Die 200 Seiten, die diese Antwort lang ist, lohnt es sich durchaus, nicht nur hier im Plenum zu diskutieren, sondern auch im zuständigen Fachausschuss. Wir werden einer entsprechenden Überweisung unsere Zustimmung geben.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Bologna als vermutlich ältester Hochschulstandort Europas ist Namenspatin für einen Prozess, der nicht weniger zum Ziel hatte als die Schaffung eines einheitlichen europäischen Hochschulraums. Zumindest hoffe ich, dass so ein europäischer Gedanke wichtigeres Leitmotiv war als Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigungsfähigkeit, wenn gleich ich im Gegensatz möglicherweise zu den LINKEN gegen die beiden letzteren Motive grundsätzlich nichts einzuwenden hätte.
Die Umsetzung der Vereinbarungen, die die europäischen Bildungsminister vor zwölf Jahren zur Erreichung dieses Ziels verabschiedet haben, hat die Hochschulen im zurückliegenden Jahrzehnt umgekrempelt und ist auch nicht ohne Fehler und Verwerfungen geblieben. Wir alle haben noch die Proteste der Studierenden vor Augen, auch in Schleswig-Holstein, die uns gesagt haben, ein erfolgreiches Studium sei unter den gewandelten Bedingungen nicht mehr möglich.
Auf der anderen Seite gab es auch ein sehr positives Feedback. Der Minister hat auf die aktuelle Umfrage an der CAU hingewiesen. Danach haben sich nur noch 6 % der Bachelor-Studierenden mit ihren Studienbedingungen unzufrieden erklärt. 82 % haben sich zufrieden oder sogar sehr zufrieden geäußert. Da gab es vor drei Jahren noch ein schlechteres Bild.
Daran zeigt sich, dass unsere Hochschulen lernende Systeme sind. Die Voraussetzungen dafür sind geschaffen worden, als wir uns von dem System der Detailkontrolle über die Hochschulen verabschiedet haben und die Autonomie der Hochschulen entscheidend ausgeweitet haben, wobei die Verantwortung von Parlament und Regierung durch Hoch
Es war eine richtige Initiative der Kollegen von den LINKEN, eine Gesamtbilanzierung des BolognaProzesses einzufordern. Ich danke dem Ministerium, seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und den Hochschulen selbst für dieses instruktive Papier.
Es zeigt uns aber auch erneut, welche Baustellen an den Hochschulen noch offen sind und welche die Hochschulen bereits abgearbeitet haben. Das betrifft ganz besonders die in der Anfangsphase übertriebene Prüfungsdichte, die es den Studierenden kaum noch erlaubt hat, über den Tellerrand ihres Fachstudiums hinauszuschauen. Wir sind aber grundsätzlich schon der Überzeugung, dass ein gestaffeltes, studienbegleitendes Prüfungssystem besser ist als eines, bei dem die Tagesform an den wenigen Prüfungstagen am Ende des Studiums ausschlaggebend für die weiteren beruflichen Chancen ist.
Die wirtschaftliche und soziale Situation der Studierenden muss ein Schwerpunkt der Hochschulpolitik sein. Studienfinanzierung, Wohnraum sowie Vereinbarkeit von Studium und Familie sind keine Nischenthemen, sie sind die Voraussetzungen für ein erfolgreiches Studium.
Finanzierbarkeit und Vereinbarkeit von Familie und Studium sind nicht gegeben, wenn es bei TeilzeitStudiengängen keine BAföG-Förderung gibt. Weitere Schwächen des gegenwärtigen BAföGs kamen in der letzten Sitzung des Dialogforums mit den Studierenden und Hochschulvertreten zur Sprache und müssen aufgearbeitet werden, soweit das von Schleswig-Holstein aus geht. Wir haben da ja leider nur bedingt Einflussmöglichkeiten.
In diesem Dialogforum mit den Hochschulen sollten wir ebenso wie im Bildungsausschuss den vorliegenden Bericht weiterberaten. Denn in fünf Minuten sind natürlich nur wenige Aspekte der 200 Seiten zur Sprache zu bringen. Vielleicht hat
auch der Bildungsminister eines Tages wieder einmal die Zeit und Gelegenheit, uns mit seiner Anwesenheit eine Freude zu machen.
