Protokoll der Sitzung vom 16.12.2011

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht nun Herr Abgeordneter Thorsten Fürter.

Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Ich danke dem Ministerium für den Bericht. Er macht deutlich, dass es noch viel zu tun gibt. Ein Alleingang in Sachen Glücksspiel bedeutet zwingend auch einen Alleingang in Sachen Bekämpfung der Geldwäsche.

(Ingrid Brand-Hückstädt [FDP]: So ein Quatsch!)

Das Wort „Geldwäsche“ hört sich zunächst einmal harmlos an. Dahinter steckt aber ein knallhartes transnational organisiertes Verbrechen. Wir sollten verhindern, dass sich dieses in Deutschland ansiedelt. Wiederholt haben wir in diesem Haus gehört, dass die Polizei in Schleswig-Holstein aus dem letzten Loch pfeift. Wenn wir dann auch noch zur Pilgerstätte des Glücksspiels werden, wird die Kriminalität wie ein Rattenschwanz folgen. Dann folgen Identitätsdiebstahl über Kreditkarten, Phishing von Kontodaten, der Einsatz von Trojanern sowie organisierter Betrug und Geldwäsche.

(Vereinzelter Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Herr Abgeordneter, lassen Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Kubicki zu?

Ja, gern.

Kollege Fürter, habe ich Sie richtig verstanden, dass Sie gesagt haben, dass die 15 Ministerpräsidenten, die sich gestern darauf verständigt haben, Sportwetten in Deutschland zuzulassen und zu lizenzieren, damit der Kriminalität Vorschub leisten?

- Es ist so, dass organisiertes Glücksspiel im Internet Kriminalität nach sich zieht, die dann bekämpft werden muss. Natürlich führt das zu Kriminalität, genauso wie ein Angebot von Banken im Internet auch Kriminalität nach sich zieht, die dann bekämpft werden muss, und zwar von der hiesigen Polizei und der hiesigen Staatsanwaltschaft. Das ist völlig klar.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie wollen das Glücksspiel nach Schleswig-Holstein locken und merken gar nicht, wie durch die Hintertür die Kriminalität im Schlepptau mitkommt.

(Unruhe)

Unsere Sicherheitsinfrastruktur ist darauf nicht vorbereitet.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es darf auf keinen Fall passieren, dass Ihr Glücksspielsonderweg auch noch zu einem Bonusprogramm für das organisierte Verbrechen wird.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Wolfgang Kubicki [FDP]: Unglaublich!)

Ihr Kollege von der CDU aus Sachsen-Anhalt, Rainer Robra, hat gestern bei der Unterzeichnung des Glücksspielstaatsvertrags ausdrücklich auf die Gefahren von Online-Casinos hingewiesen. Deshalb weiß ich auch nicht, was die Aufregung hier soll. Er hat gesagt: Die Manipulationsgefahr, die Gefahr von Geldwäsche und vor allem die Suchtgefahr ist hier sehr groß.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist doch vollkommen klar. Ihre eigenen Leute sagen das. Deswegen verstehe ich Ihre Aufregung überhaupt nicht.

Der Bericht lässt wesentliche Fragen offen. Nennen wir beispielsweise die Staatsanwaltschaft. Wie ist sie in diesem Bereich aufgestellt? Selbstverständlich muss sich in Schleswig-Holstein in diesem Bereich ein besonderer Schwerpunkt herausbilden.

(Hans-Jörn Arp)

Gibt es ausreichend Personal für diese Sonderdezernate, die dann irgendwann eingerichtet werden müssen und die die besondere Verflechtung von Geldwäsche und Glücksspiel berücksichtigen?

Das Gleiche gilt für die Polizei. Woher nehmen wir das Geld für spezialisierte Ermittlungskapazitäten? Wir hören immer wieder, dass bei der Polizei bereits das Schießtraining ausgesetzt wurde. Dann sehe ich für die extrem aufwendigen Ermittlungen zur Geldwäsche in Schleswig-Holstein aber erst recht schwarz.

Herr Abgeordneter, lassen Sie eine weitere Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Wolfgang Kubicki zu?

Ja, einen hat er noch. Gerne.

Herr Kollege Fürter, ich versuche immer nachzuvollziehen, was Sie sagen. Wollen Sie freundlicherweise die Frage beantworten, ob das Land Schleswig-Holstein mit der Entscheidung in Richtung staatliche Casinos der Geldwäsche Vorschub geleistet und Kriminalität nach Schleswig-Holstein gezogen hat, oder ist das nur dann der Fall, wenn die Casinos privat betrieben werden?

