Protokoll der Sitzung vom 05.10.2011

Auch wenn wir die Stoßrichtung des Antrags des SSW unterstützen, sagen wir: Wir müssen uns auch die Frage der Trennung von Munition und Waffen noch einmal stellen. Herr Dr. Dolgner, Sie haben darauf hingewiesen, dass diese Trennung als Grundsatz bereits festgeschrieben ist. Für mich als Jurist ist es jedoch so: Wo ein Grundsatz ist, da ist auch schon die Ausnahme.

Es gibt immer noch ein Schlupfloch, sodass man Waffen unter bestimmten Voraussetzungen zusammen mit Munition in der Privatwohnung unterbringen kann. Das ist ein Punkt, bei dem wir meines Erachtens weitergehen und für eine zusätzliche Trennung eintreten müssen, damit in Privatwohnungen Waffen und Munition nicht mehr zusammen aufbewahrt werden.

Ich gebe zu, dass das eine Belastung sein kann. Es wäre unredlich, das in Abrede zu stellen. Natürlich kann das für Sportschützen und Jäger eine zusätzliche Belastung sein. Ich glaube aber auch, dass die

meisten Jäger und Sportschützen, die sehr verantwortungsvoll mit ihren Waffen umgehen, das akzeptieren würden; denn sie wissen, dass sie diese Waffen für einen bestimmten Zweck benutzen. Sie benutzen sie für den Sport. Sie benutzen sie für die Ausübung der Jagd. Sie erfüllen damit auch eine gesellschaftliche oder sportliche Funktion. Ich bin davon überzeugt, dass sie diese zusätzliche Bürokratie akzeptieren würden, weil sie wissen, dass das die Sicherheit erhöht, übrigens nicht nur ihre eigene Sicherheit, sondern auch die Sicherheit der Leute, die sie umgeben. Ich glaube, das ist der richtige Weg.

Mit der Steuer, die der SSW vorschlägt, wird der Weg in die richtige Richtung gewiesen, und zwar aus zwei Gründen. Zum einen hat jede Steuer ein ordnungspolitisches Moment. Wenn die Waffe im Schrank eine jährlich zu entrichtende Steuer verursacht, dann fragt man sich natürlich schon, ob man diese Waffe wirklich braucht. Wenn jemand beispielsweise fünf oder zehn Waffen zu Hause im Schrank hat, diese aber gar nicht alle nutzt oder nicht nutzen muss und jetzt eine jährliche Steuer pro Waffe bezahlen muss, dann wird er sich natürlich fragen, ob er die Anzahl der Waffen nicht reduzieren kann. Das ist einer der Gründe dafür, weshalb die Steuer sinnvoll sein kann.

Zum anderen pfeifen die Kommunen, die diese Kontrollen übernehmen sollen, aus dem letzten Loch und benötigen unbedingt Finanzmittel. Die Waffensteuer kann ein Weg sein, um diesen finanziellen Problemen zu begegnen. Das werden wir im Innen- und Rechtsausschuss diskutieren.

Erlauben Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Hamerich?

Ja, mit großem Vergnügen.

Herr Kollege Fürter, welche Auswirkungen hat die Anzahl der Waffen auf die Unterbringung? Unabhängig davon, ob ein Jäger oder ein Sportschütze zehn Langwaffen oder zwei Kurzfeuerwaffen hat, sind diese so sicher aufzubewahren, dass kein Fremder die Möglichkeit hat, an diese Waffen heranzukommen. Welchen Einfluss hat die Anzahl der Waffen darauf? Das bringt doch wirklich nichts. Mit der Steuer kann man sicherlich dazu beitragen, dass der eine oder andere weniger Waffen

(Thorsten Fürter)

hat. Die Gefahr geht doch von einer Waffe genauso aus wie von zehn Waffen.

Herr Abgeordneter Hamerich, die Frage ist angekommen.

- Es sind zwei Momente. Dies ist zum einen der Aspekt der Sicherheit. So steigt die Schwelle an für Privathaushalte, Waffen zu halten, die möglicherweise gar nicht benötigt werden. Dies betrifft zum anderen das Instrument der Finanzausstattung der Kommunen. Man muss Mittel und Wege finden, um den Kommunen die Waffenkontrolle zu ermöglichen. Dabei spielt das natürlich eine Rolle. Je mehr Waffen zur Verfügung stehen, umso größer ist natürlich der Kontrollaufwand. Es reicht nicht aus, einfach den Schrank zu öffnen und zu prüfen, ob alle Waffen da sind. Vielmehr muss genau geschaut werden, ob genau die Waffen da sind, die der Betreffende auch haben darf. Das ist mit einem erhöhten Aufwand verbunden. Deshalb ist es gerechtfertigt, dass der Besitz einer höheren Anzahl von Waffen zu einer höheren Steuerzahlung verpflichtet.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion DIE LINKE hat Herr Abgeordneter Heinz-Werner Jezewski das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sprache ist verräterisch. Herr Kollege Kalinka, Sie sprachen davon, nicht diejenigen zu strafen, die sich in guter Absicht mit der Waffe treffen. Ich weiß nicht, ob es einem wichtig ist, ob man in guter oder schlechter Absicht von einer Waffe getroffen worden ist.

