Protokoll der Sitzung vom 16.12.2011

Bis heute ist „keine deutsche Gesamtstrategie oder Initiative erkennbar“, so zum Beispiel Sebastian Fiedler vom Bund Deutscher Kriminalbeamter. Zwar gibt es seit 1993 das Geldwäschegesetz. Doch wie wenig es bewirkt, lässt sich schon an den spärlich gemeldeten Verdachtsmomenten ablesen, Herr Arp. So gab es 2010 keine Verdachtsanzeige von Immobilienmaklern, obwohl die Immobilienbranche neben Juwelieren, Finanzunternehmen oder Spielbanken zu den Topgefilden für Geldwäscher gehört.

Da hilft auch nicht das Gesetz zur Optimierung der Geldwäscheprävention, Frau Brand-Hückstädt. Tatsächlich haben wir nicht zugestimmt. Das Gesetz liegt ja, glaube ich, zurzeit gerade im Bundesrat. Warum haben wir nicht zugestimmt? Weil es ungenügend ist.

Wichtige Bereiche des Nichtfinanzsektors, die für die organisierte Kriminalität von großer Bedeutung sind, wie etwa eben Glücksspielautomatenbetriebe, werden gar nicht adressiert. Es fehlt an Regeln für Spielhallen und für das Online-Glücksspiel.

Aus den Reihen der Finanzverwaltung sind eher weniger als mehr Verdachtsmeldungen zu befürchten, wenn § 31 b Satz 2 der Abgabenordnung wie im Entwurf vorgesehen novelliert wird; so Eigenthaler von der DSTG.

(Ulrich Schippels)

Völlig inakzeptabel ist die weiterhin völlig zerfledderte föderale Zuständigkeit für die Beaufsichtigung des Nichtfinanzsektors. Meine Damen und Herren, deshalb können wir dem nicht zustimmen.

Maßgeblich steht und fällt der Erfolg im Kampf gegen die Geldwäsche jedoch mit der personellen Ausstattung der entsprechenden Behörden. Hier haben Koalition und Bundesregierung noch keinerlei Engagement gezeigt, obwohl das Kostenargument an der Stelle wohl kaum ziehen kann. Denn in Anbetracht von 50 Milliarden € kriminell erwirtschafteten Geldes kann bei ernsthaftem Engagement gegen die Geldwäsche und bei Beherzigung der Vorschläge, wie sie etwa der BDK mit der Einrichtung einer vierten Säule bei der Bekämpfung vermögensorientierter Straftaten fordert, ein Mehrfaches des Aufwandes konfisziert werden. Ein Großteil davon dürfte dann wohl an den Staat fallen. Aber dafür fehlt offensichtlich der politische Wille.

(Beifall bei der LINKEN)

Für die Fraktion des SSW hat der Herr Abgeordnete Lars Harms das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In Sachen Glücksspiel macht die Landesregierung wahrlich keine gute Figur. Zum einen lässt sich da der eine oder andere politisch Verantwortliche auf Kosten der Lobby hofieren. Zum anderen ist das Verfahren zum Glücksspielgesetz von Hektik und Pannen begleitet und hat im Ergebnis dazu geführt, dass sich Schleswig-Holstein in dieser wichtigen Sache aus der Gemeinschaft der Länder ausschließt. Nicht zuletzt bestätigt auch das Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes zur Rechtmäßigkeit der Glücksspielabgabe in SchleswigHolstein den Eindruck, dass hier unsauber gearbeitet wurde. Und ganz grundsätzlich hat der SSW wiederholt davor gewarnt, dass die weitgehende Liberalisierung zu mehr Spielern und damit auch zu mehr Spielsüchtigen führen wird - eine traurige Gewissheit, an der leider auch das von CDU und FDP vorgelegte Spielhallengesetz nichts zu ändern vermag.

Dass heute - mit Blick auf den Zusammenhang zwischen Geldwäsche und Glücksspiel - weitere Ungereimtheiten, oder besser Unsauberkeiten, deutlich werden, passt also gut ins Bild. Vor dem Hintergrund des auslaufenden Staatsvertrages halten wir

es jedenfalls für sehr verwunderlich, dass dieses Problem nicht bedacht wurde. Dabei ist der Zusammenhang zwischen Glücksspielangeboten und dem Tatbestand der Geldwäsche seit Langem bekannt. Vor allem für den Bereich der Online-Casinos wird von Experten immer wieder darauf hingewiesen, dass trotz modernster Technik kaum kontrolliert werden kann, wer wann wie viel Geld einsetzt.

Dass aber auch der wachsende legale OnlineGlücksspielmarkt unzählige weitere Möglichkeiten bietet und diese dann sogar noch erleichtert, um dann auch anonym sein Geld zu waschen, ist ganz einfach erschreckend. Für den SSW steht jedenfalls fest: Unabhängig davon, für wie viele Anbieter dieser Bereich zukünftig geöffnet wird, ist zu befürchten, dass das Ausmaß der Geldwäsche zunehmen wird. Es ist eine politische Verantwortung, sich dieser Sache dann entsprechend anzunehmen.