Enden will ich mit einem Aspekt, der mir besonders wichtig ist: Der Austausch von Studierenden und Lehrenden innerhalb Europas soll verstärkt werden. Ich zitiere den Bericht:
An dieser Qualität, auch in anderen Bereichen der Hochschulpolitik, sollten wir gemeinsam arbeiten und auch solche Probleme nicht außer Acht lassen, vor denen die Hochschulen auch ohne den Bologna-Prozess stünden. Das Problem der Hochschulfinanzierung sei dabei ausdrücklich genannt.
Und ein Letztes: Studiengebühren sind aus unserer Sicht keine geeignete Lösung für eines dieser Probleme.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Der Bericht über die Umsetzung des Bologna-Prozesses zeigt viel Licht und nur wenig Schatten. Ich danke allen Beteiligten für die umfangreiche Bearbeitung der Großen Anfrage.
Der Bologna-Prozess hat am Anfang hohe Wellen geschlagen. Zwar begrüßten alle das Ziel der Schaffung eines einheitlichen und vergleichbaren europäischen Hochschulraums für eine hohe Mobilität und der damit verbundenen Freiheit im Studium. Allerdings wurde sehr bald eine von allen möglichen Seiten kritische bis ablehnende Haltung transportiert, bis hin zu dem vom Deutschen Hochschulverband veröffentlichten „Bologna-Schwarzbuch“, um den Prozess aufzuhalten. Das passierte - wie wir wissen - nicht.
Zunächst lässt sich feststellen, dass Schleswig-Holstein bereits 95 % aller Studiengänge auf das zweistufige System umgestellt hat. Damit liegen wir 13 Prozentpunkte über dem Bundesdurchschnitt. Der Ländercheck von 2009 hat ergeben, dass in Schleswig-Holstein der Praxisbezug besonders hoch ausgeprägt ist. Erfreulich ist meiner Ansicht nach, dass wir es in dieser Wahlperiode sukzessive
geschafft haben, die Anlaufschwierigkeiten im gesamten Prozess, die es eindeutig gab, zu einem guten Teil auszuräumen. Wir alle haben die großen Proteste der Studierenden noch lebendig vor Augen, bei denen über Arbeitsüberlastung, strukturelle Umsetzungs- und alltägliche Probleme im Zusammenhang mit der Bachelor- und Master-Einführung geklagt wurde. Da können wir durchaus froh sein, dass es relativ schnell gelungen ist, die vielen kleinen und größeren Schwierigkeiten zumindest zu reduzieren.
Liebe Kollegen und Kolleginnen, vor wenigen Tagen wurden diese erfreulichen Zahlen über die Zufriedenheit der Bachelor-Studenten an der Christian-Albrechts-Universität veröffentlicht. Daraus geht hervor, dass im Vergleich zum Jahr 2008 die Zufriedenheit - es wurde bereits schon erwähnt noch einmal um 10 Prozentpunkte auf jetzt 82 % gesteigert werden konnte. Das freut uns sehr. Ich möchte hinzufügen, dass es das große Verdienst der Verantwortlichen an der Christian-Albrechts-Universität ist, dass die Umsetzung des Bologna-Prozesses so reibungsarm wie nur möglich funktioniert. Die Ergebnisse der CAU zeigen, dass es durchaus auch auf die konkrete Umsetzung vor Ort ankommt, ob ein Studiengang leichter oder schwieriger läuft.
Es gibt jedoch auch strukturelle Probleme, bei denen - das geht aus dem Bericht hervor - noch Handlungsbedarf besteht. So heißt es zum Beispiel auf Seite 5 des Berichts, dass der Bachelor als erster berufsqualifizierender Abschluss noch eine zu geringe Akzeptanz habe. Zwölf Jahre nach Ingangsetzung des Bologna-Prozesses hat also ein zentraler Bestandteil dieser Reform, das etwas kürzere Studium im Bachelor, Schwierigkeiten, sich im praktischen Berufsleben durchzusetzen. Dies muss uns durchaus zu Denken geben, schicken wir damit doch Akademiker mit einem Abschluss in die berufliche Welt, die diese noch nicht richtig aufzunehmen gewillt ist.
