Protokoll der Sitzung vom 01.07.2011

Sich immer hinzustellen und zu behaupten, die Roten machten etwas anderes, als sie sagten, können Sie zwar weiter machen, aber es wird dadurch nicht richtiger. Man sollte sich erst einmal an seine eigene Nase fassen, bevor man auf andere Leute zeigt.

(Beifall bei SPD, CDU und FDP)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.

(Zurufe)

- Möchten Sie sich zu Wort melden? Sonst möchte ich jetzt gern fortfahren.

(Zurufe - Glocke der Präsidentin)

Ich stelle fest, dass der Berichtsantrag Drucksache 17/1596 durch die Berichterstattung der Landesregierung seine Erledigung gefunden hat. Es ist kein Antrag gestellt, und deshalb ist der Tagesordnungspunkt damit erledigt.

Meine Damen und Herren, ich rufe Tagesordnungspunkt 34 B auf:

Keine Bevormundung der Kreise und Kommunen bei der Schülerinnen- und Schülerbeförderung

Antrag der Fraktion DIE LINKE Drucksache 17/1644 (neu)

Keine Ersatzvornahme gegen Kreise bei der Schülerbeförderung

Änderungsantrag der Fraktion der SPD Drucksache 17/1653

Schülerbeförderung - die Kreise über Elternbeteiligung entscheiden lassen

Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/1654

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Aussprache. Für die Fraktion DIE LINKE hat Herr Abgeordneter Ulrich Schippels das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zuerst möchte ich sagen, dass ich froh darüber bin, dass wir heute über dieses Thema diskutieren und dass die Dringlichkeit vom ganzen Hohen Haus anerkannt worden ist.

(Vereinzelter Beifall)

Dafür mein Dank, und ich hoffe, dass das so weitergeht und unserem Antrag beziehungsweise dem Antrag der SPD zugestimmt wird.

Meine Damen und Herren, im Land wird die zum kommenden Schuljahr auferlegte Elternbeteiligung an den Schülerbeförderungskosten heftig kritisiert - wie wir meinen, zu Recht. Die Kritik kommt vom Landeselternbeirat. Die Kritik kommt von den betroffenen Eltern, sie kommt von den Schülerinnen und Schülern und aus den Kreistagen.

Wenn ich von den Kreistagen rede, ist nicht nur von den Abgeordneten der LINKEN die Rede, sondern es gibt in einigen Kreisen eine einhellige Ablehnung der Beteiligung der Eltern an den Kosten für die Schülerbeförderung.

Sie, meine Damen und Herren von den regierungstragenden Fraktionen, hätten eigentlich gewarnt sein müssen. Schon der erste Versuch, 2007/2008 einen Teil der Kosten auf die Eltern abzuwälzen, ist zu Recht am Widerstand der Kreise und der Betroffenen kläglich gescheitert. Dann kam die Gesetzesänderung im vergangenen Dezember im Schnelldurchlauf im Rahmen der Haushaltsberatungen. Wenn Sie das so durchboxen, ist es logisch, dass das nach hinten losgehen muss. Es gab damals schon mahnende Stimmen. Mit Ihrer Basta-Politik sind Sie über die berechtigte Kritik einfach hinweggegangen.

Die Beteiligung der Eltern an den Kosten für die Schülerbeförderung ist ungerecht.

(Beifall bei der LINKEN)

Sie trifft erstens und vor allem die einkommensschwachen Bevölkerungsschichten. Auch wenn einige Kreise - die, die vielleicht etwas mehr Geld haben - Sozialklauseln durchgesetzt haben, bleibt es dabei, Kinder reicher Eltern werden eher mit dem Auto zur Schule gebracht, und im anderen Fall sind die Kosten für die Eltern reicherer Kinder Peanuts. Bei einkommensschwächeren Bevölkerungsschichten sieht das ganz anders aus. Da kann eine geringe Elternbeteiligung schon dazu führen, dass die Kinder nicht mehr auf die Schule geschickt werden, die für sie eigentlich angemessen ist. Sie werden dann auf die Schule geschickt, die am nächsten ist.

Zweitens. Wir als LINKE bleiben bei unserer Forderung der Lehr- und Lernmittelfreiheit. Dazu gehört eben auch die kostenfreie Beförderung zur Schule. Nur dies verhindert soziale Ausgrenzung.

(Beifall bei der LINKEN)

Drittens. An der Debatte um die Schülerbeförderungskosten zeigt sich, dass Sie gescheitert sind. Sie von den regierungstragenden Fraktionen laufen tagein, tagaus durch das Land und sagen, die Haushaltskürzungen werden gemacht, um den Kindern und Jugendlichen eine bessere Zukunft zu ermöglichen. An der Elternbeteiligung an den Beförderungskosten sieht das jeder, der sehen will.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Gegenteil ist der Fall. Haushaltskürzungen gehen unmittelbar zulasten der Zukunft. Das gilt vor allem für Haushaltskürzungen im Bereich der Bildung.

