Lassen mich einen letzten Punkt ansprechen. Das sind die Habilitationen. Wir haben in der Tat in Schleswig-Holstein einen Rückgang an Habilitationen. Der lässt sich aber leicht dadurch erklären, dass wir ja einen nicht mehr ganz so neuen Weg der Qualifikation haben. Das ist die Juniorprofessur. Insofern ist der Rückgang der Habilitationen mit einem Zuwachs der Juniorprofessuren zu erklären. Ich denke, damit haben wir auch hier ein abgestimmtes Bild.
Ich bedanke mich für die Fragestellung dieser Großen Anfrage, weil uns das Gelegenheit gegeben hat, einige positive Dinge mitzuteilen, und ich freue mich über die inzwischen eingetretene Aufmerksamkeit.
Der Minister hat die verabredete Redezeit um knapp eine Minute überzogen. Diese steht jetzt auch jeder Fraktion zur Verfügung. Ich erteile das Wort für die SPD-Fraktion Herrn Abgeordneten Martin Habersaat. Ich bitte darum, auch ihm die gleiche Aufmerksamkeit zu widmen.
Das ist nett. Vielen Dank, Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Doktores! Ein Doktortitel soll mehr sein als ein Namenszusatz auf dem Türschild. Bei den Anwesenden ist das auch so. Darum muss der Standard von Dissertationen als eigenständige Forschungsleistung gesichert sein. Wir brauchen nicht nur viele Promotionen an unseren Hochschulen, sondern viele besonders gute. Da lohnt ein genauerer Blick. Für die umfangreichen Fakten und Daten bedanke ich mich bei den beteiligten Ministerien und ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie bei den befragten Einrichtungen, denen wir einiges zugemutet haben; das sehen wir ein.
Herr Minister, wir haben mit manchen Fragestellungen Neuland betreten. Deswegen finden wir es völlig in Ordnung, dass nicht alle Daten in dem Umfang vorliegen. Wenn manches davon in Zukunft laufend erfasst wird, wird uns das für zukünftige Diskussionen möglicherweise dienlich sein.
Es bleiben allerdings auch einige Fragen offen, und in einigen Bereichen besteht Handlungsbedarf. Dazu hat auch der Wissenschaftsrat vorgestern einige Empfehlungen formuliert. Die Zahl der Promotionen nimmt ab, das Interesse an wissenschaftlichen Karrieren lässt nach. Obwohl ein Doktortitel für Ärzte entbehrlich ist, promovieren noch immer fast 60 % der angehenden Mediziner. Die machen dann fast ein Drittel aller Promotionen aus. Die Qualität vieler dieser Dissertationen steht in der Kritik, weil ihr Niveau an anderen Fakultäten eher für eine Diplom- oder Masterarbeit ausreichen würde. Unsere beiden betroffenen Universitäten überprüfen bereits - gemäß dem KMK-Beschluss von 2006 - stetig die Qualität dieser medizinischen Dissertationen.
Eine gute Dissertation - egal, in welchem Fachbereich - setzt eine intensive, kritische Betreuung voraus, Hochschullehrer, die ihren Doktoranden unterstützend, beratend, aber auch kontrollierend zur Seite stehen. Die Antwort der Landesregierung sagt nichts über den Betreuungsaufwand aus, auch nichts darüber, warum immer noch so viele Professoren über Jahre hinweg keine einzige Promotionsarbeit betreuen. Dass es so ist, dass da nichts ausgesagt wird, liegt sicherlich auch an den Grenzen der statistischen Möglichkeiten, aber ich will einmal offen fragen, ob derjenige, der das Privileg, Nachwuchswissenschaftler zu betreuen, nicht ernst nimmt, nicht auch darauf verzichten sollte, dieses Privileg zu haben. Das geböte die Fairness gegenüber denjenigen, die ihre Verantwortung ernst nehmen.
Gerade nach den letzten Ereignissen kann nicht gelten, dass akademische Abschlüsse, auf die sich berufliche Karrieren gründen, ausschließlich durch das Privileg der Freiheit von Forschung und Lehre abgedeckt sind. Der Wissenschaftsrat rät daher zu festen Betreuungsvereinbarungen zwischen Doktoranden, Betreuern und Promotionskomitees der Hochschulen.
Das Dauerproblem der mangelhaften finanziellen Absicherung führt zu unangemessen langen Bearbeitungszeiten für Dissertationsprojekte. Wenn wir den wissenschaftlichen Nachwuchs auch weiterhin gezielt in Lehr- und Forschungstätigkeiten bringen wollen, muss dieser Weg vereinfacht und verkürzt werden. Wir hoffen, dass sich durch die Umstellung
auf Bachelor- und Masterstudiengänge das Durchschnittsalter und die durchschnittliche Studienzeit der Promovierenden verringern. Trotz der Skepsis des Wissenschaftsrats sollten wir die Erfahrungen anderer Länder und Staaten auswerten, ob FastTrack-Promotionen - ohne Master - für besonders talentierte und engagierte Studierende sinnvoll sind.