(Christopher Vogt [FDP]: Es kann nicht jeder Schriftsteller sein!)

- Genauso ist es, Herr Kollege.

Sprache führt aber auch bei uns zu Schwierigkeiten. Ich füge eine redaktionelle Änderung in unseren Antrag ein, die Grüne und SSW sicherlich auch unterstützen werden. Uns geht es natürlich um private Waffen. Wir möchten keineswegs, dass Polizeiund Bundeswehrwaffen zukünftig bei den Schüt

zenvereinen gelagert werden, auch wenn diese rund um die Uhr bewacht werden.

(Gerrit Koch [FDP]: Panzer!)

Ich finde diese Debatte hochinteressant und spannend; denn damit werden in aller Deutlichkeit die Folgen der hirn- und sinnlosen Kürzungspolitik der vergangenen zwei Jahre aufgezeigt. Die Kontrolle von Waffenbesitzern ist momentan eine kommunale Aufgabe. Die Kommunen aber ächzen seit Jahren unter den Folgen immer schärfer werdender Finanzknappheit. Hier fehlt es an Geld, dort können Aufgaben gar nicht mehr wahrgenommen werden. Dann soll jetzt auch noch die personell anspruchsvolle Waffenkontrolle durchgeführt werden, obwohl doch schon lange kein Personal mehr dafür vorhanden ist. Ich glaube nicht, dass in einem Kreis, in dem es über 4.000 Waffen gibt, ohne Grund nur zehn Kontrollen durchgeführt werden. Den Kreisen ist sehr wohl bewusst, welches Risiko in den Schränken liegt.

In diesem Bereich gibt es vordergründig kaum gesetzgeberischen Handlungsbedarf. Dabei bin ich mir ausnahmsweise einmal mit jemandem einig, mit dem ich mir sonst fast nie einig bin, nämlich mit Wolfgang Schäuble, der - damals noch als Innenminister - nach dem Amoklauf von Winnenden gegenüber dem Deutschlandfunk sagte, gesetzliche Verschärfungen hätten den Amoklauf nicht verhindern können. Die in Deutschland geltenden Auflagen zum Waffenbesitz seien sehr streng. Der Amoklauf wäre auch bei Einhaltung dieser Auflagen zu verhindern gewesen. Es ist also eine Frage der Kontrolle.

Ebenfalls sehr deutlich wurde nach diesem furchtbaren Ereignis Rainer Wendt, Vorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft, der sagte, jede Pommesbude in Deutschland werde deutlich strenger geprüft als der Umgang mit Waffen. Nur mit schärferer Aufsicht ließen sich Missbrauch oder Nachlässigkeiten aufdecken. Das erfordere zwar mehr Personal bei den Behörden, aber in diesen Bereich investiertes Geld sei gut angelegt.

Dem möchte ich lediglich die Frage hinzuzufügen, warum es überhaupt notwendig ist, dass Privatpersonen Tötungsinstrumente bei sich zu Hause aufbewahren.

DIE LINKE setzt sich seit Langem für ein grundsätzliches Verbot der privaten Aufbewahrung von Schusswaffen ein. Wir streiten für eine Welt ohne Waffen und fangen damit in Schleswig-Holstein an. Wir finden, die Waffentradition ist eine Tradition, die Schleswig-Holstein gar nicht braucht.

(Thorsten Fürter)

(Beifall bei der LINKEN)

So lange dies aber politisch nicht durchzusetzen ist, weil Ewiggestrige an der Regierung sind, so lange möchten wir wenigstens erreichen, dass nicht die Allgemeinheit die Kosten tragen muss, die einige wenige Waffenliebhaber verursachen. All das beträfe aber die Bundesgesetzgebung. Das weiß ich auch. Wir müssen vor Ort die sichere Aufbewahrung von privaten Waffen unter den derzeitigen Bedingungen bestmöglich organisieren.

Der erste Schritt dabei ist, dass die Landesregierung klare Anweisungen an die Kommunen gibt, in welchen Abständen Waffenbesitzer zu kontrollieren sind und wie Verstöße gegen bestehende Vorschriften zu ahnden sind. Ich halte eine mindestens jährlich durchzuführende Prüfung für angemessen.

(Beifall bei der LINKEN)

Zudem müssen Waffenbesitzer regelmäßig auf ihre körperlichen und vor allen Dingen auch auf ihre geistigen Fähigkeiten zum Umgang mit Schusswaffen überprüft werden. Was für Piloten recht ist, muss für Waffenbesitzer billig sein. Auch in diesem Bereich ist eine jährliche Prüfung durchaus angemessen.

