Protokoll der Sitzung vom 14.09.2011

- Ich bitte insgesamt um ein bisschen mehr Aufmerksamkeit.

Danke, Frau Präsidentin! - Ich möchte etwas zur Antragslage sagen. Aber es tut mir leid, Frau Funke, ich muss doch noch etwas zu Ihrem Redebeitrag sagen. Sie glauben doch nicht wirklich, dass Sie damit bei den Frauen durchkommen, wenn Sie denen erzählen, dass Sie bei den Mädchentreffs, den Frauenhäusern kürzen und die Beratungsstelle Frau & Beruf wahrscheinlich 2014 schließen müssen, dass Sie bei den Familienbildungsstätten kürzen und bei der Beitragsfreiheit im Kita-Bereich kürzen, dass das alles zum Wohle der Frauen sei! Ich denke, so werden Sie nicht weiterkommen. Das ist ziemlicher Irrsinn.

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

- Herr Kubicki, ich wollte eigentlich zu dem Thema nicht sprechen. Aber das wollte ich noch einmal formuliert haben.

Ich möchte stattdessen hier zum Ausdruck bringen, dass uns das Thema wahnsinnig wichtig ist. Es ist uns so wichtig, dass wir nicht mit den Oppositionsparteien darum in einen Wettbewerb treten wollen, welcher der Anträge der weitestgehende ist. Frau Spoorendonk, wir haben auch keinen Alleinvertretungsanspruch. Wir wissen selbstverständlich, dass auch hier in diesen Räumen vor wenigen Tagen die Gleichstellungsbeauftragten über dieses Thema diskutiert haben. Deswegen möchten wir wirklich dokumentieren, dass es uns um die Sache geht und nicht um unseren Antrag. Es geht uns auch nicht um jedes Wort des Antrags. Deshalb, Frau Präsidentin, möchte ich zur Geschäftsordnung formulieren, dass die Fraktion DIE LINKE den Änderungsantrag der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW übernimmt.

(Beifall bei der LINKEN und des Abgeord- neten Lars Harms [SSW])

Liebe Kolleginnen und Kollegen, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung.

(Anke Spoorendonk)

(Unruhe)

Ich möchte für den Abstimmungsprozess gern um Ihre Aufmerksamkeit bitten.

Wir haben zum einen den Bericht der Landesregierung. Dazu ist beantragt worden, diesen an die Ausschüsse zu überweisen. Ich bitte einmal um Hinweise, um welche Ausschüsse es sich handeln soll und welcher Ausschuss federführend sein soll. - Ich höre, dass der Bericht federführend dem Innen- und Rechtsausschuss überwiesen werden soll.

(Heiterkeit bei der CDU- Zuruf des Abgeord- neten Hans-Jörn Arp [CDU])

- Herr Abgeordneter Arp, wenn Sie etwas dazu zu sagen haben, bitte ich Sie, sich zu melden. Ansonsten sind wir jetzt im Abstimmungsprozess.

Ich gehe davon aus, dass beantragt worden ist, den Bericht der Landesregierung, Drucksache 17/1695, federführend an den Innen- und Rechtsausschuss und mitberatend an den Sozialausschuss und den Finanzausschuss zu überweisen. Nun lasse ich darüber abstimmen. Wer dafür ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? Dann ist einstimmig beschlossen worden, den Bericht der Landesregierung, Drucksache 17/1695, federführend dem Innen- und Rechtsausschuss und mitberatend dem Sozialausschuss und dem Finanzausschuss zu überweisen.

Wir kommen jetzt zum Antrag der Fraktion DIE LINKE, Drucksache 17/1705, sowie zu dem Änderungsantrag der Fraktionen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW, Drucksache 17/1822. Die Fraktion DIE LINKE hat ihren Antrag Drucksache 17/1705 durch Übernahme der Inhalte des Änderungsantrags der Fraktionen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW, Drucksache 17/1822, modifiziert. Modifizierungen von Anträgen durch den Antragsteller sind nach der Geschäftsordnung zulässig und auch in der Vergangenheit in diesem Haus praktiziert worden. Ich frage die Antragsteller des Änderungsantrags, ob sie einverstanden sind, dass dadurch ein gemeinsamer Antrag entsteht. - Gut.

