Protokoll der Sitzung vom 16.11.2011

Herr Kollege Jezewski, ich bin heilfroh, dass Sie das GdP-Journal zitieren. Auch darauf, auf andere Artikel will ich zurückkommen, wenn wir uns über

(Anke Spoorendonk)

andere Punkte streiten. Ich bin froh, dass sich DIE LINKE heute hinter die Polizei gestellt hat. In anderen Fragen, über die wir sicherlich auch in anderer Zusammensetzung diskutieren werden, werde ich darauf noch zurückkommen. Es kann aber nicht schaden, das GdP-Journal zu lesen. Da lernt man Dinge auch einmal aus einem anderen Blickwinkel kennen.

(Beifall bei der SPD und der Abgeordneten Antje Jansen [DIE LINKE])

Zu einem weiteren Dreiminutenbeitrag erteile ich Herrn Abgeordneten Kalinka das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Kollege Fürter hat en passant einen Gedanken in die Debatte gebracht, der es lohnt, ihn nicht verschwinden zu lassen. Er passt nur mittelbar zum Thema, aber zum Gesamtkonzept der Polizei. Es handelt sich nämlich die Frage, ob und wie lange wir es uns leisten können, bei Veranstaltungen, mit denen Geld verdient wird, also professionellen Veranstaltungen, den Polizeieinsatz kostenfrei zu machen. Ich erleide manchmal das Schicksal, dass ich im Lande früh Themen anspreche und dann die Akzeptanz so ganz allmählich steigt. Das ist kein neuer Vorschlag. Ich meine, das ist schon ein Punkt, der es sich lohnt, genannt und festgehalten zu werden: Können wir es uns wirklich weiter leisten, Spiele der 1. oder 2. Bundesliga oder andere Veranstaltungen, bei denen sehr viel Geld verdient wird, kostenfrei von der Polizei begleiten zu lassen? Das muss diskutiert werden dürfen. Ob man das für Präventionsmaßnahmen ausgibt oder anders -

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Baasch [SPD])

- Ich weiß. Es ist klar. Die eingefleischten Fußballfans sagen: Ihr könnt über alles reden, nur darüber nicht. Auch ich bin Fußballfan. Deswegen sage ich: Man muss die Frage fair diskutieren.

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Baasch [SPD])

- Herr Kollege Baasch, machen Sie Ihren Kopf doch nicht gleich zu! - Man muss über solche Fragen zumindest diskutieren können. Ich möchte bei dieser Debatte festhalten,

(Beifall bei CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

dass dies ein Punkt ist, der ganz automatisch in der künftigen Diskussion kommen wird. Wie wollen wir eigentlich den Menschen mitteilen, dass wir kein Geld haben, dass der Staat aber bereit ist, bestimmte Dinge, die Geld kosten, kostenfrei zu erbringen? Ich denke, dieser Punkt ist es wert, aufgenommen zu werden.

(Beifall bei CDU und FDP)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung. Ich stelle fest, dass der Berichtsantrag, Drucksache 17/1900, durch die Berichterstattung der Landesregierung seine Erledigung gefunden hat. Der Tagesordnungspunkt ist erledigt.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 11 auf:

Erste Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Aufhebung des Gesetzes zur Neuordnung des Glücksspiels (Glücksspielgesetz)

Gesetzentwurf der Fraktion der SPD Drucksache 17/1956

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall.

Ich eröffne die Grundsatzberatung und erteile dem Vorsitzenden der Fraktion der SPD, Herrn Abgeordneten Dr. Stegner, das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Da ich nicht schon wieder dieses berühmte Indianersprichwort mit dem Pferd zitieren will, sage ich einmal so: CDU und FDP saßen hier beim Glücksspielgesetz scheinbar ganz fest im Sattel, aber das Pferd ist schon lange tot, wobei ich zugeben möchte, dass wir von Anfang an der Meinung waren, dass Ihr schleswig-holsteinischer Glücksspielgaul ein Fall für den Abdecker ist. Geben Sie zu, Sie haben sich verzockt, haben alles auf eine Karte gesetzt, geblufft und haben verloren. Kein einziges Bundesland ist Ihnen gefolgt. Im Gegenteil, die anderen 15 Länder haben sich auf einen Staatsvertrag geeinigt, der EU-Vorgaben berücksichtigt, wobei ich einschieben möchte, dass ich diese Vorgaben, die den dominanten marktradikalen Glaubensätzen der EU-Kommission geschuldet

(Dr. Kai Dolgner)

sind, bedauere. Aber es ist Recht, man muss es akzeptieren; man weiß ja, woher es kommt.