- Das hat doch überhaupt nichts mit „privat“ oder „öffentlich“ zu tun.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Also hat das Land Schleswig-Holstein den Spielcasi- nos - -)

- Bei der Antwort bin ich dran und nicht Sie, Herr Kubicki. - Glücksspiel hat etwas mit Kriminalität zu tun, aber nicht in jedem Fall. Es gibt viele legale Glücksspiele. Glücksspiel hat aber immer auch eine gewisse Nähe zur Kriminalität. Glücksspiel wird zudem von Menschen betrieben, die etwas mit Kriminalität zu tun haben. Machen wir uns doch nichts vor. Das ist so. Das wissen wir doch. Dass Sie hier so tun, als hätte das eine mit dem anderen überhaupt nichts zu tun, ist einfach unredlich.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Bisher hat Ihnen das Glücksspiel kein Glück gebracht. Vielmehr ist das Ganze ein Trauerspiel und ein politikwissenschaftliches Musterbeispiel für misslungene Lobbypolitik. Die „Sylter Sause“ war

der unrühmliche Auftakt zu einem Gesetz, das nicht nur von schlechtem politischen Stil zeugt. Ihr ganzes Gesetz - immerhin ein Kernelement Ihrer kurzen Regierungszeit - steht auf tönernen Füßen. Wir haben es schwarz auf weiß vom Wissenschaftlichen Dienst: Die Ausgestaltung der Glücksspielabgabe ist nicht verfassungsgemäß. Herr Kubicki, als Jurist wissen Sie, was das heißt: Das Gesetz ist nichtig und ohne Rechtsbindung. Das ist ein untauglicher Versuch.

(Katharina Loedige [FDP]: Sie haben über- haupt keine Ahnung!)

Im Jahr 2012 sollen aber trotzdem munter Lizenzen vergeben werden. Damit droht auch noch ein finanzielles Entschädigungsrisiko. Meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, das kann nicht Ihr Ernst sein.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abgeordneten Lars Harms [SSW])

Herr Abgeordneter, lassen Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dr. von Abercron zu?

Herr Fürter, Sie haben eben gesagt, Glücksspiel habe etwas mit Kriminalität zu tun.

Das war mit Sicherheit eine sprachliche Unsicherheit; denn damit sagen Sie, dass jeder, der sich an einem kleinen Automaten beschäftigt, kriminell handelt. Das meinen Sie doch wohl nicht ernsthaft so.

- Das ist ein Niveau.

(Unruhe)

Natürlich gibt es auch legales Glücksspiel. Das ist doch vollkommen klar. Es gibt aber zahlreiche Berichte von internationalen Organisationen, die eine gewisse Verbindung sehen zwischen Glücksspiel und den damit verbundenen Gefahren mit Blick auf die Kriminalität. Sie tun aber so, als sei alles in bester Ordnung. Das ist nicht realistisch. Vielmehr müssen wir bedenken, dass das, was Sie hier machen, ein Problem für die Sicherheitsinfrastruktur in Schleswig-Holstein ist. Das ist einfach so.

(Thorsten Fürter)

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abgeordneten Lars Harms [SSW])

Mit dem Beharren auf den Sonderweg hat Schleswig-Holstein die anderen Länder endgültig verprellt. Rechthaberisch spielen Sie sich auf und glauben, die einzig richtige Lösung zu kennen. So wird es nie etwas mit einer gemeinsamen Lösung. Herr Kubicki, Herr Arp, sehen Sie ein, Sie haben überreizt und sind in den Sand gefahren.

Finden wir einen gemeinsamen Ansatz mit den übrigen Ländern und dem Bund zur Bekämpfung der Geldwäsche. Schleswig-Holstein übernimmt sich gewaltig, wenn es glaubt, allein das Glücksspiel und die Geldwäsche in Schach halten zu können.

Wir werden an dieser Stelle sehr genau hinsehen. Es sollten keine Zweifel entstehen, dass die Geldwäsche billigend in Kauf genommen wird, weil Schleswig-Holstein den Reibach aus dem Glücksspiel so dringend benötigt.

(Zuruf des Abgeordneten Rainer Wiegard [CDU])

Ohne eine verständliche Ausgestaltung der Aufgaben für die Glücksspielanbieter kann die Geldwäsche nicht effektiv bekämpft werden. Dafür ist es zwingend erforderlich, dass die Betreiber bezüglicher ihrer Pflichten stets auf dem aktuellen Stand sind.

Die Online-Casinos im Schwarzmarkt zu belassen, ist keine Lösung. Dabei stimmen wir Ihnen zu. Daher ist die Schaffung eines Gesetzes grundsätzlich richtig. In diesem Bereich ist der Umsatz im Laufe der Jahre immer weiter gewachsen. Wir sind für eine Regulierung, um überhaupt Ansatzpunkte für Jugendschutz und Suchtprävention zu erhalten.