Auch die Bewertungen müssen überprüft werden. Unterschiede zwischen Bundesländern, Hochschulen oder Fakultäten dürfen nicht zu Wettbewerbsverzerrungen führen. Der Wissenschaftsrat empfiehlt, nach dem Vorbild anderer Staaten auf eine zweistufige Beurteilung überzugehen, die nur noch zwischen „bestanden“ und „mit Auszeichnung bestanden“ unterscheidet.
Die Habilitation ist genau wie die Promotion auf dem Rückzug. Mit der Einrichtung der Juniorprofessur mit all ihren Problemen hat das jedoch - das ist zumindest meine Einschätzung - eher weniger zu tun, zumal die Habilitation für viele die wichtigste Qualifikation auf dem Weg zu universitärer Forschung und Lehre ist und bleibt. Es bestünde also auch in diesem Bereich Handlungsbedarf.
Alternative Qualifikationsmöglichkeiten müssen an einigen Universitäten und vielen Fakultäten besser integriert werden. Die Tatsache, dass die Mehrheit der Juniorprofessoren - und auch die Habilitierten innerhalb von drei Jahren eine Professur übernehmen, zeigt, dass die Qualifikationen aus SchleswigHolstein von guter Qualität sind. Da wären wir bei der Reihe der guten Nachrichten, die wir heute verkünden können.
Wir müssen trotzdem weiterhin die Neu-Promovierten und Neu-Habilitierten sowie die Juniorprofessoren bei uns in Schleswig-Holstein halten - im Interesse unserer Wissenschaft und auch unserer Wirtschaft.
Heute ist fast jede zweite Dissertation auch in der Mathematik und den Naturwissenschaften die Arbeit einer Frau. Auch die Juniorprofessuren werden fast zur Hälfte mit weiblichem Personal besetzt. Bei den Habilitationen muss sich aber unserer Meinung nach bei einem Verhältnis von fünf zu eins
noch einiges ändern. Wir bitten darum, die Antwort auf die Große Anfrage insgesamt zur abschließenden Beratung an den Bildungsausschuss zu überweisen.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Am Anfang möchte ich nach dem Redebeitrag vom Kollegen Habersaat ein wenig Schärfe in die Debatte hineinbringen. Ich will mich in aller Klarheit bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Ministerium für den Einsatz bei der Erstellung der Antwort bedanken,
insbesondere allerdings auch bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Universitäten in dem Bereich, weil es wirklich eine Fleißarbeit gewesen ist, die hier geleistet werden musste.
Ich schätze den Erkenntnisgewinn Ihrer Anfrage wenn ich das etwas despektierlich sagen will - als nicht sonderlich hoch ein, was allerdings weniger an den Antworten, sondern vielmehr an den Fragen liegt, die Sie gestellt haben. Manchmal war man auch ganz froh, wenn man die nicht beantworten konnte, weil kein statistisches Material zur Verfügung stand, weil einem die Antwort schlicht und ergreifend gar nicht interessiert hätte beziehungsweise man gar nicht erkennen konnte, welchen Erkenntnisgewinn Sie überhaupt für Ihre persönliche Arbeit aus der Antwort auf die Frage, die Sie gestellt haben, ziehen wollten.
Wenn ich als Beispiel die Frage nehme, ob seit 1945 irgendwann einmal eine Promotion wegen wie hieß das Wort? - Unwürdigkeit der bestimmten Person entzogen wurde, frage ich mich, welchen Erkenntnisgewinn man daraus zieht, wenn gesagt worden wäre, dass 1951 irgendeine Promotion einmal entzogen worden wäre. Was soll das für unsere heutige politische Arbeit für eine Bewandtnis haben? Ich finde das schlicht und ergreifend ein bisschen komisch, dass man damit Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter belastet, solche Fragen, die viel
leicht historischen Wert haben, zu beantworten. Vielleicht promoviert jemand in dem Bereich und braucht ein paar Erkenntnisse. Ich weiß nicht, was solche Fragen in einer solchen Anfrage sollen.
Was wir von Interesse finden, wenn wir uns im Bildungsausschuss darüber unterhalten, ist - das hatte der Herr Minister vorhin auch gesagt -: Durch die Exzellenzinitiative ist es uns gelungen, bessere Förderung der postgraduierten universitären Laufbahn hier in Schleswig-Holstein in den Graduierten-Zentren hinzubekommen.
Wir konnten feststellen, dass das Promotionsrecht an den verschiedenen Hochschulen unterschiedlich ist. Ich halte es auch für gut, dass es so ist. Das ist in der Antwort auf die Anfrage auch unterstrichen worden. Ich finde, der Umstand, dass Promotionen in der Regel bestanden werden, ist erfreulich. Es ist gut, dass man so etwas nachlesen kann. Es ist natürlich auch wichtig, dass die Einhaltung von wissenschaftlichen Standards an schleswig-holsteinischen Hochschulen eine Selbstverständlichkeit ist, dass es hier auch dokumentiert werden konnte und dass es keine Rücknahme von Doktortiteln in unserem Land geben musste.