(Beifall bei der LINKEN)

Hier zu kürzen ist Irrsinn. Sie sparen an der Zukunft und verstärken die soziale Ungleichheit im Land, meine Damen und Herren. Das bezieht sich auch - wir hatten gerade wieder die Debatte - auf den Abbau von 300 Lehrerinnen- und Lehrerstellen ab dem kommenden Schuljahr. Sie kürzen bei der Bildung; Sie kürzen an der Zukunft.

Viertens. Es gibt Alternativen. Meine Fraktion, die Fraktion DIE LINKE, hat in den Haushaltsberatungen damals im Dezember durchfinanzierte Vorschläge wie folgt gemacht: Keine Stellen bei den Lehrerinnen und Lehrern streichen. Da waren wir übrigens die einzige Fraktion. SPD und Grüne wollten auch Kürzungen, wenn auch nicht so hart. Weiter haben wir gefordert, die Kosten für die Schülerbeförderung nicht nur in den Landeshaushalt einzustellen, sondern Zug um Zug auch die Übernahme der Kosten für die Berufsschüler und die Schüler der Sekundarstufe II zu ermöglichen. Das wäre möglich gewesen, aber es fehlte der politische Wille.

(Beifall bei der LINKEN)

Fünftens haben Sie damals während der Haushaltsberatungen in letzter Sekunde noch eine Veränderung der Beteiligung der Eltern an den Schülerbeförderungskosten beschlossen. Es wurde nicht der ursprüngliche Entwurf genommen, der von der Regierung kam, sondern Sie haben noch in letzter Sekunde eine Änderung durchgeführt. Diese Änderung führt zu Chaos und Wildwuchs. Im Gesetz tummeln sich interpretierbare Vorgaben.

Der Innenminister versucht jetzt, die ursprünglichen Intentionen des Gesetzentwurfs durch die Hintertür des Druckes auf die gewählte Selbstverwaltung durchzusetzen. Zuletzt ist das mit dem Brief nach Stormarn geschehen. Damit werden Sie scheitern. Ob Sie den Druck auf die Kreise, so wie Sie das machen, ausüben dürfen, sei dahingestellt, Herr Innenminister. Das ist nicht meine Frage. Schön ist das auf jeden Fall nicht. Das ist aber nicht die Frage, die mich bewegt. Für mich ist entscheidend, was für die Eltern und Schülerinnen und Schüler herauskommt. Ich hoffe - wie eingangs erwähnt -, dass die Regierungsfraktionen zur Einsicht kommen. Nehmen Sie die Kürzungen im Bildungsbereich zurück. Stimmen Sie unserem Antrag oder dem der SPD zu.

(Ulrich Schippels)

Dem Antrag der Grünen können wir nicht zustimmen, weil Sie durch ihren Antrag die Eltern - abhängig davon, ob sie in einem reicheren oder ärmeren Kreis wohnen - durch die Ankündigung, die Regierung möchte einen entsprechenden Gesetzentwurf vorlegen, der Willkür überlassen beziehungsweise es unterschiedliche Beteiligungen geben wird.

(Zurufe)

- Der Kreistag kann teilweise nicht entscheiden. Der Kreistag kann teilweise nicht entscheiden; denn es gibt reichere und ärmere Kreise.

Herr Kollege, Sie müssen bitte zum Schluss kommen.

Es gibt reichere Kreise, und es gibt weniger reiche Kreise. Deswegen werden wir im August noch einen Antrag einbringen, um das ganze Problem zu lösen, indem einfach wieder der Zustand vor der Gesetzesänderung im Dezember 2010 hergestellt wird.

(Beifall bei der LINKEN - Zuruf von der CDU: Wer zahlt das?)

Für die CDU-Fraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Werner Kalinka das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es gehört zum Kerngehalt der Demokratie, Recht und Gesetz zu achten, zu beachten und gegebenenfalls auch durchzusetzen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Schon deshalb sind die vorliegenden Anträge abzulehnen. Gesetze gelten nicht nur, wenn es einem persönlich gefällt. Wir sitzen hier auf Zeit. Wir sind nicht fehlerfrei, aber wenn wir etwas beschließen, ist das geltendes Recht.

Der Innenminister hat über die Kommunalaufsicht gar keine andere Wahl als die Ersatzvornahme. Würde er dies nicht tun, verhielte er sich rechtswidrig. Meine Damen und Herren, insoweit wäre eine Missbilligung seines möglichen und vorhersehbaren Handelns durch den Landtag rechtswidrig.

Auch daher ist der Antrag in aller Klarheit nicht nur abzulehnen, sondern er ist auch nicht hinnehmbar.

(Beifall bei CDU und FDP)

Die Opposition steht im Wettbewerb um die Anträge. Es ist übrigens interessant, einer solchen Landtagssitzung einmal analytisch zuzuschauen. Je konkreter es wird, umso größer werden die Risse im Detail bei der Opposition.

(Zurufe von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und der LINKEN - Glocke der Präsi- dentin)