Natürlich dürfen die Kosten für diese Kontrollen nicht bei den notleidenden Kommunen verbleiben. Sie sind aus dem Landeshaushalt zu bestreiten. Deshalb wäre es der nächste Schritt, eine Abgabe für Waffenbesitzer einzuführen, mit der diese Kontrollen und Überprüfungen in ausreichender Anzahl und mit entsprechender Fachkenntnis gegenfinanziert werden.

Nimmt man die Zahlen aus der Antwort auf die Kleine Anfrage, die ich der Landesregierung gestellt habe, so kommt man bei überschlägiger Rechnung auf eine Abgabe von circa 1.000 € pro Jahr und Waffe, damit die Kommunen ausreichend Personal für diese anspruchsvolle Aufgabe einstellen können.

Da wir aber alle wissen, dass diese Landesregierung zu solchen Schritten niemals die Kraft aufbringen wird, bleibt mir nur, an die kommunalen Gebietskörperschaften zu appellieren. Die Kontrolle von Schusswaffen und deren Besitzer ist keineswegs eine lästige Pflicht. Sie ist absolut notwendig, um die Sicherheit der Menschen in unserem Land zu gewährleisten und um deren Vertrauen in diesen Staat zu erhalten.

Wenn einzelne Kommunen diese Kontrollen aus finanziellen Gründen nicht angemessen durchführen können, dann müssen sie selbst eine Abgabe auf

Waffen einführen. Ich möchte sehen, ob der Innenminister dagegen sein Veto einlegt. Ich freue mich auf den Tag, an dem ein unabhängiges Gericht über dieses Veto entscheidet.

Im Übrigen bin ich mit der Ausschussüberweisung der Anträge sehr zufrieden.

(Beifall bei der LINKEN und SSW)

Für einen Dreiminutenbeitrag erteile ich der Frau Abgeordneten Anke Spoorendonk das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich darüber, dass wir im Ausschuss weiterdiskutieren werden. Ich werde daher auch nicht die Ausschussberatung vorwegnehmen.

Aber ich reagiere ziemlich empfindlich, wenn man mir süffisant vorhält, dass ich nicht einmal den Inhalt der von Silke Hinrichsen gestellten Kleinen Anfrage kenne. Diese Anfrage kenne ich sehr gut, lieber Kollege Koch. Darum sage ich nochmals zu Punkt 3: Uns ist natürlich bewusst, dass die Landesregierung, wenn es um das geplante nationale Waffenregister geht, sagt, vorgesehen sei, dass man den Zugriff auf das Waffenregister haben solle. Aber das reicht uns doch nicht, denn das Schlüsselwort in dem Antrag ist „gewährleisten“. Das muss auch umgesetzt werden. Dass es vorgesehen ist, reicht nicht. Die Landesregierung muss gewährleisten, und es muss realisiert werden, dass es auch in der Praxis routinemäßig und schnell funktionieren kann. Darum geht es. Das ist etwas ganz anderes, als dass etwas vorgesehen ist.

Noch etwas: Ich habe ausdrücklich darauf hingewiesen, dass eine kommunale Aufwandsteuer nicht der richtige Weg ist. Das kann man im Protokoll nachlesen, lieber Kollege Koch, wenn man nicht zugehört hat. Aber genau das habe ich hier gesagt.

Wichtig ist, noch einmal festzuhalten, dass in § 36 des Waffengesetzes steht, dass verdachtsunabhängige Kontrollen durchgeführt werden sollen. Darum geht es doch, denn die Kleinen Anfragen haben deutlich gemacht, wie schwierig es ist, verdachtsunabhängige Kontrollen durchzuführen.

Da habe ich noch gar nicht angesprochen, dass in der Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage von Silke Hinrichsen Zahlen aus dem Jahr 2009 veröffentlicht werden. Ich bitte darum, dass man sich das auf der Zunge zergehen lässt. Wir ha

(Heinz-Werner Jezewski)

ben mittlerweile 2011. Also man hat nicht einmal neuere Zahlen. Ich hoffe, dass die Zahlen heute schon anders aussehen als 2009. Aber in der Antwort auf die Kleine Anfrage geht man von 2009 aus. Das finde ich schon ziemlich bedenklich.

Wenn es möglich ist, eine andere Lösung zu finden, wie diese geforderten verdachtsunabhängigen Kontrollen finanziert und durchgeführt werden können, dann bin ich doch total flexibel und sage: Dann machen wir das so. Das ist auch einfacher, als irgendetwas Neues einzuführen.

Lieber Kollege Dolgner, das war ja ein niedliches Beispiel mit diesem Schaumweingesetz. Ich bitte darum, dass man sich vor Augen hält -

(Dr. Kai Dolgner [SPD]: 420 Millionen € sind eine riesige Summe! Die könnten wir gut gebrauchen!)

- Ihr Beispiel war niedlich; dabei bleibe ich. Aber ich bitte doch darum festzuhalten, was Sinn dieser Initiative sein sollte. Uns muss doch die Frage beschäftigen: Wie können wir diese verdachtsunabhängigen Kontrollen so durchführen, dass sie dann auch Wirkung erzielen? Das ist doch die Kernfrage.