Protokoll der Sitzung vom 27.01.2012

(Beifall bei CDU, SPD, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Ich stelle fest, dass der Antrag Drucksache 17/2216 (neu) mit den Stimmen der Fraktionen von CDU, SPD, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW sowie mit einigen Stimmen der Fraktion DIE LINKE angenommen ist. Ich stelle weiter fest, dass da

(Minister Klaus Schlie)

mit der Antrag der Fraktion DIE LINKE, Drucksache 17/2154 (neu), abgelehnt worden ist. Damit ist dieser Tagesordnungspunkt erledigt.

Ich habe vernommen, dass sich die Parlamentarischen Geschäftsführer darauf verständigt haben, jetzt noch den nächsten Tagesordnungspunkt aufzurufen.

(Widerspruch des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

- Ich stelle fest, dass dies nicht einvernehmlich miteinander besprochen worden ist. Ich unterbreche die Sitzung für die Mittagspause und bitte die Parlamentarischen Geschäftsführer, sich zu verständigen. - Zur Geschäftsordnung, Herr Dr. Stegner!

Sehr geehrte Frau Präsidentin, ich stelle fest, dass der Punkt auf der Tagesordnung steht, es noch nicht 13 Uhr ist und es im Übrigen keine einvernehmliche Vereinbarung der Geschäftsführer gibt, den Tagesordnungspunkt von der Tagesordnung herunterzunehmen. Deshalb gehen wir davon aus, dass in der Tagesordnung fortgefahren wird, wie sie ausgewiesen ist.

Bei mir ist angekommen, dass man sich darauf verständigt hat. Ich stelle fest, dass es diese Verständigung nicht gegeben hat. Insofern bitte ich jetzt darum -

Ich erteile das Wort zur Geschäftsordnung dem Vorsitzenden der FDP-Fraktion, Herrn Abgeordneten Wolfgang Kubicki.

Frau Präsidentin! Ungeachtet der Tatsache, dass ich mich nicht für die Kantine aussprechen muss, haben wir uns auf eine verkürzte Mittagspause von 13 bis 14 Uhr eingelassen. Wir alle - ich persönlich jedenfalls - haben unsere Termine darauf ausgerichtet. Wir sind bereit, sofort um 14 Uhr weiterzutagen. Aber es ist unglaublich, die Mittagspause, weil in einem Tagesordnungspunkt ein bisschen Brisanz ist, komplett ausfallen zu lassen, nur weil irgendjemand hier ein Spektakel veranstalten will. Ich bitte darum, dass wir um 13 Uhr die Sitzung schließen und um 14 Uhr wieder aufrufen.

Zu einem weiteren Beitrag zur Geschäftsordnung, Frau Abgeordnete Heinold!

Zur Klarstellung und Ehrenrettung der parlamentarischen Geschäftsführerinnen und Geschäftsführer: Mit Ausnahme der FDP habe ich das mit allen geklärt.

(Zurufe von der FDP)

- Mit der FDP wollte Herr Bernstein das klären. Das läuft meistens so, dass ich das mit der einen Seite abkläre und Herr Bernstein mit der anderen Seite. Insofern gab es eine Verständigung. Wenn Sie von der CDU nicht einbezogen worden sind, ist das nicht mein Problem. Ich wäre sehr dafür, dass wir, wie abgesprochen, weitermachten.

Zu einem weiteren Beitrag zur Geschäftsordnung erteile ich Herrn Abgeordneten Dr. Bernstein das Wort.

Ich weise darauf hin, dass wir zu einem Zeitpunkt, der inzwischen 30 Minuten zurückliegt, die Einschätzung hatten, dass man den Punkt vor der Mittagspause noch aufrufen und dieser mit geringem Heineinwirken in die Mittagspausen zum Ende gebracht werden könnte. Das ist jetzt offensichtlich nicht mehr der Fall, und es gibt insofern eine völlig neue Ausgangslage.

Bei dieser Diskussionslage lasse ich jetzt darüber abstimmen, ob wir den nächsten Tagesordnungspunkt jetzt aufrufen. Ich bitte um Handzeichen, wer dafür ist, dass der nächste Tagesordnungspunkt noch aufgerufen wird. - Das sind die Stimmen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW. Wer ist dafür, dass wir zunächst in die Mittagspause eintreten?

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Guten Appetit!)

Das sind CDU, FDP und DIE LINKE. Damit treten wir jetzt in die Mittagspause ein und machen um 14 Uhr weiter.

Die Sitzung ist unterbrochen.