Wir müssen leider feststellen, dass das bisher in Deutschland geltende Verbot von Online-Glücksspielen weder Anbieter noch Spieler wirksam abschreckt. Natürlich darf man sich da nichts vormachen. Nicht nur bei Online-Wetten, sondern auch in Online-Casinos wird seit Jahren Geldwäsche betrieben. Dass es hier nicht um Peanuts geht, dürfte angesichts der Umsätze in dieser Branche klar sein. Offensichtlich hat man vor dem Problem bisher lieber die Augen verschlossen, statt zu handeln. Diese Tatsache ist aus Sicht des SSW mehr als enttäuschend. Wir hätten es für das Mindeste gehalten, dieses Problem zumindest in Verbindung mit der notwendigen Neuordnung des Glücksspiels dann auch wirklich anzugehen.

Dabei ist klar, was passieren muss, um Geldwäsche zumindest zu erschweren: Neben der Suchtgefahr müssen die verschiedenen Glücksspielformen genau auf die jeweilige Möglichkeit, illegal Geld zu waschen, geprüft werden. Im Anschluss müssen dann schnellstmöglich die entsprechenden Änderungen im Geldwäschegesetz des Bundes her; die gerade beschlossenen gehen nämlich nicht weit genug. Es muss dringend eine Lösung für sowohl den Online-Sportwettenmarkt wie auch für den Online-Casinobereich her. Dabei darf es keine Sonderwege Schleswig-Holsteins geben, indem Spiele zugelassen werden, die anderswo in Deutschland verboten sind.

(Beifall beim SSW und vereinzelt bei der SPD)

Dazu ist zu sagen, es wird schwierig werden, beim Geldwäschegesetz dann zwischen in Deutschland zugelassenen und in anderen Regionen Deutsch

(Ulrich Schippels)

lands verbotenen Spielen noch zu unterscheiden. Ich stelle mir das gerade gesetzgebungstechnisch vor, wenn man sagt, das eigentlich verbotene Spiel darf nicht zur Geldwäsche benutzt werden. Wenn es verboten ist, dann ist es verboten, dann darf es logischerweise auch nicht zur Geldwäsche benutzt werden. Aber darauf wirklich einen Gesetzestext aufzubauen, wird auch für Juristen, glaube ich, sehr, sehr schwierig werden.

Die von den Grünen in Ihrem Berichtsantrag aufgeworfenen Fragen zielen daher in die richtige Richtung. Wir erwarten vor allem, dass die Landesregierung die Aufnahme von Sportwett- beziehungsweise Pokeranbietern und von Online-Casinos und Spielhallen als Verpflichtete in das Geldwäschegesetz vorantreibt. Hierzu kann es keine Alternative geben, denn eine wirksame Bekämpfung der Geldwäsche wird nur gelingen, wenn wir möglichst alle Anbieter in allen Glücksspielbereichen in die Pflicht nehmen. Leider hat es die Landesregierung weder in Verbindung mit ihrem Glücksspielgesetz noch mit ihrem Gesetz für die Spielhallen geschafft, diese wichtige Aufgabe auch nur annähernd anzugehen.

Klar ist, dass eine weitgehende Liberalisierung die Probleme um die Geldwäsche nicht gerade verkleinern wird. Der Beitritt Schleswig-Holsteins zum Glücksspielstaatsvertrag aller anderen Länder ist aus Sicht des SSW deshalb überfällig. Nur in einem einheitlichen, bundesweiten Rechtsrahmen besteht die Chance, Geldwäsche wirksam zu bekämpfen. Das, meine Damen und Herren, sollte die eigentliche Richtschnur sein, die eine verantwortungsbewusste Landesregierung anlegen sollte. Alles andere ist völliger Unsinn.

(Beifall bei SSW, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN, der LINKEN und vereinzelt bei der SPD)

Das Wort für einen Dreiminutenbeitrag erteile ich dem Herrn Kollegen Wolfgang Kubicki.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich finde es bemerkenswert, dass der Vizepräsident des BKA hier mit der Erklärung zitiert wird, 99 % des illegalen Vermögens aus Geldwäsche würden nicht beschlagnahmt. Begeht er eine Strafvereitelung im Amt, oder wie soll ich mir das vorstellen?

(Ulrich Schippels [DIE LINKE]: Fragen Sie ihn!)

Der müsste ja normalerweise als Strafverfolgungsbehörde sofort einschreiten und zuschlagen.

Meine Damen und Herren, Herr Kollege Fürter, in 22 Ländern der Europäischen Union besteht ein Glücksspielrecht, das dem von Schleswig-Holstein entspricht, auch in Dänemark. Soll ich daraus lernen, dass die dortigen Behörden, die dortigen Regierungen der Geldwäsche Vorschub leisten, indem sie ein solches Regelwerk geschaffen haben?