Auch in dem Staatsvertrag der anderen Länder sind nun Elemente für das private Glücksspiel enthalten. Diese sind ungleich schwerer zu kanalisieren, und der Suchtverhinderungsgedanke ist ungleich schwerer durchzusetzen. Dennoch haben sich die Regierungen der anderen 15 Länder entschlossen, das Kind nicht mit dem Bade auszuschütten, sondern mit dem Wasser umzugehen, das sie noch verwenden dürfen.

Leider haben Sie sich nur verzockt. Sie spielen auch unfair, indem Sie offen darauf spekulieren, Einnahmen nach Schleswig-Holstein umzulenken und den möglichen Standortwechsel von Faber als Heldentat feiern. Das ist Politik auf Kosten anderer Bundesländer und wird nicht ohne Konsequenzen bleiben.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Wie können wir bei einer solchen Freude über unsolidarische Abwerbeversuche noch die Solidarität anderer Länder erwarten, wenn es darum geht, gemeinsame Interessen beim Bund durchzusetzen?

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Ein Teil der von Ihnen spekulierten Einnahmen wird, wenn ich die Kollegin Heinold richtig verstanden habe, künftig zur Verteilungsmasse des Länderfinanzausgleichs gehören. Auch da haben Sie sich verzockt.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Die Blamage ist leider nicht mehr rückgängig zu machen. Die Reputation wiederzugewinnen wird eine Aufgabe sein, der wir uns im nächsten Jahr nach dem 6. Mai wieder zu stellen haben. Dann heißt es nämlich für Schwarz-Gelb in SchleswigHolstein: Rien ne va plus. Das ist das, was Ihnen passieren wird, nichts geht mehr, für die FDP sowieso nicht. Was wir rückgängig machen werden, ist das unselige Gesetz. Dann könnten wir die unerträgliche Arroganz des „Wir warten auf die anderen 15“ zumindest ein bisschen abmildern.

Ich muss sagen, das mit der Seriosität ist schon hart. Ich fand es schon relativ schwierig, als ich den Herrn Kauder hörte, der am Wochenende in der Europadebatte doch tatsächlich gesagt hat: Jetzt wird in Europa wieder Deutsch gesprochen. Das ist eine Form von wirklich schwieriger Arroganz.

Aber wenn man sich das bei Ihnen anguckt, dann lese ich eine Pressemitteilung des Mittelstandsbeauftragten, der positiv auf illegale Handlungen Bezug nimmt, den Pokerweltmeister quasi als Vorbild der Jugend und als Beweis für die Richtigkeit des schleswig-holsteinischen Sonderweges rühmt. Dann könnte man auch Konstantin Wecker gleich als Grund für die Legalisierung von Kokain anführen.

(Heiterkeit und Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Ich sage Ihnen auch: Das illegale Online-Pokerspiel ist einer der bequemsten Wege der Geldwäsche. Wir hätten ja gleich noch Geldwäsche- und Prostitutionsgesetz mitberaten können. Das ist offenbar Ihre Vorstellung von Wertschöpfung in SchleswigHolstein. Das ist die Seriosität, mit der Sie hier arbeiten. Das blamiert das Land in der ganzen Republik.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Ich muss Ihnen ehrlich sagen, Herr Arp, ich weiß gar nicht, ob Sie sich mehr als Mittelstandsbeauftragter oder als Schatzmeister der CDU hier angesprochen fühlen; aber ich will Sie direkt ansprechen. Sie sollten bei solchen Themen weniger in die „Bild“-Zeitung gucken, sondern ab und zu auch einmal in den Wirtschaftsteil von Zeitungen. Der Punkt ist doch wirklich die Frage: Womit wollen wir eigentlich Wertschöpfung hier im Land machen? Wollen Sie wirklich sagen, wir sind konkurrenzlos, was mangelnde Seriosität angeht? Ist das Ihre Vorstellung von Wirtschaftsentwicklung?