Außerdem müssen wir uns fragen, warum es die Studierenden in Schleswig-Holstein verhältnismäßig selten ins europäische Ausland zieht beziehungsweise warum ausländische Studierende verhältnismäßig selten in Schleswig-Holstein studieren. Damit wird auch ein weiterer zentraler Bestandteil der Bologna-Reform, also die Möglichkeit, in Europa grenzüberschreitend studieren zu können, kaum faktisch umgesetzt. Die Frage muss erlaubt sein, was eine Internationalisierung der Hochschulen nützt, wenn sie nicht genutzt wird. Ich hoffe, dass die Möglichkeit, sein Studium interna
Abschließend möchte ich sagen, dass wir einige Ergebnisse dieses Berichtes sicherlich im Ausschuss eingehender besprechen müssen, und deshalb freue ich mich auf unsere Auseinandersetzung im Ausschuss.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister, vielen Dank an Ihr Haus und die Hochschulen für die Beantwortung der Großen Anfrage der Fraktion der LINKEN. Es werden viele wichtige Fragen gestellt, allerdings haben viele nicht ausschließlich etwas mit dem Bologna-Prozess zu tun. Ich denke zum Beispiel an die Familienfreundlichkeit der Hochschulen oder die Anzahl der Master-Studienplätze.
Ein großes Problem ist, dass in vielen wichtigen Fragen die Datengrundlage zu schlecht ist. Dies gilt zum Beispiel bei der Regelstudienzeit, der Stressbelastung der Studierenden und den Abbrecherquoten. Herr Minister, es kann nicht sein, dass Sie sehr viele Fragen nicht beantworten können und gleichzeitig erklären, dass die Datengrundlage ausreiche. Direkt übersetzt hätten Sie dann auch erklären können, dass Ihnen Studienabbrecher oder die Stressbelastung der Studierenden nicht so wichtig sind. Viele Diskussionen sind deshalb sehr subjektiv, und eine politische Bewertung wird dadurch nicht einfacher.
Grundsätzlich ist das Ziel der Bologna-Erklärung der ursprünglichen Erklärung, die gar nicht so umfangreich ist, wenn man sich das einmal genauer anschaut -, mehr Mobilität für Studierende und einen gemeinsamen europäischen Hochschulraum zu schaffen, unterstützenswert. Leider ist danach vieles schiefgelaufen. Wer nun aber Debatten führen will, die man damals verpasst hat, wird hochschulpolitisch keine Verbesserungen erreichen.
Meine persönliche Erfahrung aus Dänemark zeigt, dass man innerhalb des Bologna-Prozesses auch ganz anders mit dem Thema Bachelor- und MasterStudiengänge umgehen kann. So kann man bei
spielweise an der Universität Roskilde durch Gruppenprüfungen und eine Art Studium Generale im Bachelor mit viel Freiheit und auf ganz anderen Wegen als im klassischen Studium studieren.
Auch gibt es in Dänemark eine Reihe von Studiengängen, in dessen die Mehrheit der ECTS-Punkte nicht durch Herumsitzen in irgendwelchen Massenvorlesungen erzielt wird, sondern beispielsweise durch das Schreiben von Forschungsarbeiten in Studierendengruppen. Auch das ist ein Ansatz, der innerhalb des Bologna-Prozesses in anderen Ländern, zum Beispiel in den Niederlanden, möglich ist. Es geht also auch anders.
Das größte Problem bei uns ist die Frage der Zuständigkeit. Landesministerien, die Kultusministerkonferenz mit mehr oder weniger demokratischen Arbeitsgruppen und die Hochschulen haben sich die Verantwortung für die Umsetzung des Bologna-Prozesses aufgeteilt. Es gibt keine klaren Verantwortlichkeiten. Das führt zu Problemen. Immer wenn es Kritik gab, auch im Rahmen der Studierendenproteste, war eines der größten Probleme, dass das Ministerium gesagt hat, das liege bei den Hochschulen, und die Hochschulen gesagt haben, das liege beim Ministerium. Keiner war so richtig zuständig. So kann es nicht weitergehen. Da müssen wir ran und gucken, wie man in den Strukturen klarere Verantwortlichkeiten schafft.
Wir Grünen glauben, dass sich automatisch Verbesserungen einstellen würden, wenn man den Studierenden mehr Mitbestimmungsrechte an den Hochschulen geben würde, wenn die Kritik viel direkter und unmittelbarer in Prozesse einbezogen werden kann, als wenn es auf das Goodwill von Hochschulleitung oder Ministerium ankommt. Wir fordern deshalb die paritätische Mitbestimmung in den Hochschulgremien und vielleicht sogar Vetorechte für die Studierenden in bestimmten Fragen.
Außerdem müssen wir uns überlegen, in welchen Fragen wir um Rahmengesetze oder Abkommen nicht herumkommen. Der Status quo reicht in vielen Fragen einfach nicht aus. Die Mobilität von Studierenden - auch das ist schon gesagt worden muss weiter gefördert werden. Das ist Konsens, das entnehme ich auch Ihren Äußerungen, Herr de Ja