(Unterbrechung 12:53 bis 14:04 Uhr)

(Vizepräsidentin Herlich Marie Todsen-Reese)

Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Sitzung ist wieder eröffnet

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 20 auf:

Mobilität und soziale Teilhabe sind Grundrechte - Ein landesweites Sozialticket ist eine Notwendigkeit

Antrag der Fraktion DIE LINKE Drucksache 17/2070

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann eröffne ich die Aussprache und erteile das Wort der Frau Abgeordneten Antje Jansen von der Fraktion die LINKE.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mobilität ist ein Grundrecht. Sie gehört heute als Voraussetzung sozialer Teilhabe ebenso zur Grundsicherung wie der Grundbedarf an Lebensmitteln und das Wohnen. Die Zeiten sind vorbei, in denen Wohnen und Arbeiten dicht beieinander lagen, auch in den Städten, in denen früher durch die Industriearbeitsplätze die Menschen dicht zusammengeballt wohnten. Das gilt für das Einkaufen genauso wie für den Arztbesuch oder notwendige Amtsgänge. Und das gilt für unsere sozialen und kulturellen Kontakte.

Ob wir vom Sportverein sprechen, von der Volkshochschule, vom Besuch im Kino, Bibliothek oder Theater, ja selbst der persönliche Kontakt zu Familienangehörigen und Freunden, alles das ist ohne Mobilität nicht mehr zu realisieren.

(Unruhe)

Entschuldigung, Frau Kollegin. Ich möchte Sie nicht unterbrechen, sondern ich möchte darum bitten, dass die Kolleginnen und Kollegen im Plenum ihre internen Debatten unterbrechen und der Rednerin aufmerksam folgen.

(Beifall bei den LINKEN)

Das gilt in den Städten und das gilt umso mehr in den ländlichen Regionen, besonders in den kleinen Dörfern, wo es den Gasthof, die Post, die Bank

oder selbst die Einkaufsmöglichkeiten vielfach gar nicht mehr gibt.

Mobilität ist genauso Teil der sozialen Infrastruktur wie kostenloser Schulbesuch, wie ein bezahlbares Gesundheitssystem und der uneingeschränkte Zugang zu Nahrung, Wasser und Energie.

(Beifall bei der LINKEN)

DIE LINKE fordert Mobilität für alle, und wir wollen für alle Menschen in Schleswig-Holstein den kostenfreien Zugang zum öffentlichen Personennahverkehr, Herr Kubicki. Alles das wollen wir mit unserem Antrag erreichen.

(Beifall bei den LINKEN)

Man kann das auch anders organisieren, und man kann das auch anders finanzieren, als dies heute der Fall ist.

(Zuruf: Wie denn?)

- Das sage ich Ihnen noch.

Wir sehen den öffentlichen Personennahverkehr nicht als notgedrungenes Gegenstück zum motorisierten Individualverkehr und damit als Restebecken für alle, die sich kein Auto leisten können. Nach unserem Verständnis soll der öffentliche Verkehr der Normalfall sein.

(Beifall bei der LINKEN - Zuruf von der FDP: Na, na!)

Wenn der öffentliche Verkehr preislich und letztlich auch attraktiv ist, nämlich billig, verfügbar, nah und bequem, dann benutzen die Menschen ihn auch.

Wir wissen, dass wir noch weit entfernt sind von der Umsetzung - jetzt hören Sie genau zu - unseres Konzeptes eines kostenfreien öffentlichen Personennahverkehrs. Aber wir können nicht länger hinnehmen, dass insbesondere diejenigen in ihrer Mobilität weiter eingegrenzt bleiben, die keine Alternative zu den öffentlichen Verkehrsmitteln haben. Die Hartz-IV-Regelsätze gehen strukturell von gesellschaftlicher Teilhabe aus, obwohl sich deren Empfänger eine Monatskarte oder erhöhte Fahrpreise nicht leisten können. Deshalb wollen wir als ersten Schritt die Einführung eines landesweiten Sozialtickets, das in den Grenzen der heutigen Regelsätze freien Zugang zur Mobilität schafft.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir wollen dieses Sozialticket kombinieren mit dem vergünstigten beziehungsweise kostenfreien Zugang auch zu kulturellen, sportlichen, sozialen

Angeboten der Kommunen und des Landes, also für Schwimmhallen, Tierparks, Theater, Büchereien und Volkshochschulen. Wir wollen, dass die Landesregierung dafür eine entsprechende Lösung in enger Zusammenarbeit mit den Kommunen und den Verkehrsverbünden erarbeitet.

Wir haben im September 2010 die Landesregierung gefragt, wie hoch sie die Kosten für ein solches Sozialticket einschätzt, wenn es für monatlich 15 € zu haben ist. Und die Landesregierung hat natürlich folgende Rechnung aufmacht: Bei angenommen 252.000 Berechtigten würde das knapp 890 Millionen € kosten. Da wurde einfach die Zahl der Berechtigten, sage ich jetzt einmal, mit dem aktuellen Preis einer Monatskarte für das Gesamtnetz im Schleswig-Holstein-Tarif, der bei 309 € liegt, mal genommen. Es kann aber doch niemand in diesem Haus ernsthaft annehmen, das Mobilitätsverhalten der Berechtigten würde sich auf einen Schlag so ändern, dass plötzlich alle Hartz-IV-Empfänger Busse und Bahnen stürmen, um täglich Fahrten von Glückstadt an der Elbe nach Glückstadt an der Flensburger Förde zu unternehmen.

(Zuruf von der CDU: Glücksburg!)