gehen.
Was könnte man tun? - Man könnte die Notwendigkeit der Dokumentationsarbeit in vollem Umfang anerkennen. Dann müssten diese Arbeit und der zeitliche Aufwand auch vollständig in Personalund Kostenschlüsseln ausgeglichen werden.
Was könnte man zusätzlich tun? - Man könnte die Dokumentationspflichten auf ein sinnvolles, überschaubares und notwendiges Ausmaß reduzieren. Es kann nicht sein, dass die Dokumentationsarbeit
Die Wirklichkeit und der verdichtete Arbeitsalltag stellen die in der Pflege Beschäftigten vor die hässliche Entscheidung, entweder einfach die Dokumentation sein zu lassen und sich den anvertrauten Menschen und deren Bedürfnissen zuzuwenden oder die Dokumentationspflichten auf Kosten der Pflegeansprüche der betreuten Menschen gewissenhaft zu erfüllen.
Wir erleben gerade folgende Situation: Durch den Wegfall der Zivildienstleistenden brechen viele sozial bedeutsame Hilfstätigkeiten in der Betreuung pflegebedürftiger Menschen weg. Bleibt also - das dürfte die Standardvariante sein -, der Dokumentationspflicht auf eigene Kosten nachzukommen. Man kann aber nicht glauben, es wäre aus schieren Kostengründen zulässig, die Selbstausbeutung der Beschäftigten an die äußerste Grenze zu treiben und die letzten Reserven aus ihrer Arbeitskraft herauszuquetschen. Gerade in der Pflege treten immer wieder Situationen ein, in denen psychische und physische Leistungsreserven gefordert werden. Das kann nur funktionieren, wenn wir diese Reserven haben.
DIE LINKE wird dem Antrag „Mehr Zeit für die Pflege“ zustimmen; denn wir wollen gute Pflege für die Menschen, die Pflege benötigen.
Dazu gehören für die Beschäftigten in der Pflege Arbeitsplätze und Arbeitsbedingungen mit Anforderungen, die sie auch erfüllen können. Dokumentation ist notwendig, aber sie kostet Zeit und Geld. Daher fordern wir Linken: Mehr Personal in die Einrichtungen!
Wer qualifizierte Pflegearbeit will, muss auch bereit sein, Pflegearbeit zu qualifizieren, für genügend Aus- und Fortbildung von Pflegekräften in der Altenpflege zu sorgen. Gegen den Fachkräftemangel in den Pflegeberufen hilft natürlich nur eine gute, qualifizierte Ausbildung. Der Ausweg aus dieser Misère über die Anwerbung von Pflegekräften funktioniert in unserem Land nur bedingt. Wir wollen die Ausbildung von Fachkräften für den Bedarf im eigenen Land. Das heißt, dass wir für Gehaltsund Arbeitsbedingungen eintreten, die die Arbeit in der Pflege attraktiv machen.
Die Ausbildung von Pflegekräften im Wege der Umschulung ist nicht der Königsweg. DIE LINKE wird den von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gestellten Antrag unterstützen. Die Förderung der beruflichen Weiterbildung im Bereich der Altenpflege muss laut Bundesratsbeschluss finanziell abgesichert werden. Aber die Umsetzung dieses Bundesratsbeschlusses wird die Probleme durch den drohenden Fachkräftemangel in diesem Bereich nicht lösen. Ausbildung ist notwendig, und sie muss bezahlt werden. Das bedeutet, dass die Kosten der Ausbildung übernommen werden müssen. Wir fordern, dass der Staat Ausbildungsplätze in der Altenpflege vergütet und finanziert. Für uns ist die Forderung: Die Ausbildung in diesem Bereich muss kostenfrei sein!