Ich finde es auch ziemlich bemerkenswert, dass hier Unternehmen und auch Persönlichkeiten und Personen, die nicht die Gelegenheit haben, hier etwas darzustellen, mit Angriffen versehen werden, Herr Kollege Dr. Dolgner, von denen ich nicht genau weiß, ob Sie das machen wollen. Da ich langsam den Hals wirklich dick davon habe, dass wir, Kollege Arp und ich, in die kriminelle Ecke abgedrängt werden sollen, dass wir diffamiert werden sollen, will ich einen Vorgang dem Hohen Haus zur Kenntnis geben, der mich in dieser Phase dazu bewegt, etwas zu sagen, was ich normalerweise nicht sagen würde.

Der VfB Lübeck hat einen neuen Sponsor gefunden. Als die Verträge unterzeichnet waren und ich anwesend war, habe ich den „Lübecker Nachrichten“ entnehmen dürfen, dass Kollege Wolfgang Baasch Folgendes erklärt hat:

„Ich bin von dieser Entwicklung und von diesem Unternehmen nicht begeistert. Ich kann den finanziellen Zwang verstehen. Aber ich verstehe nicht, dass man die Lohmühle ausgerechnet an ein Glücksspielunternehmen verkauft.“

(Beifall bei der LINKEN)

Ich darf das Hohe Haus darüber unterrichten, dass ich in der Juli-Tagung des Landtags von dem Kollegen Baasch angesprochen worden bin, ob ich nicht für seinen Verein einen möglichen Sponsor aus diesem Bereich besorgen könne. Ich habe daraufhin Adressen vermittelt, nicht mehr und nicht weniger. Es kam daraufhin zu Vertragsverhandlungen und zum Abschluss eines Vertrags. Noch in der letzten Tagung hat mir der Kollege Baasch den Vertragsentwurf mit der Bitte übergeben, ihn durch mich als Rechtskundigen zu überprüfen, ob das in Ordnung sei. Ich habe ihn überprüft und habe zwei Punkte moniert. Er hat erklärt, das müsse geändert werden. Dann ist der Vertrag abgeschlossen worden. Ich bin vom VfB Lübeck gebeten worden,

(Lars Harms)

dorthin zu fahren - aus Dank dafür, dass dem Verein in einer sehr schwierigen Situation geholfen worden ist.

Ich habe diese Verlogenheit satt, auf der einen Seite diskreditiert zu werden, auf der anderen Seite kommen die gleichen Leute, Sozialdemokraten, zu mir und sagen: Mach etwas anderes.

(Beifall bei FDP und CDU)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. - Das Wort zu einem Dreiminutenbeitrag erteile ich dem Herrn Abgeordneten Dr. Ralf Stegner.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Frage, wie wir uns zum Thema Glücksspiel, Geldwäsche und ähnlichen Dingen hier verhalten, wie das Fraktionen tun, wie sie sich politisch dazu äußern, ist das eine, darüber kann man streiten, darüber gibt es erkennbar völlig unterschiedliche Auffassungen.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Dann musst du aber nicht klatschen!)

Hier hinzugehen und einen Vorgang, den ich im Übrigen gar nicht kenne, sozusagen gegen einen Kollegen, der sich übrigens zu dieser Frage hier im Plenum nicht geäußert hat, in dieser Weise vorzutragen, der erkennbar in einen Bereich gehört, der nicht öffentlich ist, ist parlamentarisch nicht in Ordnung und gehört sich nicht.

(Beifall bei der SPD)

Wenn Sie mit einem Abgeordneten des Hauses etwas persönlich zu klären haben, dann tun Sie das außerhalb des Plenums, aber nicht vom Mikrofon im Plenarsaal aus! Das gehört sich nicht. Das ist erkennbar das schlechte Gewissen über andere Dinge, die hier angesprochen worden sind.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Das ist unglaub- lich!)

Das ist menschlich nicht in Ordnung. Im Übrigen, muss ich sagen, glaube ich nicht, dass jemand, der Sie als Jurist konsultiert, Sie ermächtigt hat, dies dem Hause öffentlich mitzuteilen, wenn ich das einmal ganz deutlich sagen darf.

(Beifall bei der SPD - Glocke des Präsiden- ten)

Die Spielregeln in der Berufsordnung sind, glaube ich, den Rechtsanwälten hier vertrauter als mir. Jedenfalls kann ich mir nicht vorstellen, dass man, wenn man in dieser Frage angesprochen wird, ermächtigt ist, vom Mikrofon des Landtags aus solche Aussagen zu machen. Das hat überhaupt nichts mit diesem Vorgang zu tun. Ich muss wirklich zurückweisen, dass die Bühne des Landtags für erkennbar private Fragestellungen benutzt wird.

Ansonsten wird meine Fraktion und jede andere hier politisch ihre Haltung vertreten und sich nicht einschüchtern lassen, von wem auch immer, der sich hier an das Mikrofon stellt und das versucht.

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Ich stelle zunächst fest, dass der Berichtsantrag Drucksache 17/2073 durch die Berichterstattung der Landesregierung seine Erledigung gefunden hat. Ein weiterer Antrag liegt nicht vor. Damit ist der Tagesordnungspunkt erledigt.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 14 auf:

Erste Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung landesplanungsrechtlicher Vorschriften (LaPlaÄndG)