Es gibt je nach Fakultät unterschiedliche Ausgestaltungen der Zulassungsvoraussetzungen für Promotionen und Habilitationen. An der CAU gibt es derzeit noch nicht die Möglichkeit, im Anschluss an ein Bachelorstudium zu promovieren. Ich denke, das kann sich - vielleicht sollte es sich auch - in Zukunft ändern. Es ist positiv zu bewerten, dass alle Hochschulen Promotionsstipendien vergeben.
Ich denke, das Einzige, was für die Zukunft hilfreich wäre, wäre, wenn es eine genauere Erfassung darüber gäbe, was die Aussagen zur Erfolgsquote und Dauerpromotion angeht. Ich kann erkennen, dass man da vielleicht noch ein bisschen Handlungsbedarf sieht, wenn man eine solche Anfrage stellt. Ich glaube, dass die Zahl der Habilitationen insgesamt - zusammen mit den Juniorprofessuren gesteigert werden kann. Ich denke, das sind die einzigen Punkte, die man hieraus ziehen könnte. Wir stimmen aber der Überweisung an den Bildungsausschuss zu.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kollegen und Kolleginnen! An erster Stelle möchte ich mich bei den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen des Ministeriums für die umfangreichen Antworten auf die Große Anfrage für Promotionen und Habilitationen in Schleswig-Holstein ganz herzlich bedanken.
Die Fragen in der Großen Anfrage der SPD beziehen sich auf Themen von Verfahren der Zulassung, der Betreuung und der finanziellen und organisatorischen Unterstützungsmöglichkeiten bis hin zur Frage nach möglichen Rücknahmen von verliehenen Titeln. Ich glaube, der Grund, warum zu diesem Zeitpunkt diese Frage gestellt wurde, ist allen klar. Zum einen wurde sie vor dem Hintergrund des Auftauchens verschiedener Plagiate in den vergangenen Monaten gestellt, zum anderen vor dem Hintergrund der Prüfung der Universität Würzburg, ob es in der Vergangenheit zu einem Handel mit Promotionen, die nicht dem wissenschaftlichen Standard entsprechen, an der Universität gekommen ist.
Liebe Kollegen und Kolleginnen, die Promotion ist der höchste akademische Grad. Da ist es nur natürlich, dass an den Erwerb dieses Grades hohe, ja höchste Anforderungen gestellt werden. Dies wird bei den deutschen Universitäten grundsätzlich sowohl durch das zweistufige Prüfungsverfahren schriftliche Arbeit, mündliche Prüfung - als auch durch die obligatorische Pflicht zur Veröffentlichung gewährleistet. Das ist in Schleswig-Holstein nicht anders als anderswo in Deutschland.
Grundsätzlich sollte es zwischen Promovend und Doktorvater ein Vertrauensverhältnis geben. Es ist kein Geheimnis, dass es durchaus vorkommt, dass dieses Vertrauen von einer Seite missbraucht wird. Wenn also ein Doktorvater die Dienste und das Wissen seines Promovenden nutzt, um unter seinem eigenen Namen einen neuen Artikel schreiben zu lassen, dann ist das ebenso wenig hinnehmbar wie eine durch und durch plagiierte oder gar gekaufte Doktorarbeit.
Um es klar zu sagen: Wer plagiiert oder sonstwie täuscht, überschreitet nicht nur juristische Grenzen, sondern verstößt auch gegen den wissenschaftlichen Kodex.
Der Ruf der Wissenschaft hat in den jüngsten unterschiedlichen Auseinandersetzungen mit Plagiaten und Anerkennungen von Arbeiten, die nicht dem wissenschaftlichen Standard entsprechen, gelitten. Die Wissenschaft allerdings unter Generalverdacht zu stellen oder abzuqualifizieren, schadet nicht nur den an den Hochschulen tätigen Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnenn, sondern dem gesamten Ansehen der Hochschulen. Studierende haben schon heute manchmal das Gefühl, sich für ihre Ausbildung und deren Inhalte rechtfertigen zu müssen.
Aufgabe der Politik ist es, dass wir uns weiterhin klar zur Wissenschaft im Land bekennen und sie entsprechend fördern.
Die Antwort auf die Frage nach der Entziehung des Doktortitels wegen Unwürdigkeit des Promovierten zeigt uns, dass das Unrecht, das jüdischen Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen während der Zeit des Nationalsozialismus in Schleswig-Holstein widerfahren ist, nach 1945 deutlich verurteilt und geheilt wurde.
Es wird also klar, dass die Promotions- und Habilitationsordnungen Regelungen für alle relevanten Fälle enthalten. Es bedarf aus unserer Sicht - das belegen auch die Antworten auf die Große Anfrage - keiner Nachbesserung, auch nicht über erweiterte Zielvereinbarungen.