Unser Prinzip bleibt: Wir wollen gute Pflege. Das bedeutet für uns, Pflege braucht hohe fachliche und ethische Qualitätsstandards, Pflege braucht gute Arbeitsbedingungen und gute Bezahlung, die den Wert der Arbeit sozial honoriert. Das ist nicht nur eine Frage der Gehälter, sondern auch eine Frage der sozialen Anerkennung der Menschen, die in der Pflege arbeiten. Pflege braucht gute Ausbildung. Schleswig-Holstein muss hier mehr tun. Das Land kann mehr tun, indem es mehr Ausbildungsplätze finanziert; denn die bis jetzt vorhandenen Ausbildungsplätze reichen bei Weitem nicht aus.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen. Liebe Kollegen! Ich denke, wir alle sind uns mittlerweile der großen Herausforderung in der Zukunft der Pflege bewusst. Die Prognosen zur Entwicklung des Pflegebedarfs und zur Entwicklung der Anzahl Erwerbsfähiger in den nächsten Jahren und Jahrzehnten sind hinlänglich bekannt: Immer weniger Menschen im arbeitsfähigen Alter müssen in Zukunft eine immer größere Anzahl von Pflegebedürftigen versorgen. Für den SSW ist deshalb eines völlig eindeutig: Wenn es uns nicht bald gelingt, das Tempo bei der Schaffung zusätzlicher Ausbildungsplätze und bei der Schaffung attraktiverer Arbeitbedingungen deutlich zu erhöhen, steuern wir hier auf eine Katastrophe zu. Es passiert ganz einfach viel zu wenig, um dem schon heute steigenden
Bedarf gerecht zu werden. Die Anträge, die die beruflichen Weiterbildungen finanziell sichern und den bürokratischen Aufwand innerhalb des Pflegeberufs verringern wollen, können wir deshalb voll und ganz unterstützen. Auch wenn sie für andere hier ohne Wert sind, möchte ich sagen: Wir halten sie für wichtig und für richtig.
Wir sind ganz klar der Auffassung, dass alles getan werden muss, um den drohenden Pflegenotstand zu verhindern. Schon heute kommt aber in der Altenpflege nur ein potenzieller ausgebildeter Bewerber auf drei offene Stellen. Eine aktuelle Studie kommt zu dem Ergebnis, dass wir in Deutschland bereits am Ende des Jahres insgesamt rund 970.000 Pflegekräfte benötigen. Leider werden viele dieser Stellen unbesetzt bleiben. Aus diesem Grund muss die Politik alle Möglichkeiten nutzen, um jungen wie alten Menschen Anreize dafür zu geben, als Pflegefachkraft zu arbeiten.
Eine sehr sinnvolle Maßnahme haben SPD und Grüne in ihrem Antrag zur finanziellen Förderung der beruflichen Weiterbildung im Altenpflegebereich, den wir gern auch unterschrieben hätten, erneut aufgegriffen. Selbstverständlich müssen Umschulungen in diesem Berufsfeld nach dem SGB III über den gesamten Ausbildungszeitraum finanziell gesichert werden. Denn wenn der Träger oder der Auszubildende für das letzte Drittel der Umschulung selbst aufkommen muss, steigert das ganz sicher nicht die Attraktivität. Wir halten es für das Mindeste, dass die entsprechende Entschließung des Bundesrats schnell durch die Bundesregierung umgesetzt wird. Darauf wollte die Landesregierung im Übrigen schon im vergangenen September hinwirken, als SSW, SPD und Grüne einen gemeinsamen Antrag in dieser Sache einbringen wollten. Es ist beschämend, dass wir hier bis heute keine weiteren nennenswerten Schritte gesehen haben.
Doch wir dürfen uns nichts vormachen: Allein die finanzielle Absicherung von Umschulungen in Pflegeberufen wird nicht reichen, um das Problem zu lösen. Wir müssen endlich dafür sorgen, dass sich vor allen Dingen die Arbeitsbedingungen in diesem Berufsfeld verbessern. Damit erzählen wir ganz sicherlich nichts Neues. Wer regelmäßig in einer Pflegeeinrichtung ein- und ausgeht, wird feststellen, dass die Fluktuation beim Personal enorm hoch ist. Wir müssen uns bewusst machen, dass die Verbesserung der Arbeitsbedingungen und die damit verbundene längere Verweildauer in diesem Beruf erheblich zur Entschärfung des Fachkräftemangels beiträgt.