Das heißt also, ich lasse jetzt über den Antrag der Fraktion DIE LINKE, Drucksache 17/1705, modifiziert durch den Änderungsantrag der Fraktionen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW, Drucksache 17/1822, abstimmen. Wer dafür ist, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, DIE LINKE und SSW. - Wer dagegen ist, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Fraktionen von

CDU und FDP. Enthaltungen sehe ich nicht. - Damit ist der Antrag der Fraktion DIE LINKE, Drucksache 17/1705, modifiziert durch den Änderungsantrag der Fraktionen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW, Drucksache 17/1822, mit den Stimmen von CDU und FDP gegen die Stimmen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, DIE LINKE und SSW abgelehnt. Damit ist der Tagesordnungspunkt 11 abgeschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 19 auf:

HSH Nordbank - Rechte der Beschäftigten wahren - Standort Kiel stärken - Parlamentsentscheidung sicherstellen

Antrag der Fraktion der SPD Drucksache 17/1769

Folgen des EU-Beihilfeverfahrens für die HSH Nordbank

Änderungsantrag der Fraktionen von CDU, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/1818

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Ich stelle fest, dass das nicht der Fall ist. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort für die SPD-Fraktion hat der Herr Fraktionsvorsitzende Dr. Ralf Stegner.

(Minister Dr. Heiner Garg: Der redet auch noch selbst? - Hans-Jörn Arp [CDU]: Der ist im Aufsichtsrat gewesen! - Katharina Loedi- ge [FDP]: Der weiß Bescheid!)

Es ist immer schön, wenn die Regierungsbank kommentiert. - Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten haben wir diesen Antrag zur HSH Nordbank gestellt, weil wir drei Dinge ganz sicher nicht akzeptieren wollen: dass die Restrukturierung der Bank einseitig zulasten der Beschäftigten, zulasten des Standorts Kiel und zulasten der demokratischen Mitwirkungsrechte dieses Parlaments gehen.

Erstens. Wir wollen nicht, dass die Restrukturierung der Bank einseitig zulasten der Beschäftigten geht. Deswegen werden wir die Entscheidung des Vorstands nicht absegnen, wie der Antrag von CDU und FDP dies vorsieht.

(Beifall der Abgeordneten Bernd Heinemann [SPD] und Ulrich Schippels [DIE LINKE])

(Vizepräsidentin Herlich Marie Todsen-Reese)

Im Übrigen hat der Betriebsrat dem Stellenabbau nicht zugestimmt. Ich möchte das hier klarstellen, da Herr Minister de Jager diesen Punkt in der letzten Tagung - ich will es vorsichtig ausdrücken - ein bisschen nebulös formuliert hatte. Was die Beschäftigten von dem Vorhaben halten, konnten Sie heute vor dem Landtag deutlich sehen. Die Rechte der Beschäftigten müssen im Zuge der Restrukturierung gewahrt werden.

(Beifall des Abgeordneten Ulrich Schippels [DIE LINKE])

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollen aktiv partizipieren können. Sie sollten jede nur erdenkliche Unterstützung erhalten, wenn es darum geht, sich beruflich neu zu orientieren. Fluktuationseffekte sind zu nutzen und einzubeziehen. Das gilt für beide Standorte gleichermaßen. Ich möchte betonen, das gilt für beide gleichberechtigten Standorte, wie wir dies 2003 im Gesetz zum Staatsvertrag festgelegt haben: Die Gleichberechtigung der beiden vereinigten Banken, die als eine Aktiengesellschaft weiterbestehen, findet in einem Doppelsitz in Kiel und Hamburg und in einer auf Dauer angelegten ausgewogenen Verteilung der Kompetenzen mit qualifizierten Dauerarbeitsplätzen unter Berücksichtigung der Gleichstellung von Frauen und Männern an den beiden Firmensitzen ihren Ausdruck. Die Geschäfte werden gleichwertig an beiden Standorten geleitet. So heißt es in dem Staatsvertrag. Das ist dort ganz deutlich zum Ausdruck gebracht. Das, was wir haben, ist das Gegenteil.

Zweitens. Wir wollen nicht, dass die Veränderungen der Bank überproportional den Standort Kiel treffen. Die damalige Landesbank war und die HSH Nordbank ist für Kiel eine wichtige Arbeitgeberin mit hochqualifizierten Arbeitsplätzen und den entsprechenden positiven Effekten für die regionalen Strukturen, auch wenn - ein weiteres Versäumnis der Führung der Bank - das Gehaltsniveau am Standort Kiel weit unter dem des hamburgischen Unternehmensteils blieb.

Es ist schon bezeichnend, dass die Regierung in der Antwort auf eine entsprechende Kleine Anfrage der Frau Kollegin Heinold unbesehen die Angaben der Bank übernommen hat. Bezugszeitpunkt des Vertrags ist aber weder das erwähnte Jahr 2002 noch das Jahr 2004, sondern das nicht erwähnte Jahr 2003, das Jahr der Fusion. Wenn man die Zahlen dieses Jahres nimmt, dann kann man ganz deutlich die Schieflage erkennen. Die Bank hat unsere Vorgaben nicht eingehalten: Zur Fusion hatte Hamburg rund 1.530 Vollzeitarbeitsplätze. In Kiel waren es rund 1.450, es gab also nahezu eine Parität. Mitte

2011 sah dies ganz anders aus. Während der Hamburger Standort konstant geblieben war, war die Zahl der Arbeitsplätze am Standort Kiel um rund 300 auf 1.125 gesunken. Lag die Differenz zwischen Kiel und Hamburg also bei 80 im Jahr 2003, so beträgt sie jetzt 400. Das ist der Kernpunkt. Herr Minister de Jager, das haben Sie in Ihrer Antwort, die Sie der Frau Abgeordneten gegeben haben, verschleiert.