Ich muss Ihnen ehrlich sagen: Jetzt haben Sie noch eine Chance. Wir Sozialdemokraten sind ja großzügige und tolerante Menschen.

(Lachen bei der CDU und FDP - Zurufe)

- Vor allen Dingen ich, Ihnen gegenüber bin ich grenzenlos großzügig. Ich werde Sie richtig vermissen, wenn Sie im nächsten Jahr nicht wiederkommen. Aber ich will Ihnen trotzdem sagen, Herr Kollege Kubicki: Sie haben heute die Chance, unserem Antrag zuzustimmen und dem Vertrag der anderen 15 Länder beizutreten. Hinterlassen Sie diesem Lande, wenn Sie sowieso in die Opposition geschickt werden, nicht auch noch den Schaden von jahrelangen Konzessionen mit einem Gesetz, das niemand will, das niemand richtig findet, das unseriös ist! Das ist genauso wie bei den anderen Punkten, von denen Sie immer sagen, sie seien so klasse. Beim Denkmalschutz machen Sie es anders als die

(Dr. Ralf Stegner)

ganze Republik. Hier machen Sie es anders als die ganze Republik. Sie sind immer viel besser als alle anderen, und die Geisterfahrer sind immer die anderen.

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

Wenn man so denkt, Herr Kollege Kubicki, dann schaut man ein bisschen zu oft in den Spiegel. Vielleicht sollten Sie auch einmal in eine andere Richtung gucken. Das ist das, was man Ihnen dringend empfehlen muss.

Wir haben ein sehr einfaches Gesetz gemacht, das verstehen Sie sofort. Ich bitte Sie sehr herzlich: Stimmen Sie dem Gesetz zu! Lassen Sie uns den Alleingang beenden und ein vernünftiges Glücksspielgesetz für Deutschland im Sinne des Glücksspielstaatsvertrages machen!

(Beifall bei SPD, der LINKEN und SSW)

Für die CDU-Fraktion hat der Herr Abgeordnete Hans-Jörn Arp das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte etwas zu einigen Bemerkungen sagen, zum Beispiel zu der, der Gesetzentwurf, den wir vorgelegt haben, sei zu flach und inhaltslos. Aber ich habe von Ihnen persönlich auch nichts anderes erwartet.

(Beifall bei CDU und FDP)

Meine Damen und Herren, das, was Sie hier ausgesagt haben, stimmt einfach nicht. Sie können nicht entscheiden, ob das notifiziert wird, ob das mit europäischem Recht vereinbar ist. Das können Sie nicht entscheiden, sondern das wird von denen entschieden, die dafür kompetent sind. Das sind Sie mit Sicherheit nicht.

Aber darum geht es hier gar nicht. Deshalb ist es vielleicht gar nicht schlecht, hier darüber zu diskutieren, was uns von dem Vertrag der anderen 15 Länder unterscheidet, rein sachlich, ganz ordentlich. Wir, CDU und FDP, sagen nach wie vor aus unserer Erkenntnis und der Erkenntnis vieler Wissenschaftler heraus: Sucht ist bei Lotto nicht angebracht. Sucht und Lotto passen nicht zusammen. Bei anderen Glücksspielen - darüber haben wir heute Morgen schon diskutiert - kann man sicherlich darüber diskutieren. Bei Lotto hält das aber einer wissenschaftlichen Betrachtung nicht stand.

Was die anderen 15 machen, die Sie mit Ihrem Antrag ja unterstützen wollen, ist nichts anderes, als dass Sie zukünftig Werbung für Lotto verbieten müssen, denn für etwas, was süchtig macht, dürfen Sie nicht werben. Das hat das Oberverwaltungsgericht in Münster kürzlich letztinstanzlich festgestellt. Das heißt, dass Sie in den Sportstadien, besonders beim Kollegen Beck in Rheinland-Pfalz, aber auch bei vielen anderen, für Lotto nicht mehr werben dürfen. Gerade die Nationalmannschaftspiele der letzten zehn Tage haben gezeigt, dass Lotto dort massiv wirbt.