(Beifall bei der SPD)

Aber die Schieflage hat noch weitere Dimensionen: Vorstandssitzungen finden praktisch ausschließlich in Hamburg statt. Früher fanden sie alternierend an beiden Standorten statt. Der weit überwiegende Teil der Leitung der Bank sitzt in Hamburg. Was die ebenfalls vom Gesetzgeber der Bank in die Wiege gelegte Gleichstellung der Geschlechter betrifft, so empfiehlt sich ein Blick in die Führungsetagen. Auch dort hat es erhebliche Versäumnisse gegeben.

Man kann ganz langsam Fakten schaffen, die aus gleichberechtigten Teilen eine Hauptstelle und eine Nebenstelle machen. Diese Entwicklung ist in Quantität und Qualität schon weit fortgeschritten.

Herr de Jager, entweder wissen Sie nichts davon, oder Sie waren nicht in der Lage, das zu ändern, oder Sie waren nicht willens, das zu ändern. Alle drei Dinge sind gleichermaßen schlecht. Sie haben hier das letzte Mal ausgeführt, dass Sie nichts über den Vertrag des ausgeschiedenen Vorstandsvorsitzenden Nonnenmacher wussten. Die Beschäftigten finden es übrigens besonders interessant, dass jemand mit Abfindungen in einer solchen Höhe nach Hause geht und diese praktisch behalten kann, selbst wenn er noch in der Zukunft für irgendetwas verurteilt werden sollte, und dass die Beschäftigten das in der Art und Weise auszubaden haben.

(Beifall bei der SPD und des Abgeordneten Lars Harms [SSW])

Wir haben eben mit fast 200 Kolleginnen und Kollegen im Schleswig-Holstein-Saal darüber gesprochen. Sie erwarten von uns zumindest, dass das, was im Vertrag steht, auch eingehalten wird. Die Sitzungen werden hier regelmäßig stattfinden. Es ist wichtig, dass dies regelmäßig mit dem Personal ausgeglichen wird.

(Beifall bei der SPD)

Wenn die Landesregierung sich nicht rechtzeitig dafür einsetzt, dann wird der Prozess zwangsläufig den Verlauf nehmen, den viele ohnehin erwarten. Wir erwarten, dass dem Standort Kiel wieder die

(Dr. Ralf Stegner)

Bedeutung zukommt, die im Vertrag vorgesehen ist, nämlich eine gleichwertige Position neben Hamburg. Wir erwarten auch, dass die Beschlüsse dieses Parlaments in Bezug auf die HSH Nordbank umgesetzt werden, auch wenn sich Union und FDP den Weg dorthin deutlich schwerer gemacht haben, indem sie verantwortliche Minister aus dem Aufsichtsrat abgezogen haben. Man kann sehen, was dabei herauskommt.

Im Übrigen sage ich: Wenn in Ihrem Entschließungsantrag, dem sich die Grünen jetzt angeschlossen haben, steht, man wolle die Bank so schnell wie möglich und so werthaltig wie möglich verkaufen, dann ist das ein Problem, dies in dieser Form zu beschreiben. Man sollte nicht so viel darüber reden, sondern es am Ende tun, wenn es so ist. Man sollte nicht das Gegenteil tun.

(Tobias Koch [CDU]: Woher kommen die Formulierungen?)

- Ich rede von der Formulierung insgesamt, die besagt, dass die, die sie verwendet haben, einen Konflikt ausdrücken. Davon zu reden, man wolle dies so schnell wie möglich und so werthaltig wie möglich tun, wird im Markt nicht funktionieren. Sie tolle Marktwirtschaftler, als welche Sie sich immer erklären, machen durch öffentliche Erklärungen das schwieriger, was wir gemeinschaftlich wollen.

Insgesamt bleibt es dabei, dass es falsch ist, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der HSH Nordbank bei einem Prozess, den sie nicht zu verantworten haben, die Zeche dafür zahlen sollen. Sie sollen es erst recht nicht am Standort Kiel und erst recht nicht, weil Regierung und Regierungsfraktionen sich nicht entsprechend für sie einsetzen. Das wollen wir ändern. Dazu dient unser Antrag. Ich bitte Sie, unserem Antrag zuzustimmen.

(Beifall bei der SPD)

Für die CDU-Fraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Tobias Koch das Wort.